Technisches Gebiet
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Diese Erfindung betrifft allgemein die Kontrolle der
Zellzyklus-Progression und sie betrifft spezieller
Zusammensetzungen und Verfahren zum Regulieren der Zellzyklus-Progression,
um eine Tumorentstehung zu unterdrücken.
Stand der Technik
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Es ist anerkannt, daß bei der Entwicklung höherer Organismen,
wie Tieren und Menschen, eine geordnete Zellzyklus-Progression
einen kritischen Faktor darstellt. Aufgrund einer solchen
Progression tritt eine geordnete und systematische
Zelldifferenzierung auf, so daß sich schließlich aus einer einzelnen
undifferenzierten Zelle ein hochgradig strukturierter
Organismus, der verschiedene spezialisierte Gewebe aufweist,
entwickelt. Im allgemeinen ist eine physiologisch normale
Zellzyklus-Progression für den Organismus sehr wichtig, nicht nur
während der Stadien des frühen Wachstums, sondern über das
gesamte Leben des Organismus hinweg. So ist, sogar nachdem der
Organismus Maturität erreicht hat, eine normale
Zyklus-Progression nach wie vor ein sehr wichtiger Aspekt der Gesundheit.
Dies kann beispielsweise klar anhand der Bedeutung einer
korrekten Zellregulation in den blutbildenden und reproduktiven
Organen festgestellt werden.
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Unter bestimmten Umständen fällt eine normale Zellzyklus-
Progression aus, oftmals mit katastrophalen Auswirkungen für
den Organismus. Ein solcher Ausfall wird beispielsweise bei den
verschiedenen Formen von Krebs festgestellt, wo aufgrund einer
ungehemmten und unkontrollierten Progression von Zellen durch
den Zellzyklus, vom Abschluß der Mitose durch die Interphase
und zurück in die Mitose, eine Tumorentstehung in vielen Fällen
ein lebensbedrohendes Ereignis wird. So wird manchmal ein
Versuch einer Einschränkung der unkontrollierten Zellzyklus-
Progression unternommen in einem Bemühen, den Zustand einer
Tumorentstehung zu behandeln oder zu kontrollieren.
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Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden, wo sich eine
Tumorentstehung entwickelt hat, drastische
Behandlungsmaßnahmen, wie Strahlentherapie und Chemotherapie, eingesetzt.
Diese beiden Modalitäten sind sehr teuer und in einigen Fällen
für den Organismus stark schädigend. Beispielsweise kann eine
Chemotherapie den Tod des Patienten verursachen und, wenn eine
Chemotherapie bei der Kontrolle der Tumorentstehung erfolgreich
ist, kann sie nachteilige Langzeitauswirkungen auf den Körper
haben. Eine solche nachteilige Auswirkung kann zu vorzeitigen
Herzproblemen für den Patienten führen. So erzeugen, obwohl
herkömmliche therapeutische Methoden, wie Bestrahlung und
Chemotherapie, einem nützlichen Zweck beim Zerstören bestimmter
unkontrollierter Zellen dienen, diese auch die unerwünschten
Wirkungen einer Zerstörung von nützlichen Zellen und einer
Schwächung von Organsystemen.
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Angesichts des Vorangegangenen wäre es hochgradig
wünschenswert, über Techniken und Zusammensetzungen zum Regulieren einer
unerwünschten Zellprogression, wie bei einer Tumorentstehung,
zu verfügen, während die Zelllebensfähigkeit aufrechterhalten
wird. Zusätzlich wäre es des weiteren sehr hochgradig
wünschenswert, wenn solche Techniken und Zusammensetzungen wenig
oder keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Zelle erzeugen
und die Entwicklung der Tumorentstehung anhalten würden, ohne
irreversible Veränderungen auf der zellulären Ebene zu
verursachen.
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Ein signifikanter Vorteil von solchen neuen Techniken und
Zusammensetzungen wäre im Falle einer Tumorentstehung die
Möglichkeit, eine unerwünschte Zellproliferation zu regulieren
für ausreichend Zeit, daß andere Krebsbehandlungsprozeduren
angewendet werden könnten. Folglich könnte die Anwendung
solcher Techniken die verheerenden Auswirkungen herkömmlicher
Bestrahlungs- und chemotherapeutischer Behandlungen verringern
oder beseitigen, während eine Tumorentstehung angehalten wird.
Folglich würde der Patient Kraft und Vitalität wiedererlangen,
so daß herkömmliche Techniken, wie ein operativer Eingriff, in
sichererer Weise eingesetzt werden könnten.
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Das Retinoblastom (RB)-Gen war als ein Tumorsuppressorgen
bekannt und es war bekannt, daß das Fehlen von RB-Protein
onkogen ist (NATURE 1987, 329 : 642). Die Funktion des RB-
Proteins, Zellproliferation zu begrenzen, war aus WO 91/09114
bekannt. Die therapeutische Verabreichung des RB-Proteins an
Personen, die ein defektes Allel des RB-Gens tragen, war in EP-
A-0 259 031 vorgeschlagen worden. In der WO 89/06703 war die
Behandlung solcher Patienten durch Verabreichen einer
pharmazeutischen Zusammensetzung, die ein Fragment des RB-Proteins
enthält, vorgeschlagen worden.
Offenbarung der Erfindung
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Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Zusammensetzung zur
Kontrolle des Zellzyklus bereitzustellen, um die Progression des
Zellzyklus in lebenden Organismen zu kontrollieren.
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Es ist eine weitere Aufgabe der Erfindung, eine sichere und
wirksame Zusammensetzung bereitzustellen, um die Zellzyklus-
Progression in Organismen reversibel anzuhalten.
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Noch eine weitere Aufgabe der Erfindung ist, eine Technik
bereitzustellen, die in Kombination mit therapeutischen
Methoden verwendet werden kann, um eine Tumorentstehung in
Organismen anzuhalten.
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Die Erfindung betrifft die Verwendung eines C-terminalen
biologisch aktiven Fragments von p100RB von 56 kD für die
Herstellung eines Arzneimittels zur Kontrolle der Zellzyklus-
Progression in einer Zelle, der ein funktionelles
Retinoblastom-Tumor-supprimierendes Gen fehlt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfaßt das C-terminale
Fragment Aminosäure 379 bis Aminosäure 928, wie in Fig. 8
gezeigt.
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In einer bevorzugteren Ausführungsform ist das Arzneimittel für
die Behandlung einer Pathologie bestimmt, die durch eine
Zellzyklus-Progression infolge des Fehlens eines funktionellen
Retinoblastom-Tumor-supprimierenden Gens gekennzeichnet ist.
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Das Arzneimittel kann verwendet werden, um eine Zellzyklus-
Progression in Organismen reversibel anzuhalten, oder kann in
Kombination mit therapeutischen Methoden verwendet werden, um
eine Tumorentstehung in Organismen anzuhalten.
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Darüber hinaus kann das Arzneimittel reversibel die Zellzyklus-
Progression der Zelle verändern, während deren Lebensfähigkeit
aufrechterhalten wird. Es ist festgestellt worden, daß die
Proteinfragmente die unerwartete und überraschende Eigenschaft
aufweisen, bei niedriger Glycerol-Konzentration löslich zu
sein, wodurch deren Wert bei pharmazeutischen Anwendungen
erhöht wird.
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Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Kontrolle der
Zellzyklus-Progression in einer Zelle in vitro, wobei der Zelle
ein funktionelles Retinoblastom-Tumor-supprimierendes Gen
fehlt, wobei das Verfahren die in vitro-Einführung eines C-
terminalen biologisch aktiven Fragments von p110RB von 56 kD in
die zu kontrollierende Zelle während der G-Phase des Zellzyklus
umfaßt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfaßt das C-terminale
Fragment Aminosäure 379 bis Aminosäure 928, wie in Fig. 8
gezeigt.
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Ein Vorteil der Erfindung besteht darin, daß die Zellzyklus-
Progression in einer bequemen und sicheren Weise reversibel
angehalten werden kann, ohne den Organismus zu verletzen. So
kann eine Tumorentstehung beispielsweise kontrolliert werden.
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Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, daß die
Zusammensetzung oder das Arzneimittel, die bzw. das für die
Kontrolle der Zellzyklus-Progression eingesetzt wird, relativ
nicht teuer und leicht erhältlich ist.
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Noch ein weiterer Vorteil der Erfindung ist die Tatsache, daß
das darin eingesetzte Arzneimittel wenig oder keinerlei
toxische Wirkungen auf gesunde Zellen aufweist und in
Verbindungen mit anderen Methoden einer Krebsbehandlung verwendet werden
kann.
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Ein sogar noch weiterer Vorteil der Erfindung ist die Tatsache,
daß die Arzneimittel für eine Verwendung mit den
regulatorischen Therapieplänen verträglich sind und physiologisch mit
anderen Methoden und Vorrichtungen zum Regulieren bestimmter
physiologischer Prozesse des Körpers, wie der
Blutzellenproduktion und Gametenproduktion, verträglich sind.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Die oben erwähnten und andere Gegenstände und Merkmale dieser
Erfindung und die Art und Weise, um diese zu erzielen, werden
ersichtlich und die Erfindung selbst wird am besten verstanden
werden unter Bezugnahme auf die folgende Beschreibung der
Ausführungsform der Erfindung in Verbindung mit den
begleitenden Zeichnungen, in denen:
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Fig. 1 eine SDS-PAGE-Analyse der Konzentration und Reinheit von
für eine Mikroinjektion verwendeten Proteinpräparaten zeigt;
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Fig. 2A-2F Mikrophotographien sind, die eine Mikroinjektion und
eine Immunanfärbung von markierten Saos-2-Zellen zeigen;
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Fig. 3 den Prozentsatz markierter Zellen bis zu vier Tage nach
einer Injektion graphisch darstellt;
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Fig. 4 den Prozentsatz markierter Zellen als eine Funktion der
p56RB-Konzentration graphisch darstellt;
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Fig. 5 graphisch die Auswirkung auf Zellen zeigt, wenn p56RB in
der S-Phase injiziert wird;
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Fig. 6A die Abhängigkeit der Zellzyklusunterbrechung von dem
Zeitraum einer Injektion von p56RB graphisch darstellt;
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Fig. 6B den Zeitpunkt des Einsetzens der S-Phase in Saos-2-
Zellen nach einer Freigabe aus einer Nocodazol-Unterbrechung
in der Mitose graphisch darstellt;
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Fig. 6C SAOS-2-Zellen, denen nach Freigabe aus einer Nocodazol-
Behandlung zugleich p56RB und R oder G injiziert worden ist,
graphisch darstellt;
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Fig. 7 eine Zusammenstellung aus den Fig. 7A, 7B, 7C und 7D
ist, die die Nukleotidsequenz des Retinoblastomgens und die
Aminosäuresequenz des RB-Proteins zeigen;
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Fig. 8 die Aminosäuresequenz des RB-Proteins zeigt;
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Fig. 9 die Nukleotidsequenz des Retinoblastomgens und die
Aminosäuresequenz des RB-Genprodukts zeigt und zusätzlich den
p56RB-Abschnitt des RB-Proteins zeigt; und
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Fig. 10 verschiedene Stadien des Zellzyklus und den Status des
RB-Protein-Zeitpunkts im Zellzyklus graphisch darstellt.
Beste Weise zum Ausführen der Erfindung
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Es ist allgemein anerkannt, daß, nachdem die Mitose einer
somatischen Zelle abgeschlossen ist, am Ende der Telophase die
Zelle in eine Interphase eintritt, die abhängig von
verschiedenen Faktoren von kurzer Dauer sein oder eine lange Zeit
andauern kann. So können beispielsweise nach einer
Zelldifferenzierung und Entwicklung von Nervengewebe die Nervenzellen
eine sehr lange Interphase haben. Herkömmlicherweise kann
angenommen werden, daß die zelluläre Interphase drei Stadien
aufweist: G1, in dem Zellwachstum ohne DNA-Replikation
auftritt, S-Phase, in der eine DNA-Replikation auftritt, und G2,
in dem die DNA-Replikation abgeschlossen ist und die Zelle sich
auf eine Teilung vorbereitet. Wie nachfolgend detaillierter
beschrieben, haben bestimmte Gen-Proteinprodukte oder Fragmente
davon die Fähigkeit, die Progression durch den Zellzyklus zu
kontrollieren, indem sie die Progression reversibel bei G1
stoppen. Gemäß der Erfindung wurde ein C-terminales biologisch
aktives Fragment von p110RB von 56 kD, insbesondere das C-
terminale Fragment, das die Aminosäuren 379 bis 928, wie in
Fig. 8 gezeigt, umfaßt, für die Herstellung eines
Arzneimittels zur Kontrolle der Zellzyklus-Progression in einer
Zelle, der ein funktionelles
Retinoblastom-Tumor-supprimierendes Gen fehlt, und zur Kontrolle der Zellzyklus-Progression in
einer Zelle in vitro, verwendet, wobei die den Zellzyklus
kontrollierenden Zusammensetzungen in Zellen während des
Interphaseabschnitts ihrer Zellzyklen eingeschleust wurden, um
eine reversible Veränderung der Zellzyklus-Progression zu
bewirken, während die Lebensfähigkeit der Zellen beibehalten
wird. Es ist beobachtet worden, daß nach einer bestimmten Zeit,
wenn die Zusammensetzungen in ausreichender Weise innerhalb der
Zelle abgebaut worden sind, der Zellzyklus wieder einsetzt,
wobei die Zelle in Richtung nachfolgender Interphasestadien
fortschreitet.
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Hinsichtlich pathologischer Zustände in einem Organismus, wie
einer Tumorentstehung, tritt in einigen Zellen eine
Manifestation einer unerwünschten Zellzyklusbeschleunigung auf. Wie
vollständiger nachfolgend diskutiert wird, wurden
Krebssuppressorgen-Proteinprodukte, wie das RB-Protein, oder ein
Fragment davon, eingesetzt, um Saos-2-Osteosarcomzellen im G1-
Stadium der Interphase anzuhalten. Es wurde festgestellt, daß
die Verabreichung des Proteins an die Zellen keine toxische
Wirkung auf die Zellen hatte und reversibel war.
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In den nachfolgend diskutierten Beispielen wurde den folgenden
experimentellen Vorgehensweisen gefolgt.
Zellkultur
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Saos-2-Zellen, eine Osteosarcom-Zellinie, wurden von der
American Type Culture Collection erhalten. SR-40, die stabil
exogenes Wildtyp-RB-Protein exprimiert, wurde von Saos-2 durch
Einzelzellklonierung nach einer Infektion mit einem Retrovirus,
das das RB-Gen trägt, abgeleitet. Huang, H.-J. S., Yee, J.-K.,
Shew, J.-Y., Chen, P.-L., Bookstein, R., Friedmann, T., Lee,
E. Y.-H. P. und Lee, W.-H. (1988) Science 242, 1563-1566.
Afrikanische grüne Meerkatze-Nierenzelllinien CV-1 und COS-7
wurden ebenfalls von der American Type Culture Collection
erhalten. COS-7 war von CV-1 durch Transformation mit einem
hinsichtlich des Startpunkts ("origin") defekten SV-40
abgeleitet. Gluzman, Y. (1981) Cell 23, 175-182. Alle Zellen wurden
in Dulbecco's modifiziertem Eagle's-Medium plus 10% fötales
Kälberserum, wie empfohlen, kultiviert.
Synchronisierung von Zellen
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Zellen wurden an der G1/S-Grenze durch Isoleucin-Mangel für 36
Stunden synchronisiert und dann in vollständigem Medium, das
entweder mit Aphidicolin oder Hydroxyharnstoff (beides von
Sigma) ergänzt worden war, zusätzliche 12 bzw. 16 Stunden
inkubiert. Heintz, H. H. und Hamlin, J. L. (1982) Proc. Natl.
Acad. Sci. USA. 79, 4083-4087. Zellen wurden aus der G1/S-
Blockade durch dreimaliges Waschen mit mit Phosphat gepufferter
Kochsalzlösung (PBS) und erneutes Füttern mit vollständigen
Medien freigesetzt. In der Metaphase angehaltene Zellen wurden
nach einer 8- bis 12-stündigen Behandlung mit 0,04 ug/ml
Nocodazol (Sigma), wie zuvor beschrieben, gesammelt. Zieve,
G. W., Turnbull, D., Mullins, J. M. und McIntosh, J. R. (1980)
Nocodazole Exp. Cell Res. 126, 397-405. Um die Ausbeute an
mitotischen Zellen zu erhöhen, wurden Zellen zuerst an der
G1/S-Grenze durch eine 12-stündige Behandlung mit Aphidicolin
angehalten. Sechs Stunden nach der Entfernung von Aphidicolin
wurde dem Medium Nocodazol zugesetzt. Mitotische Zellen wurden
durch sanftes Waschen und Schütteln gesammelt und wurden dann
erneut auf 35 mm-Schalen ausplattiert. Sechs Stunden nach dem
Aussäen wurden die nicht angehefteten Zellen fortgewaschen und
bei den Zellen wurde danach zu verschiedenen Zeitpunkten eine
Injektion vorgenommen.
Proteinpräparation
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p56RB ist die C-terminale Hälfte des RB-Proteins und enthält
beide Regionen, die für eine SV40-T-Antigenbindung essentiell
sind. Es wird in E. coli ausgehend von einem T7-RNA-Polymerase-
Expressionssystem produziert. Huang, S., Lee, W.-H. und Lee,
E. Y.-H. P. (1991) Nature 350, 160-162. pll0 wird in
Insektenzellen durch die rekombinante Baculovirus-Technik produziert.
Wang, N. P., Qian, Y., Chung, A. E., Lee, W.-H. und Lee, E. Y.-
H. P. (1990b) Cell Growth & Differ. L., 429-437. Beide Proteine
wurden bis zur Homogenität durch herkömmliche Chromatographie
gereinigt. Histon H1 und Kaninchen-anti-Ziege-IgG wurden von
Boehringer Mannheim bzw. Vector Laboratories erworben.
Antikörper .495, .47 und R2 wurden in Mikroinjektionspuffer auf
eine ungefähre Konzentration von 1 mg/ml konzentriert. Die T-
Antigen- und p53-Peptide waren das Gechenk von Nicholas Lin.
Diese Antikörper sind in Huang, S., Wang, N.-P., Tseng, B. Y.,
Lee, W.-H. und Lee, E. Y.-H. P. (1990) EMBO J. 9, 1815-1822
beschrieben. Das T-Peptid umfaßt die Aminosäuren 101-118 und
wurde in Mikroinjektionspuffer zu 1 mM oder 5 mM gelöst.
Ludlow, J. W., deCaprio, J. A., Huang, C.-M., Lee, W.-H., Paucha,
E. und Livingston, D. M. (1989) Cell. 56, 57-65. Das mutierte
T-Peptid enthält eine Lysin-gegen-Asparaginsäure-Substitution
und wurde bei 5 mM verwendet. Ludlow, J. W., deCaprio, J. A.,
Huang, C.-M., Lee, W.-H., Paucha, E. und Livingston, D. M.
(1989) Cell 56, 57-65. Das p53-Peptid wurde wird in
Mikroinjektionspuffer zu 5 mM gelöst. Proteinpräparationen mit Ausnahme
des Vollängen-RB-Proteins wurden in einem Injektionspuffer, der
20 mM Tris, pH 7,4, 0,1 mM EDTA, 10 mM KCl, 1 mM
2-Mercaptoethanol und 2% Glycerol enthielt, unter Verwendung des
Centricon 30 micro-concentrator (Amicon) konzentriert. p1410RB
wurde in einem Puffer, der 10% Glycerol enthielt, gehalten, um
eine Aggregation zu verringern.
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Proteinpräparationen wurden durch SDS-PAGE unter Verwendung von
Standardtechniken analysiert. Injektionen wurden direkt an
Zellen, die auf 35 mm-Kulturschalen wuchsen, unter Verwendung
eines Eppendorf-Mikromanipulators und Mikroinjektors mit
femtotip-Kapillarmikropipetten ausgeführt. Der Injektionsdruck
wurde typischerweise zwischen 50 und 100 hPa bei einer
Injektionsdauer von 0,3 - 0,5 s festgelegt. Es wurde geschätzt, daß
die Proteinpräparationen bei einer Injektion ungefähr 20- bis
50-fach verdünnt wurden. Unter Annahme eines typischen
Zellvolumens von 50 bis 100 Pikolitern und einer
p56RB-Konzentration von 0,5-1 mg/ml wurden ungefähr 5-50 Millionen
Moleküle pro Zelle injiziert.
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Nach einer Injektion wurde das Wachstumsmedium mit BrdU
(Amersham) gemäß den Empfehlungen des Herstellers ergänzt. Nach der
passenden Markierungsdauer wurde Medium entfernt und Zellen
wurden 3 · mit PBS gewaschen. Zellen wurden dann durch
Inkubation mit eiskaltem absolutem Methanol 30 min fixiert. Nach
einer Rehydratation durch Waschen mit PBS wurden Proben mit
einem monoklonalen Maus-Antikörper, der gegen BrdU gerichtet
war, (Amersham) eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert. Nach
dreimaligem Waschen mit PBS wurden ein Fluorescein-konjugierter
anti-Maus-Antikörper (Amersham) zugesetzt und die Inkubation
für eine zusätzliche Stunde bei Raumtemperatur fortgesetzt. Der
anti-Maus-Antikörper wurde durch dreimaliges Waschen mit PBS
entfernt und die Proben mit Texas Red-konjugiertem Streptavidin
(Amersham) inkubiert. Das Streptavidin band an das
biotinylierte RαG, das mit allen Proteinpräparationen koinjiziert wurde,
und diente so als ein zytoplasmatischer Marker für Zellen, bei
denen eine Injektion vorgenommen worden war. Nach einem letzten
Waschen wurde eine Lösung, gebildet aus gleichen Volumina von
Glycerol und PBS, zugesetzt und die Proben mit einem Glas-
Deckgläschen bedeckt. Proben wurden unter einem
Fluoreszenzmikroskop mit Texas Red- und Fluorescein-Filtern untersucht.
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Die folgenden Beispiele zeigen die experimentellen Ergebnisse,
die nach Einschleusung von Genprodukt-Proteinen in
Tumorzelllinien erzielt wurden. Es wurde das Vermögen der Proteine oder
Fragmente davon, die Zellzyklus-Progression in G1 anzuhalten,
gezeigt. Zusätzlich zeigen die Beispiele, daß der Effekt der
Blockierung nur auftritt, wenn das Protein während der G-Phase
verabreicht wird, und daß die blockierte Zellzyklus-Progression
durch SV40-T-Antigen aufgehoben werden kann.
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In bestimmten speziellen Beispielen wurde das RB-Genprodukt
verwendet, um die Zellzyklus-Progression anzuhalten, wobei eine
Saos-2-Osteosarcom-Zellinie mit dem RB-Protein oder einem
Fragment davon behandelt wurde. Es wurde entdeckt, daß die
Zellzyklus-Progression in G1 angehalten wurde und daß diese
Progression reversibel ist.
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In den folgenden Beispielen soll, wenn auf das Retinoblastomgen
verwiesen wird, dieses das Gen mit der in den Fig. 7 und 9
gezeigten Nukleotidsequenz bedeuten. Wenn Bezug auf das RB-
Protein (pRB110) genommen wird, ist das Protein mit der in den
Fig. 7, 8 und 9 gezeigten Aminosäuresequenz gemeint. Unter
Bezugnahme auf Fig. 8 ist das verkürzte Proteinfragment, p56RB
veranschaulicht. Zusätzlich ist das p56RB-Fragment in Fig. 9
als beginnend bei Pfeil A und endend bei Pfeil B gezeigt. Unter
weiterer Bezugnahme auf Fig. 9 ist das C-terminale Peptid
veranschaulicht, das bei Aminosäure 917 (Pfeil C) beginnt und
bei Aminosäure 928 (Pfeil B) endet.
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Einzelbuchstaben-Abkürzungen in den Zeichnungen für die
Aminosäurereste sind: A, Alanin; C, Cystein; D, Asparaginsäure; E,
Glutaminsäure; F, Phenylalanin; G, Glycin; H, Histidin; I,
Isoleucin; K, Lysin; L, Leucin; M, Methionin; N, Asparagin; P,
Prolin; Q, Glutamin; R, Arginin; S, Serin; T, Threonin; V,
Valin; W, Tryptophan; und Y, Tyrosin.
BEISPIEL I
Einschleusung von RB-Proteinen in menschliche Osteosarcom-
Saos-2-Zellen durch Mikroinjektion
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Unter Bezugnahme auf Fig. 1 wird jetzt die Konzentration und
Reinheit von Proteinpräparationen, die bei den nachfolgend
diskutierten Mikroinjektionstechniken verwendet wurden,
gezeigt. Die für eine Mikroinjektion verwendeten
Proteinpräparationen wurden durch SDS-PAGE analysiert. Bahn 1: p110RB aus
Insektenzellen, die mit rekombinantem RB-Baculovirus infiziert
worden waren; Bahn 2: biotinylierter Kaninchen-anti-Ziege-
Antikörper; Bahn 3: anti-RB. 495-Antikörper; Bahn 4: anti-RB
R2-Antikörper; Bahn 5 anti-RB. 47-Antikörper; Bahn 6: Histon
H1;
Bahn 7: p56RB aus E. coli. Ein Mikroliter von jeder Probe
wurde auf ein 15%-iges Acrylamidgel aufgeladen. Das Gel wurde
mit Coomassie Brilliant Blue angefärbt. Die Positionen von
Molekulargewichtstandardverbindungen, in Kilodalton, sind
angegeben.
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Zwei Formen von RB-Protein wurden für die
Mikroinjektionsexperimente hergestellt. Wildtyp-p110KB, sowohl
hypophosphorylierte als auch unphosphorylierte Formen, wurden nahezu bis zur
Homogenität aus durch Baculovirus infizierten Insektenzellen
gereinigt. Bei Konzentrationen, die sich 1 mg/ml annäherten,
aggregierte jedoch das Protein zu einer Form, die nicht
injiziert werden konnte. Um dieses Problem teilweise zu
lindern, wurde p110RB gereinigt, gelagert und in Puffern, die 10%
Glycerol enthielten, injiziert. Ein unphosphoryliertes, am
Aminoterminus verkürztes 56 kDa-RB-Protein (p56RB), das eine
intakte T-Antigen-bindende Domäne enthält, wurde in E. coli
exprimiert und nahezu bis zur Homogenität gereinigt. Da p56RB
auf 1 mg/ml konzentriert und in einem Standardpuffer, der 2%
Glycerol enthielt, injiziert werden konnte, wurde es in den
meisten der folgenden Experimente verwendet.
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Die menschliche Osteosarcomzelllinie Saos-2 wurde als
Empfängerzelllinie ausgewählt. Dieser Zelllinie fehlte eine
Expression von Wildtyp-p110RB, sie enthielt aber ein
zytoplasmatisches, am Carboxyterminus verkürztes 95 kDa-Protein, das T-
Antigen nicht binden kann. Saos-2-Zellen reagierten auf eine
exogene Expression von RB, das durch einen
Retrovirus-vermittelten Gentransfer eingeschleust worden war, durch eine
anfängliche Vergrößerung der Zellgröße und einen Verlust von
Tumorigenität in Nacktmäusen. Folglich wurde bestimmt, daß
diese Zellen besonders empfindlich gegenüber einer Injektion
von RB-Protein sein könnten.
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In Fig. 2 sind die Ergebnisse einer Mikroinjektion und einer
Immunanfärbung von Saos-2-Zellen, die mit BrdU markiert worden
waren, gezeigt. Saos-2-Zellen erhielten, wie hier beschrieben,
eine Injektion. Feld A zeigt Zellen, denen p56RB injiziert
worden war, die unverzüglich fixiert und direkt auf RB-Protein
mit Texas Red immunangefärbt worden waren. Feld B enthält
Zellen, die keine Injektion erhalten hatten, die mit BrdU 4 h
markiert und dann fixiert und mit Fluorescein-konjugiertem
anti-BrdU-Antikörper immunangefärbt worden waren. Die Felder
C und D sind ein einzelnes Feld von synchronisierten Zellen,
denen in der frühen G1-Phase p56RB und RαG koinjiziert worden
waren, die 24 h mit BrdU inkubiert, dann fixiert und angefärbt
worden sind. Die mit Texas Red angefärbten Zellen markieren
Zellen, die eine Injektion erhalten hatten, während die mit
Fluorescein angefärbten Zellen Zellen anzeigen, die BrdU
eingebaut haben. Die Felder E und F sind ein einzelnes Feld von
Zellen, denen ebenfalls in der frühen G1-Phase RαG allein
injiziert worden ist.
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Um zu bestimmten, ob die Proteine in den Zellkern transloziert
werden konnten, wurden subkonfluenten, asynchron wachsenden
Saos-2-Zellen zytoplasmatisch p56RB oder p110RB mikroinjiziert
und diese 5 bis 15 min später fixiert. Die Zellen wurden dann
mit Kaninchen-anti-RB-Antikörper .47 und einem Texas
Redkonjugierten anti-Kaninchen-Antikörper immunangefärbt. Eine
Anfärbung wurde hauptsächlich im Zellkern beobachtet (Fig. 2A),
obwohl ein gewisses Ausmaß an Anfärbung im Zytoplasma einiger
Zellen, die eine Injektion erhalten hatten, beobachtet wurde.
Sowohl p110RB- als auch p56RB-Proteine waren in der Lage,
innerhalb von 15 min zu dem Zellkern transportiert zu werden.
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Für nachfolgende Experimente wurden Zellen typischerweise ein
RB-Protein und ein biotinylierter, polyklonaler Kaninchen-anti-
Ziege-Antikörper (RαG), der als zytoplasmatischer Marker für
Zellen, die eine Injektion erhalten hatten, diente,
koinjiziert. Es wurde geschätzt, daß 5-50 Millionen Moleküle RB-
Protein pro Zelle injiziert wurden. Die Anzahl von endogenen
RB-Protein-Molekülen pro Zelle wurde auf ungefähr 1 Million
geschätzt. Folglich stellte das injizierte Protein einen
mindestens 5- bis 50-fachen Überschuß gegenüber endogenen
Konzentrationen dar. Nach einer Injektion wurden die Zellen in
Wachstumsmedien, die Bromdesoxyuridin (BrdU) enthielten,
inkubiert. Zellen, die während des Markierungszeitraums die S-
Phase durchlaufen, werden BrdU in ihre DNA einbauen. Nach
Fixierung wurden Zellen auf BrdU mit einem Fluorescein-
konjugierten Antikörper und auf RcxG mit Texas Red-konjugiertem
Streptavidin immunangefärbt (Fig. 2). Der Prozentsatz von
Zellen, die eine Injektion erhalten hatten und BrdU einbauten,
konnte unter einem Fluoreszenzmikroskop als Bruchteil von Texas
Red-positiven Zellen, die auch Fluorescein-positiv waren,
bestimmt werden.
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Der BrdU-Einbau in asynchron wachsenden Zellen, denen RB
injiziert worden war, war über einen vierstündigen
Markierungszeitraum nur geringfügig geringer als jener von Zellen, die
keine Injektion erhalten hatten, oder von Zellen, denen RαG
allein injiziert worden war (Tabelle 1). Diese Ergebnisse
zeigten, daß die verwendeten RB-Proteinpräparationen nicht
allgemein toxisch für Zellen waren, wie durch ihre fortgesetzte
Lebensfähigkeit, DNA-Einbau und Zellanheftung bestimmt wurde.
BEISPIEL II
RB-Proteine, die in der frühen G1-Phase injiziert werden,
blockieren einen BrdU-Einbau
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Da bei Injektion von RB-Protein nur eine geringfügige Wirkung
auf den BrdU-Einbau beobachtet wurde, sind die Zellen
möglicherweise nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Zellzyklus
gegenüber RB-Protein empfindlich. Die Wirkung von RB-Protein
könnte leichter beobachtet werden, indem synchronisierte Zellen
zu diesem Zeitpunkt eine Injektion erhalten. Zellen wurden
durch Behandlung mit Nocodazol, das Zellen in der Mitose
anhält, synchronisiert und wurden dann freigesetzt und
zusätzliche 6 h inkubiert, zu welchem Zeitpunkt
nicht-anhaftende Zellen entfernt wurden und die verbleibenden Zellen
eine Injektion erhielten. Nach einer 24-stündigen Inkubation
in Gegenwart von BrdU wurden Zellen fixiert und auf BrdU und
RαG angefärbt. Mindestens 80-90% von Zellen, die keine
Injektion erhalten hatten, konnten auf BrdU angefärbt werden.
Zellen, denen p56RB injiziert worden war, waren jedoch nahezu
vollständig daran gehindert, durch die G1- und in die S-Phase
über den Markierungszeitraum fortzuschreiten. In dieser
Hinsicht siehe bitte Tabelle 2 und Fig. 2C und 2D. Eine
ähnliche Hemmung wurde bei Injektion von p110RB beobachtet. Im
Gegensatz dazu waren 60-70% von Zellen, denen Histon und RαG
oder RαG allein injiziert worden war, in der Lage, während des
Markierungszeitraums in die S-Phase einzutreten (Fig. 2E und
2F). Obwohl p110RB den BrdU-Einbau unter diesen Bedingungen
hemmte, waren die Ergebnisse in gewissem Maße variabel. Über
die Zeit neigten p110RB-Präparationen dazu, zu aggregieren, was
zu Schwierigkeiten bei der Injektion führte. Verglichen mit
Präparationen von p110RB war die p56RB-Aktivität sehr
konsistent.
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Um diese Beobachtung auf Zellen, die bereits Wildtyp-p110RB
exprimierten, auszuweiten, wurde p56RB in die Zelllinie SR-40,
die von Saos-2 abgeleitet war und stabil p110RB exprimierte,
injiziert. Die Wirkung der RB-Proteininjektion in der frühen
G1-Phase auf synchronisierte SR-40-Zellen war identisch mit der
Wirkung auf Saos-2-Zellen (Tabelle 2); sehr wenige Zellen,
denen p56RB injiziert worden war, traten im Verlauf des 24-
stündigen Markierungszeitraums in die S-Phase ein. Folglich
interferierte die Anwesenheit von endogenem Wildtyp-p110RB
nicht mit der Wirkung von p56RB auf die Zellzyklus-Progression.
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Um zu bestimmen, wie lange die p56RB-Blockade auf den Eintritt
der S-Phase dauerte, wurde der Markierungszeitraum in Gegenwart
von BrdU von einem Tag auf 2 oder 4 Tage ausgedehnt. Fig. 3
zeigt graphisch die Anzahl von Saos-2-Zellen, die eine
Injektion erhalten hatten und BrdU während des
Markierungszeitraums einbauten. Saos-2-Zellen wurde p56RB und RαG 6-7
Stunden nach Freigabe aus der Nocodazol-Behandlung koinjiziert.
Nach einer Injektion wurden Zellen in Medien, die mit BrdU
ergänzt worden waren, für die angegebene Anzahl von Tagen vor
Fixierung und Anfärbung inkubiert. Der prozentuale Wert zeigt
die Anzahl von Zellen, die eine Injektion erhalten und BrdU
während des Markierungszeitraums eingebaut hatten, an. Die
Werte stehen für mindestens 100 Zellen, die eine Injektion
erhalten hatten. Eine Hemmung der Zellzyklus-Progression wurde
noch nach 2 Tagen Inkubation mit BrdU vor Fixierung und
Anfärbung beobachtet. Vier Tage nach einer Injektion waren
jedoch 80% der Zellen, denen p56RB injiziert worden war, in der
Lage, BrdU einzubauen. Diese Beobachtungen zeigten, daß die
Blockade der Zellzyklus-Progression durch RB-Protein reversibel
war und zwischen 2 und 4 Tage andauerte.
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Die Dosisabhängigkeit der p56RB-Wirkung wurde ebenfalls
gemessen. Verdünnte Aliquots von p56RB wurden synchron
wachsenden Zellen in der frühen G1-Phase injiziert. Fig. 4 zeigt
graphisch die Abhängigkeit des Stehenbleibens des Zellzyklus
von der p56RB-Dosis. Saos-2-Zellen wurden 6-8 Stunden nach
einer Freigabe aus einer Nocodazol-Behandlung die angegebenen
Konzentrationen von pSG und 1 mg/ml RαG koinjiziert. Nach 24-
stündiger Inkubation in Wachstumsmedium mit BrdU wurden Zellen
fixiert und auf BrdU und RαG angefärbt. Das Histogramm zeigt
den Prozentsatz von Zellen, die eine Injektion erhalten und
BrdU eingebaut hatten. Jeder Wert steht für mindestens 150
Zellen, die eine Injektion erhalten hatten. Wie in Fig. 4
gezeigt, verringerte eine 5-fache Verdünnung von p56RB
gegenüber der ursprünglichen Konzentration die inhibitorische
Aktivität, während Aliquots, die bis zu 2-fach verdünnt worden
waren, nach wie vor die inhibitorische Wirkung beibehielten.
Dementsprechend war die Blockierung des Eintritts in die S-
Phase durch p56RB von der injizierten Proteinmenge abhängig.
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Der Schwellenwert für eine Blockierung des BrdU-Einbaus lag
zwischen 0,2 und 0,5 mg/ml injiziertes p56RB.
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Um zu zeigen, daß die Hemmung des Eintritts in die S-Phase
durch RB-Protein verursacht worden war, versuchten wir, die
Blockade mit Reagenzien, die spezifisch an p56RB banden, zu
mildern. Das p56RB wurde mit 1 mg/ml-Lösungen von polyklonalen
Kaninchen-Antikörpern .495, .47 oder R2 gemischt (Fig. 1).
Diese Antikörper wurden gegen einzigartige RB-Fusionsproteine
erzeugt und erkannten p56RB auf Western-Blots (31, 49, 56).
Eine Injektion der Mischung von p56RB und .495 resultierte in
einem BrdU-Einbau in ungefähr 30% der Zellen, die eine
Injektion erhalten hatten, im Vergleich zu einem nahezu
vollständigen Fehlen eines Einbaus in Zellen, denen P56RB
allein injiziert worden war (Tabelle 2). Zellen, denen p56RB
und Antikörper .47 koinjiziert worden war, bauten BrdU zu
ungefähr 16% der Zeit ein. Eine Koinjektion von PSG und
Antikörper R2 zeigte ebenfalls eine verringerte inhibitorische
Aktivität, obwohl der Effekt nicht so dramatisch wie bei den
Antikörpern .47 oder .495 war. Da Antikörper, die RB-Protein
binden, die inhibitorische Wirkung von p56RB verringerten, war
die Blockade auf den BrdU-Einbau spezifisch auf RB-Protein
zurückzuführen.
BEISPIEL III
Der BrdU-Einbau wird durch p56RB nicht gehemmt, wenn dieses
in der S-Phase injiziert wird
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Das Fehlen eines BrdU-Einbaus, das nach einer Injektion von RB-
Protein in der frühen G1-Phase beobachtet wurde, könnte durch
eine Hemmung der DNA-Synthese erklärt werden. Um dies zu
untersuchen, wurden Saos-2-Zellen in der frühen S-Phase durch
Behandlung mit Aphidicolin angehalten und dann wurde diesen
p56RB injiziert. Wie in Fig. 5 graphisch gezeigt, wird ein
BrdU-Einbau durch p56RB nicht gehemmt, wenn dieses in der S-
Phase injiziert wird. Saos-2-Zellen wurden bei G1/S durch
Behandlung mit Hydroxyharnstoff oder Aphidicolin angehalten und
erhielten dann eine Injektion.
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Nach einer Injektion wurden Zellen aus der Blockade freigegeben
und mit BrdU 6-8 Stunden (Hydroxyharnstoff) oder 4-6 Stunden
(Aphidicolin) inkubiert, zu welchem Zeitpunkt die Zellen
fixiert und angefärbt wurden. Zellen wurden ebenfalls in der
Mitose durch Behandlung mit Nocodazol angehalten. Nach einer
Freigabe wurden Zellen gesammelt und erhielten ungefähr 6 h
später eine Injektion. Nach einer Injektion wurden Zellen mit
BrdU 24 h inkubiert und dann fixiert und angefärbt.
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Die für eine Injektion verwendeten Proteinpräparationen sind
angegeben. Es ist der Prozentsatz von Zellen, die eine
Injektion erhalten hatten und nach dem jeweiligen
Markierungszeitraum eine Anfärbung auf BrdU zeigten, gezeigt. Nach einer
Injektion wurden Zellen aus einer Aphidicolin-Behandlung
freigegeben und mit BrdU 4-6 h inkubiert, fixiert und auf BrdU
und RαG, wie beschrieben, immunangefärbt. Im Gegensatz zu
Zellen, die eine Injektion in der frühen G1-Phase erhalten
hatten, färbten ungefähr 60% von Zellen, denen p56RB injiziert
worden war und die mittels Aphidicolin angehalten worden waren,
positiv hinsichtlich eines BrdU-Einbaus an. Der Prozentsatz von
Zellen, die in die S-Phase eintreten, und die Intensität der
BrdU-Anfärbung war ähnlich zu Zellen, denen Histon und RαG oder
RαG allein injiziert worden war. Um eine Kontrolle hinsichtlich
einer jeglichen möglichen Lag-Phase der Funktion von RB-Protein
nach einer Injektion auszuführen, wurden mittels Aphidicolin
angehaltene Zellen, denen p56RB injiziert worden war,
zusätzliche 6 Stunden vor einer Freigabe und Markierung mit BrdU
inkubiert. Trotz einer etwas geringeren Intensität der BrdU-
Anfärbung, die wahrscheinlich durch die verlängerte Inkubation
mit Aphidicolin selbst verursacht worden war, war der
Prozentsatz von Zellen, denen p56RB injiziert worden war und die BrdU
einbauten, vergleichbar mit jenem von Zellen, denen RαG allein
injiziert worden war.
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Ähnliche Experimente wurden ausgeführt, indem Zellen mit
Hydroxyharnstoff anstelle von Aphidicolin angehalten wurden.
Hydroxyharnstoff hält Zellen nahe der G1/S-Grenze an einem
Punkt, der von der durch Aphidicolin verursachten Unterbrechung
verschieden ist, an. Saos-2-Zellen wurden nahe G1/S durch
Behandlung mit Hydroxyharnstoff angehalten und dann wurde
diesen p56RB injiziert. Nach der Injektion wurden Zellen aus
der Hydroxyharnstoff-Behandlung freigegeben und 6 bis 8 Stunden
mit BrdU markiert. Wieder hatte eine Injektion von p56RB keine
nachweisbare inhibitorische Wirkung auf den BrdU-Einbau (Fig.
5). Der Prozentsatz von Zellen, die DNA synthetisierten, war
der gleiche unabhängig davon, ob p56RB und RαG, Histon und RαG
oder RαG allein injiziert wurden.
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Die Ergebnisse waren konsistent mit Beobachtungen von asynchron
wachsenden Zellen, denen RB-Protein injiziert worden war, und
implizierten, daß die DNA-Synthese per se durch p56RB nicht
signifikant blockiert wurde. Dementsprechend konnte eine
Hemmung der DNA-Synthese das vollständige Fehlen eines BrdU-
Einbaus, das bei einer Injektion von p56RB in synchronisierte
Zellen in der frühen G1-Phase festgestellt wird, nicht
erklären.
BEISPIEL IV
RB-Protein blockiert die Progression durch die G1-Phase an
einem speziellen Punkt
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Angesichts der Ergebnisse der obigen Experimente mußte die
inhibitorische Wirkung von p56RB auf eine Blockade bei der
Progression durch die G1-Phase beruht haben. Um die Position
dieser Unterbrechung innerhalb der G1-Phase zu definieren,
wurde zuerst eine sorgfältige Kalibrierung des Zeitpunkts des
Einsetzens der S-Phase im Zellzyklus von Saos-2-Zellen
bestimmt. Die Fig. 6A, 6B und 6DC zeigen graphisch die
Abhängigkeit der Zellzyklusunterbrechung von dem Zeitraum der
Injektion für p56RB. Hinsichtlich Fig. 6A wurden Saos-2-Zellen
in der Mitose durch Behandlung mit Nocodazol angehalten. Nach
Freigabe aus dieser Unterbrechung wurden die Zellen für die
angegebene Anzahl von Stunden in Gegenwart von BrdU inkubiert,
dann fixiert und mit einem anti-BrdU-Antikörper angefärbt. Das
Histogramm zeigt den Prozentsatz von gezählten Zellen, die eine
Anfärbung auf BrdU zeigten. Jeder Wert steht für mindestens 200
Zellen.
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Wie in Fig. 6A gezeigt, begannen Zellen, die keine Injektion
erhalten hatten, sich ungefähr 20 h nach der Freigabe auf BrdU
anzufärben. Nach 30 h hatten praktisch 80 bis 90 Prozent der
Zellen BrdU eingebaut. Darauf beruhend wurde dann ein
Zeitverlaufsexperiment, in dem mit Nocodazol behandelten Zellen p56RB
zu verschiedenen Zeitpunkten nach einer Freigabe aus der
Unterbrechung injiziert wurde, ausgeführt. Fig. 6B zeigt den
Zeitpunkt des Einsetzens der S-Phase in Saos-2-Zellen in
Stunden nach einer Freigabe aus einer mittels Nocodazol
verursachten Unterbrechung in der Mitose an. Die Länge der G1-
Phase beträgt ungefähr 22 bis 24 h. Die Länge der S-Phase
beträgt ungefähr 7 bis 8 h. Die Länge der G2-Phase wurde nicht
genau bestimmt. Die Pfeile zeigen die Zeitpunkte der Injektion,
die für das in 6C beschriebene Experiment verwendet werden, an.
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Hinsichtlich Fig. 6C wurde Saos-2-Zellen 1 mg/ml p56RB und RαG
zu den angegebenen Zeitpunkten in Stunden nach einer Freigabe
aus einer Nocodazol-Behandlung koinjiziert. Nach der Injektion
wurde die Inkubation in Wachstumsmedium mit BrdU bis 30 Stunden
nach der ursprünglichen Freigabe von Nocodazol fortgesetzt.
Nach der BrdU-Markierung wurden Zellen fixiert und auf BrdU und
RαG angefärbt. Das Histogramm zeigt den Prozentsatz von Zellen,
denen p56RB injiziert worden war und die BrdU einbauten. Jeder
Wert steht für mindestens 200 Zellen, die eine Injektion
erhalten hatten.
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Sehr wenige Zellen traten 30 Stunden nach einer Freigabe in die
S-Phase ein, wenn ihnen p56RB 5-10 Stunden nach einer Freigabe
von Nocodazol injiziert wurde (Fig. 6C). Eine signifikante
Anzahl von Zellen baute BrdU ein, wenn diesen p56RB 14-16
Stunden nach der Unterbrechung injiziert wurde. Bei einer
Injektion 17-19 Stunden nach der Freigabe hatte p56RB keine
nachweisbare inhibitorische Wirkung auf den Eintritt in die S-
Phase.
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Vorausgesetzt, daß die S-Phase zwischen 22 und 24 Stunden nach
der Freigabe von Nocodazol begann, legten die Ergebnisse nahe,
daß Zellen für die inhibitorische Wirkung von injiziertem RB-
Protein ungefähr 6-10 Stunden vor dem G1/S-Übergang refraktär
wurden. Dies bestätigte die Annahme, daß die inhibitorische
Wirkung von RB-Protein auf den Zellzyklus auf einer Blockade
bei der Progression durch die G1-Phase anstatt einer Blockade
der DNA-Synthese selbst beruhte. Darüber hinaus implizierten
die Beobachtungen, daß RB zu einem speziellen relativ frühen
Zeitpunkt innerhalb der G1-Phase wirksam sein könnte.
BEISPIEL V
SV40-T-Antigen hebt die blockierte Zellzyklus-Prodression
durch p56 RB auf.
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Als ein Test der Hypothese, daß SV40-T-Antigen RB-Protein bei
einem Binden funktionell inaktivieren kann, verglichen wir die
Wirkung einer p56RB-Injektion auf die G1-Progression in
Gegenwart oder Abwesenheit von T-Antigen. Eine T-Peptid-Lösung
von 1 mM, die in der Lage war, an p56 zu binden, wurde mit
einem gleichen Volumen p56RB gemischt und in synchronisierte
Zellen in der frühen G1-Phase injiziert. Bei dieser
Konzentration lag das Peptid in einem 100- bis 200-fachen molaren
Überschuß gegenüber dem RB-Protein vor. Ungefähr 28% der
synchronisierten Zellen, denen die p56RB/T-Peptid-Mischung
injiziert worden war, traten während des Markierungszeitraums
in die S-Phase ein (Tabelle 3). Wenn die T-Peptid-Konzentration
auf 5 mM oder einen 500- bis 1000-fachen molaren Überschuß
erhöht wurde, konnten ungefähr 70% der Zellen, die eine
Injektion erhalten hatten, BrdU einbauen. Im Gegensatz dazu
schritt fast keine der Zellen nach einer Injektion von p56RB
und einem 500- bis 1000-fachen molaren Überschuß eines
carboxyterminalen p53-Peptids, das p56RB nicht band, in die S-
Phase weiter.
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Es wurden auch die Auswirkungen einer Injektion von p56RB auf
die afrikanische grüne Meerkatze-Nierenzelllinien CV-1 und COS-
7 verglichen. COS-7-Zellen wurden gewählt, da sie von CV-1-
Zellen durch Transformation mit einer hinsichtlich des
Startpunkts ("origin") defekten SV-40-Mutante abgeleitet worden
waren und sie eine hohe Konzentration von T-Antigen
exprimierten. Dementsprechend können sie als ein gutes System zum
Untersuchen der Auswirkung, sofern es eine solche gibt, der
Anwesenheit von endogenem T-Antigen auf die Aktivität des
injizierten RB-Proteins dienen. Der Prozentsatz von
synchronisierten CV-1-Zellen, denen p56RB in der frühen G1-Phase
injiziert wurde und die BrdU einbauten, war mindestens 5-mal
geringer als von Zellen, denen RαG allein injiziert worden war
(Tabelle 3). Synchronisierte COS-7-Zellen wurden jedoch an
einem Fortschreiten in die S-Phase überhaupt nicht gehindert.
Diese Ergebnisse zeigten, daß die Anwesenheit von endogenem T-
Antigen oder eine Koinjektion mit einem T-Antigen-Peptid die
inhibitorische Aktivität von RB-Protein neutralisieren konnten.
So können die Fachleute auf diesem Gebiet dieses System nutzen,
um RB-Proteinfragmente zu screenen, um jene Fragmente zu
identifizieren, die in der Lage sind, die
Zellzyklus-Progression zu blockieren, indem der Prozentsatz von CV-1- zu COS-7-
Zellen, die in Gegenwart des RB-Proteinfragments in die S-Phase
eintreten, verglichen wird.
-
Die vorangegangenen Ergebnisse liefern einen leistungsfähigen
Nachweis, der anzeigt, daß RB-Protein wirken kann, indem es die
Progression durch den Zellzyklus hemmt. Eine Injektion von
p56RB hemmt die DNA-Synthese per se nicht in nachweisbarer
Weise, da mittels Aphidicolin oder Hydroxyharnstoff angehaltene
Zellen nicht betroffen sind, sondern blockiert vielmehr eine
Progression durch die G1-Phase. Diese Inhibition der Zyklus-
Progression ist dosisabhängig, beruht nicht auf einer
allgemeinen Toxizität für die Zellen und ist spezifisch für das
RB-Protein, da Antikörper, die spezifisch an p56RB binden,
dessen Aktivität attenuieren können. Die im Zellzyklus
befindliche Zelle ist bis grob 6-10 Stunden vor dem Einsetzen
der DNA-Replikation gegenüber einer RB-Protein-Inhibition
empfindlich; nach diesem Zeitpunkt inhibiert exogen zugesetztes
p56RB nicht länger eine Progression in die S-Phase. Unter der
Annahme, daß es eine kleine Lag-Phase zwischen der p56RB-
Injektion und dessen Auftreten in einer aktiven Form im
Zellkern gibt, kann geschlossen werden, daß RB-Protein die
Progression zu der S-Phase an einem kritischen Punkt in der G1-
Phase hemmt. Das 6-10-stündige Zeitfenster vor der DNA-Synthese
könnte analog zu dem Zeitraum nach dem G1-Restriktionspunkt,
einem Punkt einer irreversiblen Festlegung auf die S-Phase in
den Säugetier-Zelllinien 47, sein.
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Das definierte Zeitfenster entspricht möglicherweise nicht
genau dem Zeitpunkt, wo das RB-Protein unter normalen
physiologischen Bedingungen wirksam wird. Der Zeitraum, der benötigt
wird, daß injiziertes p110RB oder p56RB in einer aktiven
Konfiguration und/oder an einem aktiven Ort erscheint, ist
nicht klar. Jedoch werden RB-Proteine zum Zellkern innerhalb
von 15 min nach einer Injektion ins Zytoplasma transportiert
und eine fortgesetzte Inkubation von Zellen, denen p56RB
injiziert worden ist, mit Aphidicolin für mehrere Stunden vor
Freigabe und Markierung verringert den Prozentsatz von Zellen,
die BrdU einbauen, nicht. Diese Beobachtungen legen nahe, daß
die Zeitdauer, die benötigt wird, daß RB-Protein nach einer
Injektion funktionsfähig wird, kurz sein könnte.
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Es ist angenommen worden, daß der Übergang von einer aktiven
Form von p110RB zu einer inaktiven Form an der G1/S-Grenze
auftritt, da das Protein zu diesem Zeitpunkt eine intensive
Phosphorylierung durchläuft. Jedoch ist aufgrund des
Vorangegangenen ein früherer Zeitpunkt, der für die
p56RB-Aktivität kritisch zu sein scheint, definiert worden. So könnte RB
an einer regulatorischen Entscheidung, die die Zelle zu einem
Zeitpunkt ungefähr 6-10 Stunden vor dem G1/S-Übergang trifft,
beteiligt sein. Das RB-Protein kann sowohl in vivo als auch in
vitro an mehreren Stellen phosphoryliert werden; jedoch ist es
noch nicht klar, welche Phosphorylierungsstellen für die RB-
Funktion von Bedeutung sind. Eine subtile Zunahme der
Phosphorylierung von p110RB während der G1-Phase kann für den Übergang
der Zellen von einem RB-responsiven zu einem nicht-responsiven
Zustand verantwortlich sein. Ein gewisses Ausmaß an
Phosphorylierung von p110RB ist in der G1-Phase beobachtet worden,
obwohl dies auf unvollständig synchronisierten Zellen beruht
haben könnte.
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Die carboxyterminalen 56 Kilodalton von RB sind ausreichend,
um die Progression durch die G1-Phase zu hemmen. Dies zeigt an,
daß die carboxyterminale Hälfte von p110RB tatsächlich eine
funktionelle Domäne in Hinblick auf dessen Wirkung auf den
Zellzyklus ist. Der carboxyterminalen Hälfte von p110RB sind
zwei biochemische Aktivitäten zugeschrieben worden. DNA-Bindung
und Protein-Bindung. Beruhend auf bislang vorliegenden
Erkenntnissen ist die Sequenzspezifität einer RB-Bindung an DNA
niedrig; obwohl RB mit geringfügig höherer Affinität an DNA mit
einem hohen G/C-Gehalt bindet, ist keine spezielle Sequenz
stark bevorzugt. Andererseits ist Spezifität bei einer Bindung
von RB an Proteine beobachtet worden. Die transformierenden
Proteine mehrerer transformierender DNA-Viren wie auch eine
Untergruppe von zellulären Proteinen binden an die gleiche
Domäne von p110RB und können dementsprechend miteinander um
eine RB-Proteinbindung konkurrieren. Dieser Bereich befindet
sich da, wo die Hauptanzahl von natürlich vorkommenden
inaktivierenden Mutationen von RB lokalisiert ist. Es erscheint
somit wahrscheinlich, daß die Blockade auf die Progression der
G1-Phase durch RB-Protein von spezifischen Protein-Protein-
Wechselwirkungen abhängig ist.
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Ein Mischen von p56RB mit einem von T-Antigen abgeleiteten
Peptid, das p56RB binden kann, eliminiert dessen inhibitorische
Konsequenzen. Eine Koinjektion von p56RB mit einem T-Peptid,
das eine einzelne Aminosäuresubstitution enthält, in einem 500-
bis 1000-fachen molaren Überschuß kann ebenfalls in einem
gewissen Ausmaß die Blockade auf die Zellzyklus-Progression
lindern. Obwohl die Aminosäuresubstitution dessen Affinität für
RB-Protein in vitro verringert, kann dieses mutierte T-Peptid
nach wie vor p56RB in vivo binden, wenn es in enormem molarem
Überschuß vorliegt. Im Gegensatz dazu hatte die Injektion eines
vollständig irrelevanten p53-Peptids keine Auswirkung auf die
inhibitorische Aktivität von RB-Protein, was folglich die
Spezifität der Wechselwirkung, die zwischen RB-Protein und T-
Antigen-Peptid beobachtet wird, substantiierte. CV-1-Zellen,
denen in der frühen G1-Phase p56RB injiziert wird, werden vor
der S-Phase angehalten, während jedoch COS-7-Zellen, die hohe
Konzentrationen von T-Antigen exprimieren, nicht angehalten
werden. Zusammengenommen zeigen diese Beobachtungen, daß eine
T-Antigen-Bindung tatsächlichfunktionelle Konsequenzen für RB-
Protein hat. Da das injizierte p56RB unphosphoryliert ist, sind
die Testergebnisse konsistent mit der Hypothese, daß die aktive
Form von RB-Protein in Hinblick auf dessen Inhibiton der
Zellproliferation die unphosphorylierte Form ist.
Dementsprechend könnten die transformierenden Proteine von einigen
DNA-Tumorviren, einschließlich SV40-T-Antigen und Adenovirus-
EIA, Zellwachstum zumindest teilweise durch Binden und
Inaktivieren von unterphosphoryliertem p110RB fördern. Die
Immortalisierung von Zellen und das induzierte Entkommen aus
der Quieszenz bei Expression dieser transformierenden Proteine
sind Phänotypen, die mit einer Deregulation des Zellzyklus
konsistent sind.
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Vorausgesetzt, daß die carboxyterminale Hälfte von p110RB
biologisch aktiv ist, bleibt die Frage hinsichtlich der
Funktion der aminoterminalen Hälfte des Proteins. Sequenzen
innerhalb dieses Bereichs könnten für die korrekte
Phosphorylierung von p110RB erforderlich sein. In Mäusezellen werden
Polypeptide, die ähnlich zu p56RB sind, nicht
hyperphosphoryliert. Auch liegen mehrere Consensus-Stellen für die
cdc2/MPF-Kinase innerhalb dieses Bereichs vor. Es folgt, daß
die aminoterminale Hälfte von p110RB eine regulatorische Domäne
enthalten könnte, die RB-Funktion modulieren kann. Eine Lösung
der p56RB-Blockade auf die G1-Progression tritt erst 3-4 Tage
nach einer Injektion auf; diese langwierige Unterbrechungsdauer
kann auf der Unfähigkeit der Zelle, RB-Protein in einer
normalen Weise zu regulieren, oder auf die relativ große
injizierte Menge von RB-Protein zurückzuführen sein. Ein
Vergleich der Aktivität unterschiedlicher RB-Proteine mit
Mutationen an Phosphorylierungsstellen in diesem Assay würde
dazu beitragen, diese Problematik zu klären. Wenn p56RB
konstitutiv aktiv ist, würde erwartet werden, daß Mutationen,
die solche Polypeptide erzeugen, die Zellproliferation hemmen
und folglich Zellen einem Selektionsnachteil aussetzen würden.
Dies könnte das Fehlen von natürlich vorkommenden Mutanten
innerhalb der aminoterminalen Hälfte von RB erklären.
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Die hier beschriebenen Ergebnisse zeigen an, daß RB an der
Kontrolle der Zellzyklus-Progression teilnimmt, indem es an
einem Kontrollpunkt innerhalb der G1-Phase wirkt. Dieser Punkt
liegt signifikant früher als die beobachtete
Hyperphosphorylierung von p110RB, wenn Zellen in die S-Phase eintreten. So
ist es sinnvoll, ein Modell vorzuschlagen, das die
Testergebnisse wie auch andere bekannte Eigenschaften von ph110RB
integriert (Fig. 10). Da gezeigt worden ist, daß RB sich mit
mehreren zellulären Proteinen assoziiert und die Protein-
bindenden Domänen von RB ausreichend sind, um die Zellzyklus-
Progression zu blockieren, erscheint es überaus wahrscheinlich,
daß die Bindung von zellulären Proteinen für die beobachtete
RB-Funktion kritisch ist. Das Modell legt nahe, daß RB an der
Regulation des Zellzyklus teilnimmt, indem es zelluläre
Proteine, die für eine DNA-Synthese und/oder die Zyklus-
Progression zu einem bestimmten Zeitabschnitt während der G1-
Phase entscheidend sind, maskiert. Es wird die Hypothese
aufgestellt, daß eine Inaktivierung von p110RB durch Mutation,
durch Phosphorylierung an Schlüsselstellen oder durch Binden
mit transformierenden Proteinen diese zellulären Proteine
freisetzt, was es diesen erlaubt, Funktionen bereitzustellen,
die für eine Fortsetzung des Zellzyklus notwendig sind. Legen
sich Zellen einmal auf eine Fortsetzung des Zellzyklus durch
Freisetzung dieser Proteine fest, kann p110RB deren Funktion
nicht länger wirksam hemmen, und dementsprechend wird die
Blockade auf die Zellzyklus-Progression aufgehoben.
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Eine subnukleäre Lokalisierung von RB kann für dessen
Fähigkeit, andere Proteine in einer inaktiven Form zu maskieren,
entscheidend sein. RB-Protein segregiert mit zellulären
Replikationsproteinen an Stellen einer Herpes-Virus-DNA-
Replikation bei einer Infektion, eine Situation, wo eine
normale Regulation des Zellzyklus untergraben wird. In G1 ist
die unterphosphorylierte Form von p110RB eng mit einem
bestimmten nukleären Schauplatz assoziiert. Gereinigtes p110RB neigt
auch dazu, zu polymerisieren, was vielleicht die
Schwierigkeiten erklärt, dessen Löslichkeit bei hohen Konzentrationen
aufrechtzuerhalten, und weist beschränkte Homologie zu einer
bestimmten Klasse von intermediären Filamentproteinen auf.
Diese Beobachtungen legen nahe, daß p110RB zu irgendeiner
strukturellen Komponente des Zellkerns beitragen könnte und daß
eine Assoziation von p110RB mit dieser Komponente für dessen
Inhibition der Zellzyklus-Progression notwendig ist. Die
Hyperphosphorylierung würde p110RB mutmaßlich aus seiner
subnukleären Lage befreien, was es RB erlauben würde,
irgendeine andere Funktion bereitzustellen oder seine Fähigkeit zu
erneuern, andere Proteine während des nachfolgenden Zellzyklus
zu maskieren. Das Modell sagt voraus, daß eine Regulation der
RB-Aktivität erzielt werden könnte, indem dessen nukleäre Lage
und/oder die zellulären Proteine, an die es bindet,
spezifiziert werden.
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Die biologische Konsequenz eines vollständigen Verlusts von RB-
Funktion ist die Erzeugung eines Retinoblastoms und vielleicht
von einigen anderen Tumoren. Eine Beteiligung von RB am
Zellzyklus liefert ein Mittel, um dieses Phänomen zu erklären.
RB könnte wirken, indem es die Progression durch die G1-Phase
anhält, bis die Zelle korrekte Signale für eine Festlegung auf
eine Fortsetzung des Zellzyklus erhält. Folglich könnte ein
Verlust von RB-Funktion zu Tumorentstehung in unterschiedlichen
Geweben beitragen, indem er eine unplanmäßige Zellproliferation
ermöglicht.
-
Angesichts des Vorangegangenen kann festgestellt werden, daß
das RB-Genprodukt ein nukleäres Phosphoprotein ist, das
Veränderungen im Phosphorylierungsstatus synchron mit dem
Zellzyklus durchläuft. Um zu untersuchen, ob RB die Zellzyklus-
Progression reguliert, wurden gereinigte RB-Proteine, entweder
in voller Länge oder eine verkürzte Form, die den T-Antigen
bindenden Bereich enthält, in Zellen injiziert und die
Auswirkung auf den Eintritt in die S-Phase bestimmt.
Synchronisierte Zellen, denen frühzeitig in der G1-Phase eines
dieser Proteine injiziert wurde, sind an einer Progression in
die S-Phase gehindert. Diese Wirkung wird durch Koinjektion von
Antikörpern, die gegen RB gerichtet sind, antagonisiert. Eine
Injektion von RB-Protein in Zellen, die an der B1/S-Grenze
angehalten worden sind, oder 6-10 Stunden vor dem Ende von G1
hat keine Auswirkung auf den BrdU-Einbau, was nahelegt, daß RB-
Protein offensichtlich die DNA-Synthese in der S-Phase nicht
stört. Diese Ergebnisse liefern einen direkten Nachweis, daß
RB die Zellproliferation regulieren könnte, indem es die
Zellzyklus-Progression an einem speziellen Punkt in G1
beschränkt, und sie etablieren auch einen biologischen Assay
für die Aktivität von RB-Protein. Eine Koinjektion von RB-
Protein mit einem T-Antigen-Peptid oder eine Injektion in
Zellen, die T-Antigen exprimieren, hindert Zellen nicht an
einer Progression in die S-Phase. Dieses Experiment
substantiiert die Hypothese, daß eine T-Antigen-Bindung
funktionelle Konsequenzen für das RB-Protein hat.
Tabelle 1. Mikroinjektion bei asynchron wachsenden Zellen
-
a Die Gesamtzahl von Zellen mit einer Injektion (Texas Red-positiv), gezählt aus mindestens fünf
unabhängigen Experimenten mit Ausnahme der Histon-Injektion, die ein Experiment
repräsentiert.
-
b Die Anzahl von Zellen mit einer Injektion, die BrdU einbauten, wie nachgewiesen durch
gleichförmige Anfärbung mit einem Fluorescein-konjugierten anti-BrdU-Antikörper. Zellen
wurden in Wachstumsmedien mit BrdU 4 h vor einer Anfärbung inkubiert.
Tabelle 2. Mikroinjektion bei synchron wachsenden Zellen in der frühen G1-Phase
-
a Die Gesamtzahl von Zellen mit einer Injektion (Texas Red-positiv), gezählt aus mindestens drei
unabhängigen Experimenten.
-
b Die Anzahl von Zellen mit einer Injektion, die BrdU einbauten, wie nachgewiesen durch
gleichförmige Anfärbung mit einem Fluorescein-konjugierten anti-BrdU-Antikörper. Zellen
wurden in Wachstumsmedien mit BrdU 24 Stunden nach einer Injektion und vor einer
Anfärbung inkubiert.
-
c Injektionen wurden in einem Puffer, der 10% Glycerol enthielt, ausgeführt
-
d p56RB wurde in diesen Experimenten in einer Konzentration von ungefähr 0,3-0,5 mg/ml
anstelle von 1 mg/ml injiziert.
Tabelle 3. SV40-T-Antigen hebt die Blockade auf die G1-Progression durch p56RB auf.
-
a Alle Proteine wurden in Konzentrationen von ungefähr 1 mg/ml mit Ausnahme von p56RB in Saos-
2-Zellen, das in ungefähr 0,3-0,5 mg/ml injiziert wurde, injiziert.
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b Zelllinien erhielten eine Mikroinjektion 6-8 Stunden nach Freigabe aus einer Nocodazol-
Behandlung. Es ist die Gesamtzahl von Zellen mit Injektion (Texas Red-positiv) angegeben.
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c Zellen wurden in Wachstumsmedien mit BrdU 24 Stunden nach einer Injektion und vor einer
Anfärbung inkubiert.
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Obwohl besondere Ausführungsformen der Erfindung offenbart
worden sind, versteht es sich, daß diverse unterschiedliche
Modifizierungen möglich sind und innerhalb des Umfangs der
beigefügten Ansprüche mit in Betracht gezogen werden. Es
besteht dementsprechend keine Absicht zu Beschränkungen auf den
genauen Auszug oder die genaue Offenbarung, die hier
präsentiert worden sind.