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Verfahren zur Erzielung des kaltverfestigten Zustandes unter Aufrechterhaltung
der geordneten Atomverteilung bzw. der durch sie bedingten Sondereigenschaften bei
Legierungen mit überstruktur Bei einer Reihe von Mischkristallegierungen tritt nach
Unterschreiten einer bestimmten Temperaturgrenze eine Ordnung der Atome im Sinne
einer Verbindungs- bzw. Überstrukturbildung ein. Meist ist zur vollständigen Einstellung
dieser Atomordnung eine sehr langsame Abkühlung oder längeres Anlassen unterhalb
der Temperaturgrenze, bei der die Einordnung der Atome beginnt, notwendig. Das Eintreten
der geordneten Atomverteilung vollzieht sich zum Teil ohne Gitteränderung, z. B.
bei Au Cu, oder Mn Ni3, zum Teil ist ihr Auftreten mit einer Gitteränderung verbunden,
z. B. bei Au Cu. Immer aber hat die Ausbildung der. geordneten Atomverteilung das
Auftreten von Sondereigenschaften zur Folge. So wird z. B. die elektrische Leitfähigkeit
stets stark erhöht, z. B. um etwa ioo °/o bei Au Cu3 und Mn Ni, Bei der Legierung
Mn Ni, die bei ungeordneter Atomverteilung praktisch unmagnetisch ist, tritt Ferromagnetismus
mit einer Sättigung von mehr als 6ooo Gauß auf. Der Einfluß der geordneten Atomverteilung
ist jedoch nicht auf diese Eigenschaften beschränkt, sondern kann sich auch in anderen
Eigenschaften auswirken.
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Zuweilen ist es erwünscht, diese Eigenschaften im kaltverfestigten
Werkstoff aufzubewahren bzw. den Werkstoff aus konstruktiven Gründen spanlos zu
verformen. Dabei ist es naheliegend, zunächst durch die Warmbehandlung für Einstellung
der geordneten Atomverteilung zu sorgen und sodann die Formgebung bzw. die Verfestigung
durch Kaltverformung durchzuführen. Wie eingehende Untersuchungen gezeigt haben,
führt dieser Weg jedoch nicht zum Ziel.
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Die beiliegenden Abbildungen belegen diese Aussage an zwei Beispielen
und geben gleichzeitig den Weg an, den man einschlagen muß. Es ist in diesen Abbildungen
das Verhalten der Legierungen Au Cu, und Ni3 Mn in Abhängigkeit von verschiedener
Behandlung wiedergegeben.
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In Abb. i ist die Änderung des elektrischen Widerstandes ß in
und der Zugfestigkeit Isz in kg/mm° der Legierung Au-Cu3 auf der Ordinate dargestellt
in Abhängigkeit von
dem Reckgrad in Prozent der Querschnittsabnahme
bzw. Anlaßtemperatur in Grad Celsius auf der Abszisse.
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Die Werkstoffproben wurden nach verschiedenen technischen Vorbehandlungen
zunächst einer steigenden Dickenverminderuüg durch Kaltziehen unterworfen (linke
Teil= abbildung) und die dabei auftretenden Änderungen des elektrischen Widerstandes
und der Festigkeit bestimmt. Sodann wurden die Proben mit dem Endreckgrad von etwa
95 %
Dickenverminderung (rechte Teilabbildung) zusammen mit einer neu
abgeschreckten Probe je i Stunde steigender Anlaßtemperatur unterworfen und nach
jedesmaligem Abkühlen die Veränderung der Eigenschaften bestimmt.
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Die eingeschalteten Kurven haben im einzelnen folgende Bedeutung:
Linkes Diagramm a) Elektrischer Widerstand des abgeschreckten Materials, b) elektrischer
Widerstand des angelassenen Materials, c) Zugfestigkeit des angelassenen Materials,
d) Zugfestigkeit des abgeschreckten Materials. Rechtes Diagramm a) Elektrischer
Widerstand des abgeschreckten und gereckten Materials, b) elektrischer Widerstand
des angelassenen und gereckten Materials, c) elektrischer Widerstand des nur abgeschreckten
Materials, d) Zugfestigkeit des angelassenen und abgereckten Materials.
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Abgeschreckt bedeutet, daß die Probe von 55o° C schnell abgekühlt
wurde; sie ist dann aus Mischkristallen mit regelloser Atomverteilung aufgebaut.
Angelassen bedeutet, daß die Probe längere Zeit bei 300° gehalten wurde. Durch dieses
Anlassen, das selbstverständlich auch durch langsame Abkühlung ersetzt- werden kann,
bildet sich die Überstruktur, also geordnete Atomverteilung aus.
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Abb. 2 zeigt für die Legierung Ni, Mn die Änderung der Härte nach
B r i n e I 1 (HB) in kg ynm2, der Sättigung .l :T J x in Gauß und des elektrischen
Widerstandes ß in -
.in Abhängigkeit vom Reckgrad in. Prozenten der Ouerschnittsabnahme und in Abhängigkeit
von der Anlaßtemperatur in Grad Celsius bei einer Anlaßdauer von i Stunde. Das Material
wurde von goo° C abgeschreckt und zeigte dann eine regellose Atomverteilung. Angelassen
wurde das Material bei 4oo° C.', wobei Überstruktur auftrat. Die eingezeichneten
Kurven haben folgende Bedeutung: Linkes Diagramm . a) Brinell-Härte des angelassenen
Materials, " b) Brinell-Härte des abgeschreckten Materials, c) Sättigung des abgeschreckten
Materials, d) Sättigung des angelassenen Materials, e) elektrischer Widerstand ,des
abgeschreckten Materials, f) elektrischer Widerstand des angelassenen Materials.
Rechtes Diagramm a) Brinell-Härte des angelassenen und gereckten Materials, b) 4
Brinell-Härte des abgeschreckten und gereckten Materials, c) elektrischer Widerstand
des nur abgeschreckten Materials, d) elektrischer Widerstand des angelassenen und
gereckten Materials, e) elektrischer Widerstand des abgeschreckten und gereckten
Materials.
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In Ergänzung zu diesen Abbildungen ist in Abb. 3 die Änderung der
Zugfestigkeit Kz in kg/mm= und des elektrischen Widerstandes a in
der Legierung Au Cus in Abhängigkeit von der Anlaßdauer t in Stunden bei 300° C
Anlaßtemperatur dargestellt. Das zum Anlassen bzw. zum Kaltrecken (Querschnittsverminderung
etwa 950/,) mit nachherigem Anlassen kommende Material wurde einmal von 55o° C abgeschreckt
und zeigte dann regellose Atomverteilung. In denl anderen Falle wurde es bei 300°
C angelassen, wobei Überstruktur auftrat.
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Die einzelnen Kurven haben folgende Bedeutung: a) Zugfestigkeit des
.angelassenen und gereckten Materials, b) Zugfestigkeit des nur abgeschreckten Materials,
c) elektrischer Widerstand des abgeschreckten Materials, , d) elektrischer Widerstand
des abgeschreckten und gereckten Materials, e) elektrischer Widerstand des angelassenen
und gereckten Materials.
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Abb.4 zeigt in gleicher Weise die Ände- i rung des elektrischen Widerstandes
a in
und der Härte nach B r i n e 11 (HB) in kg/mm22 der Ni Mns Legierung in Abhängigkeit
von der Anlaßdauer t in Stunden bei i 400° C. Das Material besitzt nach dem Abschrecken
regellose Atomanordnung, .nach
dem Anlassen Überstruktur. Der Reckgrad
betrug bei diesem Versuch 9o °%o.
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Die eingezeichneten Kurven haben folgende Bedeutung: a) Brinell=Härte
des angelassenen und gereckten Materials, b) Brinell-Härte des abgeschreckten und
gereckten Materials, -c) Brinell-Härte des abgeschreckten Materials, -d) elektrischer
Widerstand des angelassenen und gereckten Materials, e) elektrischer Widerstand
des abgeschreckten und gereckten Materials, f) elektrischer Widerstand des abgeschreckten
Materials.
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Durch die Kaltverformung wird nun, cvie Abb. i (linkes Teilbild) für
den elektrischen Widerstand der Au Cu-Legierung mit 75 Atomprozent Cu und Abb. z
(linkes Teilbild) für den elektrischen Widerstand und die Sättigungsmagnetisierung
der obengenannten; Ni Mn-Legierung zeigen, die geordnete Atomverteilung wieder zerstört
und die Sondereigenschaften aufgehoben. Nach einer Kaltverformung um 9o °/o Dickenverminderung
ist in beiden Fällen wieder völlig der Zustand der ungeordneten Atomverteilung erreicht.
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Erfindungsgemäß wird der gewünschte Zustand nun dadurch erreicht,
daß man die Legierungen zunächst zur Erzielung der-gewünschten Verfestigung kalt
verformt und hierauf zur Erzielung der geordneten Atomverteilung unterhalb der Rekristallisationstemperatur
anläßt. Wie Abb. i (rechtes Teilbild) und a (rechtes Teilbild) bzw. 3 und q. zeigen,
wird hierdurch die geordnete Atomverteilung mit ihren Sondereigenschaften zurückgebildet,
ohne daß eine Entfestigung eintritt. Im allgemeinen hat man sogar den Vorteil, daß
die Festigkeit durch diesen Anlaßprozeß noch im geringen Maße über die Kaltverfestigung
hinaus erhöht wird. Die Abbildungen zeigen ferner, daß, da die Kaltverformung die
geordnete Atomverteilung aufhebt und der Werkstoff mit vor der Kaltverformung bereits
herbeigeführter Überstrukturbildung sich beim Anlassen gleich dem ohne Überstuktur
verfczrmten Werkstoff verhält, es gleichgültig ist, ob man vor der Kaltverformung
eine Wärmebehandlung zur Erzielung der Überstruktur durchführt oder nicht.
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Das Verfahren ist am Beispiel zweier Legierungsvertreter und vor allem
für den elektrischen Widerstand gezeigt worden. Es ist aber wohl klar und braucht
nicht besonders hervorgehoben. zu werden, daß das Verfahren von allgemeiner Bedeutung
für alle Legierungen dieser Art -und alle jeweils hervorgerufenen Sondereigenschaften
ist.
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Es ist zwar schon bekannt, Eisen-Nickel-Legierungen mit Zusätzen von
Mangan, Silicium und Kupfer einer mehrmaligen Reckung mit Zwischenglühungen zu unterwerfen
und nach der letzten Glühung nochmals kalt zu recken, gegebenenfalls mit anschließender
Anlaßbehandlung bei ioo bis a50° C zur Erzielung geringer Instabilität, ohne daß
durch diese bekannten Angaben der Erfindungsgedanke nahegelegt wurde, die durch
das erfindungsgemäße Verfahren erzielbaren Sondereigenschaften, wie z. B. Erhöhung
'der elektrischen Leitfähigkeit oder Erhöhung des Temperaturkoeffizienten, zu entwickeln.
Außerdem betreffen die Legierungen mit geringer Instabilität vorzugsweise Legierungen
mit nur 5o °/o Nickel, die keine Überstruktur aufweisen.
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Es ist ferner bekannt, eine sehr müde Eisen-Aluminium-Legierung möglichst
weitgehend zu zertrümmern und in dem Eisen-Aluminium-Kristall durch 30stündiges
Erwärmen auf 350° C die geregelte Atomanordnung herzustellen.