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Isolierter elektrischer Leiter für Kabel der Stark- und Schwachstromtechnik
Die Cellulose hat in Gestalt von Papier eine große Bedeutung für die Isolation elektrischer
Leiter erlangt, derart, daß sowohl Schwachstrom- wie Starkstromleiter heute in ganz
überwiegendem Maße mit Hilfe dieses Materials isoliert werden. Die Eignung des Papiers
für---diesen Zweck beruht eigentlich nicht darauf, daß dasselbe selbst ein so ausgezeichneter
Isolierkörper wäre, da es ja weder bei Schwachstrom- noch bei der Starkstromisolation
der eigentliche 'Träger des Isoliervermögens ist. In Wirklichkeit wird die Isolation
der Schwachstromleiter durch Luft und die der Starkstromleiter durch ein Imprägniermittel,
welches in der Regel aus öl oder ölkompounden besteht, gebildet. Das Papier bildet
vielmehr in einer solcher Art aufgebauten Isolation eine Art Gerüst und erfüllt
dabei in erster Linie die Aufgabe, zwischen dein eigentlichen Leiter und seiner
Umgebung, die entweder aus anderen Leitern oder einer geerdeten Ummantelung bestehen
kann, einen bestimmten Abstand aufrechtzuerhalten. Man könnte es also als eine Stützkonstruktion
bezeichnen, deren Aufgabe es ist, den zu isolierenden Leiter innerhalb der ihn umgebenden
leitenden Teile zu zentrieren. Hiermit ist, soweit Schwachstroiiiisolation in Frage
kommt, seine Aufgabe bereits erfüllt, und die Kunst seiner-Anwendung in dein erörterten
Sinne besteht -lediglich darin, den erstrebten Zweck mit einer Mindestmenge von
Material zu erreichen, <1a die eigene Dielektrizitätskonstante des Papiers störend
wirkt insofern, als sie die Kapazität der isolierten Leitung in unerwünschter Weise
erhöht. Durch die vielen Ausführungsformen der bekannten Hohlraumisolierung hat
man versucht, dem Ideal der reinen Luftisolierung so nahe als irgend möglich zu
kommen.
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Auch bei der Starkstromisolation hat das Papier die Aufgabe für einen
symmetrischen Abstand des Leiters von seiner Umgebung zu sorgen. Darüber hinaus
erfüllt es aber noch den weiteren Zweck, eine Sperrwirkung innerhalb der Isolation
auszuüben, die das Tränkmittel der freien Beweglichkeit beraubt und es örtlich fixiert.
Hiermit soll erreicht werden, daß das Imprägniermaterial dem Ionenstoß, der bei
der sich bei der Starkstromisolation entwickelnden hohen Beanspruchung auftritt,
nicht ausweichen kann, so daß die Gefahr des Durchbruchs der elektrischen Spannung
herabgesetzt wird, was nichts anderes bedeutet, als daß die Durchschlagsfestigkeit
erhöht wird. Aus dieser Forderung resultiert ein grundsätzlich ganz anderer Aufbau
der Isolation, indem '-ersucht werden muß, soviel Papier wie möglich innerhalb der
gegebenen Wandstärke unterzubringen, uni zu verhindern, daß Lükken und Spalten entstehen,
in denen <las Trä nkmittel an der freien Beweglichkeit nicht behindert wird.
Bei- der Starkstromisolation
wird deshalb das Papier in möglichst
vielen dicht aufeinander gewickelten Lagen aufgebracht, indem schmale Bänder mit
geringer Lberlappung oder aneinanderstoßenden Kanten schraubenförmig aufgewickelt
werden. Trotzdem ergibt sich auch bei dieser Anordnung des Aufbaues keine homogene
Isolation im eigentlichen Sinne. Sie besteht vielmehr aus mit dem Tränkmittel imprägnierten
Papierschichten und dazwischenliegenden Tränkmittelf lmen. die keineswegs- gleichwertige
Qualität aufweisen. Während nämlich die imprägnierten Papierschichten selbst sehr
günstige dielektrische und physikalische Eigenschaften besitzen, trifft dies für
die zwischengelagerten ölflme nicht in gleichem Maße zu. Ihre Dimension ist bereits
eine so große, daß die Ölmoleküle eine gewisse Beweglichkeit besitzen und infolgedessen
wan-<lern können. -Unter dem Einfluß der durch die Wärmeschwankung v eranlaßten
Verlagerung wie auch durch die Wirkung in Richtung der Papierebenen verlaufender
elektrischer Felder (tangentiale Beanspruchung) können die Ölschichten verschoben
ünd aus ihrem Zusammenhang gerissen werden, so daß sich leicht Hohlräume bilden
können von einer Größenordnung, die im Sinne der obigen Ausführung als gefährlich
zu bezeichnen ist. Man sucht dieser Erscheinung bei der normalen Bauart bekanntlich
dadurch zu begegnen, daß man Imprägniermassen möglichst hoher Kohäsion nimmt; wobei
man aber gewisse Grenzen mit Rücksicht auf die Biegsamkeit des ganzen nicht überschreiten
darf. Auf alle Fälle _ sind diese in großer Zahl im Kabel längs verlaufenden ununterbrochenen
Zwischenräume als ein großer Mangel der Bauart anzusprechen, die heute für die Herstellung
der Papierisolation in Anwendung gebracht wird.
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Bekannt sind auch die großen Schwierigkeiten, die dadurch entstehen,
daß das Tränkmittel im wesentlichen wegen seines Gehaltes an öl ein großes therlilisches
Ausdehnungsbestreben besitzt, was zur Folge hat, .daß dasselbe sich zwischen den
Papierlagen herauszwängt und damit aus der Isolation austritt, ohne in dieselbe
bei der Abkühlung wieder zurückzukehren. Diese Erscheinung kommt dadurch zustande,
daß das Papier nur in gewissem Grade vermöge seiner eigenen Elastizität imstande
ist, dein sich dehnenden Imprägniermittel nachzugeben. Die Folgeerscheinung ist
eine Verarmung an Tränkmittelfüllung der Zwischenräume zwischen den Papierschichten
im Innern der Isolation und die Bildung entsprechender Hohlräume, die in bekannter
Weise zu Ionisationsvorgängen und zur langsamen Zerstörung der Isolation führen.
Gemäß der Erfindung wird vorgeschlagen, von der Anwendung ,der Cellül_ose in Gestalt
von Papier bei Herstellung der Isolation von elektrischen Leitern abzugehen, und
dafür die Isolationsschicht aus schwamm orte e drat@ce u öse au zubaue ie
Möglichkeit der Überführung der Hydratcellulose in schwammförmige Gestalt ist bereits
bekanntgeworden, und es werden u. a. ausgehend von der Viscose Schwämme, z. B. zum
Fensterreinigen, hergestellt.
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Eines der für diesen Zweck zur Anwendung gebrachten Verfahren besteht
z. B. darin, .daß die Viscose mit pulverisiertem Natrium- oder Kaliumsulfat vermengt
wird, worauf man in einem Fällbade die Ausfällung der Cellulose bewirkt. Hierbei
bleiben die in die Viscosc eingemischten Sulfatkörner erhalten und hinterlassen
bei ihrer nachträglichen Entfernung durch Lösung und Auswaschen Poren entsprechender
Größe in dem Material, so daß dieses einen wabenförmigen, schwammartigen Aufbau
erhält. Gemäß der Erfindung soll ein derartiges Gemisch von Viscose mit Sulfatkörnern,
welches in Gestalt eines konsistenten Teiges hergestellt werden kann, auf einen
elektrischen Leiter aufgebracht werden, worauf dann die Ausfällung der Hydratcellulose
in der beschriebenen Weise vorgenommen wird. Das Aufbringen der Masse auf den elektrischen
Leiter kann mittels Spritzens oder Scherverfahrens oder durch Aufspinnen eines Teigfadens
oder auf ähnliche Weise geschehen. Die Erfindung ist jedoch keineswegs auf die genannte
Form der Aufbringung beschränkt, ebenso auch wie das chemische Verfahren an sich
durch andere gleichwertige ersetzt werden kann. Wesentlich ist, daß auf den elektrischen
Leiter ein i schwammförmiger Überzug aus Hydratcellulose erzeugt wird, der ein Isolationsgerüst
im Sinne der eingangs gemachten Ausführungen darstellt. Nach der zweckmäßig in einer
heißen Sulfatlösung bewirkten Ausfällung .der Cellulose werden die in den Poren
verbliebenen Sulfatkörner durch Auskochen mit heißem Wasser oder durch Behandlung
mit Dampf entfernt und das Material hierauf getrocknet. .Es resultiert dann eine
Bedeckung der Leitung, die in ihrer mechanischen Qualität und ihrem äußeren Aussehen
an Hollundermark erinnert und trotz ihrer merklichen Widerstandsfähigkeit unter
Druck deformiert werden kann. In der Vergrößerung läßt sich erkennen, daß dieselbe
von unzähligen feinen Poren durchsetzt ist, die von Cellulosewänden umgeben sind.
Nach Entfernen des in* den Poren und in der Cellulosewandung enthaltenen Wassers
durch Trocknen besitzt das Material mindestens gleichwertige elektrische Eigenschaften,
wie
sie die Hohlraumisolierung der Telephonadern bietet. In mechanischer
Hinsicht ist es dieser jedoch bedeutend überlegen, da die Porenwandungen wie Stützgewölbe
wirken und deshalb eine viel widerstandsfähige Zentrierung ergeben als es bei jener
der Fall ist. Trotzdem kann das Material durch entsprechenden Druck, wie oben ausgeführt,
deformiert werden, Wobei sich aber eine sehr gleichmäßige Auswirkung ergibt. Dies
bedeutet, daß die Abstände in einem Leiterbündel durch entsprechende Pressung in
gewissen Grenzen verändert werden können, um dadurch die Größe der Kapazität zu
beeinflussen, ohne daß die Abstände zwischen den einzelnen Leitungen unterschiedliche
Größe erhalten. Die neue Bauart gestattet durch Vergrößerung der Hohlräume und Verminderung
der festen Substanz den Cellulosegehalt iri höherem Maße herabzusetzen, als es bei
Verwendung des Papiers möglich ist. Infolgedessen sind bei gleicher Dimensionierung
der Ader geringere Kapazitätswerte erreichbar, für deren Aufrechterhaltung auf die
Dauer gemäß der besonderen mechanischen Oualität auch eine höhere Gewähr gegeben
ist.
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Ebenso wie für die Isolierung von Telephonadern kann das Material
auch für Hochfreduenzleitungen Anwendung finden, wobei die vorher genannten guten
Eigenschaften eine entsprechend bedeutende Rolle spielen.
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Während das in den Poren ursprünglich festgehaltene- Wasser leicht
und endgültig entfernt werden- kann, läßt sich das in der Cellulosewandung enthaltene
nur vorübergehend beseitigen, da diese, ähnlich wie dies bei Papier der Fall ist,
aus der Luft rasch neue Feuchtigkeit aufnimmt. Diese Erscheinung spielt bei der
Telephonkabelisolierung im allgemeinen ebenso wie bei .der bisher üblichen Isolierung
keine Rolle, da diese bekanntlich durch den Bleimantel von der äußeren Luft abgeschlossen
ist. In den Fällen jedoch, da ein solcher Abschluß dauernd oder zeitweise nicht
in Frage kommt, kann durch eine geeignete Behandlung dafür gesorgt werden, daß die
Wiederaufnahme v an Wasser aus der Luft durch die Cellulosewand verhindert oder
jedenfalls gemildert wird. Zu diesem Zweck kann die Cellulosewandung durch geeignete
Imprägniermittel getränkt werden, Wobei Lacke, trocknende Öle und ähnliche Substanzen
in Frage kommen. Die Imprägnierung geschieht dadurch, daß das Material -mit diesen
Stoffen evtl. in verdünnter Lösung durchtränkt und danach ausgepreßt wird. Hierdurch
werden die Poren wieder frei von dem Imprägniermittel, während die von der Wandung
aufgesaugte Tränkung zurückbleibt und dadurch die Wasseraufnahme verhindert. Ein
ähnlicher Effekt kann durch eine nachträgliche Veresterung der Cellulose-Wandung
in an sich bekannter Weise erreicht werden. Gleichzeitig möge an dieser Stelle erwähnt
werden, daß die mechanische Qualität des Cellulosegerüstes auch durch Zusätze, wie
Weichmachungsmittel u. dgl., zur Viscose in gewünschter Weise beeinflußt werden
kann.
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Sofern der oben geschilderte chemische Prozeß mit der Verwendung von
Sulfaten für die Herstellung des Celluloseschwammes Anwendung findet, ist eine Einwirkung
der chemischen Substanz für das zu isolierende Metall, das im allgemeinen Kupfer
ist, zu erwarten. Obwohl diese in der Regel nicht als schädlich angesehen zu Werden
braucht, ist es leicht möglich, ihr zu begegnen, indem man den Leiter vor der Aufbringung
der Bedeckung in bekannter Weise mit einer Schutzschicht, bestehend aus einem unangreifbaren
Metall oder einem Lack o. dgl., überzieht.
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Ebenso wie als Träger der Luftisolation kann das Material auch als
Träger eines
Trinkmittels verwendet werden und bildet in
dieser Form ein
Isoliermaterial für gtarIcstromleitungen@ das ebeniälis-größe ZTOrzüge vor
der bisher aus geewickeltem@Pavier,her= @estellten@söflreurig besitzt, Durch
die vielfältige Einschaltung von Wänden, welche die Poren umgeben, wird der obenerwähnte
Sperreffekt in viel vollkommenerer Z`Teise erreicht, und zwar dcslialb, ;weil er
sich nicht nur auf Einzelschichten des Dielektrikums beschränkt unter Freilassung
von anderen, sondern weil er in radialer und longitudinaler Richtung in gleicher
Weise vorhanden ist. Die einzelnen Moleküle und Molekülgruppen des Tränkrnittels,
die in den Poren enthalten sind, sind allseitig gleichmäßig von der Cellulosewandung
umschlossen und können sich deshalb in keiner Richtung unter gleichviel welchen
Einflüssen fortbewegen. Diese Wirkung läßt sich erhöhen dadurch, daß man im Gegensatz
zu den Anforderungen, die die Schwachstromisolation stellt, die Poren möglichst
klein gestaltet. Auch ist es möglich und sogar nützlich, den Inhalt der Poren bei
der fertig getränkten Isolation durch äußere Pressung zu vermindern, -wobei gewisse
Mengen des Tränkmittels, welche keinen Platz mehr finden, llerausgedrängt werden.
Dafür wird die Möglichkeit geschaffen, daß das in den Poren eingeschlossene Tränkmittel
unter dem Einfluß der Temperatur sich ausdehnen kann, ohne rlaß es gezwungen ist,
aus der es tonschließenden Wandung herauszutreten. Es ergibt sich daraus der große
Vorteil, daß ein Austritt des Tränkmittels, das im übrigen durch die kapillaren
Kräfte des schwammförmigen 1laterials
in viel höherem Maße festgehalten
wird, als es z. B. in den großen Zwischenräumen zwischen den gewickelten Papierschichten
.der Fall ist, nicht stattfindet, daß vielmehr das C ellulosegerüst dem Ausdehnungsbestreben
des Öles nachgibt und sich demselben unter entsprechender Veränderung der Porenform
anpaßt. Es ist deshalb möglich, ein derart aufgebautes Isoliermaterial in einem
viel größeren Temperaturbereich hohlraumfrei ' und damit ionisationsfrei zu erhalten,
als dies bei der gewickelten Papierisolation, sofern nicht besondere Kunstgriffe
zur Anwendung kommen, geschehen kann.
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Ebenso wie bei jener Konstruktion ist es auch bei der neuen Bauart
von Vorteil, die äußere Oberfläche der Isolation in eine Potentialfläche zu überführen,
die aber selbst elastische Eigenschaften besitzen muß, da sich ja das Volumen der
Gesamtisolation, bestehend aus Cellulosegerüst und Tränkmittel, unter dem Einfluß
der Temperatur verändert. Zu diesem Zweck kann der isolierte Leiter mit einer elastischen
Außenbedeckung versehen werden, die leitende Substanzen enthält (mit -Metallpulver
durchsetztes Plexigum). Es kann auch eine weitere Schicht aus Celluloseschwamm aufgebracht
werden, die mit einer leitenden Substanz, z. B. Graphit, in der blasse gefüllt ist.
Gegebenenfalls genügt das Aufreiben eines Metall- oder Graphitpulvers auf die isolierte
Ader, um die gewünschte 'Potentialfläche zu schaffen.
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In gleicher N\-eise, wie als Material des Isolationsaufbaues selbst,
kann der Celluloseschwamm auch als Ausfüllmaterial in Mehrfachkabeln zur Anwendung
gebracht werden, wobei es von großem Vorteil ist, daß er nicht nur mit Hilfe des
Spritzverfahrens von vornherein in der für die Einbringung zweckn iä * ßi-sten
, Gestalt hergestellt werden kann, sondern daß er auch infolge seiner Schmiegsamkeit
in außerordentlichem Maße anpassungsfähi- und darum geeignet ist, die-Lücken in
vollkommenster Weise zu füllen. Um die für die Bearbeitung solcher Stränge ausreichende
Zugfestigkeit sicherzustellen, können beim Spritzen der Stränge Einlagen aus zugfesten,
leitenden oder nichtleitenden Stoffen vorgesehen werden, wobei im ersteren Falle
die Einlagen auch für Hilfsleiterzwecke Anwendung finden können.
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Natürlich kann der Celluloseschwanim auch <las Cellulosegerüst
abgeben für solche Isolationen für Starkstromzwecke, die nicht mit flüssigen Tränkmitteln,
sondern, wie bekannt, mit Gasen imprägniert sind. Die große Durchlässigkeit des
schwainniartigen Aufbaues erleichtert die Zuführung des Druckgases und die gleichmäßige
Aufrechterhaltung cles Druckes in ganz erheblichem 1laLie.