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Entlastungsvorrichtung für große astronomische Instrumente Brei den
modernen großen astronomischen Instrumenten machen sich Durchbiegungen, die das
Fernrohr oder die Achsen bei den verschiedenen Lagen des Fernrohres erleiden, sehr
störend bemerkbar, und zwar nicht so sehr die absoluten Biegungen als vielmehr die
Änderung, die die Durchbiegung bei den verschiedenen Fernrohrlagen erleidet. Bei
einem Meridiankreis- oder Vertikalkreisinstrument, bei dem die Verhältnisse noch
einfach insofern liegen, als nur das um eine horizontale Achse drehbare Fernrohr
selbst in verschiedene Lagen in bezug auf die Lotrichtung kommt, krümmt sich das
Rohr des Instruments durch das Gewicht des schweren Objektivs und des schweren Okulars.
Diese Durchbiegung ist am stärksten, wenn das Fernrohr horizontal gerichtet ist,
und am schwächsten bzw. gleich Null, wenn das Fernrohr nach dem Zenit gerichtet
ist. In Zwischenlagen nimmt die Durchbiegung alle Zwischenwerte an. Die Biegung
des Rohres des Instruments bedingt, daß sich das Objektiv sowie das Okular bei von
der Lotrichtung abweichender Richtung der Fernrohrachse ein wenig senken. Dadurch
findet eine relative Ablenkung der durch das Objektiv hindurchtretenden Lichtstrahlen
in bezug auf das Okularmikrometer statt, welche sich in einer Verlagerung des Bildes
im Mikrometer und demzufolge als Meßfehler äußert. Die Erscheinungen treten auch
bei parallaktisch aufgestellten Instrumenten, bei Refraktoren und Spiegelteleskopen
auf; nur werden hier die Verhältnisse noch verwickelter, als noch Biegungen der
die verschiedenen Schräglagen einnehmenden Deklinationsachse hinzukommen. Während
man bei einfachen astronomischen Instrumenten besonders dann, wenn der Fernrohrkörper
möglichst symmetrisch und aus möglichst homogenem Werkstoff hergestellt ist, die
Biegungsverhältnisse rechnerisch verfolgen konnte, ist dies bei parallaktisch aufgestellten
Instrumenten, namentlich dann, wenn das Fernrohr zur Aufnahme mehrerer Lichtwege
dient, kaum mehr möglich.
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Um diese Schwierigkeiten zu beseitigen, hat man daher vorgeschlagen,
besondere Entlastungsvorrichtungen anzuordnen, derart, daß der zu entlastende Bauteil,
also beispielsweise das Fernrohr, mit einem zweiten Mantel umgeben wurde, an welchem
gewichtsbelastete Hebel angeordnet sind, die mit dem freien Hebelarm an dem schweren
Teil, also z. B. an dem Träger für die Objektivfassung und dem Tragteil für das
Okularmikrometer, angreifen. Der Hebel selbst bzw. die Verbindungslinie des Schwerpunktes
des Belastungsgewichtes
mit dem Angriffspunkt des Hebels verläuft
parallel zum Fernrohr, und das Gewicht bzw_ die Hebelarme sind derart abgestimmt,
daß- .das Gewicht den größten Teil der Last des Objektivs bnv. des Mikrometers unmittelbar
ausgleicht, wobei der Hebel selbst in dem Mantel bzw. dem sonstigen zu entlastenden
-Bauteil entsprechend angeordneten Tragteil gelagert ist. Ähnliche Einrichtungen
hat man auch für die Achsen der parallalktisch aufgestellten Instrumente, insbesondere
für die Deklinationsachse, getroffen, indem hier durch-den Entlastungshebel insbesondere
die Stelle der Deklinationsachse abgestützt wird, an der das Fernrohr bzw. das Gegengewicht
angeordnet ist. Von einer Entlastung der Stundenachse bei parallaktisch aufgestellten
Instrumenten hat man meist abgesehen, da die Stundenachse ihre Richtung im Raum,
also in bezug auf die Schwerkraft, beibehält und veränderliche Durchbiegungen daher
kaum erleidet.
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Diese bisherigen Entlastungssysteme haben den Nachteil, daß die Entlastungsgeyvichte
von ähnlicher Größenanordnung sein müssen wie die Gewichte der zu entlastenden Bauteile.
Eine übertraggung unterhalb des Verhältnisses i : 5 wird wegen Konstruktionsschwierigkeiten
kaum möglich sein, so daß die Entlastungsgewichte selbst mindestens ein Fünftel
der zu entlastenden Bauteile betragen müssen. Da das Fernrohr eines Meridiankreises
beispielsweise eine Bewegung von i8o° durch das Zenit hindurch ausführen muß, @es
vielfach auch noch unterhalb der Zenitlinie zu Beobachtungen an in Quecksilberhorizonten
gespiegelten Sternen herangezogen wird, so müssen die Entlastungshebel an solchen
Fernrohren mindestens doppelt angeordnet sein. Bei parallaktisch aufgestellten Instrumenten
müssen die Entlastungshebel mindestens dreifach, meist aber vier- oder sechsfach
in gleichen Abständen um das Fernrohr herum angeordnet sein. Infolgedessen wird
das Gesamtgewicht des Instrumentes durch diese Art der Entlastung sehr erheblich
erhöht. Die Gewichtsvermehrung kann bei großen Instrumenten sehr groß werden, da
die das Fernrohr oder die Achsen zusätzlich belastenden Entlastungsgewichte eine
stärkere Bemessung der Bauteile, insbesondere des Fundamentes, bedingen. Man hat
daher bereits vorgeschlagen, zur Abstützung der zu entlastenden Bauteile Kompensationsdosen
zu verwenden, welche mit nachstellenden, z. B. hydraulischen oder elektrischen Getrieben
zusammenwirken, die die Last der Bauglieder aufnehmen. Hierbei hat man Meßsysteme,
z. B. Fühlheb-el, vorgesehen, welche die Abweichungen der abzustützenden Teile von
lagebestimmenden funkten messen und die Kompensationsdosen durch die erwähnten elektrischen
oder hydraulischen Getriebe steuern, derart, daß die Abweichungen von der Sollage
verschwinden. Durch die Erfindung wird ein anderer Weg zur Abstützung derjenigen
Bauteile beschritten, die Biegungserscheinungen unterworfen sind, der zui Beseitigung
der Störungen durch Biegungserscheinungen bessere Erfolge verspricht. Die Erfindung
kennzeichnet sich im wesentlichen dadurch, daß 'nicht die Abweichungen, die die
abzustützenden Teile. infolge der Biegungs ; erscheinungen von lagebestimmenden
Teilen erleiden würden, gemessen werden, sondern daß als Meßsysteme zur Schaltung
der abzustützenden Getriebe verhältnismäßig leichte gewichtsbelastete Hebel verwendet
werden, die derart gelagert sind und die Kraftgetriebe beeinflussen, daß diese auf
die abzustützenden Bauteile entsprechend der die Durchbiegung verursachenden Schwerekomponente
einwirken. Die Erfindung benutzt hierbei den Gedanken, der den früheren Bauarten
zugrunde liegt und darin wurzelt, durch der Schwerkraft unterworfene Hebelsysteme
die erforderlichen, der Biegung entgegenwirkenden Kräfte zu gewinnen. Dadurch jedoch,
daß die Gewichtshebel bei der erfindungsgemäßen Entlastung der Bauteile nicht unmittelbar
zur Entlastung der Bauteile herangezogen werden, sondern nur zur Schaltung der abstützenden
Kraftgetriebe, können die Gewichte der Gewichtshebel klein gehalten werden . Als
Stützkraftgetriebe eignen sich besonders mit Druckflüssigkeit, z. B. Drucköl, betriebene
Druckkolben. Zur Einstellung des Druckes in dem zugehörigen Zylinder können Druckwandler
bekannter Art herangezogen werden, bei denen durch den gewichtsbelasteten Hebel
die Wirkung des freien Druckölstrahlers einer auf eine Öffnung des Druckzylinders
gerichteten Düse geändert wird und wobei von dem Druckzylinder ein proportionaler
Teildruck abgeleitet und auf den Hebel entgegen der Last des Gewichtes zur Einwirkung
gebracht wird.
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In Abb. i der Zeichnung ist ein zur Ausführung der Erfindung geeignetes
Stützgetriebe dargestellt. Abb. z und 3 veranschaulichen ein gemäß der Erfindung
abgestütztes Fernrohr eines Meridiankreises.
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In Abb. i bezeichnet i den abzustützenden Bauteil, z. B. den Träger
für eine Objektivfassung des Fernrohres. 3 bezeichnet den äußeren Mantel, an welchem
das Stützgetriebe angeordnet ist. Dieses besteht aus dem Druckzylinder .q., in welchem
der Druckkolben 5 arbeitet, dessen Kolbenstange 6 auf den abzustützenden Teil einwirkt.
An dem Mantel 3 ist parallel zur Achse des Rohres z des Instruments der Hebel
7 angeordnet, an welchem
ein kleines Gewicht 8 sitzt. Der
Hebel 7 wirkt mittels eines Druckstiftes 9 auf ein bei i o drehbar gelagertes Rohr
i i, welchem durch die Leitung 12, z. B. von einer Zahnradpumpe, ständig Drucköl
zugeführt wird. Das Strahlrohr i i spielt vor der Düse 13 des Zylinders 4.. Beim
Auftreffen des aus dem Strahlrohr i i austretenden Ölstrahles auf die Düse 13 wird
die gesamte kinetische Energie des die Düse 13 treffenden Anteiles des aus
dem Rohr i i austretenden Strahles in Druck umgesetzt. Der Druck unter dem Kolben
5 erreicht-daher sein Maximum, wenn die Mündung des Rohres i i genau der Düse 13
gegenübersteht, und wird Null, wenn der aus dem Rohr i i austretende Strahl die
Düse nicht mehr trifft. In allen Zwischenlagen nimmt der Druck unter dem Kolben
Zwischenwerte an.
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Von dem Zylinder q. geht eine Zweigleitung 14 nach einem Zylinder
15 von wesentlich kleinerem Querschnitt als der des Zylinders In dem Zylinder
15 arbeitet ein Kolben 16,
dessen Kolbenstange 17 ebenfalls
an dem Strahlrohr i i angreift. Ein Anschlag 18 begrenzt die Bewegung des Strahlrohres
i i im Sinne des Uhrzeigers, so, daß bei Anliegen des Strahlrohres i i an den Anschlag
18 der austretende Ölstrahl die Düse 13 gerade voll trifft. Das Strahlrohr i i spielt
sich bei dieser Anordnung der Teile in eine Gleichgewichtslage ein, bei welcher
der durch die Kolbenstange 17 ausgeübte Druck dem durch das Gewicht 8 auf die Druckstange
9 übertragenen Druck genau das Gleichgewicht hält. Dabei ist der Druck in dem Zylinder
15 dem Druck in dem Zylinder q. proportional, und zwar in einem Verhältnis, welches
dem Verhältnis der Zylinderquerschnitte entspricht. In der Praxis wird man den Zylinderquerschnitt
15 im Verhältnis zum Querschnitt des Zylinders wesentlich kleiner wählen, als in
der Zeichnung dargestellt.
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Die Wirkungsweise der Einrichtung ist folgende. Wird das Fernrohr
aus einer Lage, in der zwischen der Wirkung des Zylinderkolbens 16 und des Gewichtes
8 Gleichgewicht geherrscht hat; z. B. in eine steilere Lage gedreht, so vermindert
sich der auf den Druckstift , wirkende Anteil der an dem Gewicht 8 angreifenden
Schwerkraftkomponente. Infolgedessen überwiegt jetzt der in dem Zylinder 15 unter
dem Kolben 16 herrschende Druck; das Strahlrohr i i wird gegen den Uhrzeigersinn
bewegt und beaufschlagt die Düse 13 zu seinem kleineren Teil.. Infolgedessen vermindert
sich der Druck in dem Zylinder q. und gleichzeitig der Druck in dem Zylinder 15.
Diese Druckabnahme in dem Zylinder 15 geschieht so lange, als sich das Strahlrohr
i i gegen den Uhrzeigersinn bewegt. Die Bewegung kommt zur Ruhe in dem Augenblick,
in dem der Druck in dem Zylinder 15 der der, neuen Lage des Fernrohres entsprechenden,
durch das Gewicht 8 wirkenden. Schwerkraftkomponente das Gleichgewicht hält. Da
diese Komponente-mit dem Kosinus des Höhenwinkels des Hebelarmes 7 sich ändert,
so ist auch der Druck in dem Zylinder 15 und daher auch der auf den Kolben
5 wirkende Druck in dein Zylinder q. stets proportional dem Kosinus des Höhenwinkels
der Achse des Fernrohres. Infolgedessen ändert sich auch die den Teil i abstützende
Kraftwirkung des Kolbens 5 proportional dem Kosinus des Höhenwinkels. Der abzustützende
Teil i wird also entsprechend der das Fernrohr auf Biegung beanspruchenden Schwerkraftkomponente
proportional abgestützt.
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Die Abb.2 und 3 zeigen die Anwendung des in Abb. i dargestellten Kraftgetriebes
auf das Fernrohr eines Meridiankreises, und zwar zeigt Abh.2 das Fernrohr im Schnitt
in Richtung der Achse gesehen, während Abb. 3 das Fernrohr in Richtung der optischen
Achse gesehen darstellt. Das Rohr 2 des Fernrohres ist in üblicher Weise an dem
Kubus 21 befestigt, an welchem auch die Achse 22 mit den Lagerzapfen angesetzt ist.
Der Kubus 21 trägt ferner das die Stützeinrichtung aufnehmende Mantelrohr 3. An
dem einen Ende des Rohres 2 ist das Objektiv 23, an dem anderen das Okularmikrometer
24 befestigt. Beiderseits der optischen Achse des Fernrohres, und zwar in der zu
der geometrischen Achse des Achskörplers 22 senkrechten Ebene, greifen an dem die
Objektivfassung tragenden Teil i bzw. an dem das Okularmikrometer tragenden Teil
25 die Kolbenstangen 6 der Entlastungseinrichtungen 26, 27, 28, 29 an, welche wie
in Abb. i dargestellt eingerichtet sind. Es ist ersichtlich, daß die EntlastiUigseinrichtungen
nicht wirken, wenn das Fernrohr vertikal steht, daß dagegen die Entlastungseinrichtungen
27, 29 zu wirken beginnen, wenn das Fernrohr im Uhrzeigersinn bewegt wird, dagegen
die Entlastungseinrichtungen 26, 28, wenn das Fernrohr gegen den Uhrzeigersinn um
seine horizontale Achse gedreht wird. Im ersteren Falle sind die Einrichtungen 26,
28, im letzteren Falle die mit 27, 29 bezeichneten außer Betrieb.
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Denn wenn das Fernrohr z. B. im Uhrzeigersinn bewegt wird, legt sich
der kleine Gewichtshebel der Einrichtung 26 gegen das innere Rohr 2. Er kann
dann keine Kraft auf das zugehörige Strahlrohr übertragen, so daß dieses durch den
noch wirksamen Druck des zugehörigen kleinen Kolbens von der betreffenden Düse des
großen Entlastungszylinders fortbe-,vegt wird. Das gleiche gilt für die Einrichtung
28. Wird das Fernrohr dagegen
gegen den Uhrzeigersinn gedreht,
so würden sich die beiden Hebel der Einrichtungen 27, 29 gegen das Rohr 2 legen
und könnten dementsprechend keine Kraft zur Beeinflussung der zugehörigen Strahlrohre
übertragen.