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Bauweise Das Bauwesen besitzt heute die verschiedenartigsten Baumethoden,
die je naGh Bestimmungszweck, der wirtschaftlichen, landschaftlichen und materiellen
Überlegung angewandt werden. Aber keine dieser Methoden paßt sich speziell unseren
heutigen Nachkriegsverhältnissen an. Allein die Baugründung in den Triimmergehieten
bildet ein Problem für sich.
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Die llasthauweise entwickelt sich aus dem Vorhandensein hochwertiger
Baustoffe und aus den ungeklärten Untergrundverhältnissen der zerstörten Städte.
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Konstruktive und wirtschaftliche Vorzüge beherrschen das Bild der
Mastbauweise gegenüber den bisher bekannten Baumethoden.
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Alle zur Anwendung kommenden Bauglieder sind dem Stand der Technik
bekannt. Kragträger, Stütze und Zugglied werden im Massiv- sowie Skelettbau angewandt.
Der Kragträger gilt bautechnisch wegen seiner Hebelwirkung als statisch unwirtschaftlich
und wird daher im Bauwesen möglichst vermieden. Außerdem fehlen meist die notwendigen
Auflasten, um einem Kragträger das Gleichgewicht zu geben. Kragträger -,werden in
der Mehrzahl für Freidächer, Balkone, Terrassen, Laufstege und ähnliches angewandt.
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Die Stütze wird im Bauwesen aus verschiedenen aterialien hergestellt,
wobei Knick- und Druck-1 belastung die Größe bestimmen.
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Zugglieder werden aus Metall und Holz im Bauwesen angewandt und 'sind
nach ihrer zulässigen Zugbeanspruchung dimensioniert. Die maximale Belastung und
die einfache Berechnungsart machen das Zugglied zu einem begehrten Bauglied.
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Eine Verwandtschaft zwischen der Pilzdecke und der Mastbauweise besteht
nicht, da die Zug- und Druckkräfte bei der Pilzdecke in einem homogenen
Baustoff
(Stahlbeton) laufen, andere wirtschaftliche Voraussetzungen und andere Berechnungsgrundlagen
bedingen, keine Montagebauweise ist und kein eigenes Bauwerk darstellt. Ebenso fehlt
eine Ähnlichkeit zum Massivmauerwerksbau, zum Schüttbetonbau und zum Beton- und
Stahlskelettbau.
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Die Erfindung der Mastbauweise führt nun die drei Bauglieder: Kragträger
KR, Stütze ST und Zugglied Z zu einer neuen Baukonstruktion zusammen, wobei jedes
Bauglied mit seinen spezifischen Eigenschaften bis an die Grenze der zulässigen
Beanspruchung ausgenutzt wird und somit höchste wirtschaftliche Auswertung erfährt.
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Die Eigensteifigkeit des Gebäudes wird durch den fachwerkartig aufgegliederten
Mast erreicht. Blatt i zeigt den aufgegliederten Mast im Grundriß, wobei hier vier
Stützen ST und ein Zugglied Z gewählt sind. Die Abmauerung M des Installationsschachtes
7 schützt das Zugglied Z feuersicher.
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Alle Decken DE sind als starre Scheiben ausgebildet; sie unterteilen
die Stützen ST in kleinere Knicklängen (Geschoßhöhe) und geben dem Mast und somit
dem Gebäude eine erhöhte Steifigkeit und Standsicherheit. Außerdem wirken die Decken
DE
gegen die Durchbiegung der Kragträger KR.
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Die bei der Planung zu wählende Mastbaukonstruktion mit ihren notwendigen
Dimensionen ergeben sich durch Berechnung. Bauzweck, Belastungsannahme und die Größenanordnung
des Mastes mit den Längen der Kraftarme K und der Lastarme L bestimmep die jeweilige
Mastbaukonstruktion. Das Material für die Herstellung ergibt sich aus statischen
und ökonomischen Überlegungen.
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Als Beispiel der neuen Bauweise seien hier folgende Materialien gewählt:
Kragträger KR: Stahlträger mit dazwischenliegender Stahlbetondecke, Stütze ST: -
Beton mit hochwertigen Druckeigenschaften, entweder in Montageblöcke oder im selben
Arbeitsgang der Decken mitgeschüttet, Zugglied Z: nahtloses Stahlrohr mit angeschweißten
:luflagerstellen und Zuganschlüssen für das Betonfundament, Decken DE: Stahlbetondecke
mit spinnennetzartiger Bewehrung, Außenwände A: leichte Thermosbauart mit eigener
Windsteifigkeit, Dach C: Sparrendach mit leichter Eindeckung; das Rohr dient als
Kaiserstiel.
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Praktisch lassen sich alle weiteren Baumaterialien, wie Schleuder-,
Torkret- und Rüttelbeton, Drahtseile, Holzteile, Hohlkörperdecken, Gasbetone und
Glas, gut in die Mastbaukonstruktion einordnen.
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Die Ausführung der Mastbauweise erfolgt im N-lontagebau, ähnlich dem
Aufbau einer Stahlskelettkonstruktion, Das Fundament F nimmt alle Kräfte des Mastes
auf und ist bis an die maximal zulässige Bodenbelastung ausgelastet.
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Das auf Blatt 2 gezeigte einbetonierte Zugglied Z im Punktfundament
F kann in Einzel- oder Gesamtlänge aufgestellt werden. Bei der Aufstellung der Gesamtlänge
dient das Rohr zugleich als Tragmast für den Bauaufzug. Dabei wird in das obere
Rohrende der Drehpunkt eines nach zwei-Seiten über die Bauwerksbreite auskragenden
Kranbalken gelagert, der während des Bauens als Lastenaufzug dient und als Aufhängevorrichtung
für Schutz- und leichte Arbeitsgerüste als Hängerüstung dienen kann.
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Aus wirtschaftlichen oder statischen Erwägungen kann man das vorher
beschriebene Zugglied Z auch in einzelne Zuganker auflösen. Dabei entfällt jedoch
die Möglichkeit einer Anbringung eines rationellen Bauaufzuges.
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Der Aufbau des Systems erfolgt von innen her und entwickelt sich von
Stockwerk zu Stockwerk in die Höhe. Der Ausbau dagegen fängt praktischerweise vom
oberen Stockwerk an und endigt mit Abschluß aller Bauarbeiten im Erdgeschoß.
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Zweckmäßig wird folgender Arbeitsgang sein: i. Betonieren des Fundamentes
F, dabei 2. Aufstellen und Einbetonieren des Zuggliedes Z, 3. Aufstellen der Stützen
ST, ,4. Einhängen der Kragträger KR, 5. Schütten der Stahlbetondecke DE.
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Diese Reihenfolge wiederholt sich nun von Geschoß zu Geschoß.
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Je nach Aufgabenstellung lassen sich einzelne Mastbausysteme zu Blöcken,
Reihen, Staffelungen, also in jeder gewünschten Bebauungsform zusammenfügen (s.
Blatt .4 und 5). Im Rastersinn gesprochen, bildet ein System ein Raster.
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Bei Baukörpern mit eigener Standsicherheit (Zusammenschluß mehrerer
Systeme) kann auf die normale Anordnung der Stützen verzichtet werden. Man kann
dann den Auf lagerdruck des Lastarmes L durch den schrägen Druckstab DS in das untere
Auflager des Kraftarmes K leiten, so daß sich die beiden Kräfte entgegenwirken (s.
Blatt 2 oben). Diese Anordnung ergibt eine konzentrische Stütze. Das Fundament wird
dabei kleiner, der Stahlverbrauch steigt etwas an, und die Raumausnutzung wird etwas
verbessert.
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Auf Blatt 6 sind Vorschläge mit Zugstäben ZS dargestellt. Statt der
oben beschriebenen Druckstäbe DS ist hier mit Zugstäben ZS gearbeitet; es kann ein
Drahtseil, Rohr, Rundeisen oder ähnliches sein. Die Wirtschaftlichkeit des Zugstabes
ZS ist besser als die des Druckstabes DS. Im Bereich einer Wandebene lassen sich
gut. Zugstäbe ZS bis an die Außenkante der Decke oder des Kragträgers anbringen.
Ist solch ein Zugstab lS an einem Trägerende befestigt, so wird aus dem anfänglichen
Kragträger KR ein Träger auf zwei Stützen oder ein Durchlaufträger mit einem Feldmoment.
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Je nach Zweck lassen sich nun die Systeme variieren. Man kann z. B.
Stützsysteme (s. Blatt 2) mit Zugstabsysteme (s. Blatt 6) zusammenkoppeln.
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Die Treppen werden wegen anderer Belastungsannahmen und wegen ihrer
besonderen konstruktiven Durchbildung in selbständige Treppenhäuser gelegt. Das
Treppenhaus bildet durch Kragträger, Stütze, Podest und Treppenlauf ein eigenes
System. Es kann in Mastbauweise öder jeder anderen Bauart ausgeführt werden. Bei
Reihenhäusern mit einreihigen Mastbausystemen kann das Treppenhaus für eine zusätzliche
Steifigkeitsberechnung herangezogen werden.
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Durch die Eigensteifigkeit eines Mastbausystems
ist
eüi Gebäude geschaffen, das sich vorzüglich für die @fickenbebauung in unseren zerstörten
Städten eignet; es nimmt alle Windkräfte gleichmäßig gut auf. - Bei einer Gegenüberstellung
der Mastbauweise zum üblichen Stahlskelettbau ergeben sich Vor- und Nachteile. Diese
Betrachtung zeigt die Nachteile Gier Stahlskelettbauweise: t. Baukosten = ioo %.
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2. Stahlverbrauch = ioo %. 3. Normaler Aufbau, da a) viele verschiedene
Verbindungsstellen, b) sehr verschiedene Bauteile.
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:I. Abhängige Grundrißgestaltung: a) Stützen im Raum, b) Windverbände
durchschneiden den Raum, c) vorstehende isolierte Außenstützen.
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5. Abhängige Außenhautgestaltung: a) Außenstützen engen die Gestaltung
ein, b) untergeordnete Räume erhalten kleine oder überdimensionierte Fensterflächen,
die schlecht zu gestalten oder unangebracht sind.
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6. Schwierige Installationsunterbringung: a) viele Bogenstucke bei
Trägerumgehungen notwendig, b) sichtbare oder kostspielig ummantelte Installation.
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;. Verteuerte Bauarbeiten: a) erheblich mehr Bodenaushub und Bodenabfuhr,
b) normale Werkstattarbeit, c) feuersichere Ummantelung der Stützen, (1)
Kältebrücken der Stützen erfordern Isolationsummauerung.
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B. Einzelfundamente erschweren die Planung im Trümmergebiet: a) anomal,
Setzungsrisse sind im Trümmergebiet zu befürchten, 1>) komplizierte, verteuernde
Dehnungsfugen notwendig. Vorteile der Mastbauweise: i. Baukosten etwa 8o 0/0.
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2. Stahlverbrauch = 75 bis 92 0/0. 3. Schnellerer Aufbau, da a) wenige,
gleiche Verbindungsstellen, b) wenige, gleiche Bauteile.
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.4. Unabhängige Grundrißgestaltung: a) keine Stützen im Raum, b) keine
Windverbände im Raum, c) keine vorstehende Außenstützen. 5. Unabhängige Außenhautgestaltung:
a) keine Außenstützen, 1>) die untergeordneten Räume können bei guter Entlüftung
ins Innere an den Installationsschacht gelegt werden.
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6. Leichte, übersichtliche, jederzeit kontrollierbare Installationsunterbringung:
a) keine Bogenstücke notwendig, b) im Installationsschacht frei geführte Installation
für den Bewohner unsichtbar. Verbilligte Bauarbeiten: a) wenig Bodenaushub, da Punktfundament,
b) geringere Werkstattarbeit, da wenige, einfache Anschlußverbindungen, c) Zugglied
ist durch die Eigenkonstruktion des Installationsschachtes schon feuersicher geschützt,
d) keine Kältebrücken.
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B. Punktfundament gibt klare Planungsunterlage: a) gleichmäßige Setzung,
b) jedes Mastbausystem kann sich durch die Konstruktionseigenart frei bewegen.