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Verfahren zur Herstellung aliphatischer Carbonsäuren Es wurde gefunden,
daß man mit guter Ausbeute in technisch vorteilhafter Weise aliphatische gesättigte
einbasische oder zweibasische Carbonsäuren oder Gemische beider herstellen kann,
wenn man hochmolekulare aliphatische ungesättigte Monocarbonsäuren in Anwesenheit
von Vanadin enthaltenden Katalysatoren mit konzentrierter Salpetersäure oxydiert.
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Geeignete Ausgangsstoffe sind beispielsweise die in tierischen oder
pflanzlichen Fetten oder Ölen enthaltenen ungesättigten Fettsäuren. Außer einfach
ungesättigten Fettsäuren, wie Ölsäure, Erucasäure, Brassidinsäure und Hypogaeasäure,
können auch Säuren mit dreifacher Bindung, wie Stearolsäure, Palmitolsäure, Tetradecylpropiolsäure
und Behensäure, sowie Säuren mit Hydroxylgruppen und ungesättigten Bindungen oder
mit mehreren ungesättigten Bindungen, wie Linolsäure, Elaeostearinsäure, Linolensäure,
Therapinsäure, Arachinodonsäure, Jecorinsäure, Clupanodonsäure und ihre Strukturisomeren,
wie Elaidinsäure, fl-Eleostearinsäure u. dgl., verwendet werden. Elaidinsäure ist
im wesentlichen der Ölsäure als Ausgangs-
Stoff gleichzusetzen,
da bei der Oxydation mit Salpetersäure Elaidinisierung der Ölsäure vor oder gleichzeitig
mit der Oxydation eintritt, da Salpetersäure und Stickoxyde Katalysatoren für diese
Umlagerung sind.
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Als Katalysatoren eignen sich Vanadin sowie praktisch alle Vanadinverbindungen.
Alle diese Stoffe bilden wohl unter dem Einfluß der Salpetersäure Vanadinsäure,
Vanadinpentoxyd oder Vanadylnitrat. Beispielsweise verwendet man Ammonium-, Natrium-,
Kaliumvanadat oder andere Salze der Vanadinsäure. Es genügen meist sehr geringe
-Mengen der Katalysatoren, z. B. o,o5 bis o,i5 Gewichtsprozent. bezogen auf die
Menge der zu oxydierenden Säure. Solche Mengen bewirken bereits eine Verkürzung
der Umsetzungsdauer, die zur Erzielung der günstigsten Ausbeuten erforderlich ist,
auf etwa die Hälfte. Natürlich kann man auch größere Mengen Katalysatoren anwenden.
Auch die Ausbeuten werden durch die Anwesenheit der Vanadinkataly satoren verbessert.
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Die anzuwendende Salpetersäure muß stark genug sein, um die ungesättigten
zu oxydierenden Säuren hinreichend zu lösen. Meist ist es daher vorteilhaft, 8o
o/oige oder noch konzentriertere Säure anzuwenden. Das -lolverhältnis Salpetersäure
zu ungesättigter Fettsäure wird meist zwischen 5 : i und 15 : i gewählt; gute Ergebnisse
liefert z. B. das Verhältnis io : i.
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Die Oxydation wird im allgemeinen bei Temperaturen zwischen o und
.-o° C, vorteilhaft bei Zimmertemperatur ausgeführt, jedoch kann je nach dem Ausgangsmaterial
oder den sonstigen Bedingungen auch von diesen Ternperaturen abgewichen werden.
Bei höheren Temperaturen erfolgt allerdings leicht zti weitgehender Abbau, wenn
die Fettsäuren zu lange mit Salpetersäure in Berührung gebracht werden. Die Oxydationsdauer
wechselt mit den übrigen Bedingungen; im Falle der Oxydation von Ölsäure mit der
zehnfach inolaren Menge rauchender Salpetersäure bei Zimmertemperatur beträgt die
Oxydationsdauer zweckmäßig etwa .IS Stunden. Längere Einwirkung hat meist eine geringe
Erhöhung der Ausbeute an Carbonsäuren zur Folge, während bei kürzerer Einwirkung
bei niederen Temperaturen geringe Ausbeuten erhalten werden.
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Die Aufarbeitung der Oxydationsgemische richtet sich nach der Art
der erhaltenen Produkte und ihrer gewünschten Reinheit. Inn Falle der Oxydation
von Ölsäure können beispielsweise die gebildeten, in heißem Wasser löslichen Dicarbonsäuren
durch Auskristallisieren aus ihren eventuell eingeengten wäßrigen Lösungen gewonnen
werden. Entstehen zu schwer in Wasser lösliche Säuren, z. B. Brassylsäure aus Erucasäure,
so kann die Isolierung durch Veresterung und fraktionierte Destillation der Ester
erfolgen.
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Werden im Verlauf der Aufarbeitung Oxydationsprodukte in Anwesenheit
von Salpetersäure eingedampft, so führt man dies zweckmäßig durch Wasserdampfdestillation
im Vakuum aus. Hierbei wird die Salpetersäure rasch und vollständig bei gelinder
Temperatur entfernt. Die Oxydationsprodukte sind nicht der Zersetzungsgefahr ausgesetzt
und werden rasch in konzentrierter bzw. trockener Form erhalten. Gewöhnliches Eindampfen
oder Eindampfen im N-akuum geht langsamer vor sieh und führt zur Anreicherung der
Salpetersäure, was leicht Zersetzung zur Folge hat: auch sind die Oxydationsprodukte
in konzentrierter Salpetersäure leichter löslich als in Wasser.
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Man kann die Oxydationsgemische auch durch Neutralisieren, z. B. mit
Pottasche. Eindampfen zur Trockne und Abtrennung der organischen Salze vom Nitrat
durch Extraktion mit Alkohol aufarbeiten.
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-Man hat bereits Ölsäure mit Salpetersäure ohne Mitverwendung von
Katalysatoren oxydiert, wobei unter weitgehendem Abbau flüchtige Fettsäuren, Bernstein-,
Glutar-, Adipin-, Kork- und Azelainsäure erhalten wurden. die schwer voneinander
zu trennen sind. Dagegen findet beim Arbeiten in Gegenwart von Vanadin enthaltenden
Katalvsatoren vorwiegend Oxydation an der ungesättigten Bindung des Ausgangsstoffs
unter Bildung wenig abgebauter Dicarbonsäuren statt. Die -Menge der gebildeten Dicarbonsäuren
wirft beispiels-«-eise bei --erwendung einer unreinen Öl#äure durch Anunoniumvanadat
von 25,5 auf 33.6 °/o gesteigert. Die Vanadinkatalysatoren wirken auch beschleunigend
auf die Oxydation und erleichtern so deren kontinuierliche und technische Ausführung.
Zwar hat inan schon Vanadin-, -Molybdän- und -langanlcatalysatoren für die oxvdative
Herstellung von Oxalsäure aus Kohlenhydraten mit Stickoxyden oder iiiit Salpetersäure
in Gegenwart von Schwefelsäure oder nach Vorbehandlung mit die-,er vorgeschlagen.
Hieraus war aber nicht abzuleiten, daß vanadinhaltige Katal@.satorcit bei der Behandlung
hochmolekularer alipliatischer ungesättigter Monocarbonsäuren mit konzentrierter
Salpetersäure zu verbesserten Ausbeuten an Dicarbonsäuren. insbesondere wenig abgebauten,
führen. Beispiel i Man gibt i Mol Ölsäure laiigsaui unter Rühren zu io Mol 8So/oiger
Salpetersäure. in der o.i o/o Aminoniumvanadat, berechnet auf die angewandte Gewichtsmenge
Ölsäure, gelöst
wurde. Die Ölsäure wird so langsam zugegeben, daß
dieTemperatur des Umsetzungsgemisches nicht über 3o bis 35° C steigt. Ist die gesamte
Ölsäure zugesetzt, so rührt man das Gemisch weiter und hält seine Temperatur so
lange durch Kühlen unterhalb 35° C, bis es sich nichtmehr von selbst erwärmt. Dann
läßt man das Umsetzungsgemisch 48 Stunden lang ohne Rühren bei gewöhnlicher oder
etwas erhöhter Temperatur (25 bis 30° C) stehen. Nach dieser Zeit,hat sich an der
Oberfläche eine aus Oxydationsprodukten bestehende Kruste gebildet.
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Das Reaktionsgemisch wird mit der dreibis vierfachen Raummenge Wasser
verdünnt und unter Rühren auf 95 bis ioo° C erhitzt. Das heiße Gemisch trennt sich
in eine ölige und eine wäßrige Schicht, welch letztere man entfernt. Man zieht die-
ölige Schicht zweimal bei go bis ioo° C mit jedesmal etwa der dreifachen Raummenge
Wasser aus und trennt das Wasser ab. Die vereinigten -v#=äßrigen Auszüge werden
durch Zugabe von Entfärbungskohle und Filtrieren in der Wärme von geringen Mengen
anhaftenden Öles befreit. Die klare wäßrige Lösung wird auf o bis io° C abgekühlt.
Man filtriert den gebildeten kristallinischen Niederschlag ab, wäscht ihn mit kaltem
Wasser und trocknet ihn. Er besteht aus zweibasischen Säuren.
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Man vereinigt die wäßrige Mutterlauge und die Waschwässer, engt sie
auf 2o bis 25 % ihres ursprünglichen Raumes ein, kühlt wie vorher und erhält eine
weitere Menge zweibasischer Säuren. Man kann das Konzentrieren, Kühlen usw. fortsetzen,
bis keine nennenswerten Mengen zweibasischer Säuren mehr erhalten werden. Das Konzentrieren
erfolgt zweckmäßig durch Wasserdampfdestillation im Vakuum.
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Die bei der ersten Kristallisation erhaltenen zweibasischen Säuren,
die etwa von go bis ioo° C schmelzen, enthalten mehr Azelainsäure als die bei den
folgenden Kristallisationen erhaltenen, die bis zu 13o° C schmelzen. Die Gesamtausbeute
an zweibasischen Säuren beträgt etwa 5o% der Theorie, wenn man annimmt, daß das
Ausgangsmaterial reine Ölsäure ist und das Endprodukt zu 6511/o aus Azelainsäure
und zu 35 % aus Korksäure besteht (mittleres -Molekulargewicht i83). Das Produkt
wurde nach Behandlung mit Entfärbungskohle durch Umkristallisieren aus Wasser weiter
gereinigt und schmolz dann von etwa go bis iio° C; die Säurezahl ergab einen Gehalt
des Azelainsäure-Korksäure-Gemisches von 65 bis 8o% Azelainsäure.
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Die Ausbeute an zweibasischen Säuren hängt vom Reinheitsgrad der als
Ausgangsstoff dienenden Ölsäure ab. Verwendet man handelsüblich reine Ölsäure, die
wechselnde beträchtliche Mengen gesättigter und doppelt ungesättigter Fettsäuren
enthält (Jodzahl 86 bis 94 gegenüber 89,9 für reine Ölsäure), so erhält man
46 bis 52% der theoretischen Menge an zweibasischen Säuren. Besonders reine Ölsäure
ergab 6o% zweibasische Säure.
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Das Öl, von dem die die zweibasischen Säuren enthaltenden wäßrigen
Lösungen bzw. Extrakte abgetrennt wurden, wird einer erschöpfenden Wasserdampfdestillation
unterworfen, um die bei der Oxydation gebildeten gesättigten einbasischen Säuren
zu gewinnen. Die als hellgelbes Öl überdestillierten Säuren werden von dem Wasser
abgetrennt und unter vermindertem Druck destilliert. Nach einem sehr geringen Vorlauf
gehen unter 2 mm Ouecksilberdruck 85 bis go % von 75 bis 115'C über; es sind
wasserunlösliche gesättigte aliphatische einbasische Säuren, vorwiegend Pelargonsäure.
Die Ausbeute an rohen einbasischen Säuren (als Pelargonsäure gerechnet) schwankt
zwischen 2o und 57'9/o der berechneten Menge, je nach Art der angewandten Ölsäure.
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Der mit Wasserdampf nicht flüchtige Rückstand, der 30 bis 5o
Gewichtsprozent der angewandten Ölsäure beträgt, ist bei Zimmertemperatur halbfest;
er enthält 21/o Stickstoff und hat die Jodzahl 5 ; er besteht offenbar aus einem
Gemisch aus nitrierten Produkten und gesättigten Fettsäuren; bei erneuter Oxydation
in der oben angegebenen Weise liefert er 2o bis 251% der theoretischen Menge zweibasischer
Säuren (berechnet unter der Annahme, der Rückstand bestünde aus reiner Ölsäure),
sehr wenig mit Wasserdampf destillierbare Anteile und 75 bis go % mit Wasserdampf
nicht flüchtiges Produkt, das bei erneuter Behandlung mit Salpetersäure keine nennenswerten
Mengen zweibasischer Säuren mehr ergibt.
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Der bei der ersten Oxydation erhaltene Rückstand kann durch Behandeln
mit Petroläther teilweise in ein stickstoffreicheres rotes viskoses, in Petroläther
unlösliches Öl (etwa 4,5 bis 5% Stickstoff) und ein gelbe, in Petroläther lösliche
Paste, die nur wenig Stickstoff enthält, zerlegt werden. Beispiel e 85 Gewichtsteile
Erucasäure werden in der im Beispiel i beschriebenen Weise 5o Stunden lang bei gewöhnlicher
Temperatur mit 159 Gewichtsteilen gg%iger Salpetersäure (der o, i Gewichtsteil Ammoniumvanadat
zugesetzt wurde) oxydiert. Das Oxydationsgemisch wird mit der drei- bis vierfachen
Raummenge Wasser verrührt: das wachsartige Produkt wird dann abfiltriert, mit frischem
Wasser geschmolzen und gerührt.
Nach dem Absitzen und Abkühlen wird
das 'VVaschwasser entfernt und diese Reinigung noch einmal wiederholt. Dann wird
das Produkt in 88o bis 89o Gewichtsteilen io-%iger Natronlauge gelöst, die alkalische
Lösung unter Zusatz kleiner Mengen Zinkstaub (insgesamt etwa io Gewichtsteile) auf
dem Dampfbad erhitzt und gerührt, bis die auf nitrierte Verbindungen zurückzuführende
gelbe Farbe verschwunden ist. (Die Entfernung der nitrierten Verbindungen ist zweckmäßig,
da sie sich sonst bei der folgenden Destillation zersetzen und die gewünschten Produkte
verunreinigen.) Die Lösung wird dann verdünnt und noch heiß filtriert. Das Filtrat
wird mit Salzsäure lackmussauer gemacht und abkühlen gelassen. Die saure Lösung,
die reduzierte nitrierte Produkte in Form löslicher Chlorhydrate enthält, wird von
den festen Anteilen abgetrennt. Letztere werden noch zweimal mit frischem Wasser
ausgewaschen. Das gewaschene Material wird in einem Exsikkator getrocknet und mit
Methanol unter Verwendung von gasförmigem Chlorwasserstoff als Katalysator verestert.
Fraktionierung des veresterten Produkts ergibt 50 °/o der Theorie Pelargonsäuremethylester
(Siedepunkt 6o bis 70° C bei 2 mm Ouecksilberdruck) und ;4I % Brassylsäuremethylester
(Siedepunkt 136 bis z53° C bei I bis 0,5 mm).