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Verfahren zur Herstellung von Crotonsäure durch Oxydation von Crotonaldehyd
Die Herstellung von Crotonsäure aus Crotonaldehyd und Sauerstoff führt, gleichgültig
ob man mit Crotonaldehyd allein oder in Lösung arbeitet, gleichgültig ob man Katalysatoren
zugegen hat oder nicht, gleichgültig ob man die Oxydation bis zum Ende treibt oder
vorher unterbricht, gleichgültig ob man auf gute Ausbeuten oder auf gute Umsätze
hin arbeitet, immer über Zwischenstufen von Peroxyden oder Persäuren. Es kommt oft
vor, daß sich die Konzentration dieser Peroxyde bzw. Persäuren so rasch steigert,
daß eine stürmische Oxydation und damit eine schwer oder nicht mehr zu bremsende
Temperaturerhöhung bewirkt wird. Da sich zu hohe Temperaturen außerdem durch die
Bildung harzartiger Nebenprodukte äußerst schädlich auswirken, ist es erwünscht,
schädliche Temperatursteigerungen zu vermeiden. Wenn man eine Crotonaldehydoxydation
zu irgendeinem gegebenen Zeitpunkt, der je nach dem Typ des Verfahrens und seinen
speziellen Bedingungen ganz verschieden gewählt werden kann, abbricht, so sind immer
noch gewisse Mengen von Peroxyden bzw. Persäuren vorhanden. Diese zerfallen dann
bekanntlich in exothermer Reaktion. Diese Zerfallsreaktion kann beim Zusammentreffen
geeigneter Bedingungen derart heftig werden, daß sogar ein bis auf o° heruntergekühltes
Reaktionsprodukt zum Sieden kommen kann. Es ist wünschenswert, auch diese Nachreaktion
zu vermeiden oder doch auf ein ungefährliches Ausmaß abzuschwächen.
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Wenn man Wert darauf legt, die gesamte Crotonsäure, die in einem Betriebsgang
entstanden ist, in Substanz zu gewinnen, wenn man also genötigt ist,
eine
Destillation der von auskristallisierter Crotonsäure befreiten -Mutterlauge vorzunehmen,
so kann die Aufarbeitung gefährdet werden, wenn Nebenprodukte entstanden sind, die
bei erhöhter Temperatur polymerisieren. Dadurch werden dieDruckverhältnisse plötzlich
geändert und: ein sehr unangenehmes Überschäumen des Destillationsgutes veranlaßt.
Es ist wünschenswert, auch diese Gefahrenquelle zu beseitigen.
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Es wurde nun gefunden, daß die beschriebenen Betriebsgefährdungen
dadurch ausgeschaltet werden können, daß man dem zu oxydierenden Crotonaldehyd als
Regulator Pyridin oder Pyridinderivate zusetzt. Dabei kann die Stärke der Wirkung
durch die zugegebene Menge gestaffelt werden. Der Reinheitsgrad der Zusätze spielt
keine Rolle.
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Die sichernde und -regulierende Wirkung des Pyridinzusatzes äußert
sich unter anderem auch dadurch, daß der Gang der Peroxyd- bzw. Persäurekonzentrationskurve
während der Reaktion gleichmäßiger, und zwar um so flacher verläuft, je größer die
Pyridinzugabe ist. Eine weitere erwünschte Wirkung des Regulators zeigt sich darin,
daß die Oxydationsreaktion nicht mehr unübersichtlich zeitlich zusammengedrängt
erfolgt, sondern in einer bequem zu regelnden Geschwindigkeit abläuft.
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Die durch den Zusatz bewirkte starke Abschwächung der-Nachreaktion
hängt offenbar damit zusammen, daß das Reaktionsprodukt beim Abbruch der Oxydation
weniger Peroxyd bzw. Persäure enthält als ohne Zusatz.
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Es mag dahingestellt bleiben, in welcher Weise die Polymerisationsreaktion
bei der Aufarbeitung durch den Zusatz verhindert wird.
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Der Zusatz bringt, abgesehen von der Beruhigung und Sicherung der
Betriebsführung, unter anderem noch den weiteren Vorteil mit sich, daß die Nebenproduktbildung
verringert wird, was sowohl eine Ausbeuteverbesserung als auch eine größere Reinheit
des technischen Produktes bedeutet.
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Beispiel i a) Ohne Pyridinzusatz. Durch 7009 Crotonaldehyd
wurde unter Rühren so lange Sauerstoff geleitet, bis das Reaktionsprodukt einen
Säuregehalt von 7ö %, gerechnet als Crotonsäure, erreicht hatte. Es wurden dazu
4 Stunden benötigt. Die Temperatur, die auf 34° konstant gehalten werden sollte,
stieg nach i Stunde plötzlich auf 6o° und konnte nur schwer wieder auf 34° heruntergebracht
werden. Während der Dauer der übersteigerten Temperatur färbte sich das Reaktionsgemisch
tief dunkelbraun, was eine Entgleisung der Reaktion im Sinne einer Verharzung anzeigte.
Das auf o° abgekühlte Reaktionsprodukt wurde durch Absaugen von der auskristallisierten
Crotonsäure befreit. Die Mutterlauge erhitzte sich während des Absaugens in der
Vorlage von o auf 62°. Die- auskristallisierte C,rotonsäure -wog in lufttrockenem
Zustand 430 g und hatte'einen Schmelzpunkt von 7o,2°.
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b) Mit Pyridinzusatz. Durch 700 g Crotonaldehyd mit einem Gehalt
von 0,6 % an reinstem Pvridin wurde so lange Sauerstoff geleitet, bis das Reaktionsprodukt
ebenfalls einen Säuregehalt von 70'/0, gerechnet als Crotonsäure, erreicht hatte.
Es wurden dazu 12 Stunden benötigt. Die Temperatur konnte bequem bei fast konstanter
Kühlwassereinstellung durchgeführt werden. Das Reaktionsprodukt blieb nahezu farblos.
Das auf o° abgekühlte Reaktionsprodukt wurde durch Absaugen von der auskristallisierten
Crotonsäure befreit. Die Mutterlauge in der Vorlage erwärmte sich nur bis auf die
herrschende Raumtemperatur. Die auskristallisierte Crotonsäure wog in lufttrockenem
Zustand 4649 und hatte einen Schmelzpunkt von 7o,8°.
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Beispiel e a) Durch eine Mischung aus 4679 CrOtOnaldehyd und 233 g
Benzin wurde bei 34° so lange Sauerstoff geleitet, bis das Gemisch einen Säuregehalt
von 470%, gerechnet als Crotonsäure, aufwies. Es wurden dazu 4 Stunden benötigt.
Die Temperatur ließ sich infolge der Anwesenheit des Verdünnungsmittels konstant
halten. Nach dem Absaugen der kristallisierten Crotonsäure aus dem auf o° abgekühlten
Reaktionsprodukt stieg die Temperatur der Mutterlauge auf einige Grade über Raumtemperatur.
Die Mutterlauge wurde aufgearbeitet, um auch die in ihr vorhandene Crotonsäure zu
gewinnen. Nachdem der überschüssige Crotonaldehyd bei 14 Torr abdestilliert war,
wurde die Temperatur gesteigert, um nun die zurückgebliebene Crotonsäureschmelze
zu destillieren. Bei 70° stieg der Druck plötzlich von i z auf i io Torr. Die Innentemperatur
stieg gleichzeitig um io° über die äußere Badtemperatur. Es traten typische Polymerisationserscheinungen
in der Schmelze auf, und ein großer Teil der Schmelze wurde in den Kühler gerissen,
der sich verstopfte, wodurch die Destillation unterbrochen wurde. Erst nach Reinigung
der Apparatur konnte die Destillation zu Ende geführt werden. Auf je ioo g gebildete
Crotonsäure wurden 6,5 g Rückstand festgestellt.
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b) Durch eine Mischung aus 467 g Crotonaldehyd und 233 g Benzin, der
2 g Rohpyridin zugesetzt worden war, wurde bei 34° so lange Sauerstoff geleitet,
bis das Gemisch einen Säuregehalt von ebenfalls 470/0, gerechnet als Crotonsäure,
aufwies. Es wurden dazu io Stunden benötigt. Das Reaktionsprodukt wurde durch Kühlung
auf o° und Absaugen der Kristalle von einem Teil seiner Crotonsäure befreit. Aus
der Mutterlauge wurden durch Destillation bei 14 Torr der unveränderte Crotonaldehyd
und das Benzin zurückgewonnen. Die hierbei zurückbleibende Crotonsäure konnte zwischen
70 und 78° ohne jede .Störung abdestilliert werden. Auf je ioo g gebildete
Crotonsäure wurden 2,8 g Rückstand festgestellt.
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Beispiel 3 a} 7009 Crotonaldehyd, dem 0,3()/o Mangancarbonat
zugesetzt war, wurde 'auf 32° erwärmt, worauf unter Kühlung Sauerstoff eingeblasen
wurde. Die Temperatur stieg momentan auf 5o°. Um die gewünschte Reaktionstemperatur
von 3o bis 32° einhalten zu können, wurde der Sauerstoff
stoßweise,
also durch Kühlpausen unterbrochen, dosiert eingeleitet. Nach q. Stunden war der
Säuregehalt, gerechnet als Crotonsäure, auf 70% gestiegen, worauf abgebrochen wurde.
Das mit 32° aus der Apparatur entfernte Reaktionsprodukt erhitzte sich beim Stehen
innerhalb 1/z :Stunde bis zum Sieden.
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b) 700 g Crotonaldehyd, dem 0,3 0% Mangancarbonat und
o, i % rohes Methyläthylpyridin zugesetzt waren, wurde auf 32° erwärmt. Nach Einschaltung
der Kühlung wurde Sauerstoff eingeblasen. Die Temperatur konnte bei kontinuierlich
durchgeführtem Verfahren bequem konstant gehalten werden. Nach 7 Stunden enthielt
das Reaktionsprodukt ebenfalls 70% Säure, gerechnet als Crotonsäure. Nun wurde die
Sauerstoffzufuhr abgebrochen. Das mit 32° aus der Apparatur entfernte Produkt erwärmte
sich beim Stehen innerhalb i Stunde nur auf q.o°, worauf die Temperatur wieder abfiel.