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Unterkalibergeschoß Es sind Treibspiegelgeschosse bekannt, bei welchen
zwecks Erzielung hoher Geschwindigkeiten beim Durchgang durch den Lauf der Gasdruck
auf eine große Querschnittsfläche wirkt, beim Fluge jedoch das Geschoß dem Luftwiderstand
nur eine geringere Querschnittsfläche darbietet. Vorliegende Erfindung bezieht sich
auf Geschosse dieser Art. Es sind ferner Geschosse bekannt, bei denen der Treibteil
aus getrennten Teilen besteht, welche sich von dem eigentlichen Geschoßteil nach
Verlassen der Mündung ablösen. Ein Nachteil besteht hier darin, daß die Nachbarschaft
des Schützen gefährdet ist. Bei anderen Geschossen solcher Art wird der Treibteil
oder ein Teil desselben gebildet aus weichen Massen, welche vor Verlassen der Mündung
vom Geschoß abgestreift werden sollen. Es steht außer Zweifel, daß bei wirklich
hohen Geschwindigkeiten dieser Grundsatz keinen Erfolg haben kann, da bei sehr hohen
Geschwindigkeiten auch weiche Massen eine überaus starke Zerstörungskraft besitzen.
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Die Erfindung schafft ein neues Unterkalibergeschoß, das die Nachteile
der vorbekannten Bauart dadurch zu vermeiden erlaubt, daß das eigentliche Geschoß
mit dem Treibteil so verbunden ist, daß es während seines Durchgangs durch den Waffenlauf
sich im wesentlichen frei in seiner Längsträgheitsachse stabilisiert. Das neue Unterkalibergeschoß
ist weiterhin, gemäß der Erfindung durch eine Haltevorrichtung ausgezeichnet, die
das Geschoß während des Durchganges durch den Lauf zum Selbststabilisieren freigibt,
wobei in einer besonderen Ausführungsform des Erfindungsgedankens die Ablösung des
Geschosses von seiner Haltevorrichtung durch die vom Drall des Waffenlaufes hervorgerufene
Fliehkraft erfolgt. Die neue Maßnahme, dem Geschoß eine vollkommen freie Einstellung
in seiner
Trägheitsachse zu ermöglichen, ist geeignet, den Lauf
zu entlasten, die Laufabnutzung erheblich herabzusetzen, den Abgangsfehlerwinkel
zu verkleinern und die Treffgenauigkeit bedeutend zu erhöhen.
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Als weiterer Vorteil ergibt sich die Mög-' lichkeit, eine in sich
geschlossene Führung bzw. Umfassung des Geschosses bei Handhabung und beim Abfeuern
sowie im ersten Teil des Durchganges durch den Lauf zu ver-,venden und reaktionsfreies
Ablösen dieser Führung vom eigentlichen Geschoß nach Vertassehi der Mündung zu erzielen.
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Es seien nachstehend einige Ausführungen der Erfindung an Hand von
Zeichnungen beschrieben und erläutert.
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Fig. i zeigt ein Geschoß nach der Erfindung, wobei der Treibteil nebst
vorderer Führungs- und Haltevorrichtung für das Geschoß sowie der hintere Teil des
eigentlichen Geschosses im Schnitt dargestellt sind.
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Fig. a zeigt eine weitere Ausführungsform, wobei der Treibteil nur
teilweise angedeutet ist.
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Fig.3 zeigt wiederum eine bestimmte Ausführungsform für den vorderen
Teil der Geschoßführung, ebenfalls iin Schnitt.
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In Fig. i stellt i den Lauf der Waffe dar. Dieser Lauf ist, wie üblich,
finit Drallzügen 2 versehen, wobei zweckmäßig Progressivdrall Anwendung findet.
3 stellt das eigentliche Geschoß dar, das die Flugbahn beschreiben und am Ziel Wirkung
ausüben. soll. Dieses Geschoß besteht zweckmäßig aus Schwermetall bekannter Art,
z. B. Stahl, Messinglegierung, Wolfram, Hartmetallegierung o. dgl., und ruht mit
seinem Boden auf einem Treibteil 4 aus geeignetem Werkstoff, z. B. Leichtmetall,
Kunstharz, Preßstoff o. dgl. Der Treibteil d. vermittelt die Einwirkung des Gasdruckes
auf das Geschoß, ist aber in bekannter Weise nicht dazu bestimmt, die gesamte Flugbahn
zu durcheilen, sondern soll sich von dem eigentlichen Geschoß 3 nach Verlassen der
Mündung ablösen. An den Treibteil d. schließen sich nach der Pulverladung zu Führungs-
und Liderungseinrichtungen an. Außer der Vorwärtsbeschleunigung des Geschosses 3
in axialer Richtung muß der Treibteil 4 auch noch die durch den Drall erzeugte Rotationsbeschleunigung
auf das Geschoß übertragen. Zii diesem Zweck besitzt der Treibteil .1 einen unrunden,
zweckmäßig kantigen Mitnehmeransatz 5, der in eine entsprechend geformte Höhlung
6 im Geschoßboden eintritt.
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Um eine Handhabung der Patrone zu ermöglichen, ohne daß das Geschoß
3 sich von den übrigen Teilen ablöst und auch zur Sicherung der Führung des Geschosses
3 zu Beginn seiner Bewegung im Lauf, ist eine Haltevorrichtung vorgesehen, welche
in fester Verbindung mit dem Treibteil 4 steht oder auch mit diesem aus einem Stück
besteht. Diese Halte- und Führungsvorrichtung wird gebildet durch eine verhältnismäßig
dünnwandige, aber feste Hülse 7 aus Stahl o. dgl., welche eine Anzahl von Ringen
8 aus nachgiebigem Werkstoff, wie z. B. Gummi oder gummiähnlicher plastischer Masse,
umfaßt. Diese Ringe, Rohrabschnitte o. dgl. aus nachgiebigem Werkstoff stehen bei
zusammengesetztem Geschoß im Ruhezustand unter Spannung und sichern das Geschoß
gegen Herausrutschen aus der Halte- und Führungsvorrichtung und geben ihm auch eine
annähernd zentrische Lage zu der Führungshülse 7.
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Sobald jedoch das gesamte Geschoß unter dem Einfluß des Gasdrucks
und des Dralls eine Vorwärts- und Rotationsbewegung erhält, drängt die Masse dieser
Ringe o. dgl. 8 durch die Fliehkraft nach außen, füllt die nach außen vorgesehenen
Hohlräume 9 aus und gibt durch diese Massenverlagerung das Geschoß 3 selbst frei.
Inzwischen hat dieses aber bereits eine so hohe Umdrehungsgeschwindigkeit erreicht,
daß es sich wie ein Kreisel nach seiner eigenen Trägheitsachse stabilisiert und
keinerlei Führung mehr benötigt. Um diese Stabilisierung zu erleichtern, ist zweckmäßig
zwischen Mitnehmeransatz 5 und Aussparung 6 im Boden des Geschosses ein gewisser
Spielraum vorgesehen., der notfalls auch dem hinteren Teil des Geschosses 3 ein
genügend freies Einstellen auf die Massenträgheitsachse gestattet.
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Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß die dargestellte Art des Mitnehmeransatzes
nur als Ausführungsbeispiel aufzufassen ist. Es ist durchaus möglich, diese Mitnehmervorrichtung
so zu gestalten, daß auch dem hinteren Teil des Geschosses eine freie Einstellung
ermöglicht wird. Beispielsweise kann dies durch Zwischenschalten eines weiteren
Mit= nehnierstückes geschehen, welches sich durch Feder und Nut einerseits im Treibtei14
und andererseits senkrecht dazu im Boden des Geschosses 3 beweglich führt.
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Es kann auch eine relativ freie Einstellungsmöglichkeit auf die Trägheitsachse
dadurch geschaffen werden, daß der Mitnehmeransatz 5 eine so nachgiebige Beschaffenheit
erhält, daß eine gewisse Verformung durch das Geschoß 3 bis zum Eintritt der stabilisierten
Lage möglich ist, Zur Erreichung des erfinderischen Zwecks ist es nicht notwendig,
daß das nachgiebige Mittel zwischen Hülse 7 und Geschoß 3 aus mehreren Teilen besteht.
Es kann auch eine einstückige Zwischenschicht vorgesehen werden. Bedingung ist nur,
daß diese Zwischenschicht
entweder an der äußeren Anlagefläche
oder in ihrem Innern in Form von Rillen, Poren, umlaufenden oder nicht umlaufenden
Hohlräumen o. dgl. so viel Raum gewährt, daß die Masse dieser Zwischenschicht unter
dem Einfluß der Fliehkraft sich genügend nach außen verlagern kann, um das Geschoß
3 vollkommen oder fast vollkommen freizugeben.
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Die Hülse 7 ist normalerweise nicht dazu bestimmt, Umdrehungsbeschleunigung
auf das Geschoß 3 zu übertragen. Wenn gleichförmiger Drall verwendet wird, so schadet
es nichts, wenn die Hülse 7 in gewissem Grade in die Züge eintritt. Verwendet man
jedoch Progressivdrall, so wäre dies unerwünscht. Zweckmäßig wird man in letzterem
Fall die Hülse 7 so fest gestalten oder auch in ihrem Durchmesser gegenüber dem
Felderdurchmesser so viel kleiner halten, daß diese Hülse 7 in die Züge des Laufes
nicht eintritt.
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Bei der Ausführung nach Fig. z wird für die Halte- und Führungsvorrichtung
des Geschosses 3 der gleiche Grundsatz angewandt, daß nämlich das Verbindungsmittel
zwischen Umfassungshülse ünd Geschoß unter dem Einfluß der Fliehkraft außer Wirkung
gesetzt wird. Als Verbindungsmittel ist nach Fig. z nicht eine verformbare Masse
vorgesehen, sondern es sind entweder aus der Hülse 7 heraus oder aus einer besonderen
Hülse io durch Stanzen o. dgl. Zungen i i, Klammern oder ähnlich wirkende Befestigungsmittel
gebildet, welche in Rillen o. dgl. am Geschoß eintreten und unter dem Einfluß der
Fliehkraft elastisch oder unelastisch nach außen nachgeben und das Geschoß freigeben
können.
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Es ist aber nicht eine notwendige Bedingung, daß die Ablösung des
Geschosses 3 von der Führungs- und Haltevorrichtung durch die Fliehkraft bewirkt
werden muß. Es ist ohne weiteres möglich, diesen Lösevorgang z. B. anstatt durch
die Fliehkraft durch die Axialbeschleunigung bewirken zu lassen oder auch durch
Zusammenwirken dieser oder anderer Kräfte.
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Fig. 3 zeigt schematisch eine derartige Ausführungsform. In einem
konischen Teil der Hülse 7 führen sich keilartig wirkende Teile i3, welche durch
eine Feder 14 oder auch einen Gummipuffer o. dgl. dauernd nach vorn gedrückt werden.
Die Massen dieser Teile 13
sowie die Federkraft werden so bemessen, daß bei
Erreichung einer gewissen Axialbeschleunigung des Geschosses, mit welcher zwangsläufig
ja auch eine ganz bestimmte Umdrehungsgeschwindigkeit verbunden ist, durch die Massenträgheit
der Teile 13 eine Überwindung der Kraft der Feder 14 erfolgt. Die Teile 13
bewegen sich alsdann nach hinten und radial auseinander, wodurch der Geschoßkern
3 freigegeben wird. Außer den durch die Fig. i, a und 3 grundsätzlich angedeuteten
Ausführungsformen gibt es noch eine große Zahl anderer Möglichkeiten. Es würde zu
weit führen, diese sämtlich zu beschreiben.
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Als leitender Erfindungsgedanke ist bedeutungsvoll, daß die Festlegt.ng
des eigentlichen Geschosses während der Handhabung und dem ersten Teil der Bewegung
im Lauf durch. Mittel geschieht, welche es schon im Lauf selbst bei Erreichung einer
gewissen Axial- oder Umdrehungsgeschwindigkeit freigeben.
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Zweckmäßig wird außerdem die Führungs-und Haltevorrichtung für dieses
Geschoß derart geschlossen oder fest ausgewählt, daß ihre Radialzerlegung nach Verlassen
der Mündung nicht erfolgt. Allerdings muß der vorstehend angegebene erste Grundgedanke
der Erfindung nicht unbedingt mit dem obengenannten zweiten Erfindungsgedanken verbunden
sein. Die radiale Freigabe des Geschosses noch innerhalb des Laufes könnte auch
Anwendung finden in Verbindung mit an und für sich bekannten Führungsteilen, die
aus mehreren getrennten Stücken bestehen, welche sich nach Verlassen der Mündung
radial öder in einem schrägen Winkel nach vorn ausein.anderbewegen.
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Selbstverständlich ist es unbedingt zweckmäßig, sämtliche Massen,
welche zu den Halte- und Führungsteilen sowie zum Treibteil usw. gehören, gegenüber
der Masse des eigentlichen Geschosses 3 so klein wie nur möglich zu halten. Man
wird also von besonders leichtem oder besonders festem Werkstoff für diese Treib-,
Halte- und Führungsteile so weit Gebrauch machen, als dies die Erfordernisse billiger
Massenfertigung sowie auf die Werkstoffauswahl zu nehmende Rücksichten gestatten.
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Die Erfindung kann für jede Geschoßform verwendet werden. Der Fachmann
ist ohne weiteres in der Lage, die hierzu nötigen baulichen Änderungen .und Anpassungen
zu gestalten.
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Die Anwendung der Erfindung beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes
Kaliber oder eine bestimmte Art von Schußwaffen. Sie kann für Faustfeuerwaffen,
Handfeuerwaffen sowie auch Geschütze und selbstverständlich für Einzellader, Mehrlader
und automatisch arbeitende Waffen angewendet -werden. Wenn für die eine oder andere
dieser Waffen eine besonders schlanke Form der Halte- und Führungsvorrichtung für
das Geschoß oder die übrigen Teile notwendig -wird, z. B. um den Übergang vom Magazin
in den Lauf zu erleichtern, so bereitet auch die Erfüllung dieser Forderung dem
Fachmann keinerlei Schwierigkeiten. Im allgemeinen ist es aller
dings
nützlich, wenn die Stirnfläche der Geschoßhalte- und -führungseinrichtun.g eine
möglichst wirksame Luftwiderstandsfläche darbietet, damit die Ablösung dieser Teile
vom Geschoß und das alsbaldige Zur-Erde-Fallen dieser Teile begünstigt wird.