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Verfahren zur Herstellung von Sulfinsäuren Es ist bekannt, daß Sulfinsäuren
durch Reduktion von Sulfochloriden hergestellt werden können. Unter den Reduktionsmitteln,
die für diesen Zweck vorgeschlagen worden sind, haben vor allem die Alkalisalze
der schwefligen Säure und metallisches Zink in Form von Zinkstaub Eingang in die
Technik gefunden. Die Verwendung der Alkalisalze der schwefligen Säure führt nur
bei der Herstellung solcher Sulfinsäuren, die infolge ihrer Schwerlöslichkeit in
Wasser durch Ansäuern der Reduktionslösungen abgeschieden und so von den Begleitstoffen
getrennt werden können, zu brauchbaren Ergebnissen. Für leichtlösliche Sulfinsäuren,
die nur in Form ihrer Salze durch Eindampfen isoliert werden können, befriedigt
dieses Verfahren nicht; die anfallenden Salzgemische enthalten neben Alkalichlornd
noch Alkalisulfat und sind daher sehr niedrigprozentig an sulfinsaurem Salz; ein
nur schwer vermeidbarer Gehalt an überschüssigem Alkalisulfit führt außerdem bei
der Weiterverarbeitung häufig zu Komplikationen. Die geschilderten Schwierigkeiten
entfallen bei Benutzung von metallischem Zink, dessen Verwendung jedoch verhältnismäßig
unwirtschaftlich ist.
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Es wurde nun gefunden, daß man Sulfochloride mit metallischem Eisen
in neutralem bis schwach saurem Medium in guter Ausbeute zu Sulfinsäuren reduzieren
kann. Zweckmäßigerweise wird dieses Metall als Pulver oder in Form möglichst kleiner
Späne zum Einsatz gebracht. Für den technischen Wert der Erfindung ist es von ausschlaggebender
Bedeutung,
daß nicht nur hochwertige Eisenqualitäten, wie etwa im Wasserstoffstrom reduziertes
Eisen oder Elektrolyteisen brauchbar sind; vielmehr können auch Abfälle, wie sie
beispielsweise bei der mechanischen Bearbeitung von Gußeisen oder Stahl entstehen,
sei es in Form von Fellpulvern, Bohr-oder Drehspänen, mit gutem Erfolg verwendet
werden.
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Die technischen Eisenabfälle sind häufig auf der Oberfläche stark
anoxydiert und durch Öle und andere Stoffe verunreinigt. Sie reagieren darum mit
den Sulfochloriden manchmal nur recht träge. Es hat sich gezeigt, daß in solchen
Fällen durch eine Vorbehandlung mit wäßrigen Säuren, beispielsweise Salzsäure oder
Essigsäure, eine bedeutende Aktivierung des Eisens erreicht werden kann.
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Es ist möglich, das Sulfochlorid direkt auf das Eisen einwirken zu
lassen. Die Gegenwart von Lösungs- oder Verdünnungsmitteln, die den Sulfochloriden
gegenüber relativ indifferent sind, kann jedoch die Reaktionsführung meist wesentlich
erleichtern. Im allgemeinen ist es möglich, die Reaktion in wäßriger Suspension
durchzuführen. In einigen Fällen, insbesondere dann, wenn Sulfochloride als Ausgangsmaterialien
eingesetzt werden, die bei der Reaktionstemperatur fest sind, empfiehlt sich eventuell
die Verwendung oder Mitverwendung eines Lösungsmittels für das Sulfochlorid.
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Ein glatter Verlauf der Reaktion, die wahrscheinlich nach der Gleichung
2 R S 02 Cl -f- 2 Fe --) (R S 02) z Fe + Fe CIZ |
erfolgt, war insbesondere bei Anwesenheit von Wasser nicht zu erwarten. Es war nicht
vorauszusehen, daß die Reduktion auf der Sulfinsäurestufe zum Stillstand kommen
würde, denn das Eisen ist, wie beispielsweise die bekannte Bechampsche Reaktion
zeigt, schon in neutralem und schwach saurem Milieu ein kräftiges Reduktionsmittel.
Es war vielmehr damit zu rechnen, daß Merkaptane die Endprodukte der Reaktion sein
würden. Dies um so eher, als das Umsetzungsgemisch durch Hydrolyse des Sulfochlorids
und des in der Reaktion entstehenden Eisen-II-chlorids stets freie Salzsäure enthält
und andererseits bekannt ist, daß Eisen bei Gegenwart großer Mengen von Mineralsäuren
(vgl. z. B. USA.-Patentschrift 2 484 300) Sulfochloride zu Merkaptan reduziert.
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Als Sulfochloride kommen beispielsweise niedrig-oder hochmolekulare
aliphatische Sulfochloride in Betracht, u. a. auch Verbindungen, wie sie durch gleichzeitige
Einwirkung von Schwefeldioxyd und Chlor auf höhenmolekulare aliphatische Verbindungen
entstehen. Ferner können aromatische Sulfochloride als Ausgangsstoffe herangezogen
werden, die im aromatischen Rest noch weitere Substituenten, beispielsweise niedrig-
oder höhenmolekulare Alkylreste enthalten können. Nicht in Betracht kommen Sulfochloride,
die durch eine Behandlung von gesättigten Kohlenwasserstoffen mit einer mittleren
Kohlenstoffzahl von 18 Kohlenstoffatomen mittels schwefliger Säure und Chlor erhalten
werden.
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Eine einfache Ausführungsform des Verfahrens besteht darin, das Sulfochlorid,
das gegebenenfalls in einem Lösungsmittel gelöst ist, in eine vorgelegte wäßrige
Suspension von feinverteiltem Eisen unter Rühren allmählich einzutragen. Unter Umständen
ist es zweckmäßig, das Eisen vor der Zugabe des Sulfochlorids durch Vorbehandlung
mit verhältnismäßig geringen Mengen einer Säure zu aktivieren. Das in mehrstündiger
Reaktion entstehende, meist schwerlösliche Eisensalz der Sulfinsäure wird durch
Eintragen des Reaktionsgemisches in warme wäßrige Alkalicarbonat- oder Alkalihydroxydlösung
in das wasserlösliche Alkalisalz der Sulfinsäure übergeführt und dieses dann durch
Filtration von unlöslichen Eisenverbindungen abgetrennt. Man erhält so eine alkalichloridhaltige
Lösung des Alkalisalzes der Sulfinsäure, die dann entsprechend der beabsichtigten
Weiterverwendung aufgearbeitet wird.
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Die Verfahrensprodukte finden unter anderem Verwendung als Polymerisationskatalysatoren
und Hilfsprodukte für die Photographie sowie als Zwischenprodukte für Farbstoffe,
Pharmazeutika und Schädlingsbekämpfungsmittel. Beispiel 1 272o Gewichtsteile gemahlene
Gußeisenspäne und 240o Gewichtsteile Wasser werden mit 75 Gewichtsteilen konzentrierter
Salzsäure versetzt und unter Rühren 30 Minuten lang zum Sieden erhitzt. Man
kühlt auf 3 bis 5° ab und läßt dann bei dieser Temperatur innerhalb von 5 bis 6
Stunden unter Rühren 1145 Gewichtsteile Methansulfochlorid einlaufen. Nach iostündiger
Nachreaktion wird das Gemisch in eine 8o bis go° heiße Lösung von 114o Gewichtsteilen
kalzinierter Soda in 43oo Gewichtsteilen Wasser eingedrückt. Der Niederschlag wird
abfiltriert, mit heißem Wasser gut ausgewaschen und dann verworfen. Filtrat und
Waschwasser kerden vereinigt und im Vakuum bei einer Temperatur von höchstens 5o°
zur Trockne eingedampft. Man erhält etwa 16oo Gewichtsteile einer farblosen Kristallmasse,
in der 867 Gewichtsteile methansulfinsaures Natrium vom Molekulargewicht 1o2 enthalten
sind. Das methansulfinsaure Natrium kann durch eine Reihe charakteristischer Reaktionen
nachgewiesen werden. So erhält man durch Einleiten von Chlor in eine auf unter 1o°
abgekühlte wäßrig-salzsaure Lösung des Reaktionsproduktes Methansulfochlorid zurück.
Mit 2, 4-Dinitrochlorbenzol entsteht beim Kochen in alkoholischer Lösung das 2,
4-Dinitrophenylmethylsulfon; derbe, schwachgelbliche Kristalle vom F. = 183 bis
185°. Beispiel 2 Ein Gemisch aus 115o Gewichtsteilen Wasser, 40 Gewichtsteilen konzentrierter
Salzsäure und 72o Gewichtsteilen gemahlener Gußeisenspäne wird kurz aufgekocht und
wieder auf o° abgekühlt. Innerhalb von 8 Stunden laufen nun bei o bis 5° 6,¢2,5
Gewichtsteile Äthansulfochlorid unter Rühren ein. Man läßt 12 bis 15 Stunden nachreagieren
und trägt darauf den Ansatz in eine etwa go° warme Lösung von 57o Gewichtsteilen
kalzinierter Soda in 2ioo Gewichtsteilen Wasser ein.
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Die weitere Aufarbeitung erfolgt, wie im Beispiel i angegeben, und
liefert 985 Gewichtsteile eines farblosen
Salzgemisches,
das, wie durch Titration mit Normalnatriumnitrit oder Kaliumpermanganatlösung ermittelt
werden kann, 453 Gewichtsteile äthansulfinsaures Natrium vom Molekulargewicht 116
enthält. Beim Behandeln mit Chlor bildet sich Äthansulfochlorid zurück. Das durch
Umsetzung von äthansulfinsaurem Natrium mit 2, 4-Dinitrochlorbenzol entstehende
2, 4-Dinitrophenyläthylsulfon schmilzt bei i56°. Beispiel 3 In die Suspension von
24o Gewichtsteilen Eisenfeilpulver in 7oo Gewichtsteilen Wasser laufen innerhalb
8 Stunden bei 2o bis 23° 353 Gewichtsteile Benzolsulfochlorid unter Rühren ein.
Es entsteht eine teigige Masse, die man weitere io bis i2 Stunden nachreagieren
läßt. Zur Aufarbeitung wird der Ansatz im Verlauf i Stunde in die 8o bis 85° heiße
Lösung von 25o Gewichtsteilen kalzinierter Soda in 8oo Gewichtsteilen Wasser eingetragen.
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Der Niederschlag wird abfiltriert und mit heißem Wasser gründlich
ausgewaschen. Die vereinigten Filtrate (etwa 2400 Volumteile) werden mit etwa Zoo
Gewichtsteilen 78°/Qiger Schwefelsäure deutlich kongosauer gestellt. Die ausgefällte
Benzolsulfinsäure wird nach mehrstündigem Stehen bei Raumtemperatur abfiltriert.
Farblose Kristalle vom F. = 82 bis 84°. Man erhält daraus in bekannter Weise 272
Gewichtsteile benzolsulfinsaures Natrium. Beispiel 4 24o Gewichtsteile Eisenfeilpulver,
6oo Gewichtsteile Wasser und 18 Gewichtsteile Eisessig werden 30 Minuten
lang zum Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen werden bei 2o bis 23° 422 Gewichtsteile
p-Chlorbenzolsulfochlorid gelöst in iooo Volumteilen Aceton im Verlauf von 7 bis
8 Stunden unter Rühren zugegeben. Nach etwa i5stündiger Nachreaktion läßt man das
Gemisch in io5o Gewichtsteile einer 24°/oigen Sodalösung bei go bis 95° einlaufen.
Gleichzeitig wird das Aceton über eine kurze Kolonne und einen absteigenden Kühler
zusammen mit etwas Wasser abdestilliert. Zur Isolierung des Reaktionsproduktes wird
anschließend siedend heiß vom Eisenschlamm filtriert und dieser zweimal mit je 8oo
Volumteilen siedendem Wasser bei brillantgelb-alkalischer Reaktion ausgezogen. Die
vereinigten Filtrate, aus denen beim Abkühlen p-chlorbenzolsulfinsaures Natrium
teilweise auskristallisiert, werden bei 5o° mit etwa i8o Gewichtsteilen 78%iger
Schwefelsäure bis zur stark kongosauren Reaktion angesäuert. Nach Abkühlen auf Raumtemperatur
isoliert man durch Filtration die p-Chlorbenzolsulfinsäure in farblosen Kristallen
vom F. = 96 bis 98°. Durch Umsetzung mit der äquivalenten Menge Soda in wäßriger
Lösung und Eindampfen bis zur Trockne erhält man 387 Gewichtsteile p-chlorbenzolsulfinsaures
Natrium von 82,6 °/o Reingehalt.
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Das Natriumsalz der Sulfinsäure setzt sich mit 2, 4-Dinitrochlorbenzol
zum 2, 4-Dinitro-4'-chlor-diphenylsulfon um; aus Eisessig derbe schwachgelbliche
Kristalle vom F. = 168 bis i68,5°.