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Die Erfindung betrifft die Verwendung
von Thienylcyclohexylamin, allein oder in Kombination mit anderen
Substanzen mit pharmazeutischer Wirkung, für die Herstellung eines Medikaments,
das zur Begrenzung oder Hemmung der Wirkungen von neurotoxischen
Produkten oder Neurotoxinen bestimmt ist. Die Erfindung betrifft
ferner ein Produkt, das Thienylcyclohexylamin und mindestens eine
anticholinerge, antikonvulsive oder die Cholinesterasen reaktivierende
Substanz umfasst, und eine dieses enthaltende pharmazeutische Zusammensetzung.
Dieses Produkt ist insbesondere auch wegen seiner Wirkung interessant,
die Wirkungen der neurotoxischen Produkte oder Neurotoxine zu begrenzen
oder zu hemmen.
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Die Familie der neurotoxischen Produkte
oder Neurotoxine umfasst Produkte wie organische Phosphorverbindungen,
die man beispielsweise in Insektiziden oder Pestiziden zu Haushaltszwecken
oder industriellen Zwecken, jedoch auch in Kampfgasen, wie Soman,
Sarin, Tabun oder VX finden kann. Von den bestehenden Therapien,
wie z. B. die Polymedikation, zur Bekämpfung der Intoxikation durch
solche Verbindungen verhütet
keine vollständig
das Auftreten von neuropathologischen Folgen.
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Gegenstand der Erfindung ist die
Verwendung von Thienylcyclohexylamin, das der Formel 2-Methyl-1-(1-piperidinyl)-1-(2-thienyl)cyclohexan
entspricht, für
die Herstellung eines Medikaments, das für die Begrenzung oder Hemmung
der Wirkungen von neurotoxischen Stoffen oder Neurotoxinen bei Primaten
und insbesondere beim Mensch bestimmt ist. Es kann allein oder in
Kombination mit anderen Substanzen mit pharmazeutischer Wirkung
verwendet werden, die die Wirkungen von neurotoxischen Stoffen oder
Neurotoxinen begrenzen oder hemmen können.
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Thienylcyclohexylamin, wie es oben
definiert ist, wird in dem Patent
EP
396734 als Nervenschutzmittel gegen Glutamat endogenen
Ursprungs beschrieben. Aufgrund des Vorhandenseins von 2 asymmetrischen Kohlenstoffen
kann dieses Thienylcyclohexylamin in racemischer Form oder in Form
von im wesentlichen reinen Diastereoisomeren oder Enantiomeren vorliegen.
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Die Herstellung der Diastereoisomere
von 1-Thienylcyclohexylamin besteht darin, dass man 2-Bromthienylmagnesium
mit 2-Methylcyclohexanon reagieren lässt, das auf diese Weise erhaltene
2-Methyl-1-(2-thienyl)cyclohexanol mit NaN3 behandelt,
um das entsprechende Azid zu erhalten, dieses Azid zu Amin reduziert
und schließlich
mit 1,5-Halogenpentan behandelt. Die Cis- und Trans-Diastereoisomere
werden durch präparative
Chromatographie auf Siliciumoxidgel getrennt, indem eine Mischung
Hexan/Ether (95/5 in Volumen) verwendet wird: die erste Fraktion,
die der Trans-Verbindung
entspricht, kristallisiert bei 40–41°C; die zweite Fraktion, die
der Cis-Verbindung entspricht, kristallisiert bei 80–81°C. Die Enantiomere
können
erhalten werden, indem man optisch aktive Säuren, wie z. B. Di-O.O'-4-toluoylweinsäure, verwendet werden.
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Gegenstand der Erfindung ist insbesondere
die Verwendung von Thienylcyclohexylamin der oben definierten Art
mit mindestens einer Substanz, die aus den anticholinergen, antikonvulsiven
und die Cholinesterasen reaktivierenden Substanzen ausgewählt ist.
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Gegenstand der Erfindung ist insbesondere
die Verwendung von Thienylcyclohexylamin der oben definierten Art
mit mindestens einer anticholinergen Substanz, mindestens einer
antikonvulsiven Substanz und mindestens einer die Cholinesterasen
reaktivierenden Substanz.
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Die verwendeten pharmakologischen
Begriffe haben die dem Fachmann bekannte gebräuchliche Bedeutung. Von den
anticho linergen Substanzen kann man insbesondere die folgenden Substanzen
nennen: Atropin, Scopolamin, N-Atropinoxid, Dihexyverin und Tiemoniummethylsulfat.
Von den antikonvulsiven Substanzen kann man beispielsweise die folgenden
Substanzen nennen: Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin, Ethosuximid,
Phenytoin, Natriumvalproat, Progabid, Gabapentin, Vigabatrin, Loprazolam,
Benzodiazepine, wie z. B. Clonazepam, Clobazam, Diazepam und Prodiazepam.
Von den die Cholinesterasen reaktivierenden Substanzen kann man
Pralidoxim, Obidoxim, H16 nennen.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner
eine Verwendung von Thienylcyclohexylamin der oben definierten Art,
dadurch gekennzeichnet, dass Thienylcyclohexylamin mit einem reversiblen
Cholinesterase-Hemmer kombiniert ist, der dazu bestimmt ist, vor
der Aussetzung an die neurotoxischen Produkte oder Neurotoxine verabreicht
zu werden. Von den reversiblen Cholinesterase-Hemmern kann man Pyridostigmin
und Physostigmin nennen.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner
in Form eines Medikaments ein Produkt, das Thienylcyclohexylamin
der oben definierten Art enthält,
das mit mindestens einer Substanz mit pharmazeutischer Wirkung kombiniert
ist, die die Wirkungen von neurotoxischen Produkten oder Neurotoxinen
begrenzen oder hemmen kann, sowie dieses enthaltende pharmazeutische
Zusammensetzungen.
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Gegenstand der Erfindung ist insbesondere
in Form eines Medikaments ein Produkt, das Thienylcyclohexylamin
der oben definierten Art in racemischer Form oder in Form von im
wesentlichen reinen Diastereoisomeren oder Enantiomeren enthält, das
mit mindestens einer Substanz kombiniert ist, die aus den anticholinergen,
antikonvulsiven und die Cholinesterasen reaktivierenden Substanzen
ausgewählt
ist. Das Produkt der oben definierten Art umfasst vorzugsweise Thienylcyclohexylamin
der oben definierten Art, das mit mindestens einer anticholinergen
Substanz, einer antikonvulsiven Substanz und einer die Cholinesterasen
reaktivierenden Substanz kombiniert ist.
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Die Erfindung betrifft ferner ein
Produkt, das Thienylcyclohexylamin und mindestens eine Substanz enthält, die
aus den anticholinergen, antikonvulsiven und die Cholinesterasen
reaktivierenden Substanzen ausgewählt ist, als Kombinationsprodukt
für eine
gleichzeitige, getrennte oder zeitlich verteilte Verwendung zur Begrenzung
oder Hemmung der Wirkungen von neurotoxischen Produkten oder Neurotoxinen.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner
ein Produkt der oben definierten Art, das dadurch gekennzeichnet ist,
dass es außerdem
einen Cholinesterase-Hemmer umfasst, der dazu bestimmt ist, vor
der Aussetzung an die neurotoxischen Produkte oder Neurotoxine verabreicht
zu werden.
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Thienylcyclohexylamin der oben definierten
Art kann in einer Dosis zwischen 0,001 und 10 mg/kg, vorzugsweise
zwischen 0,01 und 0,1 mg/kg, verabreicht werden. Die Substanzen,
die gegebenenfalls mit ihm kombiniert sind, wie z. B. die anticholinergen,
antikonvulsiven und die Cholinesterasen reaktivierenden Substanzen,
die in der Pharmakologie bekannt sind, werden in den Dosen verabreicht,
die in ihren jeweiligen pharmakologischen Bereichen gewöhnlich empfohlen
werden.
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Thienylcyclohexylamin der oben definierten
Art sowie die gegebenenfalls mit ihm kombinierten Substanzen mit
pharmazeutischer Wirkung können
auf den gebräuchlichen
Verabreichungswegen verabreicht werden, z. B. oral, intramuskulär, intraperitoneal,
subkutan oder intravenös.
Sie können
gleichzeitig oder getrennt auf gleichen oder verschiedenen Verabreichungswegen
verabreicht werden. Thienylcyclohexylamin wird vorzugsweise intravenös verabreicht,
und die gegebenenfalls mit ihm kombinierten Substanzen mit pharmazeutischer
Wirkung, wie z. B. die anticholinergen, antikon vulsiven und die
Cholinesterasen reaktivierenden Substanzen, werden intramuskulär oder intravenös verabreicht.
In dem Fall, in dem Thienylcyclohexylamin mit mindestens einer der
Substanzen mit pharmazeutischer Wirkung der oben definierten Art
kombiniert ist, kann die Verabreichung von Thienylcyclohexylamin
bezüglich
der Verabreichung dieser anderen Substanzen aufgeschoben sein.
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Die Verabreichung von Thienylcyclohexylamin
kann auch vom Zeitpunkt der Intoxikation an bis zu mehreren Stunden
nach dieser Intoxikation vorgenommen werden. Vorzugsweise wird diese
Verabreichung innerhalb zwei Stunden nach der Intoxikation durchgeführt. Diese
Verabreichung kann noch bevorzugter zwischen 10 Minuten und 45 Minuten
nach Intoxikation vorgenommen werden.
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Ergebnisse, die im nachstehenden
experimentellen Teil aufgeführt
sind, zeigen die hohe Wirksamkeit der ergänzenden Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
von 10 bis 45 Minuten nach Intoxikation.
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Gegenstand der Erfindung ist deshalb
die oben beschriebene Verwendung, dadurch gekennzeichnet, dass das
2-Methyl-1-(1-piperidinyl)-1-(2-thienyl)cyclohexan
in racemischer Form oder in Form von im wesentlichen reinen Diastereoisomeren
oder Enantiomeren innerhalb von zwei Stunden und vorzugsweise innerhalb einer
Stunde nach der Intoxikation mit neurotoxischen Produkten oder Neurotoxinen
verabreicht wird.
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Die nachfolgenden Beispiele dienen
zur Veranschaulichung der oben beschriebenen Verfahren und dürfen auf
keinen Fall als eine Grenze der Reichweite der Erfindung betrachtet
werden.
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EXPERIMENTELLER TEIL:
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Pharmakologische Untersuchung
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1) Erste Testreihe:
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Testprotokoll:
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Neun Cynomolgus-Affen wurden 1 Stunde
vor Intoxikation mit Pyridostigmin (0,2 mg/kg; i. m.) behandelt.
Diese Pyridostigmindosis hemmt 30 % der plasmatischen Cholinesterasen,
was den in den Nato-Ländern geltenden
Schutznormen entspricht. Die Tiere werden dann mit 5 DL50 Soman,
einer organischen Phosphorverbindung (30 μg/kg; i. m.), vergiftet und
dann 1 Minute nach Intoxikation mit dem "therapeutischen Cocktail": Atropinsulfat (0,5
mg/kg; i. m.) + Valium (0,2 mg/kg; i. m.) + Pralidoxim (30 mg/kg;
i. m.) behandelt. Diese Mischung von 3 Drogen entspricht der auf
Personalebene in Form von selbstinjizierbaren Spritzen verfügbaren Nottherapie.
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Zehn Minuten nach Intoxikation erhalten
die Tiere cis-Thienylcyclohexylamin
auf intravenösem
Weg (0,01; 0,03 und 0,1 mg/kg, 3 Tiere pro Dosis).
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Die Tiere (ohne Zwang) werden dann
beobachtet, die Zeichen von akuter Toxizität und Erholung werden während 17
Beobachtungsperioden, beginnend 2 Minuten nach Intoxikation bis
3 Wochen, notiert. Drei Wochen nach Intoxikation werden die Tiere
getötet,
das Gehirn wird entnommen und 1 Monat in Formol gelegt, und dann
werden histologische Schnitte (10 μm) durchgeführt, die mit Luxol Fast Blue
HE gefärbt
werden, um eventuelle neuropathologische Folgen zu untersuchen.
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Wir haben ähnliche Untersuchungen an Vergleichstieren
durchgeführt,
die kein cis-Thienylcyclohexylamin erhielten.
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Auf diese Weise konnten wir den Einfluss
dieser Verbindung auf die klinischen Symptome der vergifteten Tiere
und auf die neuropathologischen Folgen erhalten.
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Ergebnisse:
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Vergleichstiere (n = 4):
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Bei diesen Tieren stellen wir schwere
Intoxikationssymptome fest (Muskelfaszikulationen, Zittern, Kaubewegungen),
die in 1 bis 2 Minuten nach Verabreichung von Soman auftreten; die
Tiere haben dann tonisch-klonische Konvulsionen kombiniert mit einem
Opisthotonos. Alle Tiere fallen dann schnell in etwa 5 Minuten in
Koma. Das Koma der Tiere dauert 20 bis 40 Minuten. Nach dieser Komaphase
erholen sich die Tiere während
der auf die Intoxikation folgenden 6 Stunden langsam, das Zittern
hört allmählich auf.
Einen Tag nach Intoxikation können
alle Tiere gehen, greifen und klettern, eine normale Aktivität erlangen
sie jedoch erst 4 Tage nach der Intoxikation wieder. Drei Wochen
nach Intoxikation zeigt die histopathologische Untersuchung der
Gehirngewebe eine ausgeprägte
neuronale Depopulation in der zweiten Schicht des frontoparietalen
Cortex bei allen Primaten.
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Mit Thienylcyclohexylamin
behandelte Tiere (n = 3 pro Dosis):
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Die intravenöse Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
wird auf die im Untersuchungsprotokoll angegebene Weise während der
Komaphase der Tiere vorgenommen. Die Beobachtung des klinischen
Zustands ist in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst:
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Drei Wochen nach der Intoxikation
zeigt die histologische Untersuchung der Gehirngewebe der mit Thienylcyclohexylamin
behandelten Tiere eine normale neuronale Dichte in der Schicht II
des frontoparietalen Cortex, und zwar unabhängig von der verwendeten cis-Thienylcyclohexylamin-Dosis.
Die in diesem Bereich durchgeführten
Zählungen
zeigen eine signifikante Differenz zwischen der bei den Vergleichstieren
beobachteten neuronalen Dichte und der der mit Thienylcyclohexylamin
behandelten Tiere. Es besteht also eine nervenschützende Wirkung
von Thienylcyclohexylamin, die schon bei der kleinsten Dosis auftritt.
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Zusammenfassung:
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Bei unseren experimentellen Bedingungen
wurde die Notbehandlung 1 Minute nach Intoxikation verabreicht.
Unter diesen Bedingungen dauert der durch Soman ausgelöste Krankheitszustand
nur 3 bis 5 Minuten. Neuropathologische Folgen bleiben jedoch 3
Wochen nach Intoxikation bestehen. Die Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
zusätzlich
zur Notpolymedikation gestattet bei der Dosis von 0,01 mg/kg i.
v. eine beträchtliche
Verbesserung der Erholung der vergifteten Tiere 48 Stunden nach
Verabreichung von Soman und die Verhütung des neuronalen Abbaus,
der im frontoparietalen Cortex der Vergleichstiere beobachtet wird.
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2) Zweite Testreihe:
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Die im Nachstehenden beschriebene
Testreihe liegt näher
bei einer realen Situation. Es wurde folgendes Protokoll benutzt:
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Mit 8 DL50 vergiftete
Tiere erhalten 1 Minute nach Intoxikation nur das Äquivalent
einer einzigen selbstinjizierbaren Spritze, die Atropinsulfat, Valium
und Pralidoxim enthält.
Das cis-Thienylcyclohexylamin wird 45 Minuten danach auf intravenösem Weg
verabreicht; man schätzt,
dass diese Frist von 45 Minuten der Zeit entspricht, die zum Aufnehmen
eines Verletzten und dann zu seiner Beförderung zu einer Hilfsstation
erforderlich ist, wo seine Kleider durch eine Spezialtruppe dekontaminiert
werden und durch medizinische Fachkräfte ein intravenöser Injektionsweg
gelegt wird.
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Testprotokoll:
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Einen Monat vor dem Test werden 6
Cynomolgus-Affen operiert, um die Implantation von Kortikalelektroden
für die
EEG-Aufzeichnung nach einem Standardprotokoll zu gestatten (Mestries
et al., Sci. Tech. Anim. Lab., 1984, 9, 35–46). Es werden adaptierte
postoperative Maßnahmen
ergriffen (allgemeine Antibiotherapie während 10 Tagen und örtliche
Anwendung von Antiseptikum während
5 Tagen).
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Am Tag vor dem Test werden die Tiere
anästhesiert
(Imalgen, 3 mg/kg, i. m.) und dann auf einen Fixierungssitz gesetzt.
Vierundzwanzig Stunden später
(Zeit, die zur Entfernung von Imalgen zu mehr als 99% erforderlich
ist) werden die Primaten an ein EEG-Registriergerät (ALVAR
16 Kanäle)
angeschlossen. Die EEG-Aktivität
der Tiere wird kontinuierlich während
6 Stunden aufgezeichnet und eine Analyse der Energieverteilung auf
Frequenzbändern
wird nach FFT-Analyse durchgeführt
(Delta-Band 0,5–5
Hz, Theta-Band 5–10 Hz,
Alpha-Band 10–16
Hz, Beta-Band 16–48
Hz), um die Berechnung eines EEG-Index (% Delta + Theta/% Beta)
zu gestatten. Die Tiere werden 1 Stunde vor Intoxikation durch Soman
mit Pyridostigmin vorbehandelt (0,2 mg/kg, i. m.). Diese Pyridostigmin-Dosis
hemmt 30% der plasmatischen Cholinesterasen, was den in den Nato-Ländern geltenden
Schutznormen entspricht. Die Tiere werden dann mit 8 DL50 Soman,
einer organischen Phosphorverbindung (30 μg/kg, i. m.), vergiftet und
dann 1 Minute nach Intoxikation mit der Mischung: Atropinsulfat
(0,25 mg/kg, i. m.) + Valium (0,1 mg/kg, i. m.) + Pralidoxim (15
mg/kg, i. m.) behandelt. Diese Dosen bei den Primaten sind das Äquivalent
zur Verabreichung einer einzigen autoinjizierbaren Spritze beim Menschen.
Die Tiere werden dann beobachtet, und bei jedem Tier wird das Auftreten
oder Fehlen von 5 Symptomen akuter Toxizität (Zittern, Klonien oder tonisch-klonische
Krisen, Koma, Atemstörungen,
Hyperreaktivität
auf Schall- oder Taststimuli) sowie von 4 Erholungssymptomen (Augenreflex,
Beißreflex,
Greifen, Folgen mit den Augen) zu den Zeiten 2, 5, 10, 15, 30, 45
Minuten nach Intoxikation notiert.
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Fünfundvierzig
Minuten nach Intoxikation werden 3 Tiere mit cis-Thienylcyclohexylamin
behandelt, das auf intravenösem
Weg mit einer Dosis von 0,1 mg/kg verabreicht wird. Die 3 anderen
Tiere erhalten keine Behandlung. Die oben erwähnten Vergiftungs- und Erholungssymptome
werden dann für
jedes Tier zu den Zeiten 1 h, 1 h 15, 1 h 30, 1 h 45, 2 h, 2 h 30,
3 h, 3 h 30, 4 h, 4 h 30, 5 h nach Intoxikation notiert. Fünf Stunden nach
Intoxikation (das heißt
6 Stunden nach Beginn des Tests, wenn man die Zeit der Vorbehandlung
mit Pyridostigmin mitberücksichtigt)
wird die Aufzeichnung der EEG-Aktivität der Tiere beendet, die Primaten
werden vom Fixierungssitz genommen und dann (ohne Anästhesie)
in einen Käfig
mit großen
Abmessungen umgesetzt. Der klinische Zustand der Tiere wird dann
zu den Zeiten 5 h, 5 h 30, 6 h und dann 24 h, 48 h, 3 Tage, 4 Tage,
1 Woche, 2 Wochen, 3 Wochen nach Intoxikation anhand derselben Symptome
der akuten Toxizität
und der Erholung, wie sie oben erwähnt wurden, ermittelt, wobei
zu diesem noch das Vorhandensein oder Fehlen von Prostration (Toxizitätssymptom)
sowie ihre Fähigkeit,
zu sitzen, zu gehen, zu klettern und zu fressen (Erholungssymptome)
hinzukommen.
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Drei Wochen nach Intoxikation werden
die Tiere durch intravenöse
Injektion von Pentobarbital getötet, das
Gehirn wird schnell entnommen und während 1 Monat in 10%-iges Formol
gelegt (Badwechsel jede Woche). Dann wird die histologische Untersuchung
der Gehirngewebe nach Färbung
mit Hemaluneosin/Luxol Fast-Blue durchgeführt.
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Ergebnissen
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Die ersten fünfundvierzig
Minuten nach Intoxikation: (vor Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin),
Periode P1)
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Klinische Symptome:
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Bei allen Tieren verzeichnen wir
schwere Symptome der Intoxikation (Muskelfaszikulationen, Zittern, Kauen),
die 2 bis 3 Minuten nach Verabreichung von Soman auftreten. Alle
Tiere haben dann tonisch-klonische Konvulsionen verbunden mit einem
Opisthotonos. Die Latenz der Konvulsionen beträgt etwa 3 bis 4 Minuten. Während dieser
akuten Phase sind die Tiere zyanotisch. Fünf der 6 vergifteten Tiere
fallen dann in etwa 5 bis 8 Minuten in Koma. Diese Komaphase dauert
etwa 30 Minuten. Gestörte
Atembewegungen (Dyspnoe) werden bei den 6 Tieren beobachtet, und
es werden starke Sekretionen notiert. Fünfundvierzig Minuten nach der
Intoxikation liegt 1 Tier noch im Koma und nur eines der 6 Tiere
hat einen normalen Palpebralreflex und die Fähigkeit, mit den Augen zu folgen,
wiedererlangt. Zum selben Zeitpunkt zeigen alle Tiere persistierendes
Zittern verbunden mit starken Atemrhythmusstörungen.
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EEG-Aktivität:
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Das Auftreten der oben erwähnten tonisch-klonischen
Krisen ist von einem für
die Vergiftung mit organischen Phosphorverbindungen charakteristischen
Status epilepticus begleitet. Dieser Status dauert etwa 5 Minuten
und hört
dann während
der Komaphase auf, um dann (das heißt etwa 30 Minuten nach Intoxikation) wieder
aufzutreten. Die Frequenzbandanalyse zeigt eine Erhöhung der
EEG-Energieverteilung im Beta-Band, verbunden mit einem Abfall der
relativen Energie des Delta-Bandes, und zwar sowohl auf den temporalen
als auch auf den parietalen Ableitungen. Diese Erhöhung der
relativen Energie in den hohen Frequenzen ist durchaus charakteristisch
für die
Injektion von Diazepam bei Tieren (Lipp. Arch. Int. Pharmacodyn.,
1973, 202, 244–251).
Die Berechnung des EEG-Index (Delta + Theta/Beta) während der
ersten 45 Minuten nach Intoxikation zeigt eine sehr starke Verringerung
dieses Index bezüglich
der der Injektion von Soman vorhergehenden Periode. Das weist nach
den Angaben der Literatur auf eine Hypererregung auf zerebraler
Ebene hin (Nagymajtenyi et al., Neurotox. Teratology, 1988, 10,
429–434).
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Von der fünfundvierzigsten
Minute nach Intoxikation bis zum Ende der EEG-Aufzeichnung: (5 Stunden
nach Intoxikation, Periode P2)
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Klinische Symptome:
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Die 3 Tiere, die nicht cis-Thienylcyclohexylamin
erhalten, zeigen persistierendes Zittern verbunden mit Klonien während mehrerer
Stunden sowie Störungen
des Atemrhythmus verbunden mit ungeordneten Abdominalbewegungen.
Ihre Erholung findet sehr langsam statt, da nur 1 Tier von 3 Tieren
6 Stunden nach Intoxikation Beiß-
und Greifreflexe sowie die Fähigkeit,
mit den Augen zu folgen, zeigt. Die mit einer Hypersekretion verbundenen
Atemstörungen
werden wäh rend
der ganzen Periode P2 notiert. Eines der
Tiere stirbt 4 Stunden nach Intoxikation an Atemnot.
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Bei den Tieren, die cis-Thienylcyclohexylamin
erhalten, stellt man 5 bis 10 Minuten nach intravenöser Injektion
des Produkts einen Stillstand der Klonien oder der tonischklonischen
Krisen sowie ein vollständiges Verschwinden
der Atemstörungen
fest. Die Tiere haben ein regelmäßige Ventilation.
Nach der Komaanfangsphase erlangen die 3 Tiere, die mit cis-Thienylcyclohexylamin
behandelt wurden, ihre Fähigkeiten,
zu beißen, zu
greifen und mit den Augen zu folgen, 2 Stunden bis 2 h 30 nach Intoxikation
wieder. Keines der 3 mit cis-Thienylcyclohexylamin behandelten Tiere
stirbt während
der ersten 5 Stunden, die auf die Injektion von Soman folgen.
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EEG-Aktivität:
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Bei den Tieren, die kein cis-Thienylcyclohexylamin
erhalten, verzeichnet man ein Fortbestehen des Status epilepticus
während
2 h 30 bis 3 Stunden nach Intoxikation. Die EEG-Aktivität nimmt
dann allmählich ab,
und zwar mit a) – einem
Vorherrschen der relativen Energie in den unteren Frequenzen (Delta-Bänder), verbunden
mit b) – einer
Verringerung der relativen Energie in den hohen Frequenzen (Beta-Bänder). Die
Berechnung des EEG-Index während
der Periode P2 zeigt bezüglich der der Injektion von
Soman vorhergehenden Periode eine starke Erhöhung dieses Index, und zwar
gleichzeitig auf den temporalen als auch auf den parietalen Ableitungen.
Diese Indexerhöhung
durch Erhöhung
des relativen Anteils des Delta-Bandes und Abnahme des relativen
Anteils des Beta-Bandes prognostiziert neuropathologische Folgen
(Philipens et al., Pharamcol. Biochem. Behav., 1992, 42, 711–719).
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Bei den Tieren, die cis-Thienylcyclohexylamin
erhalten, verzeichnet man 8 bis 10 Minuten nach intravenöser Injektion
dieses Produkts einen Stillstand des Status epilepticus.
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Die Aufzeichnung hohe Frequenzen/hohe
Energie weicht einer für
cis-Thienylcyclohexylamin charakteristischen Aufzeichnung von langsamen
Wellen (2–4
Hz) während
etwa 1 Stunde. Der EEG-Verlauf kehrt dann allmählich in den Normalzustand
ohne Wiederauftreten von paroxystischer Aktivität zurück. Die Frequenzbandanalyse
in der Periode P2 zeigt eine Verteilung
der EEG-Energie, die mit derjenigen äquivalent ist, die während der
der Intoxikation vorhergehenden Periode aufgezeichnet wird. Der
während
dieser Periode berechnete EEG-Index ist mit dem der Periode vor
Intoxikation identisch.
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Fünf Stunden nach Intoxikation
bis zur Tötung
der Tiere: (3 Wochen nach dem Test)
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Die 2 überlebenden Vergleichstiere
erholen sich sehr langsam, nachdem sie wieder in den Käfig gesetzt
wurden. Eines dieser 2 Tiere stirbt 48 Stunden nach dem Test in
einem Zustand höchster
Erschöpfung (das
Tier war nicht in der Lage, sich zu bewegen und sich allein zu ernähren). Das
einzige überlebende
Tier der Vergleichsreihe zeigt eine voll befriedigende Erholung
von der fünften
Stunde nach Intoxikation an, und zwar mit Augenreflex, Greifen,
Beißen,
Gehen, Klettern und Fressen.
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Bei den 3 mit cis-Thienylcyclohexylamin
behandelten Tieren notiert man eine vollständige klinische Erholung 5
Stunden nach der Intoxikation, mit Ausnahme der Fähigkeit
zu gehen und zu klettern, die bei diesen Tieren erst an dem auf
den Test folgenden Tag wieder in den Normalzustand zurückkehrt.
Keines der 3 mit cis-Thienylcyclohexylamin behandelten Tiere stirbt
während
der 3 Beobachtungswochen und ihre klinische Erholung ist vollkommen
befriedigend.
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Histopathologische Untersuchung
des Gehirns der überlebenden
Tiere:
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Die histopathologische Untersuchung
des Gehirns des einzigen überlebenden
Tiers der Vergleichsgruppe, die nicht mit cis-Thienylcyclohexylamin
behandelt wurde, zeigt neuropathologische Folgen im Hippocampus
und in der frontoparietalen Hirnrinde. Im Hippocampus stellt man
neuronale Depopulationsherde in der pyramidalen Schicht des Bereichs
CA1 sowie eine schwere Beeinträchtigung
der Körnerzellschicht
des gyrus dentatus. Im frontoparietalen Cortex vermerkt man eine
neuronale Verarmung der Schicht II–III.
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Bei den mit cis-Thienylcyclohexylamin
behandelten Tieren stellt man keine pathologische Verletzung fest.
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Zusammenfassung:
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Siehe Tabelle auf der folgenden Seite.
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Schlussfolgerung:
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In dieser zweiten Testreihe, die
unter Bedingungen, die einer realen Situation nahe kommen, durchgeführt wurde,
konnten wir aufzeigen, dass die Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
als Ergänzuung der
selbstinjizierbaren Spritze
- a) – das Überleben
der vergifteten Tiere beträchtlich
erhöht,
- b) – ihre
klinische Erholung begünstigt,
- c) – ihre
EEG-Aktivität
schnell normalisiert,
- d) – das
Auftreten von neuropathologischen Folgen vollständig verhütet.
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Unsere Ergebnisse zeigen also deutlich
den therapeutischen Vorteil, der mit der Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
bei einem schwer vergifteten Patienten verbunden ist, der sich nur
eine einzige Dreikammerspritze hätte
selbst verabreichen können,
und zwar selbst dann, wenn die Verabreichung von cis-Thienylcyclohexylamin
erst 45 Minuten nach der Notbehandlung vorgenommen wird. Formulierung-
Zubereitung
für eine
injizierbare Lösung
von cis-Thienylcyclohexylamin
Lyophilisat
von cis-Thienylcyclohexylamin | 0,5
mg |
Mannit | 25
mg |
Natriumchlorid | 85,5
mg |
Wasser
für injizierbare
Präparate:
qsp | 10,0
ml |
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Die Substanzen, die gegebenenfalls
mit Thienylcyclohexylamin kombiniert sind, werden in ihren Formen
verwendet, die in ihren jeweiligen pharmakologischen Bereichen üblich sind.