-
Verfahren zum Herstellen wasserfreier Salpetersäure Es ist bekannt,
daß verdünnte Salpetersäure, wie sie etwa bei der Ammoniakverbrennung anfällt, durch
fraktionierte Destillation bis zur azeotropen Zusammensetzung angereichert werden
kann. Eine höhere Konzentrierung der Säure in dem binären System wird durch den
bei 68,5 Gewichtsprozent Salpetersäure gelegenen azeotropen Punkt verhindert. Zur
Herstellung hochkonzentrierter oder gar wasserfreier Salpetersäure läßt man dem
in einer Kolonne aufsteigenden Gemisch von Salpetersäure-und Wasserdämpfen starke
Schwefelsäure entgegenrieseln, wobei die hochkonzentrierte Salpetersäure am Kopf
der Kolonne anfällt.
-
Es ist ferner bekannt, daß der azeotrope Punkt des binären Systems
Salpetersäure-Wasser durch Zusatz von Salzen verschoben werden kann. So bewirkt
der Zusatz von salpetersauren Salzen einwertiger Kationen eine Verschiebung nach
höheren Konzentrationen an Salpetersäure, während die Salze zweiwertiger Kationen
eine Verschiebung nach niedrigeren Konzentrationen verursachen. Ein bekanntes, auf
diesem zweiten Effekt beruhendes Verfahren besteht darin, daß die gegen den azeotropen
Punkt angereicherte Säure aus der Vorkonzentration kontinuierlich auf dem Kopf einer
Kolonne mit hochkonzentrierten Salzlösungen von Nitraten zweiwertiger Kationen,
etwa Kalziumnitrat oder Magnesiumnitrat, zusammengegeben und eine hochkonzentrierteSäure
abdestilliertwird. Aus Messungen der Gleichgewichte zwischen der flüssigen und dampfförmigen
Phase ergibt sich, daß beträchtliche Mengen hochkonzentrierter Salzlösungen erforderlich
sind, um auf diesem Wege hochkonzentrierte Salpetersäure zu erhalten. Diese Salzlösungen
müssen aus dem Sumpf der Kolonne laufend regeneriert werden, um dann in konzentrierter
Form
wieder auf die Kolonne aufgegeben und damit erneut in den Kreislauf eingeführt zu
werden. Dies bedeutet einerseits, daß desto mehr konzentrierte Salzlösung im Kreislauf
zu führen ist, je höher die Salpetersäure im Destillat angereichert werden soll.
Andererseits ist jedoch eine derartige Konzentrierung von Salpetersäure dadurch
begrenzt, daß die Löslichkeit der Salze mit steigenden Konzentrationen an Salpetersäure
fällt. Dies bedeutet, daß man praktisch über eine go%ige Salpetersäure nur sehr
schwer h-inauskommen kann und daß eine Konzentrierung über go% schon einen beträchtl
icben Energ ieaufwand fürdieRegenerierung der benötigten Mengen an hochkonzentrierten
Salzlösungen erfordert.
-
Die Erfindung betrifft ein neues Verfahren, durch das diese Arbeitsweise
entscheidend verbessert wird. Das neue Verfahren besteht darin, daß die Konzentrierung
über den azeotropen Punkt hinaus in Gegemvart einer geringen Menge zugesetzter Salze
bis auf eine Konzentration von etwa 85- bis go%iger Salpetersäure betrieben und
anschließend zur reinen Säure rektifiziert wird. Dabei kann die zweiteVerfahrensstufe
durch Zugabe sehr kleiner Mengen an Salzen noch erleichtert werden. Das neue Verfahren
geht von der Überlegung aus, daß durch Vergleich der Phasengleichgewichtskurve für
das binäre System Salpetersäure-VG'asser mit Kurven des gleichen Systems in Gegenwart
von Nitraten zweiwertiger Kationen die Betriebsverhältnisse für die Kolonne festgelegt
werden können.
-
Das neueVerfahren läßt sich dabei sowohl in getrennten Kolonnen für
beide Stufen als auch in einer Kolonne durchführen. Es ist nachstehend an Hand der
Zeichnungsskizzen näher erläutert. Es zeigt Fig. i den Verlauf der Gleichgewichtskurven
für das binäre System Salpetersäure-Wasser mit Kurven des gleichen Systems in Gegenwart
verschiedener Mengen von -Nitraten zweiwertiger Kationen; die Zahlen 5, 128, 5oo
bedeuten die für jeden Kubikzentimeter des Gemisches vorliegenden Zusätze an Ca(N03)2
in Milligramm, Fig. 2 eine Doppelkolonne für die Durchführung des neuen Verfahrens
und Fig. 3 eine Einfachkolonne.
-
Die in üblicher Weise bis zur Annäherung an den azeotropen Punkt auf
etwa 63 bis 650/0 vorkonzentrierte, verdünnte Salpetersäure wird kontinuierlich
an der Stelle a einer Kolonne I zugespeist, während auf dem Kopf der Kolonne eine
hochkonzentrierte Nitratlösung oder festes Nitrat, beispielsweise Kalzium- oder
Magnesiumnitrat bzw. die.gebrannten Oxyde, kontinuierlich aufgegeben «-erden. Die
Nitratlösung läuft in der Kolonne I abwärts in den Sumpf S1, wobei sie die Salpetersäure
in dem aufsteigenden Dampfgemisch anreichert und dabei selbst entsprechend verdünnt
wird. Diese Verfahrensstufe führt am Kopf der Kolonne I zu einer Salpetersäure von
einer Konzentration bis zu etwa 85 bis go %. Diese hochkonzentrierte Salpetersäure
wird dampfförmig einer zweiten Kolonne ff zugeführt, in die auf einem höheren Boden
noch eine geringe Menge von Nitrat oder Oxyd, vorteilhaft in fester Form, eingespeist
wird. Die letzten Böden dieser Kolonne II dienen der reinen Rektifikation. Die am
Kopf anfallende ioo%ige Salpetersäure wird in einem Kondensator K verflüssigt und
teilweise als Rücklauf der Kolonne II wieder zugeführt, während der verbleibendeTeil
als Endprodukt entnommen wird.
-
Die im Verlauf der Fraktionierung und Rektifikation angereicherten
nitrasen Gase werden durch die EntlüftungE Baras dem KandensatorK abgeleitet und
zweckmäßig i-nden Gesamtprozeß, gegebenenfalls am Ausgang derAmmoniakverbrennung,
zurückgeführt. Die im Sumpf der Kolonnen anfallenden salpetersäurehaltigen Nitratlösungen
können wahlweise unter Rückgewinnung :der Salpetersäure durch Eindampfen denitriert
oder zur Darstellung von Nitraten neutralisiert werden. Die Aufarbeitung kann in
üblicher und bekannter Weise erfolgen. Die für die Durchführung des Verfahrens erforderlichen
Mengen an Konzentrat oder festem, salpetersaurem Salz werden in den Kreislauf der
Kolonne zurückgeführt.
-
Bei der Verwendung der gebrannten Oxyde läßt sich das neue Verfahren
auch zur gleichzeitigen Herstellung der Nitrate der zweiwerti.ben Kationen, wie
Kalzium- oder Magnesiumnitrat, verwenden. Die in die Kolonne eingespeisten Oxyde
bilden unter teilweiser Neutralisation der freien Salpetersäure die Nitrate, die
dann aus dem Sumpf der Kolonne aufgearbeitet werden.
-
Das neue Verfahren läßt sich auch in einer Kolonne nach Fig.3 durchführen,
in welchem Falle das Einspeisen der Nitrate oder Oxyde an den beiden übereinanderliegenden
Stellen A, B der Kolonne erfolgt.
-
Aus den Gleichgewichtskurven nach Fig. i ergibt sich, daß das neue
Verfahren durch die erfindungsgemäße Unterteilung des Konzentrationsschrittes über
den azeotropen Punkt hinaus in zwei Stufen eine beträchtliche Senkung des minimalen
Rücklaufverhältnisses, der erforderlichen Zahl der Kolonnenböden und damit eine
entsprechende Einsparung an Betriebskosten und apparativem Aufwand erreicht.