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Verfahren und Vorrichtung zur Regelung der Destillation von Mehrstoffgemischen
Um bei ununterbrochen arbeitenden Destillierkolonnen- am Kopf der Kolonne stets
ein vollkommen reines IOo°lOiges Destillat und am Fuß einen von der leichtest siedenden
Komponente absolut freien Ablauf zu erhalten, muß bekanntlich die der -Säule im
Gemisch zulaufende Menge an Leichtestsiedendem vollkommen als Destillat abgeführt
werden. Dies erfordert eine dem veränderlichen Gehalt an Leichtestsiedendem im zulaufenden
Gemisch entsprechende Regulierung der Destillatabnahme. Solange es sich nur um die
Destillation eines binären Gemisches handelt, ist diese Regulierung einfach zu erreichen,
da der am Fuß der Kolonne auftretende, von der leicht siedenden Komponente freie
Ablauf die reine schwer siedende Komponente des binären Gemisches ist und daher
eine eindeutig festliegende Siedetemperatur besitzt. Fällt z. B. im Unterteil der
Kolonne diese Temperatur, so ist dies ein sicheres und einwandfreies Zeichen dafür,
daß nicht alles -anfallende Leichtsiedende als Destillat abgenommen wird, sondern
ein Teil in den Ablauf gerät. Ein im Unterteil der Kolonne angebrachter Thermostat
kann deshalb beim Fallen der Temperatur ein Öffnen des Destillatventils einleiten
und auf diese Weise entsprechend der größeren anfallenden Menge an Leichtsiedendem
auch mehr Destillat aus der Kolonne herauslassen. Beim Mehrstoffgemisch ist dieses
Verfahren der Regelung beschränkt und meist sogar ganz unmöglich, weil zu einer
bestimmten Temperatur jetzt nicht mehr eindeutig ein von der leichtest siedenden
Komponente freies Gemisch im Ablauf gehört. Man erkennt diese Tatsache leicht beim
Dreistoffgemisch aus der Dreiecksdarstellung in Abb. I: Hierin sind die Gemischzusammensetzungen
bei gleicher Siedetemperatur (von 400 C bis I350 C) beispielsweise als Siedeisothermen
eingetragen.
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Bei diesem Gemisch sei der von der leichtest siedenden -Komponente
A freie Ablauf dargestellt durch Punkt Q. Diesem durch Q veranschaulichten binären
Gemisch BC entspricht die Siedetemperatur I20° C. Zu dieser gehören aber nun auch
noch Dreistoffgemische mit Gehalt an der leichtest siedenden KomponenteA bis r O/o
(entsprechend Punkt R).
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Trotz Regelung auf konstante Temperatur, I20° C, ist also hier und
noch mehr bei Vier-, Fünf- und Mehrstoffgemischen der Ablauf nicht mehr A-frei.
Ist jedoch im zulaufenden Dreistoffgemisch stets die Menge B zur Menge C konstant,
dann bewegt sich die Zusammensetzung der zulaufenden Mischung M auf der Geraden
AQ. In diesem einen Sonderfall gehört natürlich zu der Temperatur I20° C eindeutig
das A-freie binäre Gemisch
Q, und eine Regelung der Destillatabnahme;
wie oben für das binäre Gemisch beschrieben, ist hier möglich. Dies gilt auch für
Vier-, Fünf- und Mehrstoffgemische dann, wenn bei diesen gleichfalls das Mengenver
hältnis aller Komponenten zueinander bis auf die leichtest siedende A konstant bleibt.
Kann jedoch die Mischung (wie in Abb. ; äm Dreistoffgemisch gezeigt) Zusammensetzungen
annehmen, die nicht immer auf der Geraden AQ liegen, wie M, sondern neben dieser
Geraden, wie etwa M1 und M2, so ist die eben besprochene Regelung unmöglich.
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Hierfür ist nun durch die vorliegende Erfindung eine Lösung gefunden
worden. Um den Grundgedanken dieser recht klar zu erkennen, betrachte man den Verlauf
der Destillationskurve in einer Kolonne am Beispiel des Dreistoffgemisches: Die
Destillation eines Dreistoffgemisches erfolgt nämlich etwa nach Kurven in Abb. 2.
Man sieht, daß sich der obere Teil dieser Kurve der Seite AB anschmiegt, d. h. im
oberen Teil der Kolonne befinden sich Zweistoffgemische AB aus der leichtest und
mittel siedenden Komponente, im unteren Teil Dreistoffgemische. Für die Regelung
in Frage kommen kann also nur der obere Teil der Kolonne, die Verstärkungssäule
mit dem binären Gemisch, da hier zu einer bestimmten Gemischzusammensetzung auch
eine ganz bestimmte Temperatur des binären Gemisches AB eindeutig gehört. In den
unteren. Regionen der Kolonne, also besonders auch in der Abtriebssäule, gehören
wieder, wie aus Abb. 2 deutlich zu erkennen ist, zu einer bestimmten Temperatur
ternäre Gemische mit verschiedenem Gehalt an Komponente A (s. B, Punkt E). Daß sich
nur in den oberen Teilen der Kolonne (oben in der Verstärkungssäule) Zusammensetzungen
eines binären Gemisches befinden, gilt nicht nur wie im Beispiel der Abb. 2 für
Dreistoffgemische, sondern in gleicher Weise für Mehrstoffgemische. Baute man nun
im Kopf der Kolonne einen-Thermostaten ein, so könnte dieser einen Regelimpuls für
das Destillatventil nur geben, solange das Destillat in seiner Temperatur stiege,
also weniger als normal Leichtsiedendes im zulaufenden Gemisch in die Kolonne eingetreten
wäre. Fallen kann am Kopf der Kolonne die Temperatur nämlich nicht tiefer, als der
Siedetemperatur der reinen Destillatkomponente entspricht. Die Temperatur ist aber
bei Ioot/Oigem Destillat stets vorhanden und kann nicht fallen, auch wenn in der
Mischung plötzlich mehr Leichtsiedendes mitkommt. Ein Thermostat am Kopf der Betriebskolonne
kann deshalb nur in einer Richtung wirken, nämlich wenn weniger Leichtsiedendes
im Gemisch anfällt und die Temperatur die Tendenz des Steigens besitzt. Wollte man
aber den Thermostaten tiefer anbringen, wo merkliche Temperaturdifferenzen bei veränderlichem
Gehalt am Leichtestsiedenden auftreten, so sind wieder ternäre Gemische vorhanden,
bei denen zu einer bestimmten Temperatur Gemische mit verschiedenem Gehalt an Leichtsiedendem
gehören. Wie die obigen Ausführungen zeigen, ist also eine genaue Regelung der Destillatabnahme
durch Thermostaten am Kopf oder oberen Teil der Betriebskolonne selbst nicht möglich.
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Die vorliegende Erfindung füllt nun diese Lücke in der Regelungsmöglichkeit
dadurch aus, daß die Regulierung der Destillatabnahme nicht von einem Thermostaten
am Kopf der Betriebskolonne gesteuert wird, sondern von einem solchen am Kopf einer
zweiten, besonderen kleinen, vor die Betriebskolonne parallel der Gemischzugangsleitung
geschalteten ununterbrochen arbeitenden Grenzmeßregulierkolonne. Da bei dieser das
Destillat nur Meßzwecken dient, braucht es bei den verschiedenen Gehalten an Leichtestsiedendem
im zugehenden Gemisch nicht konstant Io0°loig zu sein wie in der Betriebskolonne,
sondern man kann jedem Gehalt an Leichtestsiedendem in der Mischung einen ganz bestimmten
Gehalt an Leichtestsiedendem im Destillat zuordnen, der die oberste Grenze von 100
% nur dann erreicht, wenn die Mischung die größtmögliche Menge am Leichtestsiedenden
mit sich führt. Damit diese Meßkolonne im Ablauf lnit absoluter Sicherheit frei
vom Leichtestsiedenden ist, ist es zweckmäßig, nicht 100 0/o sondern nur 99°1O als
oberste Grenze zu wählen. Die Zuordnung der Gehalte am Leichtestsiedenden von Mischung
und Destillat erfolgt dadurch, daß der kleinen Kolonne stets die gleiche Menge m
kg/h Gemisch mit xm% Gehalt am Leichtestsiedenden zuläuft und daß sie bei konstanter
Beheizung und Belutterung stets die gleiche Destillatmenged kglh mit XD 01o Gehalt
am Leichtestsiedenden erzeugt. Wegen der Bilanzgleichung für das Leichtestsiedende
in der Kolonne und wegen der Bedingung der Konstanz obiger Mengen m und d sind die
Werte xm und xD durch die Beziehung XD = m Xm = C Xm = forst Xnt d miteinander verknüpft.
Zu jedem Wert um gehört also ein bestimmter Wert XD und eine bestimmte Temperatur,
die Siedetemperatur des jeweiligen binären Gemisches.
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Beispiel Einer ununterbrochen arbeitenden Betriebskolonne laufe ein
Mehrstoffgemisch zu, dessen Gehalt am Leichtestsiedenden zwischen XM = 50 ~ und
xM2 = 40% schwanke. Die
Konstante C der Grenzmeßregulierkolonne
errechnet sich hierfür zu: C = d = 99 = I,98. d - 50 Die zu XM2 = 40 O!o gehörige
Destillatzusammensetzung ergibt sich zu: xD2 = 1,98#40 = 79,2 %.
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Durch Einstellung der richtigen Belutterung und durch richtige Wahl
der Kolonnenhöhe läßt es sich stets erreichen, daß in der Meßkolonne über einen
größeren Bereich, etwa von 70 bis 1000/0, das Destillat ein praktisch binäres Gemisch
darstellt.
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Die kleine Kolonne mißt also erstens durch die Destillattemperatur
den Gehalt am Leichtestsiedenden in der ankommenden Mischung, zweitens aber kann
sie durch Anbringung eines Thermostaten am Kopf entsprechend der jeweiligen Temperatur
des Destillats und somit dem jeweiligen Gehalt am Leichtestsiedenden in der Mischung
die Destillatabnahme an der Betriebskolonne regulierend beeinflussen und somit als
Grenzmeßregulierkolonne für die Hauptkolonne wirken. Wegen der Kleinheit der Abmessungen
besitzt sie eine viel kleinere Trägheit und größere Empfindlichkeit als die Hauptkolonne
und zeigt geringe Schwankungen im Gemisch augenblicklich an.
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Sie kann ferner schon regulierend eingreifen, ehe sich der Zustand
in der Hauptkolonne überhaupt verändert hat, weil sie dieser ja vorgeschaltet ist.
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Eine derartige Vorrichtung ist auf beiliegender Zeichnung schematisiert
dargestellt.
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Die Grenzmeßregulierkolonnenapparatur besteht aus einer kleinen Blase
I, der durch elektrische Heizspulen 2 konstante Wärmeenergie für die Verdampfung
des Gemisches zugeführt wird, aus einer kleinen Meßsäule 3 (Verstärkungs- und Abtriebssäule)
von etwa 30 mm Durchmesser und etwa 300 bis 500 mm Höhe, gefüllt mit Raschigringen,
einem Lutterkondensator 4, einem Thermostaten 5 zur Betätigung eines Regelorgans
für das Destillatventil der Hauptkolonne, einer Dosierpumpe 6 für die zugehende
Mischung, einer Dosierpumpe 7 für den konstanten Rücklauf.
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Aus der Gemischleitung 8 für die Hauptkolonne pumpt die 39osierpumpe
6 die konstante Gemischmenge m kg/h der Meßkolonne zu. Das Destillat dkglh und der
Ablauf m-d kglh aus der Blase I werden, nachdem sie die Meßapparatur durchlaufen
haben, der Gemischleitung 8 wieder zugeführt. Für jedes Mehrstoffgemisch sind natürlich
die Höhen der Abtriebs- und Verstärkungssäule sowie die Größen der Heiz- und Kühlelemente
durch Versuche zu bestimmen.