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Verfahren zur Herstellung einer in vitro zu verwendenden stabilen
Thrombokinaselösung
In den letzten 15 Jahren hat die Behandlung der Thrombose (Bildung
von Gerinnseln im Blutkreislauf) und Embolie (Verschleppung der Gerinnsel in andere
Organe mit meist lebensbedrohlichen Begleiterscheinungen) einen immer größeren Umfang
angenommen. Die klassische Gerinnungstheorie besagt, daß aus einem im Blut vorhandenen
Eiweißkörper, dem Prothrombin, in Anwesenheit von Calciumionen durch eine fermentähnliche
Substanz, die Thrombokinase, Thrombin gebildet wird.
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Dieses Thrombin wandelt einen anderen Eiweißkörper im Blut, das Fibrinogen,
in Fibrin um. Das Fibrin bildet feine, netzartig verschlungene Fäden, die unter
Einschluß von Blutzellen Gerinnsel bilden. Die Behandlung dieser nach Operationen
nicht seltenen, gefährlichen Komplikation kann zweierlei Wege gehen. Entweder wird
das Thrombin durch eine als Antithrombin wirksame Substanz blockiert, oder das Prothrombin
wird durch entsprechende Medikation zerstört bzw. dessen Neubildung verhindert.
Die wichtigste Substanz, die dies bewirkt, ist ein Cumarinabkömmling, das 3, 3-Methylen-bis-(4)-oxycumarin
und einige nahe verwandte Verbindungen. Ferner werden zu diesem Zweck organische
Salze seltener Erden, besonders des Neodyms, verwandt. Die Empfindlichkeit des einzelnen
Patienten gegen diese Medikamente ist sehr verschieden, die Gefahr einer Überdosierung
infolgedessen sehr groß. Es wird deshalb heute im einschlägigen Fachschrifttum allgemein
gefordert, daß die Verminderung des Prothrombins im Blut laufend kontrolliert werden
muß. Dieser Kontrolle soll die Thrombokinaselösung F nach vorliegender Erfindung
dienen. Aus-
gehend von den Untersuchungen von Quick kam man dabei
zu folgender Methodik: Zu einer Blutprobe, die durch einen bestimmten Zusatz von
Natriumcitrat oder -oxalat ungerinnbar gemacht worden ist, gibt man bei konstanter
Temperatur (zwischen 37 und 400 C) im Überschuß Thrombokinase. Dann wird in das
Reaktionsgemisch eine bestimmte Menge Calciumchlorid gegeben und die Zeit bis zum
Gerinnungseintritt mit der Stoppuhr möglichst genau gemessen. Da die Geschwindigkeit
des Reaktionsablaufes durch Konstanz sämtlicher anderer Reaktionsteilnehmer nur
noch von der Menge des vorhandenen Prothrombins abhängt, wird diese Zeit als Prothrombinzeit
bezeichnet.
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Indem man nun einen Normalwert dieser Zeit gleich einem Prothrombingehalt
des zu untersuchenden Blutes von I00°/o setzt, kann man proportional der Verlängerung
dieser Zeit eine Verminderung des Prothrombinspiegels errechnen. Für eine wirksame
Behandlung wird überwiegend eine Senkung des Prothrombinspiegels auf 20 bis 400/0
gefordert. Wird der Prothrombinspiegel zu weit gesenkt, so können lebensbedrohliche
Blutungen auftreten. Das wichtigste Reagens für diese Prothrombinspiegelbestimmungen
ist eine Thrombokinase (im angelsächsischen Schrifttum meist als Thromboplastin
bezeichnet) von gleichbleibender Aktivität und hoher Wirksamkeit.
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DieThrombokinase ist im tierischen Organismus nahezu allgegenwärtig.
Über die chemische Natur des Stoffes herrscht noch keine Einigkeit. Verwandt werden
für Versuche auf verschiedene Weise hergestellte Gewebsextrakte aus Hirnrinde, Kaninchenhirn,
Lungengewebe, Hodengewebe, Kropfgewebe usw. Es handelt sich dabei fast ausschließlich
um Trockenpräparate, d. h. die Substanz wird als Pulver oder als Tablette aufbewahrt
und vor Gebrauch nach ziemlich variierenden Vorschriften zu einer Lösung aufbereitet.
Ferner sind Versuche im Gange, das Gift der Vipera ruselli als Thrombokinase zu
verwenden. Der Wert dieser Substanz ist noch umstritten. Abgesehen von der umständlichen
Handhabung der Trockenpräparate, die erst gelöst werden müssen und dann nur kurze
Zeit haltbar sind, schwanken diese Substanzen von Herstellungscharge zu Herstellungscharge
in ihrer Aktivität. Eine gebrauchsfertige Thrombokinaselösung, die als Lösung genügend
lange stabil bleibt, würde deshalb eine wesentliche Arbeitsersparnis bedeuten und
außerdem ein genaueres Arbeiten ermöglichen. Bisher existiert eine solche Lösung,
die längere Zeit stabil bleibt, nicht. Es sei noch erwähnt, daß in der USA.-Patentschrift
2 527 579 eine gerinnungsaktive Substanz beschrieben wird, die als Heilmittel bei
Blutungen Verwendung finden soll. Abgesehen davon, daß die erfindungsgemäß hergestellte
Thrombokinaselösung F ein Reagens zur Prothrombinbestimmung darstellt, unterscheiden
sich auch die Gewinnungsverfahren der beiden Präparate voneinander. Während in der
oben zitierten USA.-Patentschrift das zerkleinerte Gewebe, nach zuvoriger Entfettung,
durch Kochen mit Aceton von Eiweiß körpern befreit und die wirksame Substanz erst
im Anschluß daran gewonnen wird, indem man das aufbereitete Gewebe mit einer Kochsalzlösung
aufschwemmt, erfolgt die Gewinnung der Thrombokinase F nach der vorliegenden Erfindung
in der Weise, daß das vom anhaftenden Blut gereinigte Gewebe zerkleinert und lediglich
mit destilliertem Wasser ausgezogen wird. Es wurde festgestellt, daß das dieser
Lösung eigene, wirksame Agens durch Erhitzen auf über 560 C zerstört wird. Die vorgesehene
Stabilisierung der gebrauchsfertigen Lösung - die bisher handelsüblichen Thrombokinasepräparate
sind bekanntlich pulverförmig - erfolgt durch Zugabe von Reduktionsmitteln und UV-Bestrahlung.
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Versuche: Die im folgenden beschriebene Thrombokinase wird zur Unterscheidung
von den bisher bekannten Präparaten mit Thrombokinase F bezeichnet.
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Erfindungsgemäß wird frische Placenta zerkleinert und so lange gewässert,
bis sie eine grauweiße bis gelblichweiße Färbung annimmt. Das Blut ist damit fast
völlig aus dem Gewebe entfernt. Die so gewonnene Substanz wird im Mörser fein zerrieben
und mit destilliertem Wasser aufgeschwemmt. Unter häufigem Schütteln wird die Aufschwemmung
etwa 24 Stunden im Eisschrank aufbewahrt, anschließend zentrifugiert und eventuell
vorher filtriert. Das leicht trübe Zentrifugat stellt eine Thrombokinase F von hoher
Aktivität dar. Sie liefert mit der Quick-Lehmannschen Methode zur Prothrombinzeitbestimmung
Werte von g bis I2 Sekunden. Durch Zusatz von Substanzen, die reduzierend wirken
und gleichzeitig das Bakterienwachstum hemmen, gelingt es, die Haltbarkeit zu verlängern.
Weiterhin kann durch Eindicken der Substanz im Unterdruck nahezu der gesamte freie
Sauerstoff aus der Lösung entfernt werden. Durch Bestrahlen mit Lichtstrahlen, deren
Wellenlänge unter der des violetten Lichts liegt, läßt sich die Haltbarkeit weiter
verlängern.
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Vermutlich zerstört die Bestrahlung ein bisher noch unbekanntes Ferment,
das die Thrombokinase F abbaut. Die Lösung muß möglichst unter Luftabschluß aufbewahrt
werden. Mehrstündiges Aufbewahren bei Zimmertemperatur verändert die Aktivität nicht,
doch sollte die Thrombokinase E im Eisschrank gelagert werden. Oxydationsmittel
zerstören die Substanz. Erwärmen über 560 C führt zur Inaktivierung des wirksamen
Prinzips, Einfrieren führt ebenfalls zu einem weitgehenden Verlust der Wirksamkeit.
Die wirksame Substanz in der Lösung bleibt bei Filtrierung mit einem Kieselgur-Berkefeldfilter
im Filter. Es ist Gegenstand eines älteren Patents, Thrombokinaselösungen mit Chinhydron
zu stabilisieren.