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Medizinische Gasspritze mit Generator
In der Medizin wird zu therapeutischen
Zwecken nach verschiedenen Methoden Gas appliziert, z. B. vermittels Spritzen. Die
Füllung dieser Spritzen mit Gas geschieht analog der Füllung mit Flüssigkeiten,
z. B. indem die Spitze der Spritze an das Ventil eines Vorratsbehälters oder Generators
angesetzt und durch Aufziehen des Kolbens Gas in das Innere der Spritze gesaugt
wird. Dann wird die gefüllte Spritze in die vorbereitete, z.B. in einem Wurzelkanal
befestigte Kanüle gesteckt, durch welche das Gas an die zu behandelnde Stelle gepreßt
wird.
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Obgleich die sachgemäße Applikation in bestimmten Fällen ausgezeichnete
Wirkungen hat, ist ein exaktes, wissenschaftliches Arbeiten mit Gas in der medizinischen
Praxis schwierig. Die Kontrolle der Gase bezüglich ihrer Zusammensetzung, chemischen
Beschaffenheit und physikalischen Zustände ist nicht einfach. Außerdem sind in den
Vorratsbehältern und Generatoren keinesfalls stabile Zustände. Auch bei der Entnahme
ergeben sich Fehler durch Eindringen von falscher Luft.
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Das Problem, welches die Erfindung löst, besteht darin, das so leicht
flüchtige und in der Praxis bezüglich der Beschaffenheit nur umständlich kontrollierbare
Gas mit größerer Zuverlässigkeit in der gewünschten Quantität seiner verschiedenen
chemischen und physikalischen Eigenschaften an den zu behandelnden Ort zu bringen.
Zu diesem Zweck wird erfindungsgemäß das Gas aus für den einzelnen Bedarfsfall dosierten
geeigneten Substanzen in der Spritze selbst hergestellt.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen
Gasspritze im Schnitt dargestellt, und zwar zeigt Fig. I die Gasspritze mit Gasgenerator
und Verschlußknopf, Fig. 2 den soeben beschickten Gasgenerator vor dem Einsetzen
des Stopfens d und Fig. 3 die Gasspritze während der Gasentwicklung und mit aufgesteckter
Kanüle.
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In dem beispielsweise aus feuerfestem Hartglas gefertigten Zylinder
a, welcher vorn in eine genormte Spitze ausläuft, steckt luftdicht ein aus gleichem
Material hergestellter, eingeschliffener Kolben b, welcher vorn den Gasgenerator
c trägt.
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Zur Verbesserung der Dichtung und Verminderung der Reibung können
die Gleitflächen mit einem geeigneten Schmiermittel versehen werden. Der Gasgenerator
ç entspricht in seiner äußeren Form dem Kolben und ist stirnseitig mit einem eingeschliffenen,
von einem Kanal e durchbohrten Glasstopfen d versehen, welcher zu einem Röhrchen
ausgezogen annähernd bis zur Mitte derGeneratorkammer c reicht. Infolge dieser Bauart
können die schwebenden Gase bei eingesetztem Stopfen d durch den Kanal e bei dem
sich entwickelnden Überdruck ungehindert in die Zylinderkammer k austreten, während
feste und flüssige Substanzen bei normal geringer Füllung infolge ihres statischen
Strebens nach dem tiefsten Punkt die annähernd in der Mitte der Generatorkammer
c befindliche Mündung des Kanals e nicht erreichen können. Diese Bauart hat den
Vorteil, daß die Generatorkammer c zur Beschickung und Reinigung frei zugänglich,
ein Herauslaufen oder Herausfallen fester und flüssiger Substanzen bei eingesetztem
Stopfen d unmöglich ist, so daß nichts davon aus der Spritze an die zu behandelnde
Stelle gelangen kann.
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Um die erfindungsgemäße Gasspritze zu laden, wird der Kolben b samt
Generator c aus dem Zylinder a und dann der Stopfen d aus dem Generator c herausgezogen.
Die für den einzelnen Bedarfsfall dosierte Menge einer geeigneten, gasentwickelnden
Substanz g, z.B. Chlorkalk, wird in den Generator gefüllt, eine geeignete Flüssigkeit,
z. B. Salzsäure, Ameisensäure oder Weinsäure, zugegeben und der Stopfen d eingesetzt.
Dann wird bei entfernter Verschlußkappe f der Kolben bis vorn in den Zylinder a
gestoßen. Die im Generator sich entwickelnden Gase verdrängen zunächst die Luft
aus der Spritze. Sobald sie selbst an der Spitze der Gasspritze auszutreten beginnen,
wird die Verschlußkappe f fest aufgesetzt. Infolge der zunehmenden Gasspannung im
Innern der Spritze wird der Kolben b herausgeschoben. Nach dem Abschluß des Vergasungsprozesses
kann an der Graduierung I das Volumen der in der Zylinderkammer k befindlichen Gasmenge
abgelesen werden. Nunmehr wird die Verschlußkappe f entfernt und die Spitze der
Gasspritze z. B. in eine Kanüle i oder einen Schlauch gesteckt. Der Arzt hat es
jetzt in der Hand, mit welchem Druck er das Gas an die zu behandelnde Stelle drücken
will, wie er auch die Menge fortlaufend an der Graduierung 1 überwachen kann.
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Das Laden einer Spritze mit Gas kann auch mit Hilfe eines angebauten
Generators erfolgen. In den Zeichnungen Fig. 4, ga und sb und 6 sind die wichtigsten
Konstruktionen solcher angebauten Generatoren im Schnitt dargestellt, und zwar zeigt
Fig. 4 eine Ganzglasspritze a mit Spritzenstempel b, die mittels einer Gummi- oder
Glasschliffmuffe m mit dem Generator c gasdicht verbunden worden ist (der Generator
c ist in diesem Beispiel als Probierröhrchen ausgebildet, das mit einer gaserzeugenden
Substanz g beschickt ist und mittels einer Spirituslampe n erhitzt wird; die sich
entwickelnden Gase drücken den Stempel b aus dem Spritzenmantel heraus und füllen
dabei das Spritzeninnere; die mit Gas gefüllte Spritze wird anschließend aus der
Muffe entfernt und zur Gasinfiltration verwendet); Fig. usa eine Ganzglasspritze,
die auf einem flaschenförmigen Generator c mittels des Spritzenkonus in den passend
zugeschliffenen Flaschenhals nach vorheriger Beschickung mit gaserzeugender Substanz
g gasdicht aufgesetzt ist. In gleicher Weise drückt das sich entwickelnde Gas den
Spritzenstempel aus dem Mantel empor, bis die Spritze mit Gas gefüllt ist (Fig.
5b); Fig. 6 einen Gasgenerator c in Gestalt eines kleinen Reagenzglases, beschickt
mit gaserzeugenden Substanzen g, der mit Gummistopfen o und durchgestecktem knieförmigen
Gasrohr p verschlossen ist, welches mittels einer Gummi- oder Glasschliffmuffe m
gasdicht mit einer Glasspritze zusammengebaut ist.
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Die Gaserzeugung kann auch im Trockenverfahren in der Weise erfolgen,
daß in die Generatorkammer die für den individuellen Bedarfsfall dosierte Menge
einer geeigneten festen Substanz, z.B. Paraformaldehyd, eingebracht und die zusammengesteckte
Spritze erwärmt wird. Nach der Verdrängung der falschen Luft wird die Verschlußkappe
f aufgesetzt und die Substanz zu Ende verdampft.
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Der Fortschritt, welchen die Erfindung mit sich bringt, liegt in
der Ermöglichung einer exakten wissenschaftlichen Arbeit mit Gas in der medizinischen
Praxis. Um Erfahrungen sammeln und übermitteln zu können, müssen eine Reihe von
zum Teil voneinander abhängigen labilen Zustandsgrößen der zur Desinfektion oder
Heilung verwendeten Gase berücksichtigt werden. So ist annäherungsweise und in den
gegebenen Grenzen die Wirkung W der Gase proportional der applizierten Menge M und
der Dauer z der Behandlung.
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W = M X z.
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Die Menge M ihrerseits ist ein Produkt der Gaskonstanten c mit den
Zustandsgrößen Druck p, Volumen v und Temperatur t.
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Somit M = c X p x v X t, und somit W=cX pXvX tXz.
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Für die medizinische Praxis steckt in der Gaskonstanten c der spezifische
Charakter der verwendeten Gases nach seiner therapeutischen Wirkung.
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Druck und Temperatur sind Faktoren, welche für die Infiltration und
therapeutische Wirkung ihre besondere medizinische Bedeutung haben.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es möglich, alle diese verschiedenen
Faktoren zu beherrschen. Zunächst ist der Arzt unabhängig von allen Schwierigkeiten,
welche sich bei der Be-
nutzung von selbständigen Gasgeneratoren
und Vorratsbehältern ergeben können. Denn bei der Entnahme des Gases aus diesen
kann infolge einer Undichtigkeit der Apparatur bei der Füllung der Spritze leicht
Luft miteingesaugt werden, durch die sich der Charakter des Gases unkontrollierbar
verändert. Erfindungsgemäß erzeugt der Arzt durch Verwendung der für den einzelnen
Bedarfsfall dosierten Menge gaserzeugender Substanzen, deren Gewicht einfach mit
der Waage zu kontrollieren ist, genau die Menge Gas und in der Beschaffenheit, wie
er sie für die Applikation benötigt. Er hat sie aber auch schon in der Spritze und
kann ihr Volumen an der Graduierung I ablesen. Da das sich in der Spritze entwickelnde
Gas den Kolben gegen den Druck der Atmosphäre zurückschiebt, kann er den Druck,
unter dem das Gas in der Spritze steht, nach Berücksichtigung des Reibungswiderstandes,
eines Erfahrungswertes, am Barometer ablesen. Die Temperatur der sich entwickelnden
Gase ist ein spezifischer Erfahrungswert. Die Temperatur des Gases in der Spritze
nähert sich der Raumtemperatur, falls die Spritze nicht künstlich erwärmt oder abgekühlt
wird. Im Bedarfsfall kann im Schaft des Kolbens b ein Thermometer untergebracht
werden.
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Zeigt der Kolbenstand nach Abschluß der Gasentwicklung an der Graduierung
I des Zylinders den wissenschaftlich festliegenden Tabellenwert, so hat der Arzt
Gewißheit über den Spritzeninhalt.
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Diese Kontrollmöglichkeit verleiht dem erfindungsgemäßen Verfahren
seinen besonderen Wert.