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Verfahren zur Abscheidung von Eiweißstoffen aus Milch oder Molke Die
Abtrennung der Eiweißstoffe aus Milch und Molke hat nicht nur erhebliche Bedeutung
für die Ernährung in Form von Quark und Käse, sondern auch für die allgemeine Technik
der Gewinnung von technischem Kasein, Eiersatzstoffen, Milcheiweißzubereitungen,
Nährmitteln, pharmazeutischen und kosmetischen Produkten.
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Die Milcheiweißstoffe bestehen im wesentlichen aus dem durch Selbstsäuernlassen
oder durch Zusatz von. Labferment oder Säuren ausfällbaren Kaseinanteil, auch Käsestoff
genannt, und dem durch Hitzeanwendung oder durch Aussahen ausfällbaren Albuminanteil,
auch Molkeneiweiß genannt.
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Die wirtschaftlich bedeutenste Rolle spielt der Kaseinanteil, zu dessen
technischer Gewinnung im Regelfall Magermilch herangezogen wird, in der Weise daß
durch den Prozeß des Selbstsäuernlassens, gegebenenfalls nach vorheriger Ansäuerung
mit Milchsäurebakterienreinkulturen, das Kasein in Form von Quark zur Ausfällung
gebracht und hinterher ausgewaschen und getrocknet wird.
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Es entsteht hierbei eine mehr oder weniger klare Restmolke, in welcher
der zweite Eiweißbestandteil der Milch, das Albumin, in gelöster Form zurückgeblieben
ist. Auch erhebliche Kaseinanteile werden von der vorherigen Ausfällung nicht erfaßt
und bleiben in der Restmolke zurück.
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Die bisherige Praxis hat sich nun mit dem altbekannten Verfahren abgefunden,
die Restmolke zu erhitzen, damit das Albumin zur Gerinnung und zum Ausfällen zu
bringen und zusammen mit dem ebenfalls durch die Erhitzung ausgefällten Restkaseinniederschlag
abzutrennen durch Absitzenlassen, gegebenenfalls Zentrifugieren. Bei diesem Verfahren
ist ein bestimmter Säuregrad innezuhalten, der zwischen 12 und: 16 nach SH liegt.
Ist
die Molke zu sauer, so- wird bis zu diesem Säuregrad durch Zusatz von Alkalien abgestumpft,
ist sie umgekehrt zu wenig sauer, so wird angesäuert mit anorganischen oder organischen
Säuren, gegebenenfalls mit saurer Molke.
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Das nach diesen Verfahren gewonnene technische Dasein sowohl als auch
das Molkereiweiß ist für viele Zwecke im technischen Bereich der Fertigung von Eiaustauschstoffen,
Nährmitteln, pharmazeutischen und kosmetischen Präparaten nicht verwendbar infolge
nachteiliger Veränderungen im Gefüge, Geruch, Geschmack und Aussehen.
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Die vorliegende Erfindung hat sich zur Aufgabe gestellt, beide Eiweißstoffe
unter Ausschaltung schädlicher Nebeneinflüsse aus der Milch möglichst restlos herauszuholen
in einer Form, welche hohen Ansprüchen sowohl für die Verarbeitung zu Eiaustauschstoffen
und Nährmitteln als auch zu pharmazeutischen un!d kosmetischen Produkten Genüge
leistet. Abweichend von den bisher bekannten Verfahren läßt sich das Kasein und
das Albumin im gleichen Arbeitsgang ausfällen durch rasches Erhitzen von Milch,
insbesondere so gut wie fettfreier Magermilch, auf, eine Temperatur von gi° C in
beispielweise Kreisel- oder Trommelerhitzern. Zwar wird auch bei dieser raschen
Erhitzung das Kasein und das Albumin leicht denaturiert, aber in praktisch wenig
ins Gewicht fallenden Grenzen. Ist die Temperatur vorn gi'°, C erreicht, wird der
in starleer Bewegung befinrdlichen Milch die errechnete Menge Zitronensäure, Weinsäure
oder eine andere organische Säure zugesetzt, so daß nach der Vermischung der Säuregrad
bei 16 nach SH liegt.
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Die Gerinnung und Ausflällung dies Kaseins erfolgt augenblicklich
in sehr feinen Flocken von verhältnlismäßig weicher, wasserbindiger Beschaffenheit,
welche das Absitzenlassen erschwert. Um diesen Kaseinflocken eine bessere Sinkfähigzu
geben, werden gemäß der Erfindung dem weiterhin in Bewegung befindlichen Milch-Säuire-Gemisch
sehr fein .gepulverte oder halbflüssige Silicate in Form. von Wasserglas zugesetzt.
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Liegt der Säuregrad während des ganzen Vorganges. niedrig, ul.so bei
etwa ie nach SH, so schließen die ausgefällten Flocken die Kaseinbestandteile fast
restlos, die Albumin!bestandteile der Milch zum größten Teileein. Die gewonnenen
Flocken von wenig denaturierter Beschaffenheit sind in besonderem Maße au@nahm-efähig
für Wasser, sehr gut quellfähig, haben ein ausgezeichnetes Lockerungsvermögen und
eignen sich deshalb zur Verarbeitung von Eiaustauschstoff, Quellmitteln, Backhilfsmitteln,
Soßenpulvern:, Cremes und Pasten. Für bestimmte Verwendungszwecke sind diese besonderen
Eigenschaften aber nicht vorrangig, und an ihrer Stelle werden Flocken Grün mehr
.fester und zäher Struktur, sog: hartem Korn, gewünscht, insbesondere für Malerfarben,
Druckpasten, Arzneistoffe, Füllmittel, Schlichtmittel usw. Diese Eigenschaften können
erlangt- werden durch Heraufgehen mit dem Säurezusatz zur Milch auf 16 bis @i8 bis
2.o Säuregrade nach SH, wobei aber sehr starke Bewegung der :Milch während des Säurezusatzes
und der Ausfällung notwendige Voraussetzung ist, weil sonst nicht die Bildung feiner
Flocken, sondern zäher Klumpen eintritt.
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Die Ausfällung des Kaseins im eingeleiteten fließenden Dampfstrom
ist der Technik bekannt, aber die Anwendbarkeit dieses Prinzips fand bisher seine
Grenzen in der Schwierigkeit, allzu fein entwickelte Flocken zum raschen Absitzenlassen
und Aibtrentnen zu bringen. Das dieser Erfindung zugrunde liegende Prinzip,der Anwendung
von Silicaten schafft überrasohend Abhilfe. Alkalische Silicate bilden in dem schwach
sauren Milieu der Molke auf den -ebenfalls schwach sauren. Kasein-Albumin-Flocken
fast augenblicklich Niederschläge und geben ihnen eine stark erhöhte Sinkfähigkeit
infolge spezifischer Schwere. Es können pulverisierte Silicate in kolloidal feinster
Beschaffenheit oder auch fließbare Silicate in Form von Natron- oder Kaliwasserglas
zur Anwendung kommen.
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Die Verwendung alkalischer Silicate in Form des Wasserglases hat den
Nebenvorteil einer genaueren Einsteuerung des Säuregrades der behandelten Gemische.
Die Optimale für die höchste Ausbeute anAlbumin liegt bei etwa 15 Säuregraden
nach SH. Muß man zwecks _ Härtung der Kaseinflocken auf Säuregrade von 18 oder 2o
oder gar mehr hinaufgehen mit dem Säurezusatz, sa leidet zwar zunächst die gleichzeitige
Ausfällung des Albumins, man kann aber, sobald im fließenden Strom die vollzogene
Ausfällung der Kaseinflocken festgestellt ist, den Säuregrad des Gemisches sofort
wieder herabsetzen auf etwa i5 nach SH durch Zusatz des alkalischen Wasserglases,
gegebenenfalls in Verbindung mit anderen Alkalien, beispielsweise Natriümbicarbonat.
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Im Anschluß an die vollzogene Ausfällung kann der fließende Strom
durch einen Kühler geleitet und -sofort auf die Temperatur abgekühlt werden, bei
welcher die weitere Abtrennung der Flocken durch Absitzenlassen in der Ruhe oder
durch Zentrifugieren am besten vor sich geht. Je rascher die Abkühlung, desto heller
werden die Flocken im Aussehen bleiben, und desto bessere Eigenschaften werden sie
für die Weiterverarbeitung haben. Diese vorsichtige Wärmeanwendung gilt auch für
die Trocknung der Flocken.
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Das Wesentliche dieser Erfindung ist, eine fast gleichzeitige oder
dicht aufeinanderfolgende Ausfällung der Kasein- und Albuminbestandteile in :einem
Arbeitsgang, und zwar im fließenden Strom, vornehmen zu können. Dadurch werden Einrichtungen,
Arbeit, Raum und Zeit eingespart. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Abstimmung
der Eiweißflockembeschaffenheit auf den jeweils vorherrschenden Verwendungszweck
in bezug auf Quellbarkeits-, Wasserbindungs- und Auflockerungsvermögen, Härte oder
Weichheit. - Der betriebliche Vorteil ist die Ausschaltung von Zufälligkeiten, welche
den alten Verfahren anhaften. Insbesondere ist es jetzt möglich, die Wirkungsoptimalen
der Kaseinausfällung und. der Albuminausfällung
individuell herzustellen
und in den Fließvorgang einzubauen.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung kann, seiner inneren Wesensart nach,
auch auf Buttermnilch und Molke angewendet werden, aus welchen nur noch das Restkasein
und .das Albumin herauszuholen sind.
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Die verfahrensmäßig beschriebene Anwendung von Silicaten, insbesondere
Wasserglas, ist gesundheitlich unbedenklich. Das Verhältnis zwischen Silicaten und
Eiweiß bewegt sich in den Grenzen zwischen i und 5 Promille, liegt also weit unterhalb
der Grenzwerte im Gehalt vieler anderer Nährmittel.