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Verfahren zur Abscheidung von Acrylsäure oder Methacrylsäure aus wäßrigen
Lösungen Acrylsäure und Methacryl-säure fallen bei ihrer Herstellung in der Regel
als mehr oder weniger verdünnte Lösungen, die im allgemeinen 50 % Säuregehalt nicht
überschreiten, an. Zur Herstellung von Derivaten der Säure oder auch zur Herstellung
von Polymerisationsprodukten derselben müssen die Säuren deshalb in den meisten
Fällen in hochkonzentrierter bzw. in chemisch reiner Form hergestellt werden. Dazu
gibt es verschiedene Aufarbejitungsweisen, z. B. die ,an sich bekannte azeotrope
Entwässerung mit einer Hilfsflüssigkeit, wie Benzol, Toluol, Chlorkohlenwasserstoffen.oder
ähnlichem. Bei einer derartigen Arbeitsweise läßt sich das Auftreten von erheblichen
Verlusten durch Polymerisation nicht vermeiden: Auch die Zuggabe von Stabilisierungsmitteln,
wie Hydrochinon, Pyrogallol, Schwefel oder ähnlichen, führt nicht zu Verfahren,
die technisch befriedigend durchführbar sind, weil die auftretenden Polymerisationsverluste
Ausbeuten von höchstens 6o bis 70 VO zulassen und eine reibungslose Durchführung
des Arbeitsprozesses durch das auftretende Polymerisat in vielen Fällen unmöglich
gemacht wird. Besonders schwierig ist die an die Entwässerung anzuschließende,
vorteilhaft
im Vakuum durchzuführende Reindarstellüng der Säuren deshalb, weil diese schon .während
der Entwässerung so stark mit Polymerisationskeimen durchsetzt werden, daß eine
Weiterpolymerisation bei :der Reimdestillation auch bei verhältnismäßig niederer
Temperatur in der Regel nicht zu vermeiden ist.
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Versuche, Acryl:säure oder Methacryl@säure aus ihren wäßrigen Lösungen
durch Extrahieren mit Lösungsmitteln, wie Benzol oder ähnlichen, zu gewinnen, zeigten
ein ähnlich schlechtes Ergebnis. Extrahiert man nach in der Technik üblichen Verfahren,
so treten Polymerisationsschwierigkeiten auf. Verzichtet man auf eine thermische
Behandlung der Extraktionslösung zur Vermeidung von Polymeri= sationsschwierigkeiten,
so sind die Ausbeuten unbefriedigend. Auch die Ausfällung der wäßrigen Lösungen
mit Salzen, wie Natriumsulfat, .Ammoniumsulfat, Natriumchlornd oder ähnlichen, hatte
nur geringen Erfolg. Dies ist besonders darauf zurückzuführen, daß es mit den Aussalzverfahren
im allgemeinen nicht gelingt, insbesondere nicht bei Zimmertemperatur, Säurelösungen
zu erhalten, die so hochkonzentriert sind, :daß sie ohne nochmalige Reindestillation
direkt verwendet werden könnten.
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Es# wurde gefunden, daß überraschenderweise Acrylsäure und Methacrylsäure
aus ihren wäßrigen Lösungen rasch unter guter Ausbeute und einwandfreier Trennung
der Schichten und unter Erzielung hochkonzentrierter Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur
dadurch abgeschieden werden können, daß die wäßrigen Lösungen mit Alkali- bzw. Ammoniumsulfaten
bei ;gleichzeitigem Zusatz von Schwefelsäure behandelt werden: Dabei ist es empfehlenswert,
@die beiden Fallkomponenten etwa im Molverhältnis i : i anzuwenden.
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Es ist jedoch auch möglich, von dem molaren Verhältnis sowohl zugunsten
einer Erhöhung .des Ammonsulfats als auch zugunsten einer Erhöhung des Schwefelsäureanteils
abzuweichen, ohne daß die entstehende Gesamtausbeute wesentlich verschlechtert wird.
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Als vorteilhafte Arbeitsweise hat sich erwiesen, unter Anwendung eines
gewissen Schwefelsäureüberschusses zu arbeiten, so daß man eine möglichst hochkonzentrierte
obere Schicht erhält von go bis 99 0/0 Säuregehalt, die für viele Zwecke direkt
weiterverwendet wenden kann oder aber bei der Reindestillation rasch und ohne große
Polymerisationsverlustesich gut verarbeiten läßt. Die dabei in der unteren Schicht
verbleibende Menge an Acryl-;Jure oder Methacrylsäure kann in anderer Weise gufgearl)eitet
werden, z. B. :durch Extraktion oder Buch durch tfiberführung in einen Ester. Auf
diese Weise läßt eich die Gesamtausbeute an organischer Säure auf über go % steigern.
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Die gewünschte Aü.ssälzung kann auch in der Art erreicht werden, $aß
man schon bei der Herstellung :der rohen Säuren mit solchen Ansätzen arbeitet, daß
nach erfolgter Umsetzung neben diesen Säuren eine Lösung vorliegt, die an Ammonsulfat
möglichst gesättigt ist und diesem ungefähr äquimolare Mengen frier Schwefelsäure
enthält. Bei der Herstellung von Methacryl:säure aus Acetoncyanhydrin und Schwefelsäure
z. B. kann man je nach dem .durch die angewandte Menge Schwefelsäure bedingten Ammonsulfatgehalt
des Reaktionsgemisches durch Zugabe weiterer Mengen Ammonsulfat und bzw. oder Schwefelsäure
den gewünschten Aussalzgrad erreichen. Wird die Herstellung der Acryl-bzw. 1\Zethacrylsäure
aus den entsprechenden Oxynitrilen in bekannter Weise durch Umsetzung mit Schwefelsäure
in größerem Überschuß vorgenommen, so kann man das gewünschte Ziel erreichen, indem
man einen Teil der freien Schwefelsäure mit Alkälihydroxyden oder auch z. B. mit
gasförmigem Ammoniak abstumpft.
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In den folgenden Beispielen werden verschiedene Anwendungsweisen des
erfindungsgemäßen Verfahrens unter Anführung von Gegenbeispielen dargestellt.
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Beispiel i Zu Ido g 48%iger. Acrylsäure werden 40 g Ammonsulfat und
309 konzentrierte Schwefelsäure unter Rühren und Auflösen gegeben. Es entstehen
47 g obere Schicht, idie einen Acrylsäuregehalt von 84 % aufweist. Ausbeute: 82
% der Theorie.
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Beispiel e Zu Zoo g 48%iger Acrylsäure werden in -der im Beispiel
i beschriebenen Weise 40 g Ammonsulfat und 5o g konzentrierte Schwefelsäure gegeben.
Es entsteht eine obere Schicht, die einen Acryl:säuregehelt von 93 % aufweist. Ausbeute:
78,4 0/0.
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Beispiel 3 Zu V010 g 48%igerAcryl.säure werden in derselben Weise,
wie im Beispiel i beschrieben, 4o g Ammomsulfat und To .g konzentrierte Schwefelsäure
gegeben. Man erhält eine obere Schicht, die nur 63,5 % Acrylsäure enthält. Ausbeute:
93,5 0/0.
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Arbeitet man gemäß vorstehendem Beispiel ohne Anwendung von Schwefelsäure
derart, :daß man die 48%ige Acrylsäure:lösung bei 2o° mit Arnmonsulfat sättigt,
so tritt eine Trennung in Schichten nicht ein, auch dann nicht, wenn die Lösung
auf o° abgekühlt wind. Setzt man umgekehrt ohne Anwendung von Ammonsulfat nur 5o
g Schwefelsäure zu ioo g 48%iger Acrylsäure, so tritt bei Zimmertemperatur ebenfalls
keine Schichtentrennung ein. Eine solche erfolgt jedoch beim Abkühlen der Mischung,
und zwar erhält man bei -I- 2° eine obere Schicht mit 84,5 % Acrylsäure. Ausbeute:
76 0/0.
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Beispiel 4 ioo g einer 54,50/0i-gen Methacryl:säure werden mit 45g
Ammonsulfat und 50g konzentrierter Schwefelsäureversetzt. NachAuflösenderFällungsmi:ttel
entstehen bei einer Temperatur von 2o° 53 g einer oberen Schicht mit einem Methacrylsäuregehalt
von 98,50/0. Ausbeute: 95,7% der Theorie.
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Arbeitet man nach dem vorstehenden Beispiel unter Weglassung der Schwefelsäure
derart, daß 1100 g 54%ige Methacrylsäure bei Zimmertemperat-gi# mit Ammonsul.fat
gesättigt wenden, wobei sich 32 g
lösten, @dann erhält man
nach dem Absetzen 53 g einer oberen Schicht mit einem Gehalt von nur 91,8% Meth,acrylsäure,
entsprechend einer Gesamtausbeute von nur 89,4%.
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Beispiel 5 87 g Acetoncyanhydrin (98%ig) werden bei 9o° in ioo g Schwefelsäure
eingerührt; das Gemisch wird anschließend 6 Minuten auf 125° erhitzt. Hierauf werden
136.g Wasser zugegeben und 4 Stunden unter Rückfluß bei einer Temperatur von etwa
9.o bis 95° verseift. Daraufhin werden 47 g 75%ige Schwefelsäure eingerührt, auf
2o° abgekühlt und absitzen gelassen. Es entstehen 73 g einer oberen Schicht, die
98% Methacryl,säure enthält. Ausbeute: 84% .der Theorie.
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Beispiel 6 87 g Acetoncyanhydrin werden bei einer Temperatur von etwa
75° in 118g konzentrierte Schwefelsäure eingerührt und darauf 8 Minuten auf 125°
erhitzt. Dann werden 9o g Wasser zugegeben und 4 Stunden bei einer Temperatur von
9o bis ioo° verseift. Hierauf werden 35 g Ammonsulfat in der Reaktionsmasse aufgelöst
und diese auf 210° abgekühlt. Es entstehen 81 g einer oberen Schicht, die 99;r %
Methacrylsäure enthält. Ausbeute: 94% der Theorie.
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Es war nicht vorauszusehen, daß es möglich ist, durch Kombination
zweier Fällmitxel, die für sich allein nicht zum gewünschten Ergebnis führen, hochkonzentrierte
Lösungen der anderweitig nur sehr schwierig herstellbaren Acryl- und Methacrylsäure
zu erlangen. Diese hochkonzentrierten Lösungen lassen sich auch durch Ausfrieren
und Abschleudern eines wäßrigen Zentrifugats ohne Polymerisationsschwierigkeiten
zu praktisch chemisch reinen Säuren verarbeiten.