-
Verfahren zur Erzeugung piezoelektrischer Kristalle aus Saatkristallen
Es ist bekannt, Kristalle in der Weise herzustellen, daß die Kristallösung, in der
die Saat- oder Impfkristalle wachsen sollen, in eine Schaukelbewegung versetzt wird,
um insbesondere die Zeitdauer des Wachstums der Kristalle abzukürzen. Ferner hat
man, um Kristalle mit hoher piezoelektrischer Fähigkeit zu erhalten, in die Kristallösung
spitzdach- oder kuppelförmig gestaltete Untersätze hineingestellt, die man bei Verwendung
größerer Kristallisationsgefäße noch mit das Wachstum der Kristalle begrenzenden
Seitenwänden versehen hat. Diese Untersätze, deren Scheitelpunkt in einem gewünschten
Abstande unter dem Spiegel der Kristallösung liegt, bezwecken, flache oder breite
Kristalle zu gewinnen, da der Spiegel der Kristallösung dem Wachstum der Kristalle
in der Höhe eine Grenze setzt. Ein anderer Vorschlag, um das Schneiden gewünschter
Kristallplatten aus Vollkristallen zu vermeiden, besteht darin, daß die Saatkristalle,
die aus einem vollständigen Kristall in einer bestimmten Lage in bezug auf seine
elektrischen Achsen geschnitten sind, in die Kristalllösung zwischen zwei Glasplatten
in einem der gewünschten Dicke der sich bildenden Kristallplatten entsprechenden
Abstande zu-#inander und mit derjenigen Achsenorientierung eingelegt werden, die
ihrer früheren Lage vor dem Ausschneiden aus dem vollständigen Kristall entgpricht,
so daß jeder ausgewachsene Kristall derjenigen Kristallplatte gleicht oder ähnelt,
die aus einem vollständigen Kristall in einer gewünschtenWeise geschnitten worden
wäre.
-
Die Erfindung bezweckt, piezoelektrische Kristalle von gewünschter
Gestalt, d. h. mit bestimmter Ausdehnung mit Bezug auf die Richtung der Kristallachsen,
herzustellen, aber unter Zunutzemachung der Bewegung der Kristallösung zur Abkürzung
der Zeitdauer des Wachstums der Kristalle. Dieses neue Verfahren besteht darin,
daß die Saatkristalle in den Behälter, in welchem die Kristallösung eine Schaukelbewegung
ausführt, zu dieser in bestimmter Lage mit Bezug auf ihre Kristallachsen einzeln
eingelegt werden und diese Lage während ihres Wachstums bis zur gewünschten Größe
beibehalten. Erfindungsgemäß kann das Wachstum der Kristalle in derjenigen Achse,
in der es bevorzugt erfolgen soll, dadurch beschleunigt werden, daß die Geschwindigkeit
der Schaukelbewegung der Kristallösung in der betreffenden Achsrichtung vergrößert
wird. Diese Wachstumsbeschleunigung kann weiter dadurch gesteigert werden, daß mit
zunehmender Größe der Kristalle die die Geschwindigkeit der Kristallisation bestimmenden
Einflüsse, wie Temperaturabfall, Verdampfung oder Verdunstung u. dgl., bei der Kristallherstellung
zur Wirkung gebracht werden.
-
Ein weiteres wesentliches Merkmal der Erfindung bildet die Erkenntnis,
daß große und klare Kristalle schneller hergestellt werden können, wenn die Salzlösung
nicht neutral ist, sondern ihr eine bestimmte Wasserstoff-
Ionen-Konzentration
durch Zusatz einer geeigneten Säure oder Base gegeben wird. Es ist jedoch 'Voraussetzung,
daß die Wasserstoff-Ionen-Konzentration nicht so stark ist" daß das in Frage kommende
Salz in Lösung ausfällt. Für eine ergiebige wirkungsvolle Herstellung klarer Rochelle-Salz-Kristalle
eignen sich besonders als Zusatz Natronlauge oder Kalilauge. ZurFörderung des Wachstums
der Kristalle empfiehlt es dich, einZehntelNormallösung vonNatron-oder Kalilauge
zuzusetzen.
-
In Abb. i ist eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach
der Erfindung in einer Schnittansicht darg.-stellt.
-
Die Abb. 2 bis 4 zeigen Grundrisse der mit der Vorrichtung nach Abb.
i erzeugten Kristalle, wobei ihre Neben- oder B-Achse in Richtung der Bewegung der
L,5-sung lag.
-
Abb. #5 zeigt einen Grundriß eines Kristalls, dessen Haupt- oder C-Achse
in der Bewegungsrichtung der Lösung lag.
-
Die Abb. 6 und 1 zeigen zwei weitere nach dem Verfahren
der Erfindung hergestellte Kristalltypen.
-
Abb. 8 stellt das Schaltbild des Heizelementes mit einem Bimetall-Thermostaten
dar. In Abb. i sind mit i zwei 5,chalen bezeichnet, die eine Kristall-Salzlösung
2 enthalten, in der die Kristalle 3 eingelegt sind, die z. B. aus den Saatkristallen
3a (Abb. 2 und 3)
gewachsen sind. jede Schale ist init einem geeigneten, vorzugsweise
durchsichtigen Deckel 4, z. B. einer Glasplatte, abgedeckt, die auf einem zweckmäßig
ausgebildeten Rand 5 und einer Schwamingummi-Zwischenlage ruht, so daß die
Schalen praktisch, luftdicht abgeschlossen sind. Beide Glasdeckel können noch durch
geeignete Mittel, z. B. durch Gewichte 6, auf den Rand,5 der Schalen fest
aufgedrückt werden. Die Schalen ruhen auf Winkeleisen7, die ihrerseits auf dem Boden
eines mit einem wärmeschützenden Stoff innen ausgekleideten Kastens 8 mittels
Stützen 9 befestigt sind, so daß die Heiz- und Temperaturregeleinrichtung
unter den Schalen i angeordnet werden kann. Der Deckel io des Kastens 8 ist mit
zwei über den Schalen i liegenden Beobachtungsfenstern i i versehen und leicht abnehmbar,
uin zu den Schalen i zu gelangen. Zur Heizung der Schalen ist unter ihnen im Kasten
8 ein elektrischer Widerstand 12 angeordnet, und ein Thermostat
13 dient zur selbsttätigen Regehing der Heiztemperatur, die an einem Thermometer
14 abgelesen werden kann. Zur Handregelung des Heizwiderstandes ist seitlich am
Kasten 8 ein Knopf 15 sichtbar, bei dessen Drehung durch eine Stange 16 der
Thermostat 13 auf die von ihm züi regelnde gewünschte Solltemperatur eingestellt
werden kann.
-
Der Kasten 8 ruht auf einer Platte 17, die mittels eines Lagerteiles
ig um einen Zapfen i# schwenkbar ist. Durch eine Stange 20 und Siützarrne 21, an
denen die Kastenplatte 17
`fiefestigt ist, wird der Kasten 8 mittels
eines ExzenterS 22 durch einen Motor 23 über ein Schneckengetriebe 24 in
eine schaukelnde Bewegung versetzt.
-
Um Kristalle nach dein Verfahren der Erfindung mit der in Abb. i dargestellten
Vorrichtung herzustellen, ist in folgender Weise zu verfahren.
-
Der Schaukelbehälter bzw. Ofen 8, der die sorgfältig gereinigten
und zugedeckten Schalen enthält, wird zuerst auf eine gegebene Temperatur, beispielsweise
35' C, erwärmt und auf dieser Temperatur gehalten, bis die Wärmeverhältnisse
in ihm konstant geworden sind. Eine filtrierte Rochelle-Salz-Lösung, ,v%-elche alkalisch
ist entsprechend ungefähr o,i Normal-Kali- oder Natronlauge und welche genügend
Rochelle-Salz enthält, um bei 35' leicht übersättigt zu sein, wird auf etwa
5o bis 55' C erhitzt und dann in die Schalen i gegossen. Durch Öffnen
des Schatikelbehälters und Abstellung der Heizung ].-ißt man diese Lösung zunächst
langsam abkühlen.
-
Es ist zweckmäßig, die Lösung bei einer über dein Sättigungswert liegenden
Temperatur in die Schalen zu gießen zwecks Vermeidung der Bildung von parasitären
Kristallen. Solche Kristalle bilden sich bei dem Umgießen der Lösung beispielsweise
infolge auf die Oberflache der Lösung fallender Staubteilchen. Diese werden infolge
der hohen Temperatur sofort aufgelöst. Ferner ist es auch zweckmäßig, die Schalen
während der Abkühlungszeit abzudecken, damit die Oberfläche der Lösung gegen Niedersetzen
von Staubteilchen und zur Verhinderung der Verdunstung verdeckt wird.
-
Um das Wachstum der Kristalle anzuregen, werden Stücke kristallischen
Materials (Impfkristalle) auf den Boden der Schalen i gelegt, wenn die Temperatur
z. B. auf 5' oder io' C über den Sättigungswert der Lösung gesunken
ist, d. h. auf etwa 4o bis 45' C für die angenommene Lösung. Damit
die Impfkristalle beim Einsetzen nicht springen, werden sie zweckmäßigerweise vorher
auf die Betriebstemperatur erwärmt.
-
Die Impfkristalle werden bei einer Temperatur, die so hoch über der
Sättigungstemperatur liegt, in die Schalen i hineingebracht, die für die Abkühlungsgeschwindigkeit
der Lösung geeignet ist. Wenn nämlich die Impfkristalle zu lange der ungesättigten
Lösung ausgesetzt sind, lösen sie sich vollständig auf.
Es
ist zweckmäßig, die Impfkristalle bei einer solchen Temperatur einzubringen, daß
ein Teil davon sich auflöst bis die Lösung sich abgekühlt hat auf die Sättigungstemperatur.
Der Grund hierfür liegt darin, daß, wenn die Oberfläche des Impfkristalls etwas
aufgelöst wird, bevor sein eigentliches Wachstum beginnt, der Impfkristall besser
in den neuen hineinwächst. Wenn ferner die Oberfläche des Impfkristalls etwas aufgelöst
wird, werden kleine parasitäre Kristalle, die sich beim Einsetzen gebildet haben
könnten, aufgelöst, wodurch eine unregelmäßige Kristallisationsbildung vermieden
wird. Nach dem Hineinlegen der Impfkristalle werden die Schalen abgedeckt, damit
die über der Lösung befindliche Luft mit Feuchtigkeit gesättigt gehalten wird, wodurch
eine weitere Verdunstung verhindert wird.
-
Wenn die Temperatur der Lösung ungefähr auf die Sättigungstemperatur
gesunken ist, wird der Deckel auf den Ofen aufgelegt und der Heizkörper eingeschaltet
und die Sättigungstemperatur für einige Zeit, beispielsweise 6 bis i?, Stunden
(bis stabile Temperaturverhältnisse herrschen), aufrechterhalten.
-
Alsdann beginnt man mit einer sehr langsamen Verringerung der Temperatur
der Lösung. Die genaue Geschwindigkeit dieser Temperaturabnahme hängt ab von der
Konzentration und Menge der Lösung und Zahl und Größe der Impfkristalle. Z. B: wenn
20 Impfkristalle von ungefähr 5 g in eine Rochelle-Salzlösung von
2o 1 hineingebracht werden mit dem spezifischen Gewicht von 1,38 bei 6o'
C, kann die Temperatur um ungefähr o,2' C am ersten Tage fallen. Mit
Größerwerden der Kristalle darf die tägliche Temperaturerniedrigung auf einen größeren
Betrag steigen. Wenn beispielsweise Kristalle im Gewichte von einem Pfund erzeugt
werden in drei Wochen, darf der Temperaturfall so weit gesteigert werden, daß sie
schließlich um
1,5' pro Tag abnimmt. Auf diese Weise wird die zur Erzeugung
der Kristalle auf die gewünschte Größe erforderliche Zeit abgekürzt. Wenn größere
Kristalle erzeugt werden sollen, z. B. zwei Kristalle, kann die Geschwindigkeit
der Ternperaturabnahme noch weiter gesteigert werden. Diese Steigerung ist eine
Funktion der Kristalloberfläche pro Liter Lösung.
-
Der Temperaturabfall wird entweder durch Drehen des Knopfes 15 von
Hand in geeigneten Zeitabschnitten oder durch eine geeignete automatische Einrichtung
bewirkt.
-
Es sei auch bemerkt, daß die Wärme von unten den Schalen mit der Salzlösung
zugeführt wird, damit die unteren Teile der Lösung eine etwas höhere Temperatur
erhalten als der obere Teil der Lösung. Dies e
ist vorteilhaft, weil die Kristalle
sonst die Neigung haben, unten schneller zu wachsen als oben und sich damit in der
Lösung zu heben und unten eine unregelmäßige Struktur zu bilden. Wenn die Kristalle
die gewünschte Größe erlangt haben, nimmt man sie heraus, trocknet, sie mit
einem weichen Tuch und falls eine Reinigung notwendig ist, werden sie in verdünnten
Alkohol eingetaucht.
-
Kristalle einer vorher bestimmten Gestalt können von einem geeigneten
Impfkristall erzeugt werden. Wenn beispielsweise ein Impfkristall so in die Lösung
eingebracht wird, daß seine Haupt- oder C-Achse und seine Neben- oder B-Achse parallel
zu dem Boden der Schale i liegen, wird ein »Halbkristall«, wie in Abb.
6 dargestellt, erzeugt. Andererseits wird ein »Vollkristall« erhalten, wenn
ein Impfkristall 3c, wie in Abb. 7 ersichtlich, so in die Lösung eingelegt
wird, daß die A- und B-Achse eine Ebene parallel zum Schalenboden bilden.
Die Gestalt des so gebildeten Kristalls wird wesentlich beeinflußt durch dieGestalt
des Impfkristalls. Z. B. wird ein Impfkristall von 25 mm Länge stets einen
längeren Kristall ergeben als ein Impfkristall von io mm Kantenlänge, wenn beide
unter denselben Bedingungen wachsen. Wie schon erwähnt, hängt die Gestalt des wachsenden
Kristalls auch von der Frequenz, Größe und Richtung der Schaukelbewegung ab. Daher
ist es beispielsweise möglich, einen langen Kristall aus einem kurzen Impfkristall
oder einen kurzen und breiten Kristall aus einem verhältnismäßig langen Impfkristall
zu züchten.
-
Abb.:2 und 3 veranschaulichen den Grundriß zweier Kristalle,
die aus gleichartigen Impfkristallen entstanden sind. In Abb. 2 ist die C-Achse
länger als die B-Achse, während in Abb. 3 die C-Achse kürzer ist als die
B-Achse. Der Unterschied in der Gestalt der Kristalle wurde verursacht durch die
Schaukelbewegung der Kristallösung.
-
Abb. 2 zeigt die Wirkung bei einer kleinen Schaukelbewegung parallel
zur B-Achse und Abb. 3 die Wirkung bei einer gleichartigen großen Schaukelbewegung.
-
Es zeigt sich, daß die Schaukelbewegung die Abmessungen der Kristalle
in Richtung der Bewegung vergrößert. Diese Tatsache kann ausgenutzt werden, breite
oder lange Kristalle zu erhalten.
-
Abb. 4 zeigt einen Grundriß eines verhältnismäßig breiten Kristalls,
welcher aus einem verhältnismäßig langen Impfkristall 3 b hergestellt wurde.
-
Abb. 5 zeigt einen langen Kristall, der aus ein..ein. gleichartigen
ImpfkristaR entstand,= ist. Die Herstellung von Kristallen mit gewünschten Abmessungen
und Orientierung
der Kristallachsen wird erreicht durch die Anwendung
von Impfkristallen von vorher bestimmter Gestalt und Achsenorientierung. Solche
Kristalle werden so auf den Boden der Schale gelegt, daß ihre betreffenden Achsen
die gewünschte Lage in bezug auf die Schatikelbewegung erhalten.