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Verfahren und Ofen zum Wärmebehandeln von Schnelldrehstählen unter
Schutzgas Die Erfindung betrifft die Wärmebehandlung von Stählen, insbesondere von
Molybdänschnelldrehstahl, in einer geregelten Schutzgasatmosphäre und ist gekennzeichnet
durch die besondere Art der Erzeugung und Zusammensetzung des Schutzgases, wie sie
im nachfolgenden näher beschrieben wird.
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Die Wärmebehandlung von Molybdänschnelldrehstahl bereitet Schwierigkeiten,
denen man bei der Wärmebehandlung von anderen Schnelldrehstählen nicht begegnet.
Während z. B. Wolframschnelldrehstahl praktisch ohne Entkohlung sauber gehärtet
werden kann in einer Atmosphäre, die durch teilweise Verbrennung von Kohlenwasserstoffgasen
erzeugt ist, muß Molybdänschnelldrehstahl mit einer Masse überzogen werden, wie
beispielsweise Borax, Wasserglas od. dgl., da sonst eine Entkohlung eintritt. Bekannt
ist, daß Wolframschnelldrehstahl in solch einer Atmosphäre nicht entkohlt infolge
der Bildung eines undurchdringlichen, festen Oxydfilms auf der Oberfläche des Werkstückes.
Dieser Filmüberzug wird bei zunächst niedrigeren Temperaturen im Vorwärmofen erzielt
und bleibt dann auch bei der Hochtemperaturbehandlung bestehen. Bei der Behandlung
von Molybdänschnelldrehstahl hingegen kann sich ein Schutzfilm bei den Wärmebehandlungstemperaturen
nicht ausbilden, da Molybdänoxyd sehr flüchtig ist, wie dies beim Schmieden festzustellen
ist, wobei ein bläulichweißer Dampf aufstei&t.
Gefunden-würde
nun, daß -bei der Wärmebehandlung von Molybdänschnelldrehstahl keine Entkohlung
eintritt, wenn das Schutzgas eine bestimmte Zusammensetzung besitzt. Die Erfindung
betrifft demnach die Wärmebehandlung von Molybdänschnelldrehstahloder Stählen, die
sich ähnlich verhalten, in einer geregelten Schutzgasatmosphäre, welche eine Entkohlung
oder Zunderbildung verhindert, ohne daß eine wärmebeständige Schutzschicht, wie
z. B. Borax, Wasserglas od. dgl. auf dem Werkstück angebracht sein muß. Erfindungsgemäß
findet die Wärmebehandlung in einem Schutzgas statt, welches CO, CO" N2 und
H2 enthält. Hierbei ist Bedingung, daß H2 in nur sehr geringen Mengen vorhanden
ist, und zwar in einer Menge, deren Teildruck 3/1.0a des Gesamtdruckes, also 0,03
at, nicht überschreitet. Auch soll die Schutzatmosphäre frei von Wasserdampf sein.
Der Teildruck des Stickstoffes soll weniger als 8'/1.0o des Gesamtdruckes, also
o,85 at, betragen. Außerdem soll das Verhältnis von CO zu C02 stets so sein, daß
das Gas sich bei der wirksamen Temperatur mit dem Stahl im Gleichgewicht befindet.
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Bekannt ist, daß das Verhältnis der Teildrucke von C O und C 02 sich
nach der Temperatur und nach dem Kohlenstoffgehalt des zu behandelnden Stahles zu
richten hat. Hierüber bestehen Kurven und-Tabellen, aus denen festzustellen ist,
wann das Verhältnis von C O zu C02 im Einklang mit den Behandlungstemperaturen steht
und ob das entsprechende Gas entkohlend, neutral oder aufkohlend wirkt, wenn kohlenstoffhaltiger
Stahl in ihm behandelt wird.
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Die Erfindung ermöglicht gleichzeitig, auf einfache Weise die erforderliche
Schutzgasatmosphäre in der vorbeschriebenen Zusammensetzung herzustellen, indem
ein Sauerstoff enthaltendes Gas mit geringem Anteil von Wasserstoff oder Wasserstoffverbindungen
durch eine Schicht von außenbeheiztem kohlenstoffhaltigem Material geleitet wird,
welches durch eine Wärmebehandlung so vorbehandelt ist, daß es tatsächlich frei
von Wasserstoff oder wasserstoffhaltigen Verbindungen ist, wobei dann der Gehalt
an Wasserstoff in den entstehenden Reaktionsprodukten grändsätzlich von dem Betrag
an Wasserstoff oder Wasserstoffverbindungen abhängt, der anfangs in dem Sauerstoff
enthaltenden Gas war. Die Temperatur des kohlenstoffhaltigen Materials und der Fluß
des Sauerstoff enthaltenden Gases werden hierbei so geregelt, daß die erforderlichen
oder gewünschten relativen Anteile von C O und C02 erzielt werden, um zu gewährleisten,
daß das Verhältnis - im Hinblick auf die Zusammensetzung des Stahls
und seine Behandlüngstemperatur sichergestellt wird. Dieses Verhältnis soll bei
der mittleren Härtetemperatur von i2oo° C für Molybdänschnelldrehstahl mit etwa
g 0/0 Molybdän, q. 0/0 Chrom, i,0/0 Vanadium und o,78 0/ä Kohle in der Nähe von,ioo
liegen. Bei niedrigeren Behandlungstemperaturen muß auch das Verhältnis - - niedriger
sein, soll aber bis zu einer Temperatur von
8i5° C, auf die der Molybdänschnelldrehstahl üblicherweise vorgewärmt wird, nicht
weniger als io betragen. 'Das rohe, kohlehaltige Material kann Holzkohle oder Koks
oder irgendein gleichwertiges anderes Material sein. Die Wahl des Sauerstoff enthaltenden
Gases wird weitgehend bestimmt von dem geforderten relativ niedrigen Gehalt an Wasserstoff,
Wasserstoffverbindungen und Stickstoff. Zu solchen Gasen gehören Luft, getrocknetes
Abgas, getrocknete Ammoniakverbrennungsprodukte oder besonderes Generatorgas. Der
Einfachheit halber werden diese Gase in der Folge mit Grundgas bezeichnet. Mischungen
dieser Gase können ebenfalls benutzt werden, um auf den gewünschten Stickstoffgehalt
in den Endreaktionsprodukten zu kommen.
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Die Schutzgasatmosphäre gemäß der Erfindung bildet keinen Oxydfilm
auf dem Werkstück, noch hängt von dem Schutz durch einen solchen Film die Verhütung
der Entkohlung ab. Weiterhin schließt der niedrige Wasserstoffgehalt die schädliche
Wasserstoffabsorption aus, d. h. Diffusion und Absorption des Wasserstoffs in das
zu behandelnde Metall. Weiterhin wurde festgestellt, daß nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren die Zeit, während welcher das Werkstück auf der gewünschten Temperatur
gehalten werden soll, nicht begrenzt zu werden braucht, da selbst über eine Zeitspanne
von mehreren Stunden eine Entkohlung oder Verzunderung nicht eintritt-.
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Die Zeichnung veranschaulicht in einem Ausführungsbeispiel einen -Ofen
zur Ausübung des Verfahrens gemäß der Erfindung.
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Abb. i ist ein senkrechter Schnitt durch einen Wärmebehandlungsofen,
in welchen ein Gasgenerator eingebaut ist, der nach dem Gegenstromprinzip arbeitet.
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Abb. 2 _ ist ein senkrechter Schnitt durch den gleichen Ofen, jedoch
mit einem eingebauten Gasgenerator, der nach dem Gleichstromprinzip arbeitet. .
Die gleichen Bezugszeichen beziehen -sich auf die gleichen Teile in beiden Abbildungen.
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Mit iö ist die Muffel bezeichnet, welche in der Ofenkammer 1q. untergebracht
ist. An der Stirnseite der Muffel io ist eine Tür ii angebracht, welche eine glasbedeckte
Beobachtungsöffnung i2 besitzt. Mit 13 ist die Ofenmauerung . bezeichnet. Der Ofenraum
14 wird in bekannter Weise durch nicht dargestellte Brenner beheizt und die Temperatur
der Muffel durch die bekannten, ebenfalls nicht dargestellten Temperaturkontrolleinrichtungen
überwacht.
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15 stellt ein trichterförmiges Gefäß dar, welches das kohlehaltige
Material C enthält. Die Oberseite dieses Trichters wird normalerweise durch einen
Deckel 16 geschlossen gehalten. Zur Kontrolle des Gasaustritts ist im oberen Teil
des Trichters 16 ein Rohr 18 mit einem Handventil ig vorgesehen, an das sich ge=
gebenenfalls noch ein Rohr 17 anschließen kann.
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Bei der in Abb. i gezeigten Form des Apparates wird das kohlehaltige
Material durch den Trichter 15 einer senkrechten Retorte 2o zugeführt, die in der
Ofenkammer 1q. untergebracht ist, damit sie auf dieselbe öder angenähert. dieselbe
Temperatur erhitzt wird wie die Muffel io. Die Retorte erstreckt sich mit ihrem
unteren Ende aus der Ofenkammer heraus. Dieses Ende ist mit irgendeinem geeigneten
Verschluß geschlossen, wie beispielsweise mit einem
Schieber 21
zur Entfernung der Asche. Ein Rohr 22 führt in das untere Ende der Retorte. Durch
dieses Rohr wird das sauerstoffhaltige Gas in die Retorte eingeführt und strömt
aufwärts durch das erwärmte kohlehaltige Material. Mit einem Ventil 23 wird
die Gaszufuhr geregelt.
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Zwischen der Muffel io und der Retorte 2o besteht eine direkte Verbindung
25. Diese liegt grundsätzlich in gewisser Entfernung oberhalb des Austrittsendes
des Gasrohres 20 und weiter auch grundsätzlich in gewisser Entfernung unterhalb
der Oberkante der Ofenkammer 14. Da es zweckentsprechend ist, das Gas in die eigentliche
Muffel in der Nähe des Bodens derselben eintreten zu lassen, ist in der Muffel eine
Leitwand 26 angeordnet, um das Gas nach unten zu leiten.
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In der in Abb. 2 gezeigten Form ist die Retorte, in welcher sich der
Trichter 15 befindet, mit 20' bezeichnet. Diese Retorte liegt genau wie in Abb.
i in der Ofenkammer, in welcher die Muffel angeordnet ist, und erhält grundsätzlich
dieselbe Temperatur wie die Muffel. Die Gasverbindung zwischen der Muffel und der
Retorte ist mit 25' bezeichnet. Das Rohr, durch welches das Sauerstoff enthaltende
Gas in die Retorte geführt wird, befindet sich bei 22'. In diesem Fall erfolgt die
Gaszufuhr von oben, so daß das abwärts führende Gaszuführungsrohr 22' in einer gewissen
Entfernung oberhalb der Gasverbindung 25' endet. Die aus der Verbrennung des kohlehaltigen
Materials herrührende Asche kann aus dem unteren Ende der Retorte durch die Gasverbindung
25' entfernt werden. Das untere Ende der Retorte kann auch weiter nach abwärts führen
und auf diese Weise einen Behälter bilden, aus dem die Asche abgezogen werden kann.
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In Abb. i umfaßt die Retorte 2o zwei Zonen A und B. Zone A
bildet den Teil der Retorte, welcher sich unterhalb der Gasverbindung 25 erstreckt,
und Zone B jenen Teil, der sich von der Gasverbindung an aufwärts erstreckt. Zone
A ist der Gasherstellungsteil der Retorte, und Zone B ist der Teil, in dem das kohlehaltige
Material vorgewärmt wird, bevor es in die Zone A gelangt. In Abb. 2 sind die Zonen,
welche A und B in Abb. i entsprechen, mit A' und
B'
bezeichnet.
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Bei Temperaturen über zooo° C muß die Retorte in beiden Formen des
Apparats aus einem wärmeleitenden, aber wärmebeständigen Material hergestellt sein,
vorzugsweise aus Siliciumkarbid. Bei Temperaturen unter iooo° C kann die Retorte
aus einer wärmebeständigen Legierung bestehen.
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Um das Schutzgas mit dem in Abb. i gezeigten Generator herzustellen,
wird wie folgt verfahren: Nach Öffnung des Handventils ig am Fülltrichter wird das
Ventil 23 am Grundgaszuleitungsrohr 22 geöffnet, und zwar so weit, daß eine beachtliche
Menge mehr Grundgas in die Retorte 2o tritt-, als die Muffel io aufnimmt, so daß
eine gewisse Menge dieses Gases durch die Zone B fließt und schließlich aus der
Trichteröffnung austritt in einer Richtung, die dem abwärts kommenden kohlehaltigen
Material C entgegengesetzt ist, wodurch verhindert wird, daß flüchtige Bestandteile
aus der Vorwärmungszone B der kohlehaltigen Materialien die in der Zone A entstehenden
Reaktionsprodukte verschmutzen. Derselbe Vorgang erfolgt bei dem Gasgenerator in
Abb. 2, wobei zu beachten ist, daß ein Teil des Grundgases aus dem Austrittsende
des Auflieferungsrohres 22' nach aufwärts durch die Zone B1 fließt. Durch die fortwährende
Reinigung der Zone B oder B1, in welcher das kohlehaltige Material vorgewärmt wird,
ergibt sich, daß der Wasserstoffgehalt des Reaktionsproduktes, das durch die Gasverbindung
25 oder 25' in die Muffel eintritt, leicht in den vorher erwähnten Grenzen gehalten
wird, durch Verwendung eines Grundgases, dessen Gehalt an Wasserstoff oder Wasserstoff
enthaltenden Verbindungen bekannt ist.
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Das Verhältnis von C O zu CO, in den Reaktionsprodukten ist
eine Funktion der Temperatur, welcher das kohlehaltige Material unterworfen wird.
Da die Retorte auf der gleichen Temperatur wie die Muffel gehalten wird, ergibt
sich ein Verhältnis von
ausgedrückt in Teildrücken, das neutral oder leicht aufkohlend auf den Stahl wirkt.
Obgleich aus Gründen der einfacheren Konstruktion vorgezogen wird, die Retorte in
der Ofenkammer, welche zur Muffelheizung dient, unterzubringen, kann auch die Retorte
auf andere Weise auf die gewünschte Temperatur erhitzt werden.
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Bei der Wärmebehandlung von Werkzeugstahl verwendet man gewöhnlich
zwei Öfen, wobei der eine als Vorwärmofen und der andere für die höhere Temperatur
als Hauptwärmofen bezeichnet wird. Bei Molybdänschnelldrehstahl wird die Temperatur
des Vorwärmofens gewöhnlich bei etwa 85o° C gehalten, wobei bei dieser Temperatur
das Werkstück sorgfältig vor- und durchgewärmt wird, und der Hauptwärmofen bei ungefähr
123o° C. Nachfolgend zwei Beispiele für die Unterschiede in der Gaszusammensetzung
der Reaktionsprodukte, welche in die Muffel aus Zone A bzw. Al eintreten und derjenigen,
welche aus der Trichteröffnung austreten, wenn die Retorte auf den vorerwähnten
beiden Temperaturen gehalten wird und wenn es sich bei dem Grundgas um atmosphärische
Luft handelt.
Beispiel i |
Trichtergas Retorte bei 85o' C Muffelgas |
11I11 11l11 |
3,6 C02 0,7 |
0,0 02 0,0 |
28,7 CO 33,1 |
7,4 H2 2,1 |
0,0 CH4 0,0 |
Rest N2 Rest |
Beispiel 2 |
Trichtergas Retorte bei 10-30'C Muffelgas |
11l0 11l0 |
3,8 C02 o,1 |
0,0 02 0,0 |
30,6 C O 34,5 |
7,7 H2 1,z |
0,o C H4 0,0 |
Rest N" Rest |
Das sogenannte Trichtergas, d. h. das Gas, welches aus dem Rohr
17 austritt, ist ungeeignet zur Verwendung als Schutzatmosphäre zum Glühen von Molybdänschnelldrehstahl.
Das sogenannte Muffelgas, d. h. das Gas, welches in die Muffel io aus der Zone A
oder A1 der Retorte eintritt, schützt nicht nur allein Molybdänschnelldrehstahl,
sondern auch andere Schnelldrehstähle und Stähle im allgemeinen gegen Entkohlung,
Verzunderung und Wasserstoffaufnahme. Ein besonderer Vorteil der Erfindung besteht
auch darin, daß der Anfangswasserstoffgehalt des Kohlematerials auf die Erzeugung
des Schutzgases keinen Einfluß hat.