-
Verfahren zur Bestimmung des Reifungszustandes von Alkalicellulose
Bei der Herstellung von Kimstfaserstoffen, insbesondere bei der Herstellung von
Kunstseide und Zellwolle, ebenso aber auch bei der Herstellung von Celluloid und
Zellglas wird die als Rohstoff dienende Cellulose nach einer Tränkung mit Natronlauge
einem Reifung prozeß unterzogen. Dieser Reifungsprozeß ist für die Beschaffenheit
der aus der Cellulose später hergestellten Spinnflüssigkeit von ausschlaggebender
Bedeutung. Er währt, je nach dem Venvendungszweck der Enderzeugnisse und den Reffungsbedingungen,
verschieden lange und muß laufend überwacht werden, um bei der Herstellung der Erzeugnisse
die gewünschten Eigenschaften mit Sicherheit erhalten zu können.
-
Die Auflösung der Cellulose nach beendeter Reifung zu einer spinnfähigen
Flüssigkeit erfolgt nach verschiedenen Verfahren. Bei allen Verfahren jedoch ist
es äußerst wichtig, den Reifungszustand der mit Natronlauge versetzten Cellulose
zu keimen. Die Prüfung des Reifungszustandes erfolgt heute in der Art, daß die Cellulose
mit dem in dem betreffenden Betrieb üblichen Lösungsmittel in eine spinnbare Flüssigkeit
venvandelt und die Vis cosität dieser Spinnflüssigkeit gemessen wird.
-
Nun ist aber die Viscosität der Spinnflüssigkeit ein Meßfaktor, der
von verschiedenen Einflüssen abhängt. In der Hauptsache sind drei Einflüsse maßgebend.
Diese sind die Mengenzusammensetzung (Lösungsmittel und Cellulose), weiter die Temperatur
der erzielten Spinnflüssigkeit und drittens der Reifungszustand der Spinnflüssigkeit
selbst. Wenn auch die beiden erstgenannten Faktoren noch einigermaßen genau bestimmt
werden können, so daß der Einfluß dieser Faktoren gering gehalten werden kann, so
ist der Reifungszustand der erzielten Spinnfiüssigkeit jedoch unbestimmbar. Gerade
in der ersten Zeit der Bildung der Spinnflüssigkeit ist ihre Viscosität außerordentlichen
Veränderungen unten, worfen.
-
Aus diesen Gründen ist das oben geschilderte Verfahren zur Bestimmung
des Reifungsgrades
der Alkalicellulose außerordentlich ungenau.
Hinzu kommt, daß das Verfahren an sich sehr zeitraubend ist und in den kon tinuierlich
arbeitenden Betrieben zur Kontrolle der Betriebsvorgänge nicht verwendet werden
kann, weil zwischen Probeentnahme und Erhalt des Meßergebnisses ein zu großer Zeitraum
liegt.
-
Andere Verfahren zur Bestimmung des- Rei.-fungszustandes der Alkalicellulose
auf Grund einer chemisch-analytischen Untersuchung sind äußerst schwierig, da die
chemischen Veränderungen in der Cellulose sehr geringfügig sind. Außerdem sind sie
ihrer Natur nach bisher nicht völlig geklärt. Ferner bedingen auch diese Verfahren
einen großen Zeitaufwand, so daß auch aus diesem Grunde schon deren Anwendung für
die Betriebskontrolle ausscheidet. Die hier vorliegende Erfindung löst die Aufgabe,
den Reifungszustand von Alkalicellulose in sehr schneller und genauer Weise zu prüfen.
-
Es ist bekannt, daß hochfrequente Schwingt gungskreise auf eine Veränderung
ihrer Dämpfung oder ihrer Abstimmung mit außerordentlicher Empfindlichkeit ansprechen.
-
Diese Erscheinung wird heute von der Technik vielfach zur Feststellung
der Zusammensetzung, der Homogenität und der chemischen bzw. physikalischen Eigenschaften
von Stoffen oder Stoffgemischen benutzt, indem letztere zwischen die Platten eines
Kondensators oder in das Innere einer Spule des Schwingungs kreises gebracht werden.
Die hier vorliegende Erfindung benutzt derartige an sich bekannte Einrichtungen
zur Überwachung des Reifungszustandes der Alkalicellulose.
-
Die Reifung der Alkalicellulose ist ein chemischer Vorgang, der jedoch
eine so geringe Veränderung der chemischen Substanzen hervorruft, daß eine chemisch-analytische
Bestimmung sehr schwierig und zeitraubend ist.
-
Diese geringfügige Veränderung des chemischen Zustandes der Alkalicellulose
vermag jedoch wesentliche Veränderungen der Dämpfung oder der Abstimmung eines hochfrequenten
Schwingungskreises hervorzurufen, wenn die Alkaiicdlulose in geeigneter Weise zu
dem Schwingungskreis in Beziehung gebracht wird.
-
Die mit Hilfe des hochfrequenten Schwingungskreises nachweisbaren
Veränderungen der Cellulose sind eindeutig die Auswirkungen der Reifung in Abhängigkeit
von der Zeit und von den Reifungsbedingungen. Die durch die Reifung hervorgerufenen
Veränderungen des Schwingungslereises sind bei der Wahl einer gecigneten Frequenz
so erheblich, daß mit Sicherheit der Reifungsvorgang verfolgt werden kann.
-
Je nach der Einrichtung zur Ausübung des Verfahrens kann die Messung
durch eine Abstimmungs- oder eine Dsimpfungsseränderullg des Meßkreises erfolgen,
wobei die Alkaliccllulose sowohl dem elektrischen als auch dem magnetischen Feld
des Meßkreises ausgesetzt werden kann. Die Alkalicellulose wird zwischen die Beläge
eines Meßkondensators eingesetzt bzw. mit 1 Hilfe eines geeigneten Gefäßes in die
Spule des zur Messung benutzten Schwingungskrcises eingeführt. Im ersten Falle kann
die Veränderung der Dielektrizitätskonstante durch die Veränderung der Abstimmung
gemessen werden, was jedoch weniger vorteilhaft ist da diese Veränderungen sehr
gering sind, feder kann auch der dielelitrische Verlustfaktor in dem jetzt mit einem
nicht verlustfreien Dielektrikum versehenen Meßkondensator gemessen werden. Im anderen
Falle wird durch Wirbelstromerregung in der gut leitfähigen AllSalicellulose eine
erhebliche Dämpfung im Meßkreis hen-orgerufen. Diese Dämpfung ändert sich mit fortschreitender
Reifung der Alkalicellulose.
-
Sie dient darum als Ausdruck des Reifungszustandes.
-
Die Alkalicellulose besitzt in der Rcgel einen erheblichen Wassergehalt.
Dieser Wassergehalt wie auch- der Gehalt an Natronlauge muß zu einer einwandfreien
Prüfung des Reifungszustandes bekannt oder ständig gleich sein. Da jedoch die Alkalicellulose
ein sehr flockiger Stoff mit großer Oberfläche ist, crfolgt eine sehr rasche Wasserabgabe
an die umgebende Luft. Auch die bei der Messung auftretende allmähliche Erwärinung
der Alkalicellulose bewirkt ein langsames Verdunsten des Wassers und damit eine
Veränderung der Mcßbedulgungen.
-
Ferner ist die krümelige oder flockige Alkalicellulose auch noch
starken Veränderungen ihrer elektrischen Beschaífenheit dadurch unterworfen, daß
durch eine mehr oder weniger starke Pressung der einzelnen Teilchen eine starke
Kontaktgabe zwischen diesen entsteht, die ihre elektrischen Eigenschaften in größtem
Maße zu verändern vermag. Eine Erschütterung des ursprünglichen Aufbaues der einzelnen
Teilchen in dem Meßkondensator oder in der Meßspule vermag also bereits eine wesentliche
Veränderung des Meß wertes herbeizuführen. Die oben beschriebene Messung mit Hilfe
eines elektrischen Schwingungsk reis es spricht in erheblichem Maßc auch'auf diese
Veränderungen des Meßgutes an; diese Einflüsse können unter Umständen eine erhebliche
Verfälschung der Messung des Reifungszustandes mit sich bringen.
-
Wegen dieser Schwierigkeiten und der oben ebenfalls schon erwähnten
geringen Anderungen in der chemischen Zusammcnsetzung, die bei der Reifung von Alkalicellulose
chltretcll, lag es auch nicht nahe, das an sich bekannt
Verfahren
der Prüfung von Stoffen mit Hilfe eines Schwingungskreises, in dessen Rondensator
oder Spule die Stoffe eingebracht werden, insbesondere zur Prüfung des Reifungs
zustandes zu benutzen.
-
Dic erwähnten Schwierigkeiten lassen sich aber überwinden z. B. dadurch,
daß dieAlkalicellulosc nicht in ihrem natürlichen Zustande zur Messung gebracht
wird, sondern indem sie mit einer Flüssigkeit in -Lösung gebracht oder vcrmischt
wird. Die Art der Flüssigkeit ist nicht ausschlaggebend- für den Erfolg der Messung.
Es kann hierbei sowohl das Lösungsmittel, das normalerweise im Betrieb venvendet
wird, als auch andere; z. B. neutrales oder -schwach angesäuertes Wasser, verwendet
werden, so daß eine Aufschwemmung entsteht. Die Verwendung von Wasser bringt gleichzeitig
den Vorteil, daß der Einfluß des Wassergehaltes der Cellulose aus der Messung ausgeschaltet
wird.
-
Die Messung erfolgt nun in der Weise, daß die Alkalicellulose im
bestimmten Prozentsatz mit der Flüssigkeit, z. B. Wasser, vermischt wird. Diese
Mischung wird in einem passenden Gefäß entweder in den Meßkondensator oder in die
Meßspule eines hochfrequenten Schwingungskreises eingesetzt. Indem man nunmehr entweder
die Veränderung der Frequenz in diesem Kreise beim Einsetzen des Gefäßes mit Flüssigkeit
ohne und mit Alkalicellulose prüft oder aber indem man die Stärke des hochfrequenten
Stromes im Kreise mißt, kann die Reifung der Alkalicellulose genau verfolgt werden.
Der Meßkreis spricht auf die Veränderung des Lösungsmittels durch die Alkalicellulose
mit großer Genauigkeit und Empfindlichkeit an. Jede Veränderung des - Reifungszustandes
der Alkalicellulose wird nunmehr durch die Veränderung des Meßkreises in sehr einfacher
und schneller Weise meßbar. Es ist bei dieser Messung nur darauf zu achten, daß
die dielektrischen oder rein elektrischen Eigenschaften des Lösungsmittels stets
gleich sind, ferner daß die Temperatur des Lösungsmittels ebenfalls stets gleichbleibt
und die Beimischung von Alkalicellulose in stets gleichem Mengenverhältnis zur Flüssigkeit
erfolgt. Soweit als Hilfsfiüssigkeit Wasser verwendet wird, spielt eine Veränderung
des Wassergehaltes der Alkalicellulose während des Reifungsprozesses keine Rolle,
insbesondere wenn man berücksichtigt, daß eine wesentliche Veränderung des Wassergehaltes
der zur Reifung angesetzten Cellulose, aus der die Proben entnommen werden, praktisch
nicht eintreten kann. Wesentliche Veränderungen des Wassergehaltes müssen jedoch
berücksichtigt werden, da dadurch das aktive Gewicht der Alkalicellulose verfälscht
werden kann.
-
Die für die Messung benötigten Einrichtungen sind für viele andere
Zwecke der chemischen Industrie, insbesondere für Zwecke der Wassergehaltsbestimmung,
bereits im Gebrauch und bekannt, so daß sich eine nähere Beschreibung dieser Einrichtungen
erübrigt.