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Verfahren zur Herstellung entkeimter, haltbarer Arzneilösungen in
hermetisch verschlossenen Behältern, insbesondere Ampullen Parenterale Arzneimittellösungen
sind gebräuchlicherweise in Glasampullen eingeschmolzen oder in hermetisch verschlossenen
Behältern aufbewahrt. Das destillierte oder doppeltdestellierte Wasser, das als
meist gebräuchliches Lösungsmittel verwendet wird, nimmt, wenn keine besonderen
Maßnahmen getroffen werden, während seiner Herstellung und Aufbewahrung rasch Bestandteile
der atmosphärischen Luft in Lösung auf.
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Nach der Gleichgewichtsbildung, die durch das Henrvsche Gesetz bedingt
wird, enthält 1 1 destilliertes Wasser bei 2o'° C nachfolgende Menge Gase der atmosphärischen
Luft gelöst: 0,52 cm3 Kohlensäure, 5,26 cm3 Sauerstoff, 1.o,38 cm3 Stickstoff.
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Während der Stickstoff chemisch ein äußerst reaktionsträges Gas ist,
so ist dies bei der Kohlensäure und beim Sauerstoff nicht der Fall. Die Kohlensäure
drückt die pH-Werte der Lösungen merklich herab, was einen Nachteil darstellt in
bezug auf die Wirksamkeit einiger Arzneikörper, wie Penicillin und andere Antibiotica.
Überdies macht sie die Aufbewahrung dieser Körper in
gelöstemZustand
unmöglich. Diese sauren pH-Werte eignen sich auch nicht zur Entkeimung vieler wirksamer
Stoffe, weil sie hydrolytische Spaltungserscheinungen hervorrufen (Glukoside und
Polysaccaride).
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Der Sauerstoff-, aktiviert durch die Entkeimungstemperatur, ruft bei
einer großen Anzahl Arzneistoffe Oxydationsreaktionen hervor, die sich entweder
durch einen Verlust an wirksamer Substanz oder durch Umlagerung derselben in eine
giftigere kennzeichnen.
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Man hat schon versucht, die Oxydationserscheinungen zu vermeiden durch
Herabsetzung der Entkeimungstemperatur unter ioo°` C oder durch Zugabe reduzierender
Körper zu der Lösung. Beide Vorgehen ergeben jedoch nur sehr unvollständige Resultate.
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-Zweck vorliegender Erfindung ist, die oben angegebenen und noch andere
Nachteile zu beheben und parenteraleArzneilösungen so herzustellen, daß das Wasser,
das als Lösungsmittel dient, oder die fertige Lösung frei ist von Kohlensäure und
von Sauerstoff. Diese reaktionsfreien Lösungen haben keinen Nachteil auf die Wirksamkeit
und auf die Aufbewahrung der gelösten Arzneistoffe. Sie erlauben eine normale Entkeimungstemperatur
auch bei Körpern, die bis heute als temperaturempfindlich angesehen sind.
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Bisher wurden reaktionsfreies Wasser oder reaktionsfreie Lösungen
nach einem der nachfolgenden Verfahren hergestellt: i. Destillation, KondensationundAufbewahrung
desWassers unter normalem oder vermindertem Druck in einer Atmosphäre von Stickstoff
oder eines anderen reaktionsfreien oder reaktionsarmen Gases; 2-.Entgasen von Wasser
durch Kochen, Sättigen und Aufbewahren in Gegenwart von Stickstoff oder eines anderen
reaktionsfreien oder reaktionsarmenGases; 3. Entgasen von Wasser durch Vakuum, Sättigen
und Aufbewahren in Gegenwart von Stickstoff oder eines anderen reaktionsfreien oder
reaktionsarmen Gases; 4.. Entgasen von Wasser durch Kochen im Vakuum, Sättigen und
Aufbewahren in Gegenwart von Stickstoff oder eines anderen reaktionsfreien oder
reaktionsarmen Gases.
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Diese Verfahren ergeben nur teilweise zufriedenstellende Resultate,
und es können mit ihnen in den günstigsten Fällen go o/o der gelösten Gase aus der
Lösung entfernt werden.
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Die Kurve nach Fig. i der Zeichnung stellt die Entgasung von destilliertem
Wasser durch Kochen und jeweiligem Abkühlen unter Stickstoff dar. Als Ordinate ist
der Sauerstoffgehalt des Wassers in Prozenten und als Abszisse die Kochzeit iniMinuten
aufgetragen. Der Ausgangsgehalt von gelöstem Sauerstoff (10,47 mg/1) wird als .iao
°/o angenommen. Es ist aus dieser Kurve ersichtlich, daß nach einem 6ominutigen
Kochen bei ioö° C immer noch ri °/o des am Anfang gelösten Sauerstoffes übrig sind.
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Die Kurve nach Fig. 2 stellt die Entgasungsmöglichkeiten des destillierten
Wassers durch ein Vakuum von 15 mm Quecksilber als Funktion der Entgasungszeit dar.
Die Resultate sind hier noch viel weniger zufriedenstellend, da nach 6o. Minuten
noch 251/o des am Anfang gelösten Sauerstoffe:: übrig sind.
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Die Kurve A nach Fig. 3 stellt den Gasaustritt aus destilliertem Wasser
nach aufeinanderfolgenden Entspannungen dar. Zu diesem Zweck wird die Flüssigkeit
jedesmal während 5 Minuten unter ein Vakuum von 15 mm Quecksilber gesetzt und dann
plötzlich Stickstoffön das Gefäß eingelassen.
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Aus allen angeführten bekannten Verfahren bestätigt sich, daß immer
ein letzter Teil der gelösten Gase fester gebunden zu sein scheint, als durch gewöhnliche
Lösungsvorgänge. Diese Tatsache findet sich im ganzen Schrifttum wieder, das sich
mit dem Entgasen von Flüssigkeiten oder dem Eindringen von Gasen in die Flüssigkeiten
beschäftigt.
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Literatur: Diffusion de 1'oxygene atmospherique Jans 1'eau, recouv
erte dune couche d'huile minerale. M. Lallemant, Bulletin Ste. Chimie Biologique
1933, S. g1. Dissolution de 1'oxygene atmospherique dans 1'eau, mise au contact
de fair. Comptes rendues Ste. Biologie 193 i.. Tome@2o6 p. -a3 o, N i c 1 o u x.
Dissolution de 1'oxygene atmospherique dans 1'eau, mise au contact de fair. Comptes
rendues Ste. Biologie 1931 Tome 107 p. 993.
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Die geschilderten und sich auf den gelösten Sauerstoff beziehenden
Vorgänge verlaufen genau parallel für die gelöste Kohlensäure.
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Gemäß dem Verfahren nach vorliegender Erfindung wird die für die Lösung
verwendete Flüssigkeit Schwingungen im Bereich der hörbaren Frequenz bis zur Ultraschallfrequenz
ausgesetzt, hierauf mit einem inerten Gas gesättigt und unter einer Atmosphäre dieses
Gases aufbewahrt.
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Die Kurve B nach Fig. 3 gibt das Bild der Entweichungen der gelösten
Gase unter denselben Vorbedingungen wie Kurve nach Fig.3 unter Beschallung durch
einen Ultraton von 18,43 kHz und einer strahlenden Energiemenge von 65 Watt.
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Die Entgasungsvorgänge sind nicht abhängig von der Frequenzhöhe. Sie
bilden sich sowohl bei den niedersten, den hörbaren Bereich kaum übersteigenden
Frequenzen, durch Magnetostriktion hervorgerufen, als auch bei den höchsten, durch
Quarzsender erreichbaren Frequenzen.
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Diese Entgasungsvorgänge, die reinphysikalischer Natur sind, Negativwerte
der Spannungen in den stehenden Knotenpunkten der ,Wellenfortpflanzung, sind von
gewissen chemischen Erscheinungen begleitet, die aber ihre Anwendungsmöglichkeiten
von vornherein unmöglich machen oder sehr stark begrenzen. Diese chemischen Begleiterscheinungen
sind die Bildung von Wasserstoffsuperoxyd, nicht nur von dem im Wasser gelösten
Sauerstoff, sondern darüber hinaus noch von Sauerstoffmolekülen, abgespalten aus
den Wassermolekülen durch die Energiestrahlung. Desgleichen gibt der gelöste Stickstoff
Anlaß zur Bildung einer ganzen Anzahl von Stickstoffderivaten, wie NO, N02, N203,
N205. Diese chemischen Vorgänge, entgegen den rein physikalischen Entgasungsvorgängen,
sind eng und in der Zeit an die Frequenz gebunden. Es bleibt so zur
Entgasung
einer Flüssigkeit oder einer Lösung ein Frequenzband von rund 15 bis 6,o kHz übrig,
indem zur Entgasung einer gegebenen Lösung die Frequenz herausgewählt wird, die
in einer annehmbaren Zeit die Entgasung der Lösung erlaubt; dies ohne erstens eine
nachteilige Wirkung auf den eigentlichen Charakter der Lösung zu haben, zweitens
in der gegebenen Zeit kein Wasserstoffsuperoxyd und keine Stickstoffderivate von
dem als Sättigungsmittel dienenden Stickstoff zu bilden.
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Zur praktischen Durchführung des Verfahrens kann das oben genannte
Frequenzband durch einen magnetostriktiven Ultraschallsender erhalten werden, dessen
Stab auswecbselbar ist und dessen jegliche Grundfrequenz mittels eines Hardley-Generators
erregt wird. -Das ganze Frequenzband von 15 bis 6o kHz kann so wohl nicht lückenlos
aber doch in Stufen von 3oo bis 5oo Hz bestrichen werden. Die ausgesandte Energie
kann sich zwischen o und 2 kW ändern. Die übertragung der gesandten Ultraschallenergie
geht zur Verlustvermeidung durch ein Flüssigkeitsbad (Wasser, Petroleum) direkt
auf das Gefäß, das die zu behandelnde Lösung enthält.
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Der Entgasungsvörgang nimmt folgenden Verlauf: Die zu behandelnde
Flüssigkeit befindet sich in einer Hartglasflasche, z. B. den unter den .Marken
Pvrex oder Duran im Handel erhältlichen Glasflaschen, mit einem Gummiverschluß,
der zwei Bohrungen trägt, durch die eine erste Glasröhre bis auf den Boden geht
und eine zweite über dem Flüssigkeitsspiegel endigt.
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Die erste Glasröhre ist an einen Vorratsbehälter angeschlossen, der
sauerstofffreien Stickstoff enthält. Die zweite Glasröhre ist mit einer Vakuumquelle
verbunden. Durch ein erstes Vorvakuum ohne Ultrabeschallung wird ein erster Teil
der Gase aus der Lösung und aus der Glasflasche abgezogen.
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Diese abgezogene Gasmenge wird durch Stickstoff ersetzt. Es wird ein
zweites Vakuum hergestellt, und wenn dieses 6o mm erreicht hat, wird der Ultraschallsender
mit der brauchbaren Frequenz und während einer bestimmten Zeitspanne eingeschaltet.
Frequenz und Zeitspanne sind bedingt durch gelöstes Produkt und Lösungsmittel sowie
Konzentration. Die so durch das Vakuum ausgezogenen Gase werden wieder durch gereinigten
Stickstoff ersetzt. Dieser Entgasungsarbeitsgang kann oder muß je nach den Verhältnissen
ein oder mehrere Male wiederholt werden. Eine einwandfreie Kontrolle der Entgasung
kann durch Interferenzmessungen durchgeführt werden. Die fertig entgaste Lösung
wird dann unter leichten Stickstoffüberdruck gesetzt und kann so ,48 Stunden und
mehr aufbewahrt werden, ohne daß ein neues Eindringen der atmosphärischen Luft zu
befürchten ist.
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Es ist wichtig, daß in allen Fällen, sowohl in den fertigen Ampullen
als auch in den Vorratsflaschen, Urnfüllvorrichtungen, Leitungen usw. die Luft durch
Stickstoff oder ein anderes reaktionsfreies oder reaktionsarmes Gas ersetzt wird.
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Um ein Ausweichen der reaktionsfreien oder reaktionsarmen Gase aus
den Lösungen und ein Nachdringen der atmosphärischen Luftbestandteile (Sauerstoff
und Kohlensäure) in die Lösungen zu verhindern, muß die über den Lösungen befindliche
Luftatmosphäre vollständig durch ein reaktionsfreies oder reaktionsarmes Gas verdrängt
bzw. ersetzt werden.