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Phosphor-Titan - Stähle Die Erfindung bezieht sich auf Stahllegierungen,
die mindestens o, r % Kohlenstoff, über 0,05 °/o, bis i °,/o Phosphor enthalten.
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Es ist bekannt, daß die gleichzeitige Anwesenheit von Phosphor und
Kohlenstoff ein grobes Korn im Stahl schafft, das in der Kaltbrüchigkeit des Werkstoffes
zum Ausdruck kommt. Es war daher allgemeine Regel, in der Bessemerbirne, im sauren
Siemens-Martin-Ofen oder im sauer ausgekleideten Elektroofen nur Eisen mit geringem
Gehalt an Phosphor zu verarbeiten.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Bildung des die Kaltbrüchigkeit
verursachenden groben Kornes vermeiden kann, wenn man dem phosphorhaltigen Eisen
einen Gehalt an Titancarbid gibt. Es konnte festgestellt werden, daß ein genügender
Gehalt an Titan die ungünstige Wirkung .des Phosphors auf die Kornbildung aufhebt
und die Möglichkeit eröffnet, Stähle herzustellen, die, abgesehen von üblichen Gehalten
des Eisens an Mangan, Schwefel und Silicium, gleichzeitig Kohlenstoff, Phosphor
und Titan enthalten und in denen infolge des beim Erkalten entstehenden feinen Kornes
die wichtigen Eigenschaften des Phosphors als Legierungsbestandteil im Eisen nutzbar
gemacht werden können. Eine wissenschaftliche Erklärung für diese Tatsache scheint
in folgendem gefunden werden zu können.
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Titan besitzt bekanntlich ein sehr hohes Verbindungsbestreben zu Kohlenstoff.
Es ist deshalb wahrscheinlich, daß bei ausreichendem Gehalt an Titan gegenüber Kohlenstoff
zuzüglich Schwefel und Stickstoff sämtlicher im Eisen vorhandene Kohlenstoff als
Titancarbid von der Formel Ti C gebunden ist.
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Nun besitzen Titancarbide nur eine mäßige Löslichkeit in Eisen. Die
über die jeweilige Löslichkeitsgrenze hinaus infolge der hohen Temperatur gelösten
oder im Schmelzzustande verteilten Titancarbide müssen deshalb infolge ihrer hohen-
Schmelztemperatur verhältnismäßig frühzeitig ausgeschieden werden. Es ist anzunehmen;
daB diese feinen Kristalle, die bei bestimmten Temperaturen in Massen auftreten,
gleichmäßig im erstarrenden Stahl verteilte Kristallisationsanfangspunkte bilden
und die Ursache zur Entstehung eines feinen Kornes bedingen. Die- erst in erheblich
tieferer Temperatur erstarrenden Eisenphosphide haben nun nicht mehr die Möglichkeit,
in zusammenhängenden größeren Kristallen zu erstarren und so die Bildung eines groben
Kornes zu bewirken. Die
Bindung des Kohlenstoffes an Titan erhöht
auch die Löslichkeit der Eisenphosphide im Ferrit in -erheblichem Mäße. Es kommt
so eine auf anderem Wege nicht erreichbare Einheitlichkeit der Legierung eines phosphorhaltigen
Stahles zustande.
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Hierdurch erklären sich die bemerkenswerten Eigenschaften phosphorhaltiger
Titanstähle.
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Gegenstand der Erfindung sind Stahllegierungen mit mindestens o, i
0/, Kohlenstoff, über 0,o5 %, und bis zu z % Phosphor, derartigen Titangehalten,
daß das Titan im wesentlichen als Titancarbid vorliegt,. Rest Eisen mit den üblichen
Gehalten an Mangan, Silicium und Schwefel. Für solche Zwecke, bei denen es auf Korrosionsfestigkeit
ankommt; soll ein Stahl folgender Zusammensetzung verwendet werden: o, i bis o,2
°`o Kohlenstoff, 0;5 bis i °/° Titan, o,5 bis i 0/, Phosphor; Rest Eisen.
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Derartige Stähle sind aus den folgenden, aus praktischen Betrieben
gewonnenen Zahlen zu erkennen:
Analyse Brinell- 900, Kerb- |
festigkeit normalisiert zähigkeit |
Nr. C Mn Si P S Ti 88o ° ? 100 ° Sm. F'. D |
norm in H20 kg je |
°% °% °/n |
% °/n °/o `i gehärtet mm2 °/o mkg/em2 |
=o= o,Io 0,6o 0,59 2,371 o,oo6 3,I0 94 94 56,2 n 76,1 275 0,43 |
_ 55,2 79,5 4,75 0,36 |
10.3 0;12 0,50 ö;08 0,205 0,00,3 o;65 53 89 37,9
50,4 32;0 13,3 |
38,1 50,4 30,5 13,3 |
116 o,22 0,56 0,24 0,204 0,001 1,35 -- 76 -31,0 50,5.
30,8 1:3,3 |
32,3 50,5 30,8 13,3 |
134 0,15 0,47 0,31 o,605 0,002 o;68 69 92 49,5
67,7 15,8 0,8 |
51,9 69,0 26,7 |
140 0,i5- 0,53 0,33 o,673 0,009 0,72 69 97 44,7 62,9 25,5 0,7 |
48,1 65,2 25,0 |
Stahl Nr. ioi wurde erschmolzen, um festzustellen, inwie-%veit Titan imstande sein
könne, die Wirkung von Phosphor auf das Gefüge aufzuheben. Er ist nicht mehr hartbar,
enthält also keine -ungelösten Carbide.
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Die Stähle 103, 116 mit 0,2o°/, P und 0,i2 bis o,2211/0 C sind
dagegen gut hartbar, enthalten also noch ungelöste Carbide.
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Die Elastizitätsgrenze liegt bei 103 bei 75 0/, der Festigkeit. Die
Stähle haben trotz eines Phosphorgehaltes von 0,2°/o eine Dehnung von etwa 30% und
eine Kerbzähigkeit von 13,3 mkg/cm2. Diese Stähle sind also Baustähle mit hervorragenden
Eigenschaften. Ihr Widerstand gegen die Rostbildung ist wegen des hohen Phosphorgehaltes
erheblich größer als derjenige üblicher Baustähle. Ihr Titangehalt verbürgt eine
hohe Verschleißfestigkeit. Die Stähle 134 und 140 sind ebenfalls hartbar. Ihre Elastizitätsgrenze
liegt bei etwa 73 0/, der Festigkeit. Die Dehnung beträgt 25 bis 26%. Ihre Kerbzähigkeit
ist angesichts eines Phosphorgehaltes von o,6 und o,670/, noch immer beträchtlich.
Der hohe Gehalt an Phosphor gibt ihnen eine ganz außergewöhnliche Widerstandsfähigkeit
gegen Rostbildung und Korrosion aller Art. Es liegen hiernach zwei bisher ganz unbekannte
Stahlsorten vor, nämlich Baustähle mit o; i bis o,20/, C, o;5 bis 1010 Ti, über
0;o5 bis o,51/, P und korrosionsfeste Stähle mit o,i bis 0,2'/, C, 0,5 bis 1 °1°
Ti:, ö,5 bis 1110 P. Bei beiden Stahlsorten liegt die Elastizitätsgrenze bei etwa
7501, der Festigkeit, was ein Beweis dafür ist, daß bei ihnen der Ferrit
durch in Lösung befindliche Legierungsbestandteile in beträchtlichem Maße gehärtet
worden ist unter Erhaltung einer Dehnung von 25 bis 30'/o.
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Es liegt ein besonderer Vorteil der Erfindung darin, daß aus phosphorhaltigem
Rohmaterial in sauren Ofen mit saurer Titansäure enthaltender Schlacke hochwertige
Stahlsorten hergestellt werden können, wobei von einem Eisenmaterial ausgegangen
wird, das, abgesehen von den üblichen Gehalten an Mangan, Schwefel und Silicium,
nur noch Kohlenstoff und Phosphor enthält.
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Titanstähle, auch solche mit Gehalt an Metalloiden, wie Schwefel,
Phosphor, Arsen, Antimon und Zinn, sind bekannt, doch werden bei diesen phosphor-
oder titan- und phosphorhaltigen Stählen die Eigenschaften der Legierungen durch
Gegenwart von Veredelungsmetallen, wie Chrom, Nickel, Aluminium, maßgebend beherrscht,
während bei den Stählen des vorliegenden Patentes der Phosphorgehalt für das Wesen
maßgebend ist und die Gegenwart von Titancarbid infolge seines Einflusses auf das
Gefüge es gestattet,
von den Wirkungen des Phosphors bzw. der Eisenphosphide
Gebrauch zu machen, ohne durch die Kaltbrüchigkeit gestört zu werden.