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Verfahren zum Gewinnen von Hefe unter Umrühren der gärenden Flüssigkeit
Das bei der Gewinnung von Hefe allgemein übliche Verfahren, das sog. Lufthefeverfahren,
beruht auf der Annahme, ges sei eine notwendige Voraussetzung für eine starke Vermehrung
der Hefezellen, daß die Vermehrung unter reichlicher Zufuhr von Sauerstoff erfolgt,
und man hat demzufolge beim Betrieb der Hefefabrikation die Apparate und Arbeitsverfahren
so gewählt, daß der Luftsauerstoff mit allen Teilen der Flüssigkeit, in welcher
die Hefevermnehrung stattfindet, in möglichst innige Berührung kommt. Die Gefäße,
in welchen die Hefevermehrung erfolgt, sind für diesen Zweck mit zum Teil sehr komplizierten
Luftverteilungseinrichtungen versehen, durch die dann die Luft in die gärende Flüssigkeit
geblasen wird. Mit den stetig steigenden Forderungen nach höheren Hefeausbeuten
hat man, um das Ziel zu erreichen, die Menge der während des Gärens zugeführten
Luft stetig vergrößert, indem man der Auffassung gewesen ist, daß die Menge von
Sauerstoff (Luft), die zur Durchströmtung durch die gärende Flüssigkeit gebracht
wird, einer der wesentlichsten Faktoren für das Erreichen hoher Hefeausbeuten sei.
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Bei der so durchgeführten Lufthefeerzeugung erreicht man gute Ausbeuten,
aber dieses Ergebnis wird auf Kosten der Spiritusausbeute erhalten, indem der während
des Gärvorganges entstandene Alkohol ebenso schnell weggeblasen wird, wie @er gebildet
wird. Die Wiedergewinnung des Alkohols aus der durchgeblasenen Luft ist Zufolge
der großen Verdünnung des in der Luft enthaltenen Alkohols praktisch undurchführbar.
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Gegenstand der Erfindung ist sein Verfahren, durch das nicht nur eine
gute Hefealusbeute, sondern ,auch große Mengen von Alkohol erhalten werden können.
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Gegenüber bekannten Verfahren zur Herstellung von Hefe zeichnet sich,
das Verfahren nach der Erfindung in erster Linie dadurch aus, daß die Flüssigkeit,
in welcher die Hefevermehrung stattfindet, unter starker Rührbewegung gehalten wird,
die jedoch auf solche Weise erfolgt, daß der bei der Gärung entstandene Alkohol
und die gebildete Kohlensäure in der Flüssigkeit zurückgehalten werden.
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Dieses Umrühren wird dadurch bewirkt, daß die Flüssigkeit oder das.
Gas in kräftiger Strömung durch das Gärgefäß und durch die außerhalb desselben liegenden
Leitungen geführt wird. Durch Versuche ist festgestellt worden, daß befriedigende
Ergebnisse erst dann erzielt werden, wenn die durch den Gärbottich getriebene Menge
an Flüssigkeit oder Gas sehr groß ist. Wird die Bewegung im Gärgefäß ausschließlich
durch Umlauf von Flüssigkeit bewirkt, dann hat es sich als notwendig erwiesen, einen
so kräftigen Strom anzuwenden, daß ein Flüssigkeitsvolumen @entsprechend dem Inhalt
des Gärgefäßes im Laufe einer Zeit von höchstens z o Minuten (vorzugsweise 2 Minuten
oder weniger) durch
die außerhalb des Gärbottichs vorhandenen Leitungen
getrieben wird. Wird die Flüssigkeitsbewegung mittels zirkulierender Luft bewirkt,
so soll die verwendete LuftcWengie derjenigen entsprechen, die bei neuzeitlichen
Lufthefever£ahren benutzt wird. In Fällen, wo -die Flüssigkeit mittels Pumpen oder
anderen Einrichtungen durch Kanäle oder Behälter außerhalb des eigentlichen Gärgefäßes
getrieben wird, kann das Abführen bzw. Einführen an einer oder mehreren Stellen
stattfinden. Ablauf und Zulauf können auch auf verschiedene Weise zueinanderangeordnet
werden, beispielsweise so, daß die Flüssigkeitsströmung im wesMtlichen entweder
in. waagerechter oder in lotrechter Richtung verläuft. Es ist auch möglich, zwei
oder mehrere Umrührungsverfahren kombiniert zu verwenden. Wenn in einer Fabrik mehrere
Gärgefäße gleichzeitig im Betrieb sind, kann die Flüssigkeit der Reihe nach durch
zwei oder mehrere dieser Gefäße hindurchgeleitet werden, und zwar mit oder ohne
gleichzeitige Umrührung auf andere Weise.
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In Fabriken, die für Betrieb nach dem Lufthefeverfahren eingerichtet
sind, kann die vorhandene Lufteinblasevorrichtung mit Vorteil zur Umrührung der
Flüssigkeit verwendet werden, indem die Gärgefäße mit dichtschließenden Deckeln
versehen werden und Luft, Kohlensäure oder ein anderes Gas. durch die Blaseeinrichtungen
zirkulieren gelassen wird. Wenn auf diese Weise gearbeitet wird, sättigt sich das
Gas allmählich mit Alkoholdampf, welcher stets wieder ins Gärgefäß zurückgeführt
wird, so daß der beim Gären gebildete Alkohol in der Flüssigkeit verbleiben wird.
Der Alkohol kann in üblicher Weise aus der Flüssigkeit genonunen werden. Die Gärung
findet also bei diesem Verfahren in einer an Alkohol und Kohlensäure reichen Flüssigkeit
statt.
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Die Hefegewinnung unter Verwendung des vorstehend beschriebenen Verfahrens
kann übrigens in den Eülzelheiten auf die gleiche oder .ähnliche Weise wie bei bekannten
Verfahren eingerichtet ,werden. Als zuckerhaltiges Rohmaterial für die Durchführung
des beschriebenen Verfahrens können alle diejenigen Materialien benutzt werden,
die sonst für die Hefegewinnung nach gebräuchlichen Verfahren verwendbar sind (z.
B. Melasse, verzuckerte Kartoffeln und andere Wurzelknollen, verzuckertes Holz,
Meeresalgen, Flechten u. a,.).
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Es ist schon früher vorgeschlagen worden, in Gärverfahren mit umlaufender
Würze .zu arbeiten. Ein Verfahren dieser Art ist in der deutschen Patentschrift
27125o beschrieben worden. Bei diesem bekannten Verfahren -wird die umlaufende Flüssigkeit
außerhalb des Gärbottichs mit Luft gemischt und hierdurch in Form eines Schaumes
überführt, welcher alsdann mittels eines am Boden des Gärbottichs angeordneten Verteilers
in die zü. lüftende Würze' eingeleitet wird. Es wird dabei in offenen Gefäßen gearbeitet,
so- daß die eingeführte Luft mit dem während des Rufsteigens durch die Würze mitgerissenen
Alkoholdampf entweichen wird. Der so entweichende Alkohol geht somit verloren. Es
liegt ,auf der Hand, daß bei einer derartigen Arbeitsweise die Schaumbildung (und
demzufolge auch der Verbrauch an Gärfett) im Gärbottich sehr groß wird, so daß es
praktisch ,ausgeschlossen ist, mitbiesondersstarkem Flüssigkeitsumlauf zu arbeiten.
Aus dem gleichen Grunde ist auch bei einem Verfahren dieser Art ausgeschlossen,
mit großen Luftmengen zu arbeiten. Soweit bekannt, hat das Verfahren des Patents
271 250 auch keinen Eingang in die Praxis gefunden.
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Im Gegensatz zu diesem bekannten Verfahren handelt es sich nach vorliegender
Erfindung dartun, eine kräftige Strömung der umlaufenden Flüssigkeit mit möglichst
geringer Schaumbildung aufrechtzuerhalten, und es kann deshalb von der Einführung
wesentlicher Mengen von Luft in die umlaufende Flüssigkeit keine Rede sein.
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Es hat sich im praktischen Betrieb gezeigt, daß die Schaumbildung
bei der Durchführung des 'vorliegenden Verfahrens geringer, zumindestens nicht größer
ist als bei- dem bisher üblichen Lufthefeverfahren. Der - Verbrauch an Gärfett ist
deshalb nicht groß, selbst wenn der Flüssigkeitsumlauf sehr kräftig ist.
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Wie schon oben erwähnt, steigen die Ausbeuten ;an Hefe und Alkohol
mit wachsender Geschwindigkeit des Flüssigkeitsumlaufes. Als Beispiel seien die
nachstehenden Zahlen dreier Vergleichsversuche erwähnt, bei welchen mit verschiedenen
Umlaufgeschwindigkeiten gearbeitet wurde.
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Die Umlaufgeschwindigkeit war im ersten Versuch (I) so groß, daß iin
Laufe von 15 .Minuten der ganze Inhalt des Gärbottichs durch eine außerhalb des
Bottichs befindliche Leitung getrieben wurde. Im zweiten Versuch (Il) waren für
dielen einmaligen Umlauf 9o Sekunden und im dritten Versuch (III) 36 Sekunden nötig.
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Die Ausbeuten waren -wie folgt:
Umlauf Hefe Alkohol |
I 15 Minuten, 200/0, 28%, |
II 9o Sekunden, 33,50/0, 21,50/0, |
111 36 - 5"50/0, I9%. |
Die Zeichnungen stellen beispielsweise zwei verschiedene Vorrichtungen dar, die
zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
geeignet sind.
Fig. i zeigt einen Schnitt durch eine Vorrichtung, in der umlaufende Würze verwendet
wird, um die Gärung zu bewirken. Fig. 2 zeigt im Schnitt eine Vorrichtung, in der
Gas durch das Gärgefäß in Umlauf gesetzt wird.
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In Fig. i bedeuten: 2 und 5 Zentrifugalpumpen, 6 und 3 Röhren, durch
die Flüssigkeit vom Gefäß i zu den Pumpen gesaugt wird, q. und 7 Röhren, durch die.
die Würze von den Pumpen in das Gärgefäß zurückgedrückt wird. Vom Boden des Gefäßes
i bis zu dessen halbier Höhe reicht eine Scheidewand B.
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In Fig. 2 bedeuten: i das Gärgefäß, 12 eine Luftverteilungsv orrichtung
in der Nähe des Gärgefäßbodens, 13 eine Luftpumpe und 14 ein Rohr für die Luftzirkulation.
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Beispiel i Die Gärung soll beispielsweise in dem in Fig. i veranschaulichten
Gärgefäß vorgenommen werden. i oo kg Melasse werden in üblicher Weise gereinigt.
Die klare Lösung mit einer Konzentration von etwa i S' Balling wird in einen Vorratsbehälter
eingeführt.
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In die Umlaufleitungen 3 und 6 des Gärgefäßes 1 sind kräftige Zentrifugalpumpen
2 und 5 eingebaut, die eine Gesamtkapazität von Zoo 1/Min. aufweisen. Die Pumpe
2 hält die Flüssigkeit in Umlauf vom Boden des Gefäßes zurück zu :einer anderen
Stelle am Gefäßboden, während die Piunpen 5 in der gleichen Zeit die Flüssigkeit
vom Boden des. Gefäßes bis nahe unterhalb des Flüssigkeitsspiegels treibt. In das
Gärgefäß i wird Wasser und so viel gereinigte Melasselösung vom Vorratsbehälter
eingeführt, daß das Gefäß i ungefähr 1550 1 Flüssigkeit von 1,3° Balling enthält.
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In den Vorratsbehälter, der den Rest der gereinigten Melasselösun,g
enthält, wird so viel Wasser eingebracht, daß die Gesamtmenge .an Flüssigkeit iooo
1 beträgt.
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Die Würze im Gärkessel wird mit Stellhefe versetzt und hierauf die
Gärung bei der üblichen Temperatur (etwa 30° C) bewirkt. Würze aus dem Vorratsbehälter
wird stetig in das Gärgefäß i 'eingeführt, und die notwendigen Nährsalze werden
periodisch während des Gärprozesses zugegeben. Die Bewegung der Hefezellen in der
Flüssigkeit erfolgt mittels der durch die Pumpen in Umlauf versetzten Würze.
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Der Gärprozeß ist nach etwa 13 Stunden beendet. Die Hefe wird dann
von der Flüssigkeit abgetrennt und, wie dies bei der Hefegewinnung üblich ist, ,auf
an sich bekannte Art weiterbehandelt. Die ialkoholische Flüssigkeit wird hierauf
einer Destillation unterworfen, um den darin enthaltenen Alkohol zu g e"vimlen.
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Die Ausbeute an Hefe ist gut; gleichzeitig erhält man eine Alkoholausbeute,
welche nahezu gleich hoch ist wie die bei den gewöhnlichen Alkoholfabrikationsverfahren,
bei deren keine Hefe erzeugt wird.
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Die Qualität der anfallenden Hefe ist völlig gleichwertig mit der,
die nach dem üblichen Hefeverfahren gewonnen worden ist, und zwar sowohl in bezug
auf Backfähigkeit und Aroma als auch auf Haltbarkeit.
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Beispiel 2 -
Der Gärprozeß wird auf ungefähr die gleiche Art
durchgeführt, wie in Beispiel i beschrieben, nur mit dem Unterschied, daß die Bewegung
der Würze durch umlaufende Luft hervorgerufen wird, welche sich nach und nach mit
Kohlendioxyd anreichert. Die verwendete Vorrichtung entspricht der, die in Fig.
2 beschrieben ist.
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Die vom oberen Teil des Gärkessels i abgezogene Luft wird in den unteren
Teil des Kessels eingeführt, und zwar ohne daß sie einer reinigenden Behandlung
unterworfen wurde. Die Geschwindigkeit des Luftflusses entspricht zumindest 25 ms
Luft in der Stunde auf i m3 Würze im Gärgefäß.
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Dieses Verfahren liefert gleich gute Ergebnisse wie Beispiel i.