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Verfahren zur Herstellung von grauem Gußeisen mit hoher Zugfestigkeit
Es sind bereits verschiedene Verfahren zur Herstellung von Gußeisen mit hohen Festigkeitswerten
bekannt. Die Verbesserungen gegenüber dem gewöhnlichen Grauguß werden erzielt teils
durch Herstellung einer perlitischen Grundmasse, teils durch Graphitverminderung,
teils durch Graphitverfeinerung. Man erreicht dies entweder durch Anwendung besonderer
Gattierungen oder durch besondere Führung des Schmelz- und Gießverfahrens. Der Zusatz
graphitbildender Elemente, wie Aluminium, Silicium oder Nickel zu geschmolzenem
Gußeisen unter gewöhnlichen Schmelzbedingungen ist bekannt. Die Festigkeitseigenschaften
eines so erschmolzenen Eisens sind jedoch verhältnismäßig gering und gehen selten
über 3okg/qmm Zugfestigkeit hinaus. Es ist ferner bekannt, daß man mit einem anderen
Verfahren (Emmel, Stahl und Eisen, 1925, S. 1466) Zugfestigkeitszahlen bis
41 kg:'qmm erreichen kann. Nach allen diesen Verfahren wird bereits im Gießereischachtofen
auf Erzielung. eines grauen Gusses hingearbeitet. Schließlich ist auch bekannt (l4
e ha n, frz. Patent 557 274), im Gießereischachtofen ein weißes Eisen zu erschmelzen
und dieses dann durch Zusatz eines nichtmetallischen Silicides in ein graues Gußeisen
zu verwandeln, wodurch Zugfestigkeitszahlen von 27 bis g5 kg; qmm erzielt werden.
Gemäß der Erfindung nun wird ein weißes oder meliertes Gnßeisen erschmolzen und
diesem Nickel zusammen mit Silicium in derartiger Menge zugegeben, daß Grauguß entsteht.
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Dieses Verfahren übertrifft alle bisher bekannten Verfahren durch
Erzielung bisher unerreichter- Festigkeitswerte; sogar in Höhe von 5okg"'qmm und
darüber (siehe auch F. B. Coyle und D.M. Houston uTransactions of American Foundry
Men's Associationa, 1929, Bd. 37), bei einer bisher nicht bekannten Wandstärkenunempfindlichkeit,
so daß auch in Gußstücken der verschiedensten Wandstärken die Festigkeitsunterschiede
die kleinsten bisher- beobachteten Werte besitzen (siehe R. S. M a cF e r r a n
»Symposium an Physical Properties of Cast Ironcc, 1929, S. x2).
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Da neben hohen Festigkeitswerten die Gleichartigkeit und Gleichmäßigkeit
des Gefüges und der sonstigen Eigenschaften für die Bewertung und Verwendung von
Grauguß von ausschlaggebender Bedeutung sind, weil dabei die Treffsicherheit bei
der Herstellung von Grauguß bestimmter Güte sprunghaft steigt, so ergibt sich, daß
das vorliegende Erzeugnis unverkennbar eine Bereicherung der Technik darstellt.
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Die Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von grauem
Gußeisen mit erhöhter Zugfestigkeit und Wandstärkenunempfindlichkeit,
welches
gleichzeitig nicht zu hart ist, so daß es sich leicht und wirtschaftlich bearbeiten
läßt.
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Nach ausgedehnten Versuchen wurde gefunden, daß mit geschmolzenem
Gußeisen von einer Zusammensetzung, die unter gewöhnlichen Schmelz- und Gießbedingungen
weißes oder meliertes Gußeisen ergeben würde, ein graues Gußeisen mit ungewöhnlich
hoher Zugfestigkeit erhalten wird, wenn man nach dem Abstich als Graphitbildner
Nickel zusammen mit Silicium in der Gußpfanne zusetzt. Trotz der hohen Festigkeit
zeigt das Eisen außergewöhnliche Wandstärkenunempfindlichkeit bei guter Bearbeitbarkeit.
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Es wurde gefunden, daß zur Erzielung dieser höchst erstrebenswerten
Ergebnisse das Eisen, zu welchem der Zusatz gegeben wird, bereits aus dem Ofen abgestochen
sein soll sowie auch daß das Gußeisen, zu welchem die Zusätze gegeben werden, von
solcher Art sein muß, daß es ohne die Zusätze zu weißem oder meliertem Gußeisen
erstarren würde. Auch die Menge des Zusatzes ist wesentlich, wie noch dargelegt
werden soll.
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Außer den Graphitbildnern können noch andere Zusätze gemacht werden,
und zwar zusammen mit diesen oder für sich. Die. Graphitbildner selbst können in
an sich bekannter Weise als reine Metalle oder als Eisenlegierungen o.dgl. zugesetzt
werden. Die Gründe für die vorteilhaften Wirkungen, welche durch Zugabe der Graphitbildner
erzielt werden, nachdem das weiß erstarrende Eisen den Ofen verlassen hat, sind
noch nicht vollständig aufgeklärt. Wahrscheinlich ist, daß in dem geschmolzenen
Eisen, in welchem das Eisen in Form von Karbid vorliegt, keine Graphitkeime vorhanden
sind und daß die Graphitbildner nur so wenig Zeit zur Fällung des Graphits haben,
daß die Graphitkeime bis zum Erstaaren des Metalles nicht genügend Zeit zum Wachsen
haben und sich infolgedessen nicht zu demselben Ausmaß wie bei gewöhnlichem Eisen
entwickeln, können. Zufolge dieser Theorie wachsen die Graphitkeime in dem gewöhnlichen
grauem Eisen zu Graphitflocken, . und man könnte sich hieraus das aus der Zugabe
der Graphitbildner in einem späteren Zeitpunkt als im Ofen erzielte bessere Ergebnis
erklären. Wenn die Graphitbildner im Ofen vorhanden wären, so würden offenbar die
Graphitkeime längere Zeit - haben, zu Graphitflocken zu wachsen. Was nun auch die
richtige Theorie sein mag, es besteht jedenfalls die Tatsache, daß die ,Ergebnisse
durch Zugabe der Graphitbildner erst nach Entfernung des Gußeisens aus dem Ofen
erheblich verbessert werden. Als Ergebnis umfangreicher Versuche läßt sich die Erfindung
folgendermaßen erläutern Abb. i und 2 sind schaubildliche Darstellungen mit Silicium
als Grundlage, aus denen sich die Menge der zuzusetzenden Graphitbildner unter Beachtung
des. Äquivalentmengenverhältnisses, gemäß dem i Teil Silicium rund 2 Teilen Nickel
entspricht, ergibt.
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In Abb. i stellen die Koordinaten die gesamten Prozentgehalte an Kohlenstoff
bzw. Silicium dar. Die ausgezogenen Linien A B,
A C, A D, A E geben
ein von M a u r e r (Kruppsche Monatshefte, Juli -igz.l) veröffentlichtes Diagramm
wieder.
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Die Zusammensetzung, die durch die Flächen zwischen den Achsen und
den verschiedenen Linien dargestellt ist, gibt das Gefüge des Gußeisens wieder,
wie es beim Gießen unter den gewöhnlichen Verhältnissen des Gießereibetriebs entsteht,
d. h. wenn Kohlenstoff und Silicium in den durch die Fläche ABC dargestellten
Verhältnissen vorhanden ist, besteht das Gefüge des Eisens beim Gießen unter üblichen
Bedingungen im wesentlichen aus dem Überschuß gebundenen Kohlenstoffs (Zementft)
und entweder Perlit oder' unter Umständen bei legiertem Gußeisen Austenit oder einem
Übergangsprodukt von Austenit zu Perlit. Graphit kann zwar ebenfalls in größerer
oder geringerer Menge vorhanden sein, jedoch ist das freie Eisenkarbid in Überschuß
über das eutektische Gemenge vorhanden. Ein -derartiges Gußeisen wird technisch
als weißes Gußeisen bezeichnet.
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Die der Fläche ABC entsprechenden Gehalte an Kohlenstoff und
Silicium bringen ein Gefüge hervor, welches im wesentlichen aus Graphit und Perlit
mit stellenweise vorhandenem Eisenkarbid besteht. Dieses Gefüge wird als halbiert
oder meliert bezeichnet. Die der Fläche ACD entsprechenden Kohlenstoff- und Siliciumgehalte
bringen ein aus Graphit und Perlit bestehendes Gefüge hervor. Das Gefüge des Gußeisens
mit Kohlenstoff und Silicium in den der Fläche ADE entsprechenden Verhältnissen
besteht aus Graphit mit Perlit und Ferrit,. wobei der Anteil an Perlit größer als
der des Ferrits ist. Kohlenstoff- und Siliciumgehalte entsprechend der rechts von
der Linie A E gelegenen Fläche erzeugen ein aus Graphit, Perlit und Ferrit bestehendes
Gefüge, bei welchem der Ferritanteil größer als der Perlitanteil ist-In Abb. i sind
durch gestrichelte Linien Felder eingetragen, welche die Abhängigkeit der Zugfestigkeit
von den Kohlenstoff- und Siliciumgehalten darstellen. Die Werte sind aus einer großen
Anzahl von Untersuchungen von Gußeisen verschiedener Zusammensetzung, welche unter
üblichen Gießereibedingungen hergestellt wurde, , erhalten.
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Bei Vorhandensein von Kohlenstoff und Silicium. in den durch die Fläche
ABC dargestellten Verhältnissen beträgt die Zerreißfestigkeit weniger als
21 kgiqmm. Bei einem Kohlenstoff-und
Siliciumgehalt, wie er durch
die Fläche AllILdargestelltwird (ausschließlich derFlächen" i-i'XYZ und PQRS) beträgt
die Zugfestigkeit etwa 21 bis 25 kg/mm2. Bei einem Kohlenstoff-und Siliciumgehalt
entsprechend der Fläche 1V X YZ (ausschließlich der Fläche PQR S) be-
trägt
die Zugfestigkeit etwa 25 bis 28 kgimm=. Bei den der Fläche PQRS entsprechenden
Kohlenstoff- und Siliciumgehalten steigt die Zugfestigkeit auf etwa 28 bis 33 kg;;mm2.
Bei Kohlenstoff- und Siliciumgehalten entsprechend der Fläche AMN liegt die Zugfestigkeit
zwischen 18 bis 21 kg/mm2.
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Die Ergebnisse der der Erfindung zugrunde liegenden Untersuchungen
sind in Abb. 2 für Silicium gezeigt, insbesondere sei auf die Fläche FGHU verwiesen.
Wird z. B. dem geschmolzenen Gußeisen, dessen Kohlenstoff- und Siliciumgehalt innerhalb
der Fläche FGH.U (Abb. 2) liegt, Silicium in der Pfanne in solcher Menge zugesetzt,
daß Kohlenstoff und Silicium als Enderzeugnis innerhalb der Fläche JKLM (Abb. 2)
liegen, so besitzen die aus dem so er= haltenen Eisen hergestellten Gußstücke ein
Gefüge, dessen Bestandteile jeweils dem Maurerschen Diagramm entsprechen. Ihre Zugfestigkeit
jedoch liegt bei gleicher chemischer Zusammensetzung etwa 2o°/0 oder mehr über den
Werten, welche bei- der Herstellung entsprechend der üblichen Gießereipraxis zu
erreichen sind.
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Bei der Verwendung von Silicium zusammen mit Nickel behält das Diagramm
die gleiche Form, jedoch liegen die Punkte B, C, D und E bei anderen Prozentgehalten
an Graphitbildnernn. Immerhin werden die oberen und unteren Grenzlinien der Fläche
FGHU und JKLM die gleichen bleibet;; dagegen die Linien GH, JM und KL in
der gleichen Beziehung zu den Linien A B, A C und A D in ihrer neuen
Stellung verbleiben, wie dies in Abb. 2 für die Lage der Linien A B,
A C und A D gezeigt ist.
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Will man z. B. die dem Wert von 2,5°/0 Silicium entsprechenden Werte
eines Nickel-Silicium-Graphitbildners errechnen, so wären z. B. 1,5 °/o Silicium
-I- 2'/, Nickel zuzusetzen (entsprechend den oben angegebenen Äquivalentverhältnissen).
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Die Graphitbildner sollen je nach Gehalt an den graphitbildenden Elementen
in solchen Mengen zugesetzt werden, daß die behandelten Schmelzen innerhalb der
Fläche JKLM liegen. In den nachstehenden Beispielen sind zweckmäßige Zusatzverhältnisse
gegeben.
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Als Beispiel sollen sechs Ausführungsbeispiele I bis VI des Verfahrens
mit jeweils in gleicher Weise hergestelltem, aber in der Gießpfanne nicht besonders
behandeltem Eisen verglichen werden.
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Die folgende Tabelle gibt Eine Vergleichsübersicht über jeden der
drei besprochenen Fälle sowohl für gemäß der Erfindung behandeltes als auch für
nicht behandeltes, zum Vergleich dienendes Gußeisen.
Die Vorzüge der Erfindung liegen für den Fachmann auf der Hand. Es ist ein neues
wirtschaftliches, einfaches und wirksames Verfahren geschaffen, um graues Gußeisen
von erhöhter Zugfestigkeit mit Gleichförmigkeit zu erzeugen, das gleichzeitig weich
genug ist, um sich leicht und wirtschaftlich bearbeiten zu lassen.