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Verfahren zum Stabilisieren von Nitrostärke Die durch das Nitrieren
gewonnene rohe Nitrostärke muß stabilisiert werden. Es sind Verfahren zum Stabilisieren
von Nitrostärke bekannt, bei welchen die von ,der Nitriersäure befreite Nitrostärke
mit Wasser gewaschen wird. Das Waschen wird kalt oder warm vorgenommen. Man hat
äuch vorgeschlagen, die Nitrostärke mit Wasser zu kochen. Beim Arbeiten mit Wasser
hat man auch mit schwach alkalischen Mitteln gearbeitet: Es ist auch ein Verfahren
bekannt, bei welchem zum Stabilisieren Alkohol verwendet und die Nitrostärke in
Alkohol gekocht wurde.
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Zweck des Stabilisierens ist, die leicht zersetzbaren Verbindungen
bzw. Radikale, z. B. Schwefelsäureester, aus der rohen Nitrostärke zu entfernen.
Im Laufe des weiteren Verfahrens pflegt man der, stabilisierten Nitrostärke sog.
Stabilisatoren zuzusetzen. Als solche wurden z. B. kleine Mengen, etwa i bis 2%,
Diphenylamin, Pyridin oder Carbamidderivate, wie symmetrisches Diphenylmethylcarbamid,
verwendet.
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Diese Stabilisatoren sind Verbindungen, welche die sauren Zersetzungsprodukte
der Nitrostärke binden und dadurch deren dis weitere Zersetzung unterstützende Katalysatorwirkung
aufheben. Daher müssen sie im Endprodukt verbleiben, um ihre Wirkung ausüben zu
können. Diese Stabilisatoren stabilisieren jedoch die Nitrostärke nicht vollkommen,
denn sie verzögern nur die Zersetzung der schädlichen Verbindungen, ohne die Ursache
der Zersetzung aufzuheben.
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Zweck des Verfahrens nach der Erfindung ist, die Nitrostärke von den
labilen, leicht zersetzlichen Verbindungen weitgehend zu befreien und so die Herstellung
von in hohem Maße stabiler Nitrostärke zu ermöglichen.
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Im Sinne der Erfindung wird die von der Nitriersäure befreite, noch
unstabile Nitrostärke mit Wasser, zweckmäßig mit warmem Wasser, in Anwesenheit eines
in Wasser unlöslichen oder nur in geringem Maße löslichen Gelatiniermittel5 behandelt
und das. die Zersetzungsprodukte der schädlich wirkenden Verbindungen .enthaltende
Wasser, gegebenenfalls auch das Gelatiniermittel,. von der stabilisierten Nitrostärke
getrennt.
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Durch die Anwendung solcher gelatinierend wirkenden Mittel wird der
ganze Stabilisierungsprozeß stark verkürzt und eine sehr gute, stabile Nitrostärke
erhalten. Solche Verbindungen sind Nitroglycerin, Nitroglykol, aromatische Sprengstoffe,
"via Nitrobenzol, Dinitröbenzol.
Ebenso wie die Nitrocellulose wird
auch die Nitrostärke in reinem Zustand nicht als Schießpulver bzw. als Sprengstoff
verwendet, sondern es werden der Nitrostärke verschiedene andere Stoffe entsprechend
dem jeweiligen Verwendungszweck zugesetzt. Ähnlich wie bei der Nitrocellulose werden
auch bei der Nitrostärke, abgesehen vom Stickstoffgehalt, mit diesen Zusätzen verschiedene
Eigenschaften, z. B. die Empfindlichkeit gegen Schlag, der Energiegehalt@des Schießpulvers,
die ballistischen Eigenschaften, die Preßbarkeit usw., eingestellt. Solche Zusätze
sind bei den Schießpulvern, die ohne Lösungsmittel hergestellt sind, das Nitroglycerin,
das Nitroglykol, aromatische Nitroverbindungen, wie Dinitrotoluol, verschiedene
Ester, z. B. Phthalsäureäthylester, mineralische öle, Paraffin oder Stearin, ferner
die Stabilisatoren usw. Diese Verbindungen werden im Laufe des Aufarbeitens der
Nitrostärke auch im Verfahren nach der Erfindung verwendet, und die Stabilisierungsmittel
werden nach Möglichkeit so gewählt, daß diese im fertigen Produkt verbleiben können.
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Wählt man Stabilisierungsmittel, welche als wirksame Bestandteile
des fertigen Produktes in der Nitrostärke verbleiben können, so verwendet man, auf
die Nitrostärke berechnet, vorteilhaft größere Mengen, z. B. 1o bis 3o%, andernfalls
kleinere Mengen, z. B. i bis io%. Beispiel Nach dem Nitrieren wird die von der Nitriersäure
befreite rohe Nitrostärke im Wasser suspendiert und in diese wäßrige Suspension
in einer auf die Nitrostärke berechneten Menge von 15 % unter energischem Umrühren,
fein verteilt, Nitroglycerin, vort@ilhaft in der Form einer wäßrigen Emulsion, eingetragen.
Das Wasser wird erwärmt und seine Temperatur auf etwa 80°C gehalten, wobei die Masse
ständig umgerührt wird. _Das fein verteilte Gelatiniermittel wird von der Nitrostärke
gleichmäßig aufgenommen. Hierbei beginnt der Stabilisierungsprozeß, was daran zu
erkennen ist, daß das zunächst neutrale Mittel sauer wird. Die Behandlung mit dem
warmen Wasser wird so lange fortgesetzt, als das Freiwerden von Säure dauert. Wenn
sich dann keine Verbindungen mit Säurewirkung bzw. Radikale mehr abspalten, so wird
die mit dem Gelatiniermittel getränkte Nitrostärke mit reinem Wasser bis zu einer
neutralen Reaktion gewaschen, Soda= die ausgewaschene Nitrostärke wieder mit warmem
Wasser vermischt und z. B. bei 8o° C so lange behandelt, bis die entnommene Probe
die gewünschte Stabilität erreicht- -hat. Bei dieser zweiten Behandlung mit Wasser
kann man auch in einem schwach alkalischen Mittel arbeiten.
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" Zum Schluß des Umrührens mit Wasser :,werden im warmen Wasser die
zuin Auf-. arbeiten der Schießpulver bzw. Sprengstoffe notwendigen Zusätze,
z. B. Phlegmatisierungsmittel und Stabilisatoren, zugemischt und die so aufbereitete
Nitrostärke mit reinem Wasser gewaschen und sodann vom Wasser, z. B. mittels Filtrierens,
getrennt.
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Bei Untersuchung des Endproduktes nach Bergmann-Jung-Mayrhofer hat
man bei einer Nitrostärke, die entsprechend den nitroglycerinlialtigen Sprengstoffen
einen Stickstoffgehalt von 12,5 bis 13,2% aufweist, bei Aufrechterhaltung einer
Temperatur von 13o° C durch 2 Stunden einen Thiosulfatverbrauch von o,3 bis o,7
cm-' n/ i o, auf das Gramm des fertigen Produktes berechnet, gefunden, welcher Wert
der Stabilität guter nitroglycerinhaltiger Nitrocelluloseprodukte mit ähnlichem
Stickstoffgehalt entspricht.
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Das Stabilisieren mit Gelatiniermitteln kann mit dem alkoholischen
Stabilisieren kombiniert werden. In diesem Fall verwendet man vorteilhaft weniger
Stabilisierungs-(Gelatinier)-Mittel.
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Dieses Verfahren kann vorteilhaft dann angewandt werden, wenn man
ein Produkt herzustellen wünscht, welches von Nitroglycerin und ähnlichen Salpetersäureestern
bzw. Nitrokörpern frei ist, und wenn man es vermeiden will, daß das in größeren
Mengen gebrauchte, bei der Explosion nicht mitwirkende Stabilisierungsmittel den
Energiegehalt des Sprengstoffes bzw. des Schießpulvers übermäßig herabsetzt.
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So wird man zum Stabilisieren, berechnet auf die Nitrostärke, ähnlich
dem oben beschriebenen Verfahren mit warmem Wasser, z. B. i bis 2 % Diphenylamin
verwenden. Zu Beginn der Behandlung mit Wasser arbeitet man vorteilhaft in einem
-sauren Mittel und behandelt sodann nach dem Auswaschen mit Wasser zwecks weiteren
Stabilisierens die so vorbehandelte Nitrostärke mit Alkohol. Die Behandlung erfolgt
warm, z. B. bei 8o° C; zur Behandlung verwendet man vorteilhaft Äthylalkohol in
einer Konzentration von 5o bis 9o%. Beim Stabilisieren von Stärke mit geringerem
Stickstoffgehalt verwendet man vorteilhaft Alkohol in niedrigerer Konzentration,
beim Stabilisieren von Nitrostärke mit höherem Stickstoffgehalt Alkohol in höherer
Konzentration. Beim Behandeln mit Alkohol wird die Lösung neutral oder schwach sauer
gehalten. Zum Neutralisieren verwendet man vorteilhaft Natriumcarbonat oder Ammoniak.
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Wenn die Nitrostärke die gewünschte Stabilität erreicht hat, dann
wird der Alkohol abdestilliert
und nach dem Waschen mit Wasser
die Nitrostärke vom Wasser befreit.
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Die- so behandelte und auf eine bekannte Weise phlegmatisierte. Nitrostärke
kann für Geschosse gut Verwendung finden.
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Ein aus der nach dem obigen Verfahren gewonnenen Nitrostärke hergestellter
Sprengstoff verbrauchte bei der Bergmann-Junk-Mayrhofschen Probe, die in der Zeitschrift
für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen, 1934, Juliheft, von 1. v. M e e r
-scheidt-Hüllesen beschrieben ist, in 5 Stunden bei einer Temperatur von i3o° C
j e Gramm etwa o, 5 cms n/ i o Thiosulfatlösung, was der Stabilität des guten Nitrocelluloseschießpulvers
entspricht.