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Vorgespannte Stahlbetonbrücke mit nachträglichem Verbund Bei den weitgespannten
Stahlbetonbrücke-n werden die Kräfte in den Vorspanngliedern sehr groß und können
Werte von mehr als ioooo t erreichen, wodurch die Herstellung eines Verbundes erschwert
wird. Bei den geringeren Spannweiten dagegen bereitet der Verbund keine Schwierigkeiten,
weil hier die Stahlquerschnitte leicht in den Stegen der Brücke untergebracht werden.
Für die Vorspannung selbst werden entweder Rundstähle hoher Festigkeit, wie z. B.
St 9o, oder Seile mit etwa i4ooo'kg/cm2 Zerreißfestigkeit oder auch Drähte und Seillitzen
mit noch höheren Festigkeiten verwendet. Die Rundstähle wie auch die Seile werden
zunächst in Blechröhren verlegt, und nach dem Anspannen: der Betonkonstruktion wird
zwischen diesen einbetonierten Blechröhren und den darin befindlichen Stählen oder
Seilen durch Mörtelinjektion ein Verbund hergestellt. In gleicher Weise erzeugt
man auch bei Verwendung von Drähten und Seillitzen den nachträglichen Verbund, indem
man die Drähte oder Litzen in rechteckigen Blechhohlkästen verlegt und dann mit
Mörtel injiziert.
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Bei großen Spannweiten bereitet jedoch dieUnterbringung der Stahlquerschnitte
in den Stegen große Schwierigkeiten, die zur Folge haben, daß die Stege ungewöhnlich
breit gehalten werden müssen oder daß die Anzahl der Stege vermehrt werden muß,
wodurch das Gewicht der Brücke anwächst. Diese Schwierigkeiten kann man dadurch
beseitigen, daß man die Vorspannseile zwischen den Stegen anordnet und sie gegenüber
den Querträgern beweglich abstützt. Diese Lösung hat aber wieder den Nachteil des
fehlenden Verbundes, wodurch die Bruchsicherheit herabgesetzt wird.
Diese
Schwierigkeiten lassen sieh durch die Neukonstruktion der Fig. i bis 7 ohne weiteres
beseitigen.
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Die Fig. i und 2 zeigen zunächst die Anwendung der neuen Konstruktionsgedanken
bei einem weitgespannten, frei aufliegenden Träger. Hierbei werden die Vorspannglieder
(Rundstähle, Seile, Drähte oder Litzen), soweit sie nicht in den Stegen i Platz
finden, in einer parabelförmig gekrümmten unteren Platte 2 untergebracht. Durch
die Vorspannkraft Z soll nun das gesamte Eigengewicht g der Brücke und möglicherweise
auch ein Anteil der Verkehrslast p getragen werden. Bezeichnet man den. Anteil der
Vorspannkräfte Z, der in den Stegen untergebracht werden kann, mit Z' = ßZ und denjenigen,
der in der Platte wirkt, mit Z" = (i -ß) Z, so muß durch Z" die Last (g+
p) (i-ß) getragen werden. Damit ergibt sich die Gleichgewichtsbedingung (g+p)
(1 -ß) R = Z" = Z (i-ß) (g + p) = Z=
aus welcher die notwendige Pfeilhöhe
f -der parabelförmig gekrümmten Platte ermittelt werden kann. Der Kraft Z" der Vorspannglieder
entsprechen nach oben gerichtete Belastungen., denen das Eigengewicht gpl der Platte
entgegenwirkt. Diese Belastungen gpl und p2 und die zugehörigen Momente 3 und q.
sind in der Fig. 3 bei Vernachlässigung der Einspannung aufgetragen. Die genaue
Berechnung zeigt nun, daß trotz der außerordentlich großen Zugkräfte Z" die Biegebeanspruchung
der Platten in sehr mäßigen Grenzen bleibt, so daß für diese Platten je nach der
Spannweite und der Größe von Z" Stärken von 18 bis 25 cm genügen. Auch die dadurch
bedingten Schubspannungen an den Übergängen von der Platte zu den Stegen, bzw. die
durch die Schubspannungen ausgelösten Hauptzugspannungen bei Berücksichtigung der
Drucküberlagerung aus der Vorspannung bleiben weit unter den zugelassenen Höchstwerten.
Außerdem kann der Spannungszustand dieser gewölbten Platten durch eine geringe Quervorspannung
noch wesentlich verbessert werden, wodurch der Einfluß der Schub- und Biegespannungen
ganz ausgeschaltet werden kann.
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Durch die Anordnung,der gewölbten Platten, die in Wirklichkeit ausgesteifte
Schalen sind, ist kein zusätzlicher Materialaufwand an Beton und damit auch kein
zusätzliches Gewicht der Brücke vorhanden, weil bei weitgespannten Brücken eine
untere Platte, die sich nicht auf die gesamte Brückenbreite zu erstrecken braucht,
notwendig ist, denn bei reinen Plattenbalken mit nur einer oberen Druckplatte würden
die Widerstandsmomente W" der unteren Faser gegenüber den Widerstandsmomenten der
oberen Faser zu gering werden. Dadurch würden sich bei Verkehrsbelastung in der
unteren Faser unzulässige Zugspannungen ergeben, die durch Anordnung der unteren
Platte ganz beseitigt werden können. Die untere Platte, die bei weitgespannten Brücken
schon mit Rücksicht auf die Beanspruchung bei Verkehrslast benötigt wird, gestattet
es sogar, die Stege der Brücke schmaler zu halten, weil in ihnen nur der kleinere
Anteil Z' der VoTspannanker untergebracht werden muß.
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Die Fig. q. zeigt :die Anwendung dieser Gedanken bei einem als Gerberträger
ausgebildeten Balken über mehrere Felder. Die Ausbildung des Einhängeträgers mit
dem Zuggurt Z1 entspricht den früheren Fig. i bis 3. Die von dem Einhängeträger
an den Gerbergelenken auf die Kragträger abgegebenen Einzellasten werden .durch
die untere Druckplatte 5 in Verbindung mit den ebenfalls in einer gekrümmten Platte
6 verlegten Stählen, Seilen oder Drahtbündeln Z2 übernommen. Die Vorspannung kann
hierbei also sowohl durch Seile, Drahtbündel, hochwertige Rundstähle als auch mittels
einer beliebigen Kombination .der Vorspanngli.eder durchgeführt werden.
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Die gekrümmte Platte im Kragträger wird nun durch ihr Eigengewicht
und die Lasten p2 = Z2/R, die im Gegensatz zur Platte 2 des Einhängeträgers und
der Fig. 3 in der gleichen Richtung nach unten gerichtet sind, beansprucht. Infolgedessen
muß diese nach oben gewölbte Platte 6 wesentlich dicker sein als die, Platte 2.
Dies hat aber keine Nachteile, weil die größere Stärke wegen der notwendigen Widerstandsmomente
gegen die Verkehrslasten an sich notwendig ist und außerdem diese Mehrlasten in
bezug auf die Hauptlager nur einen geringen Hebelarm besitzen.
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Zweckmäßig wird die Fahrbahnplatte in dem Bereich oberhalb der gewölbten
Platte von der tragenden Konstruktion, die aus den Stegen i und .den Platten 5 und
6 gebildet wird, abgetrennt, weil bei einer starren Verbindung dieser Konstruktionsteile
7 der Spannungszustand unklar wird. In dem Bereich der Seitenöffnung ersetzt man
die aufgelöste Konstruktion 7 zwecks Erzeugung eines Gegengewichts am besten durch
aufgebrachten Stampfbeton B.
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Wenn die Zugkraft Z2 nicht ausreicht, um die Biegespannungen aus Verkehr
über der Stütze hinreichend zu überlagern, kann man über der Stütze noch einen kurzen
Zuggurt Z3 einlegen, der wegen seiner geringen Länge am besten aus den leichter
zu verankernden hochwertigen Rundstählen bestehen kann. Außerdem kann man die Vorspannung
des Stützenquerschnittes noch durch zusätzliche, den Spannungstrajektorien angepa.ßte
Zuganker 9. die in der Fig. q. gestrichelt dargestellt sind und in den Stegen verlegt
werden, erhöhen. Für diese zusätzlichen Vorspannanker werden zweckmäßig hochwertige
Rundstähle verwendet.
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Trotz des Ballastbetons 8 entstehen an den Endauflagern aus Eigengewicht
und Verkehr bei kleinen Seitenöffnungen sehr große negative Auflagerkräfte, die
am billigsten ,durch eine Rückverankerung in den Fundamenten aufgenommen werden.
Diese Rückverankerungen kann man sowohl aus Rundstählen wie auch aus Seilen herstellen.
Bei Belastung der Seitenöffnungen allein ergeben sich für diese Verankerungen io
auch Druckkräfte. Da aber die Zugkräfte aus der Eigengewichtsbelastun:g mehrfach
größer sind, kann man die bisher zusätzlich
noch angeordneten längs
verschieblichen Stahllager vollständig einsparen. Es genügen demnach, wie besprochen,
Zugverankerungen vollständig, die, zugleich die notwendigen Längsverschiebungen
gestatten. Die Zugverankerungen io ermöglichen es auch, in einfacher Weise durch
Nachspannen im positiven oder negativen Sinne die Höhenlage der Brücke einzuregulieren;
auch kann die Ausrüstung der Brücke in einfachster und gefahrlosester Weise nur
durch ein Anspannen der Anker io getätigt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Verankerungen
besteht darin, daß im Kriegsfall die Brücke nicht gesprengt zu werden braucht; der
Einsturz kann durch Lösen dieser Verankerungen mittels hydraulischer Pressen oder
noch einfacher mittels Durchschneiden der Verankerungen herbeigeführt werden.
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Bei Verwendung von Seilen für die Vorspannung braucht man diese mit
Rücksicht auf einen raschen Baufortschritt nicht schon vor der Betonierung verlegen.
Es genügt, wenn man in den Stahlröhren zunächst nur dünne leichte Hilfsseile anordnet,
mit deren Hilfe man nach dem Erhärten des Betons die endgültigen schweren Seil hindurchzieht.
Da die endgültigen Seile bei großen Brücken Gewichte von mehreren Tonnen besitzen,
wird hierdurch die Bauausführung erleichtert, und der Baufortschritt wird gefördert.
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Die beschriebene Art der Endauflagerung läßt sich in gleicher Weise
wie bei vorgespannten Betonbrücken auch bei Stahlbrücken mit kleinen Endöffnungen
anwenden.
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Die Verwendung der Gerberträger bei Brücken mit mehreren Öffnungen
hat bei vorgespannten Brücken den Vorteil, daß die Berechnung insbesondere der Einflüsse
von Kriechen und Schwinden einfacher und übersichtlicher ist und daß die Seillänge
und damit die Ausziehlängen, die durch die hydraulischen Pressen bewältigt werden
müssen, klein werden. Statisch haben die durchlaufenden Träger gegenüber den Gelenkträgern
nur Vorteile, wenn die Endöffnungen groß sind, was im allgemeinen nicht .der Fall
ist.
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In der Fig. 5 ist ein derartiger Durchlaufträger dargestellt. Zu den
über die ganze Länge durchgehenden Zugankern Z1 treten in den Stützenbereichen noch
die Zuganker Z2, die in derselben gekrümmten Platte verlegt werden können, die natürlich
in dem Bereich ZZ verstärkt werden muß. Außerdem ist die untere Druckplatte 5 nach
den Verankerungsstellen Z2 hochzuziehen. In gleicher Weise wie in Fig. 5 kann man
die Vorspannung über der Stütze noch durch einen dritten Gurt Z3 und durch hochwertige
Stähle 9, die in den Stegen verlegt werden, ergänzen.
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Bei den statisch bestimmten Gelenkträgern kann die Bemessung der Zuggurte
so vorgenommen werden, daß an der Oberseite über der Stütze bei voller Verkehrslast
keine oder gerade die zulässigen Zugspannungen auftreten. Das -ist bei den statisch
unbestimmten Durchlaufträgern nicht möglich. Will man hier den Querschnitt in der
Feldmitte frei von Zugspannungen haben oder gerade die zulässigen Zugspannungen
zulassen, so muß man den Stützenquerschnitt so stark überspannen, daß auch bei Berücksichtigung
der Verkehrslast an der Oberseite noch hohe Druckspannungen verbleiben, wodurch
unnötig starke Vorspannanker benötigt werden, weil diesen nur ein geringer innerer
Hebelarm in bezug auf den Druckquerschnitt zur Verfügung steht. Diesen Mangel kann
man nach Fig. 6 und 7 dadurch beseitigen, daß man vorerst die nicht einbetonierten
geradlinig verlegten Zuganker Z2 gemäß dem in Fig. 7 dargestellten Querschnitt anspannt,
bevor die Zuganker einbetoniert und auch bevor die obere Platte betoniert ist. Bei
dem hierdurch entstehenden Plattenbalkenquerschnitt in Fig. 7 haben diese Anker
nun einen großen Hebelarm der inneren Kräfte. Nach der Anspannung werden dann erst
die Zuganker Z2 einbetoniert und zugleich die obere Platte des Stützenquerschnittes
hergestellt. Die Druckspannungen, die durch die übrigen Zuganker Z1, Z3 und 9 erzeugt
werden, genügen vollständig, um die erst nachträglich betonierten Platten unter
so -hohe Druckvorspannungen zu setzen, daß in ihnen bei ungünstigster Verkehrsbelastung
und bei Berücksichtigung des Sehwindens und Kriechens keine oder nur die zulässigen
Zugspannungen auftreten.
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Die durchlaufenden Träger, vor allem diejenigen mit kleinen Seitenöffnungen,
ermöglichen einen Freivorbau -der Mittelöffnung, wenn Stromgerüste nicht zugelassen
werden können. Hierbei wird zunächst bis zur Verankerungsstelle von Z2 vorgebaut,
wobei die auftretenden Biegezugspannungen an der oberen Faser durch die Vorspannkräfte
aus Z3 und 9 aufgenommen werden müssen. Alsdann wird der Zuggurt ZZ vorgespannt,
durch den über der Stütze so große Druckspannungen erzeugt werden, daß der weitere
Freivorbau ermöglicht wird. Die bei dem Freivorbau zwischen der Veran'kerungsstelle
von Z= und der Feldmitte auftretenden Biegungsmomente müssen dadurch aufgenommen
werden, daß die obere Platte laufend durch hochwertige Rundstähle vorgespannt wird.
Nach der Verbindung der beiden Kragenden zieht man die Zuganker Z1 ein, die jetzt
schwächer gehalten werden können, weil sie nur die Last des später aufzubetonierenden
Fahrbahnbelags und der Verkehrslasten aufzunehmen haben. Den geringeren positiven
Momenten entsprechen naturgemäß große negative Momente, so daß die Zuggurte Z2,
Z3 und 9 stärker gehalten werden müssen. Desgleichen muß gegenüber der Fig. 5 die
Strecke von .der Verankerungsstelle von Z2 bis zur Stütze gegenüber der Strecke
bis zur Feldmitte größer gehalten werden, um den vermehrten Stützmomenten Rechnung
zu tragen.