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Verfahren zum Spinnen von hochschmelzenden Oxyden, insbesondere Quarz
Es sind Verfahren zum Erzeugen von Fäden aus Quarzglas bekannt, bei welchen Quarz
in einem Behälter geschmolzen wird und die zähflüssige Schmelze. unter Druck durch
den mit Düsenöffnungen versehenen Boden herausquillt, von wo die herausquellenden
zähen Quarznoppen erfaßt und als Fäden abgezogen werden. Diese und ähnliche Verfahren
führen zu keinem praktischen Erfolg, da die Fäden sehr häufig abreißen bzw. sehr
ungleichmäßig ausfallen. Stellt man auf eine bestimmte Abzugsgeschwindigkeit ein,
so muß zwecks einwandfreien Betriebes der Vorrichtung -die Zähigkeit der Schmelze
Bleichbleiben. Bei steigender Zähigkeit wird zu wenig Schmelze durch die Düsenöffnung
nachfließen, der Faden immer dünner und dünner werden und schließlich abreißen.
Beim Fallen der Zähigkeit (also beim Steigen derTemperatur) treten ebenfalls Störungen
auf, da in diesem Fall mehr Schmelze nachgeliefert wird, als. beider festen, unverändertenAbzugsgeschwindigkeit
und dem gewünschten Fadendurchmesser notwendig ist. Entweder wird dann.der Fadendurchmesser
dicker oder es entstehen - bei plötzlichen starken Änderungen der Zähigkeit - sogenannte
Fische (kurze, stark verstärkte Fadenteile). Die hochschmelzenden Oxyde, insbesondere
Kieselsäure, besitzen dieEigenschaft, daß dieZähigkeit in .dem Temperaturbereich,
in dem aus wirtschaftlichen Gründen gearbeitet werden muß, außerordentlich temperaturempfindlich
ist. Man ist nun immer bestrebt, bei möglichst niedrigen Temperaturen zu arbeiten,
aber gerade bei tiefen Temperaturen sind die Änderungen der Zähigkeit mit der Temperatur
bedeutend. Dazu 'kommt noch, daß ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen die Düsenabmessungen,
die Zähigkeit (Temperatur),
der Druck und die Abzugsgeschwindigkeit
selig genau aufeinander eingestellt werden müssen.
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Es ist bereits bekannt, beim Ziehen von?. Quarzstangen oder -röhren
aus einem Ofen.; die Einstellung auf eine vorgeschriebe Dicke dadurch zu ermöglichen,
daß die Alb` zugsgeschwindigkeit gleich gehalten wird und nach :Maßgabe voll Beobachtungen
die Temperatur des Ofens und damit der Zähigkeitsgrad der Schmelze auf eine Konstante
eingestellt wird. Unter Zugrundelegung gleichbleibender Abzugsgeschwindigkeit gestattet
dieses Verfahren, durch Einstellung derOfentemperatur beliebig wählbare Stangen-
oder Röhrenstärken zti erzielen. Irgendeine selbsttätige Steuerung im Sinne eines
Abhängigkeitsverhä ltnisses der maßgebenden Arbeitsbedingungen ist hier nichtoffenbart.
Vielmehr erfolgt die Steuerung von Hand auf Grund der Erfahrung.
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Das neueVerfahren überwindet diese Nachteile. Es bestellt darin, claß
beim Erzeugen von Fäden derDruck. unter dein dieSchmelze aus denDüsenöffiiuiigeii
austritt, dieTeinperatur der Schmelze und die Abzugsgeschwindigkeit (.= Spinngeschwindigkeit:)
in wechselseitiger Abhängigkeit nach -Maßgabe der Poiseuilleschen Gleichung selbsttätig
gesteuert werden. D-ese Steuerung kann sich auf einen, zwei oder alle drei Faktoren
gleichzeitig erstrecken. Dabei wird vorzugsweise das Verhältnis von Druck zum Produkt
aus Abzugsgeschwindigkeit mal Temperatur annähernd gleich gehalten.
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Die Poiseuillesche Gleichung lautet für das sekundlich aus der Düse
austretende Volumen an Schmelze
und gilt für das Austreten einer beliebigen zähen Flüssigkeit durch eine Düse, wobei
die Durchflußgeschwindigkeit unterhalb einer bestimmten Größe, der sogenannten Grenzgescliwindigkeit,
liegen muß. Unterhalb die-_er Grenzgeschwindigkeit ist die Bewegung der Flüssigkeit
durch die Düse wirbelfrei. Da im vorliegenden Fall die Durchflußgeschwindigkeit.äußerord
entlichkleinist (beimSpinnen voll i lc-Fäden bei einem normalen Düsenradius voll
115 min ist die Durchflußgeschwindigkeit o # 5 # i o - 3 cin; Sek. bei der
normalen Abzugsges(-lnz indigkeit voll ;ooo in hIin.), kann die Gleichung ohne weiteres
verwendet «-erden.
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In der Gleichung ist p der Druck auf die Flüssigkeit in g/cm°, h das
austretende Voluinen an Material in r der Radius der Düse in cm, I die Länge der
Düse in cm, ij die Zähigkeit in g/cm Sek. Zur Durchführung des neuen Verfahrens
können verschiedene Maßnahmen getroffen werden.
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In erster Annäherung wird die Temperatur chmelze von der zugeführten
Wärmee abhängig sein (die Wärmeisolierung 3constant, so daß dieAbstrahl-oder Wärme-.
Leitverluste nur eine Temperaturfunktion sind). Diese kann sich aus verschiedenen,
bei elektrischer Beheizung nicht vom Netz abhängigen Gründen ändern. Vorausgesetzt
sei eine gleichbleibende Netzspannung. . Da für die hohen Temperaturen hauptsächlich
nur Kohle- oder Graphitheizkörper in Frage kommen (ganz gleichgültig, ob der Heizkörper
als Widerstand geschaltet oder induktiv beheizt wird), so können Änderungen des
elektrischen Widerstandes nicht vermieden werden (chemische Reaktionen mit,den umgebenden
Medien, Gefügeänderungen usw.).
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Im allgemeinen wird der Widerstand der Heizkörper immer steigen. Wenn
nun eine gleichbleibende Spannung angelegt wird, muß die elektrische Leistung sich
mit der Änderung des elektrischen Widerstandes auch ändern. Man kann nun so vorgehen,
daß man auf gleichbleibenden Strom einstellt. Dabei gelangt man nur in erster Annäherung
auf diegleicheLeistung. Es ist besser, dieLeistung selbst zu regeln. Im ersten Fall
arbeitet man 1>eispi<,ls\%eise so, daß man ein Amperemeter über ein Relais mit
einem Regelmotor derart kuppelt, daß beim Fallen des Stromes der Regelmotor einen
Hauptregler (der beispielsweise auf einen Stufentransformator wirkt) . im Sinne
von mehr Spannung beeinflußt und umgekehrt. Im zweiten Fall ersetzt man das Amperemeter
durch ein Wattmeter.
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Man kann aber auch durch das Ampere-oder Wattmeter über Relais oder
sonstige Einrichtungen die Drehzahl der Ziehvorrichtung beeinflussen. Das Maß der
notwendigen Beeinflussung ist aus dem Verhältnis gemäß Poiseuillescher Gleichung
gegeben, wobei die sekundlich ausfließende Menge und die aus der Abzugsgeschwindigkeit
gegebene sekundliche Menge in Übereinstimmung gebracht werden müssen.
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Rein mechanisch bzw. elektrisch sind solche Regelungen bereits mehrfach
gelöst, beispielsweise dadurch, daß der Wattmeterzeiger über einen Widerstand läuft,
der im Nebenschluß zu dem Antriebsmotor liegt. Der Widerstand muß dann nur so gewickelt
werden, daß sich für eine bestimmte Wattzahl gemäß vorstehender Überlegung eine
bestimmte Drehzahl der, Ziehvorrichtung und damit eine bestimmte Ziehgeschwindigkeit
ergibt.
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Unter Umständen kann man .auch die eine noch freie Veränderliche in
der Poiseuille- . scheu Gleichung steuern, nämlich den Druck,
unter
dem die Schmelze durch die Düsenöffnung quillt. Am einfachsten wird hierfür der
Schmelzbehälter unter den Gasdruck z. B. einer Druckflasche mit Re-duzierventil
gestellt. Da praktischerweise bei fast allen Verfahren Stickstoff als Spülgas verwendet
wird, ist es zweckmäßig, den Schmelzbehälter unter dei Druck einer N2 Atmosphäre
zu halten. Man kann dann so vorgehen, daß man mittels des Ampere- oder Wattmeters
über Relais das Reduzierventil oder aber im gleichen Sinn den Querschnitt, durch
den die Gase Wegströmen, steuert, und zwar bei fallender zugeführter elektrischer
Leistung zu steigendem Druck und umgekehrt. Da man aus Festigkeitsgründen nicht
über einen bestimmten Druck gehen kann, so empfiehlt es sich von 'einem gewissen
Druck an, die bisher noch gleiche Abzugsgeschwindigkeit zu regeln.
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Es sind natürlich noch mehrere Regelkombinationen möglich und vielleicht
für den einen oder anderen Fall wirtschaftlich denkbar, z. B. durch gleichzeitiges
Regeln auf konstanter Stromstärke und Druck usf., oder auch ein Regeln auf gleichbleibender
elektrischerLeistung bis zu einerbestimmtenGrenze, dann Regelung des Druckes bis
zu einer ebenfalls bestimmten Grenze und schließlich Regelung der Abzugsgeschwindigkeit.
Dies z. B. dann, wenn eine verhältnismäßig engbegrenzte Transformatorleistung zur
Verfügung steht. Aus Festigkeitsgründen wird man den Druolc nicht beliebig steigern,
sondern nur bis zu einer bestimmten Grenze. Um ungestört weiterarbeiten zu können,
kann man dann zuletzt noch die Abzugsgeschwindigkeit regeln, bis dieLei$tung unterhalb
aderwirtschaftlichen Grenze fällt.
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Bei den Ziehvorrichtungen für niedrig---schmelzende Oxyde, Gläser
aller Art usw., bestehen diese Schwierigkeiten nicht, da diese Schmelzen sich in
einem mehr oder minder dünnflüssigen Zustand befinden, bei welchem geringfügige,
nicht vermeidbare Temperaturänderungen keine wesentlichen Änderungen in (der Zähigkeit
hervorrufen können.