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Verfahren zur anodischen Abscheidung von hochporösem Mangandioxydhydrat
mit Gammastruktur Die Möglichkeit, Mangandioxyd aus manganhaltigen Elektrolyten
mit Hilfe des elektrischen Stroms an der Anode abzuscheiden, ist bekannt. Man macht
hiervon z. B. im Laboratorium bei der elektroanalytischen Bestimmung des Mangans
Gebrauch. Es sind auch technische Verfahren beschrieben worden, nach welchen sowohl
aus neutralen wie sauren Mangansalzlösungen meist bei Siedetemperatur Mangandioxyd
gewonnen wird. Bei allen diesen Prozessen wird Wert darauf gelegt, das Mangandioxyd
in dichten, an der Anode .festhaftenden, möglichst dicken Platten zu erhalten. Diese
liefern ein kristallines Pulver von grauschwarzer Farbe und einem Schüttgewicht
von 1,5 bis 2,o. Das Röntgendiagramm zeigt auf hellem Untergrund die scharfen Debye-Scherrer-Linien
des Pyrolusits, nämlich: -
Theta Intensität |
18,5 ................... stark |
24,2 ................... mittelstark |
26,4 ................... schwach |
27,5 ..:................ mittelstark |
$9,9................... schwach |
36,8 ....:.............. stark |
38,8 .......... ....... stark |
44,3 ................... schwach |
48,2 ................... mittelstark |
Der Pyrolusitbraunstein hat, auch in seinen Abwandlungen als Kunstbraunstein und
aktivierter Braunstein, jahrzehntelang die Trockenelementindustrie beherrscht, seit
der Auffindung von Manganerzen mit Gammastruktur aber an Bedeutung eingebüßt,
da
seine batterietechnische Leistung von den letzteren übertroffen wird.
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Da aber die Qualität dieser natürlichen Gammabraunsteine, wie die
aller Erze, erheblich von den jeweiligen geologischen Verhältnissen der Fundstätten
und der Sorgfalt der Verlesearbeit abhängt, hat man versucht, Gammabraunstein auf
chemischem Wege herzustellen, jedoch haben sich diese Laboratoriumsverfahren aus
verschiedenen Gründen nicht ins Große übertragen lassen.
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Das nachstehend beschriebene neue elektrochemische Verfahren setzt
sich das Ziel, im Großbetrieb einen vollständig reinen, insbesondere alkalifreien
Gammabraunstein von niederem Schüttgewicht und großem Porenvolumen laufend in stets
gleichbleibender Qualität zu gewinnen.
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Als Ausgangsmaterial für den Elektrolyt dient Mangansulfat, das in
bekannter Weise entweder durch Einwirkung von gasförmiger bzw. wässeriger schwefliger
Säure auf mangandioxydhaltige Erze oder durch Behandeln von niedere Manganoxyde
enthaltenden Röstprodukten und nachfolgender Reinigung und Einengung der erhaltenen
Rohlauge gewonnen wird. Jedoch können auch andere geeignete wasserlösliche Mangansalze
als Ausgangsmaterial für den Elektrolyt Verwendung finden. Beispiel Reines kristallisiertes
Mangansulfat wird in so viel chloridfreiem Wasser gelöst und diese Lösung mit so
viel Schwefelsäure versetzt, daß die entstehende, auf Zimmertemperatur abgekühlte
Mangansulfatlösung, welche als Ausgangselektrolyt dient, etwa 6o g Mangan und etwa
20 g freie Schwefelsäure im Liter enthält. Als Elektrodenmaterial dient Blei. Die
Elektrolyse wird bei niederer Temperatur, möglichst nicht über i5° durchgeführt.
Bei einer Anodenstromdichte von 6o bis ioo amp/m2 und einem Elektrodenabstand von
5 cm fällt- die Anfangsspannung von etwa 4 Volt in kurzer Zeit auf etwa 3,7 Volt
und geht dann allmählich auf etwa 3,4 Volt zurück.
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An der Anode entsteht primär eine durchsichtige hellbraune, gallertartig-flockige
Ausfällung von unbeständigem Mangantetrahydrat Mn (0H)4, welche von dem gleichzeitig
entwickelten Sauerstoffbläschen von der Anode fortgespült und dadurch am Festwachsen
verhindert wird. Das mit Sauerstoff beladene Mangantetrahydrat macht einen Alterungsprozeß
durch, indem es unter Verlust von Konstitutionswasser zusammenschrumpft und sich
als dunkelbrauner voluminöser Schlamm, welcher aus wasserhaltigem Mangandioxydhydrat
besteht, auf dem Boden der Zelle absetzt. Mn (OH)4-H20 = Mn (0H)2 + H20 Im Verlaufe
der Elektrolyse niuimt der Säuregehalt des Elektrolyts äquivalent dem sinkenden
Mangangehalt zu. Dabei hat es sich als zweckmäßig erwiesen, den Säuregehalt möglichst
nicht über ioo g H2 SO, im Liter ansteigen zu lassen, um eine durch die Bildung
von Mängandisulfat Mn (S04)2 hervorgerufene Verringerung der Stromausbeute zu vermeiden.
Man filtriert nun den auf dem Boden der Zelle angesammelten Mangandioxydhydratschlamm
ab, wäscht ihn mit kaltem Wasser sulfatfrei und trocknet ihn hei einer 1oo° nicht
übersteigenden Temperatur, wobei der Filterrückstand etwa 6o°/, Wasser verliert.
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Der Umstand, daß das Mangandioxydhydrat auf dem Umweg über das voluminöse
Mangantetrahydratgel gebildet wird, hat zur Folge, daß das Fertigprodukt im trockenen
Zustand von zahlreichen Kapillaren durchzogen ist, welche ihm eine stark entwickelte
Oberfläche verleihen. Infolgedessen besitzt das so erhaltene Mangandioxydhydrat
eine an Aktivkohle und Silicagel erinnernde Struktur, wodurch sich seine große Gasdurchlässigkeit
und bedeutende Aufsaugefähigkeit für Flüssigkeiten erklärt. Es ist von samtbrauner
Farbe und besitzt ein Schüftgewicht von nur etwa 0,3 bis o,5.
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Die chemische Zusammensetzung ist etwa folgende:
MnO 2 ........... 82 bis 850/0 |
Mn20........... . 2 bis 3°/0 |
Hydratwasser .... io bis 15°/0 |
Alkalien ......... fehlen |
Eisen . . . . . . . . . . . . o |
Kupfer . ... .... . . o |
Blei ............. Spuren |
Das Röntgenbild zeigt auf verhältnismäßig stark geschwärztem Untergrund verbreiterte
unscharfe Linien, was darauf schließen läßt, daß die Teilchengröße bei io@' cm und
darunter, also bereits in der Nähe des amorphen Zustandes liegt, was übrigens durch
die elektronenmikroskopische Untersuchung bestätigt wird. Diese amorph ungeordnete
Anordnung entspricht einem labilen Zustand von höherer Energie und sucht von selbst
in das stabile Energieminimum des geordneten (kristallinischen) Zustandes überzugehen,
in welchem sich die natürlichen Gammabraunsteine bereits befinden. Das verfahrensgemäß
hergestellte Mangandioxydhydrat besitzt infolgedessen eine viel größere Reaktionsfähigkeit
als die natürlichen Gammabraunsteine.
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Die Debye-Scherrer-Linien liegen bei:
Theta Intensität |
11,9 .......... schwach |
14,7 .......... schwach |
18,7 .......... mittelstark |
24,2 .......... stark |
27,3 .......... mittelstark |
32,4 .......... sehr schwach |
36,9 .. ...... schwach |
39,4 . . . . . . . . . . schwach |
43,2 .......... sehr schwach |
46,o .......... sehr schwach |
Als Depolarisator im Trockenelement verwendet, übertrifft dieses hochporöse Mangandioxydhydrat
nicht nur die Pyrolusitbraunsteine bei weitem, sondern ist auch den natürlichen
Gammabraunsteinen durch seine große Reinheit sowie sein niederes Schüttgewicht,
welches bedeutende Materialeinsparungen zur Folge hat, stark überlegen.
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Die nach den üblichen Vorschriften aufgenommenen Entladungskurven
ergeben eine Verlängerung der
Entladezeit um 5o Prozent und darüber.
Die Lagerfähigkeit der Zellen ist wegen des völligen Fehlens von Alkalien und anderen
schädlichen Metallen sehr gut. Das verfahrensgemäß hergestellte Mangandioxydhydrat
stellt somit einen wesentlichen technischen Fortschritt gegenüber den bisher in
der Trockenelement-Industrie verwendeten Braunsteintypen dar.
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Der vom Mangandioxydhydratschlamm abfiltrierte, etwa ioo g freie Schwefelsäure
und 15 g Mangan im Liter enthaltende Endelektrolyt wird entweder mit einer geeigneten
Manganverbindung, z. B. Mangancarbonat, oder mit einem ein unlösliches Sulfat bildenden
Salz, z. B. Barium- oder Calciumcarbonat, abgestumpft. Im ersteren Fall gelangt
man unmittelbar wieder zu einem Elektrolyt von etwa 6o g Mangan und etwa 20 g freier
Schwefelsäure im Liter, während man im zweiten Fall den Endelektrolyt durch Zugabe
von festem Mangansulfat verstärken muß, dafür aber die gesamte bei der Elektrolyse
freigewordene Schwefelsäure in Form eines verwertbaren Sulfates (Schwerspat bzw.
Gips) zurückgewinnt.