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Herstellung reiner Tonerde Es ist bekannt, daß man bei der elektrothermischen
Reduktionsreinigung. von tonerdehaltigen Materialien, wie Bauxit u. dgl., einen
großen Überschuß von Reduktionsmittel über die für die Reduktion der Verunreinigungen
erforderliche Menge anwenden muß. Es hat sich nun gezeigt, daß der Zeitpunkt des
Zusatzes dieses Reduktionsmittelüberschusses, d. h. seine Verteilung, von wesentlichem
Einfluß auf den Verlauf des Prozesses ist. Meistens wurde bisher so gearbeitet,
daß die Gesamtmenge des Reduktionsmittels (vorzugsweise Kohlenstoff) einschließlich
Überschuß auf die ganze Charge ziemlich gleichmäßig verteilt wurde. Es war dadurch
während der ganzen Zeit des Prozesses ein Kohlenstoffüberschuß vorhanden, und es
wurde von vornherein ein ziemlich reines Produkt erzeugt, welches durch die weitere
Zugabe der Rohmaterialien in der Zusammensetzung nicht verändert, sondern nur vermehrt
wurde. Diese Arbeitsweise hat den Nachteil, daß das fast während der ganzen Zeit
des Chargierens vorhandene reine Material infolge seines hohen Schmelzpunktes leicht
durch zu rasches Chargieren so weit abgekühlt wird, daß es teilweise erstarrt und
unliebsame Tiegelverengung verursacht, die durch noch so langsames Weiterchargieren
von Rohmaterial mit Kohlenstoffüberschuß nicht behoben werden kann. Zur Beseitigung
dieses Übelstandes ist nun von anderer Seite vorgeschlagen worden, das Rohmaterial
nur mit einer Kohlenstoffmenge dem Ofen zuzuführen, die für die Reduktion der Verunreinigungen
nicht voll ausreichend ist. Man erhält dadurch eine Schmelze von niedrigerem Schmelzpunkt,
die weniger leicht erstarrt und leichtflüssiger ist,. was für den ganzen Prozeß
vorteilhaft ist. Zu ihrer vollständigen Reinigung wird erst ganz zum Schluß der
Kohlenstoffüberschuß allein, ohne weitere Rohmaterialzuführung, dem Ofen zugegeben.
Dieses Verfahren hat jedoch ebenfalls große Nachteile. Der Kohlezusatz erst am Schluß
des ,Prozesses ohne gleichzeitiges Zuführen von Rohmaterial dringt nur schwer in
die Tiefe der Schmelze ein, er bleibt an der Oberfläche des Bades und bewirkt dort
infolge seiner großen Konzentration und schlechten Verteilung als lokaler Überschuß
besonders starke Mitreduktion der Tonerde zu Aluminium und Aluminiumcarbid. Das
Aluminium verdampft von der Oberfläche sehr leicht und verbrennt in der darüber
befindlichen sauerstoffhaltigen Atmosphäre unter starker Wärmeentwicklung, die das
Arbeiten in der Nähe des Ofens fast unmöglich macht.
.Die Bildung
von viel Aluminiumcarbid ist ebenfalls schädlich, da das Aluminiumcarbid die Schmelze
zähflüssiger macht, mit den reduzierten Metallen eine teigige Masse bildet und dadurch
besonders das Abstechen des Ferrosiliciums erschwert.
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Es wurde nun gefunden, daß die Nachteile der beschriebenen bekannten
Verfahren weitgehend vermieden werden, wenn man die Kohle mit dem tonerdehaltigen
Material gut gemischt, zweckmäßigerweise fein verteilt und brikettiert so zugibt,
daß zu Beginn kein oder weniger Kohlenstoff vorhanden ist als die Reduktion der
Verunreinigungen benötigt, daß im weiteren Verlauf die theoretische Menge durch
Steigerung des Verhältnisses von chargiertem Kohlenstoff zu gleichzeitig chargiertem
Rohmaterial erreicht wird und daß hierauf schon während der Chargierungsperiode,
z. B. bei Beginn des zweiten Drittels, ein Überschuß von Kohle in der Schmelze erzielt
wird. Man erhält einerseits dadurch die Schmelze während langer Zeit des Prozesses
dünnflüssig und bewirkt durch das allmählich gesteigerte Chargieren des Kohlenstoffes
gleichzeitig seine bessere Verteilung mit dem Rohmaterial, wodurch die schädlichen
Einflüsse der lokalen Kohlenstoffüberkonzentration, das plötzliche Verdampfen großer
AI-Mengen und die damit verbundene große Hitze in der Nähe des Ofens sowie die übermäßige
Carbidbildung vermieden werden.
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Dadurch, daß man dem Bade den überschüssigen Kohlenstoff gleichzeitig
mit dem Rohmaterial zuführt, wird er von diesem mit in die flüssige Schmelze hinabgerissen.
Dies ist ganz besonders dann der Fall, wenn man das gemahlene, tonerdehaltige Material
mit gemahlener Kohle mischt und in brikettierter Form dem Ofen zugibt. Die lebhafte
Kohlenoxydentwicklung während der Beschickungszeit begünstigt noch die gleichmäßige-Verteilung
des Kohlenstoffes. Dagegen würde die nachträgliche, allein zugegebene Kohle zum
größten Teil auf der Badoberfläche schwimmen, hier rasch verbrennen, starke Carbidbildung
und all die anderen beschriebenen unerwünschten Begleiterscheinungen verursachen.
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Die allmähliche Steigerung des Kohlenstoffzusatzes hat jedoch auch
einen Nachteil. Solange die Kohlenstoffmenge für die Reduktion sämtlicher Verunreinigungen
nicht ausreichend ist, scheidet sich hauptsächlich das Eisen, dann mit steigendem
Kohlenstoffgehalt das Silicium und erst gegen Ende des Prozesses das Titan -ab.
Das zuerst abgeschiedene schwere Eisen setzt sich in der. zu Beginn noch sehr dünnflüssigen
Schmelze am tiefsten Punkt des Ofentiegels ab, während die spezifisch leichteren,
später reduzierten Metalle in der später dickflüssigeren Tonerdeschmelze nur schwer
zu Boden sinken und sich nur teilweise mit dem Eisen legieren. Teilweise bleiben
sie in der Tonerde schweben, teilweise lagern sie über der untersten schweren Ferrosiliciumschicht
und gelangen. bei etwa eintretenden Aufwallungen des Bades leicht wieder in die
Tonerde. Beim Abstich wird die obenaufliegende eisenarme Ferrosiliciumschicht- mit
der ausfließenden Tonerde mitgerissen und in ihr verteilt. Ihre nachträgliche Entfernung
ist wegen ihrer Eisenarmut auf magnetischem Wege auch nicht möglich und die so verunreinigte
Tonerde für die AI-Elektrolyse unbrauchbar. Es muß daher dafür gesorgt werden, daß
Eisen oder ein anderes Schwermetall in ,dem gesamten sich bildenden Ferrosilicium
gleichmäßig verteilt vorhanden ist. Diese Verteilung wird durch besonderen Zusatz
von Schwermetall oder einer seiner möglichst silicium- und titanfreien Verbindungen
evtl. unter Zusatz von Reduktionsmitteln gegen Ende des Chargierens des Rohmaterials
oder nach seiner Beendigung erzielt.
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Der Zusatz des magnetischen Schwermetalls oder besser einer seiner
Verbindungen, die sich gleichmäßig in der Tonerdeschmelze auflösen und vom zugesetzten
Reduktionsmittel zu Metall reduziert werden, verursacht einen feinen Metallregen.
Dieser reißt das noch im Bade suspendierte Leichtmetall mit sich - auf den Boden
des Ofens herab und vereinigt sich mit ihm zu einer gut magnetischen Legierung,
die sich späterhin. leicht von der Tonerde abtrennen läßt.
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Besonders vorteilhaft erwies sich der nachträgliche Zusatz des Eisens
in Form von sogenanntem künstlichem Bauxit, der aus Ton o. dgl. z. B. dadurch gewonnen
wird, daß man letzteren in Säure, beispielsweise Salzsäure, löst, die Lösung nach
Abscheidung der unlöslichen Kieselsäure eindampft und die Salze durch Glühen in
die Oxyde umwandelt. Das so erhaltene Produkt ist sehr silicium- und titanarm und
erhält das Eisen in der für den Prozeß erforderlichen feinen Verteilung. Gleichzeitig
ist es ein gutes tonerdehaltiges Rohmaterial für die elektrothermische Tonerdegewinnung.
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Chargiert man nun das Rohmaterial nach dem im Patent 509 131
beschriebenen.-Verfahren in dem ersten Teil der Beschickungsperiode ohne Kohle und
setzt man die dafür notwendige Kohle mit einem Kohlenstoffüberschuß - erst in dem
Betriebsabschnitt zu, in dem sowieso Kohlenstoffüberschu$ angewendet wird, so erlangt
man gleichzeitig noch die Vorteile dieses Verfahrens, die in der Wiedergewinnung
des in das Ferrosilicium
übergegangenen Aluminiums unter Ausnutzung
der in ihm enthaltenen Reduktionskraft bestehen.
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Bei diesem Verfahren kann man vorteilhaft als nachträglich zuzugebendes
eisenreiches Material das im ersten Teil des Prozesses gewonnene silicium- und titanärmere
Ferrosilicium verwenden.
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Wichtig für die Herstellung reiner Tonerde ist bei dem beschriebenen
Verfahren, daß das Material nach beendetem Chargieren nicht zu lange im Ofen verbleibt.
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Der von der Beschickung herrührende Kohlenstoffüberschuß wird während,
der Garkochzeit zunächst die restlichen Verunreinigungen reduzieren. Da er in der
ganzen Schmelze fein verteilt ist, wird er hierbei an allen Stellen eine gleichmäßige
leichte Kohlenoxydentwicklung erzeugen,- die die reduzierten Verunreinigungen zu
größeren Teilchen zusammenballen und gut absitzen läßt. Nun bleibt nur noch wenig
Kohlenstoff in der Schmelze zurück. Er genügt jedoch, unmittelbar über dem Bade
eine reduzierende Atmosphäre aufrechtzuerhalten, um eine Wiederoxydation bereits
reduzierter Verunreinigungen weitgehend zu vermeiden und für eine leichte Kohlenoxydentwicklung
zu sorgen, die das Absitzen des Ferrosiliciums begünstigt. Jetzt ist der richtige
Augenblick des Abstechens der Tonerde gekommen. Man erkennt ihn an der Farbe und
Beschaffenheit einer aus der Schmelze gezogenen Probe, die grau (noch nicht weiß)
sein soll und mitunter leichte Bläschenbildung aufweist, welche von »einer ganz
geringen CO-Entwicklung herrührt. Würde man längere Zeit gar kochen, so würde der
Kohlenstoff aus dem Bade herausbrennen und die Probe in Weiß, Gelb und Braun übergehen.
Die unter diesen Bedingungen abgestochene Tonerde ist unrein und für die Aluminiumindustrie
unbrauchbar.
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Würde man zur Verhinderung der Wiederoxydation der Verunreinigungen
den Kohlenstoffüberschuß erst während der Garkochzeit zusetzen, so würde man infolge
der erwähnten ungleichmäßigen Verteilung die beschriebenen Vorteile in keiner Weise
erreichen. Lokale Kohleüberknnzentration und als Folge davon Carbidbildung und Wiederverunreinigung
des Bades würden das Ergebnis dieser Maßnahmen sein.
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Will man mit dem Zeitpunkt des Abstichs von der fortlaufenden Verminderung
des Kohlenstoffgehaltes der Schmelze während der Garkochzeit unabhängig sein, so
kann man sich von den Folgen des schnellen Geringerwerdens des Kohlenstoffgehaltes,
d. h. von der damit zusammenhängenden Wiederoxydation der Verunreinigungen durch
das Abdecken des Ofens oder durch. Überleiten eines reduzierenden oder neutralen
Gases über das Bad schützen. a Beispiel In einem elektrischen Ofen werden etwa 5oo
kg calcinierter Bauxit von etwa folgender Zusammensetzung niedergeschmolzen: Glühverlust
. . . . . . . . 7,64 0%o Si02 . . . . . . . . . . . . 8,88 0jo Ti 02 . . . . . .
. . . . . . 3J5 5 % Fez03 . . , _ . . . . . . 23,04 % A120 3 . . . . . .
. . . . . . 57,I7 0l o .
Der für diese Menge Bauxit theoretisch erforderliche
Kohlenstoffbedarf zur Reduktion des SiO2, TiOn und Fe203 beträgt rund 49 kg. Er
wird dem Ofen allmählich mit weiteren 2ooo kg Bauxit in folgender Mischung, die
einen wirksamen Kohlenstoffüberschuß von 4o0/, besitzt, in Form von Briketts zugeführt:
2ooo kg Bauxit (uncalciniert), 2I5 kg gemahlener Anthrazit, 230 kg Wasser.
Außer den Briketts werden noch 15 kg stückiger Anthrazit zugegeben. Diese Mischung
wird dem Ofen in dem Maße zugeführt, wie sie allmählich niederschmilzt. Der Kohlenstoffgehalt
im Ofen steigt dadurch allmählich und erreicht nach dem Eintragen der ersten 5oo
kg Bauxit etwa 70 0/0 der theoretisch für die Reduktion der Verunreinigungen erforderlichen
Menge, nach dem Eintragen der jeweils folgenden je 5oo kg Bauxit weiterhin 931A
0/0, io5 0%0 und 114 %. Zum Schluß werden noch Briketts aus der folgenden
eisenreichen, titan- und siliciumarmen Mischung zugeführt; 5oo kg eines aus Ton
durch Salzsäureaufschluß und Calcination der erhaltenen Aluminiumsalze gewonnenen
Produktes der Zusammensetzung 86,5o 0/0 A1203 0,50 019 si02 0,04 % Ti 02 11,40
01, Fe, 03 brikettiert mit 40 bis 45 kg gemahlenem Hartpech.
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Sobald die nach dem letzten Zusatz dieser Mischung mit einer Eisenstange
gezogenen Probe die richtige Farbe (grau) zeigt, wird die Tonerde möglichst rasch,
getrennt von dem darunter befindlichen Ferrosilicium, abgestochen. Man gewinnt dabei
neben etwa 56o kg Ferrosilicium etwa 165o kg Tonerde mit nur etwa 0,2 o'' si 02
0,3 0[o Ti 0,
und o, i % Fee 0s als Verunreinigung.