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Einrichtung zur Integration von Differentialgleichungen erster und
höherer Ordnung Die Erfindung betrifft eine Recheneinrichtung zur mechanischen Lösung
von Differentialgleichungen erster oder höherer Ordnung mit konstanten oder auch
veränderlichen Koeffizienten, die in der Technik überall dort verwendet werden kann,
wo eine schnelle und bequeme Integration solcher Gleichungen erwünscht ist. Dies
kann beispielsweise bei einem Modellversuch zur Demonstration und Nachbildung von
Steuer- und Regelvorgängen oder auch zur Erzeugung von Schwingungssystemen großer
Schwingungsdauer und beliebiger Dämpfung, zur Vornahme von Fehlerkorrekturen, Durchführungen
von Mittelwertbildungen u. dgl. der Fall sein. Die Erfindung gestattet die Integration
solcher Differentialgleichungen mit verhältnismäßig einfachen und betriebssicheren
Mitteln in der Weise, daß eine der Ordnung der Differentialgleichung entsprechende
Anzahl von jeweils aus einem Geschwindigkeitsregelorgan und einem daran angeschlossenen
Antrieb, z. B. Integrationsmotor, bestehenden Integrationsstufen funktionell derart
hintereinandergeschaltet ist, daß jeder Antrieb das Regelorgan des Antriebes der
nächstfolgenden Stufe einstellt und der letzte Antrieb das primär entsprechend der
Veränderlichen (Störfunktion) einstellbare Regelorgan der ersten Stufe im rückstellenden
Sinne beeinflußt und dadurch den Lösungswert der Gleichung bildet.
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Drei Ausführungsbeispiele der Erfindung sind nachstehend an Hand der
Zeichnung für den Fall der Lösung bestimmter Differentialgleichungen näher erläutert.
-Die-in
Fig. i schematisch wiedergegebene Recheneinrichtung gestattet die Integration von
Differentialgleichungen erster Ordnung mit konstantem Koeffizienten etwa folgender
Form x -E- a x = f (t) = Y (I)
Der Sektör i trägt einen Spannungsteilerwiderstand
2, der mit seinen Enden an Spannung gelegt ist. Der Winkelhebel 3 trägt an seinem
aufwärts gerichteten Arm einen Kontakt 3'. Die von dem Potentiometer 2, 3' abgegriffene
Spannung treibt, erforderlichenfalls über einen Verstärker, den Integrationsmotor
4, der über ein Schneckenradgetriebe 5 oder über ein geeignetes anderes Vorgelege
den Sektor i verstellt.
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Mit y ist die Vorstellung des Winkelhebels 3 aus seiner Nullage, mit
x die Verdrehung-des Sektors 3 bezeichnet. Der Integrationsmotor 4 soll eine lineare
Laufcharakteristik besitzen, d. h. seine Drehzahl soll der angelegten Spannung innerhalb
eines weiten Bereichs linear verhältig sein. Die Zeitkonstante des Motors wird als
vernachlässigbar klein angenommen. Dies ist erlaubt, solange die für die gesamte
Einrichtung sich ergebende Zeitkonstante groß ist gegen die Anlaufzeitkonstante
des Motors. Es ergeben sich dann die Beziehungen e = ki (y - x) (2)
x
= k2 f e d t , (3)
wenn e die von dem Potentiometer 2, 3' abgegriffene
Spannung ist.
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Aus Gleichung (3) folgt durch Differenzieren z = k2
e. (4)
Aus den Gleichungen (4) und (2) erhält man durch Wegschaffen von e
x = ki k2 (Y - x) _
und durch Trennung der Veränderlichen
x + k3 x = k3 Y . (5)
Diese Gleichung ist aber formal indentisch
mit (i). Daraus folgt, daß die Verstellung x des Sektors i die Lösung der Gleichung
(i) ist, wenn k3 = a gemacht wird und die Stellung des Winkelhebels 3 der Störfunktion
f (t) entspricht.
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Die Einstellung der Konstanten k3 kann beispielsweise durch Regelung
der Spannung am Potentiometer 2 oder durch geeignete Wahl des Untersetzungsverhältnisses
des Schneckengetriebes 5 erfolgen. Die einstellbare Zeitkonstante des Systems (T
= i/k3) ist nach oben unbegrenzt, da die Übersetzung ins Langsame beliebig hoch
gemacht werden kann. Nach unten ist jedoch eine Grenze durch die Trägheit des Integrationsmotors
gegeben, die bei zu kleinen Werten von T = i/k, eine Fälschung herbeiführt. Die
Systemzeitkonstante soll daher zweckmäßig nicht kleiner als die zehnfache Motorzeitkonstante
sein.
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Selbstverständlich schließt die Einrichtung auch die Lösung der homogenen
Gleichung x+ax=0 (6)
in sich. Es muß dazu nur der Winkelhebel 3 in der Nullage
festgeklemmt werden. Bei einer Anfangsauslenkung des Sektors = um den Wert x. wird
dieser dann nach der Funktion x= xae ac in seine Nullage zurückkehren.
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Durch Umpolen des Motors ist auch die Lösung der Gleichung z
- a x = 0 (8)
möglich, die aber nicht stabil ist und daher kaum einen praktischen
Wert besitzt.
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Das in Fig.2 dargestellte Ausführungsbeispiel ermöglicht die Integration
von Differentialgleichungen zweiter Ordnung, beispielsweise der für eine ungedämpfte
Schwingung geltenden Gleichung x -f- c z = Y (t) = f -(t) (9)
Der
Sektor i trägt wiederum einen Potentiometerwiderstand 2. Über diesem schleift ein
Abgriffskontakt, der auf dem aufwärts gerichteten Teil des Winkelhebels 3 befestigt
ist. Die vom Potentiometer 2, 3 abgegriffene Spannung ei treibt den Integrationsmotor
4, der über das Schneckengetriebe 5 den Kontaktarm 6 des Potentiometers 6, 7 verstellt.
Die von diesem abgegriffene Spannung e, treibt den Integrationsmotor 8, .der über
das Schneckengetriebe 9 oder ein anderes geeignetes Vorgelege den Sektor i verstellt.
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Der Verdrehungswinkel des Sektors i aus seiner Nullage sei wiederum
mit x bezeichnet, der des Winkelhebels aus der Nullage mit y. Unter den gleichen
Voraussetzungen, wie sie oben für den Integrationsmotor der Einrichtung nach Fig.
i gemacht wurden, erhält man die Beziehungen ei - ki (Y - x) (=O)
e2 = k2 f ei dt, (ii) x=k3fe2dt. (i2) Aus den Gleichungen (ii) und (i2) ergibt
sich x=k,k, fdtfeidt (IS) und durch zweimaliges Differenzieren x = k2 k3
ei - (I4) Aus den Gleichungen (i4) und (io) erhält man x = ki k2 k3
(Y - x) (I5) und durch Trennung der Veränderlichen z+k4x=k4y, (i6) wenn k,
k2 k3 = k4 gesetzt wird.
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Wenn also die Stellung y des Winkelhebels 3 nach einer gegebenen Zeitfunktion,.
der Störfunktion f (t),
verändert wird, gibt die Stellung y des Sektors i
immer die Lösung der Gleichung (9). Wenn im besonderen die Störfunktion eine periodische
Funktion ist, führt der Sektor eine erzwungene Schwingung aus. Auch die Lösung der
homogenen Gleichung x + c x = 0 . (i7) ist wieder durch Festklemmen
des Winkelhebels in
der Nullage gegeben. Sie stellt die Gleichung
der ungedämpften harmonischen Schwingung dar. Eine solche tritt auf, wenn man dem
System eine Anfangsauslenkung erteilt und es darauf sich selbst überläßt. Es ist
klar, daß durch ausreichend große Untersetzungen der Schneckengetriebe beliebig
große Schwingungszeiten erzielt-werden können. Dies ist eine Besonderheit der vorliegenden
Einrichtungen, da es bisher weder mit rein mechanischen noch mit rein elektrischen
Mitteln gelungen ist, die Schwingungsdauer über ein gewisses Maß heraufzusetzen.
So ist beispielsweise auf diese Art mit Leichtigkeit ein Schwingungssystem von 84
Minuten Schwingungsdauer zu erzielen, das bei der Kompensation von Störbeschleunigungen
bei Kreiselpendeln u. dgl. eine bedeutende Rolle spielt.
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Die oben beschriebenen Mittel lassen sich in sehr einfacher Weise
dahingehend ergänzen, daß die für gedämpfte Systeme geltende Differentialgleichung
zweiter Ordnung x+ ax+ bx=Y(t) (18) lösbar wird. Es muß dazu auch
ein Bewegungsanteil, der verhältig x ist, additiv auf die Sektorscheibe übertragen
werden. Dies kann an sich auf verschiedene Arten geschehen. In Fig.3 ist eine beispielsweise
Ausführungsform wiedergegeben.
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Der Sektor i trägt wiederum den Spannungsteilerwiderstand 2. Der Winkelhebel
3 trägt den zugehörigen Schleifkontakt 3'. Die vom Potentiometer 2, 3' abgegriffene
Spannung treibt den Integrationsmotor 4, der zunächst über die Vorgelege io, ii
und das Schneckengetriebe 3' den Arm 6 verdreht. Dieser trägt den Schleifkontakt
für den Potentiometerwiderstand 7, über welchen der Motor 8 gespeist wird. Dieser
überträgt seine Bewegung über das Vorgelege 12, Differentialgetriebe 13 und Schneckengetriebe
9 auf den Sektor i. Die zweite Eingangswelle des Differentialgetriebes 13 wird über
ein stetig veränderliches Übersetzungsgetriebe 15 von dem Motor 4 aus angetrieben.
Das Übersetzungsgetriebe 15 kann durch die Handkurbel 16 eingestellt werden.
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Die Wirkungsweise ergibt sich wieder aus den folgenden Beziehungen:
ei = ki (Y - x) (19)
es = k, .% ei d t ,
h - k3 f e2 d
t -f- k4 e.. (21)
Durch Einführen der Beziehung (2o) in die Gleichung
(21) erhält man x=k5fdtfeidt+ksfeidt. (22)
Durch Differenzieren ergibt sich
x = k5 ei -!- k, ei (23) und durch Einführen von ei aus Gleichung
(i9) x = k, (Y - x) -f- ks (Y - x) - (24)
Durch Trennung der
Veränderlichen ergibt sich x+ksx+k7x=k7YrtksY (25)
Bei festgeklemmtem Winkelhebel
3 wird also durch die Einrichtung ein gedämpftes Schwingungssystem abgebildet, das
der Gleichung gehorcht: z+az+bx=0. (26) Bei gegebenem y = f (t) muß gemäß
Gleichung (25) für die laufende Integration allerdings auch noch das Glied k, -
y erzeugt werden. Auf einzelne Varianten und Durchbildungsmöglichkeiten soll hier
nicht eingegangen werden.
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Es ist leicht ersichtlich, daß das an Hand der vorhergehenden Beispiele
erläuterte Prinzip auch auf Differentialgleichungen höherer Ordnung anwendbar ist.
Das Bildungsgesetz der Modellanordnung läßt sich aus den Beispielen ohne weiteres
ersehen. Auf die Ausführung weiterer Beispiele soll daher verzichtet werden: Es
besteht an sich auch die Möglichkeit, das Prinzip auf Gleichungen mit nicht konstanten
Koeffizienten auszudehnen. Da die Koeffizienten durch- die Übersetzungsverhältnisse
der Getriebe und die Speisespannungen der Potentiometer beeinflußt werden können,
ist es möglich, sie nach Funktion von x, y oder t zu steuern, und zwar einerseits
durch stetig veränderliche Übersetzungsgetriebe, andererseits durch Widerstände
mit geeigneten Steuercharakteristiken.
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Man erkennt, daß es erfindungsgemäß möglich ist, mit einem Satz von
relativ einfachen Elementen einen Modellbaukasten zu schaffen, mit dem man in der
Lage ist, durch geschickte Ausnutzung der mechanischen und elektrischen Schaltungsmöglichkeiten
eine große Anzahl von Aufgaben zu lösen.
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Für die Vornahme von grundsätzlichen Untersuchungen wird die praktische
Durchbildung vorteilhaft derart getroffen, daß der zeitliche Verlauf von x und y
laufend auf einem Papierstreifen mit Schreibscbrift aufgezeichnet wird.
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Statt der Potentiometer können natürlich andere Einrichtungen zur
Umsetzung von mechanischen Bewegungen in Stromänderungen zur Anwendung kommen, z.
B. Flüssigkeitswiderstände, Fotozellen, Induktionsabgriffe, rotierende Abgriffe,
veränderliche Kopplungen usw. Die Integration kann natürlich ebenfalls mit anderen
bekannten Mitteln ausgeführt werden, z. B. mit Planimeterintegratoren, mit Kreiseln
u. dgl. mehr.