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Verfahren zur Entgiftung von Leuchtgas Unter Entgiftung von Leuchtgas
ist zu verstehen die Entfernung des im Gas enthaltenen Kohlenoxyds, das ein starkes
Blutgift ist und, - wenn eingeatmet, schwerste Gesundheitsstörungen und den Tod
verursachen kann.
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Die Entfernung des Kohlenoxyds mittels rlternischer Agenzien ist bekannt,
konnte indes bisher wegen Unwirtschaftlichkeit nicht in die Praxis eingeführt werden.
Wesentlich vorteilhafter erscheint die Leuchtgasentgiftung auf biologischem Wege,
d. h. durch die Lebenstätigkeit von Kleinlebewesen (Bakterien), wie solche in besonders
günstigen Kulturen im Klärschlamm städtischer Abwässer und ähnlichen an organischen
Stoffen reichen Substraten enthalten sind. Der Vorgang beruht darauf, daß aus Kohlenoxyd
und dem stets im Leuchtgas in ausreichender Menge anwesenden Wasserstoff durch Vermittlung
von Bakterien Methan gebildet wird, das Kohlenoxyd demnach verschwindet und an seine
Stelle das hochwertige Methan tritt. Es wird also nicht wie bei Behandlung des Gases
mit chemischen Agenzien der Heizwert des Gases um das ganze Kohlenoxyd vermindert,
es wird vielmehr der Kohlenstoff des Kohlenoxyds dem Gas erhalten. `Daneben wird
auch die Kohlensäure des Gases durch analoge Tätigkeit der Bakterien ebenfalls in
Methan überführt, so daß das entgiftete Gas, abgesehen vom etwaigen Stickstoffgehalt,
keine brenntechnisch minderwertigen bzw. wertlosen Bestandteile mehr aufweist. Die
durch die Lebenstätigkeit der Bakterien ausgelösten Umwandlungen von Kohlenoxyd
und Kohlensäure in Methan lassen sich durch die Gleichungen ausdrücken: -CO i-3Hz=CH4+H-O,
CO,2+q.H@=CH4+aH.O. Für die praktische Durchführung dieser bekannten Umwandlungen
ist es nun aber nicht gleichgültig, in welcher Weise das kohlenoxydhaltige Gas mit
der bakterienhaltigen Masse zusammengebracht wird. Vielmehr führt erst die durch
den technischen Arbeitsgang und die hierzu verwendeten Vorrichtungen gegebene intensive
Ausnutzung der bakteriellen Energien zur wirtschaftlich möglichen Anwendung der
biologischen Leuchtgasentgiftung.
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Erfindungsgemäß wird eine innige Berührung des zu,entgiftenden Gases
mit dem die Methanbakterien enthaltenden Klärschlamm oder einer .ähnlichen Masse
(im folgenden kurz als Schlamm bezeichnet) dadurch gesichert, daß das Gas dem Schlamm
im Gegenstrom in einem Waschturm entgegengeführt wird, so daß dem aufsteigenden
Gas Schlamm in zahlreichen Fäden und Tropfen entgegenrieselt. Dadurch ergeben sich
die erforderlichen großen 'Kontaktflächen zwischen Gas und Schlamm, die eine intensive
Ausnützung der Bakterien gestatten. Um dem Schlamm die,erforderliche, der gewünschten
Kontaktzeit angepaßte Zähflüssigkeit zu verleihen, kann der Schlamm durch Zusatz
von Wasser oder
eines dünneren Schlammes oder einer anderen Flüssigkeit
verdünnt oder aber, falls er zu dünn ist, durch Zusatz eines dickeren Bakterienschlammes
oder durch Eindunsten konzentriert «-erden. Bei der thermischen Konzentration durch
Eindunsten darf indes die Temperatur nicht die Grenze überschreiten, oberhalb welcher
die Methanbakterien geschädigt werden. Es ist ferner vorteilhaft, den Schlamm, besonders
wenn es sich um städtischen Klärschlamm handelt, durch ein Sieb zu treiben, sowohl
um feste Bestandteile, die die Horden in den Gegenstromrieselern verstopfen und
die Arbeit der Wälzpumpe stören können, zu beseitigen wie auch um durch Zerreiben
des Schlammes beim Durchgang durch das Sieb die Masse gleichmäßiger und leichter
pumpbar zu gestalten und die spezifische Oberfläche der einzelnen Schlammteilchen
zu vergrößern und so die Wirksamkeit der Bakterien zu begünstigen. Für die Rieselung
des Schlammes im Gegenstrom zum aufsteigenden Gas eignen sich die an sich bekannten
Wäscher mit übereinander angeordneten Tellern oder Horden. Es wurde indes gefunden,
daß es für den biologischen Entgiftungsvorgang vorteilhaft ist, wenn die übereinander
angeordneten Horden aus üb°r Kreuz gelegten Holzlatten angefertigt sind und die
Dicke der einzelnen Latten sowie der Abstand derselben voneinander so bemessen sind,
daß einerseits der Schlamm.beim Umpumpen glatt durch die Öffnungen der Horden fließt,
andererseits aber nach Abfiuß des Schlammes noch genug Schlamm auf deal Latten bzw.
im Innein des Hordenkörpers verbleibt, um auch beim Aussetzen des Umpumpbetriebes
den Kontakt des Gases mit dem bakterienhaltigen Schlamm zu sichern. Der Hordenkörper
muß ferner herausnehmbar angeordnet werden, um ihn, sofern es sich nötig erweist,
in angemessenen Zeitabständen zu reinigen und zu den darunterliegenden Organen Zutritt
zu haben. Der Behälter, in dem der Hordenkörper eingebaut ist, muß im übrigen mit
den erforderlichen Einrichtungen zur Zuleitung des rohen und Ableitung des entgifteten
Gases nebst den Meßgeräten für Temperatur und Druck sowie für die Mengen des durchgesetzten
Gases -ersehen sein. Bei der Zuleitung -des Gases ist neben der gleichmäßigen Verteilung
auf den Querschnitt des Wäschers besonders wichtig, daß die Gaseintrittsöffnungen
nicht mit Schlamm verstopft werden. Dies wird dadurch erreicht, daß sie nicht nach
oben, sondern nach unter; gerichtet werden.
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Die Behandlung des zu entgiftenden Gases mit lierabrieselndein Schlamm
im Gegenstrom ist für die Ausgiebigkeit und damit für die Wirtschaftlichkeit des
Verfahrens von grundlugender Bedeutung. Die Schnelligkeit der betreffenden Reaktion
hängt von dem Massenverhältnis ab, d. h. von dem Verhältnis der Bakterienmenge zu
der -Gasmenge. Diese Masseneinwirkung von Bakterien und Gas aufeinander ist aber
eine Funktion der Oberflächengrößen zwischen Schlamm und Gas. Bei dem bekannten
Verfahren mit ruhendem Schlamm geht die Reaktion im wesentlichen auf der - in solchem
Falle nur geringen -Oberfläche der Schlammschicht vor sich. Zu den tiefer liegenden
Bakterien tritt aber das Gas einerseits nicht in genügender Menge, andererseits
wird es nicht rasch genug aus dein Innern der Schlammschicht gegen neues Gis ausgetauscht,
es tritt Gasstauung -ein, so daß die Umsetzungsprodukte der bakteriellen Tätigkeit
riicht rasch genug entfernt werden und als Folge hiervon die Bakterientätigkeit
erlahmt. Bei. dem Behandeln des zu entgiftenden Gases mit flüssigem Schlamm im Gegenstrom
nach der Erfindung werden die Berührungsflächen zwischen dem Bakterienschlamm und
dem Gas außerordentlich vergrößert, so daß ein möglichst großer Anteil der verfügbaren
Bakterien gleichzeitig das Gas angreift; die Umsetzungsprodukte werden schnell und
laufend von den Bakterien entfernt und diese in ihrer weiteren Tätigkeit nicht behindert.
Demgegenüber ist es von untergeordneter Bedeutung, daß bei der Behandlung des Gases
mit flüssigem Bakterienschlamm firn Gegenstrom die Bakterienkulturen sich in Bewegung
befinden. Diese Bewegung hindert nicht die bakterielle Wirkung, auch nicht die Entwicklung
und das )Yachstum der Bakterien.
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Beim Betrieb der Entgiftungsanlage wird eine bestimmte Menge des vorbereiteten
Schlammes von dem unter der Rohgaszuführung angeordneten Schlammsammelraume mittels
einer Wälzpumpe auf einen Schlammverteiler gedrückt, von dem er durch die Horden
nach unten im Gegenstrom zum aufsteigenden Gas abfließt. Je nach Bedarf und Entgiftungskraft
des Schlammes kann der Betrieb fortlaufend oder mit Unterbrechungen stattfinden,
im letzteren Falle wird nur umgepumpt, sobald der auf den Horden abgelagerte Schlamm
in der "Wirkung nachzulassen beginnt. Der im Umlauf befindliche Schlamm kann je
nach Bedarf in gewissen Zeitabständen oder laufend aus der Schlammvorratsgrube erneuert
werden, zu welchem Zwecke der untere Schlammsammelraum des Entgiftungsapparates
finit den erforderlichen Schieberventilen und Leitungen versehen ist.
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Abb. i und 2 zeigen schematisch die Berieselungsvorrichtung. In Abb.
i ist a der Behälter, in dem die Gasentgiftung vor sich geht; . h ist die Zuführung
des Rohgases, c die nach unten gelochten Gasv erteilungsrohr; ; d ist
der
Kontaktraum mit dem herausnehmbaren Hordenkörper, e der Sammelraum für den Schlamm,
f die Wälzpumpe zum Umpumpen des Schlammes, ä die Umpumpleitung, h der Schlammverteiler,
i; das Ventil zum Ablassen des in e angesammelten Schlammes in die Grube h. Abb.
2 zeigt einen Querschnitt durch den Hordenkörper.
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Ist das zu entgiftende Gas noch nicht entschwefelt, so ist es möglich,
die Entschwefelung, d. i. die Beseitigung des Schwefelwasserstoffes, im Entgiftungsapparat
selbst vorzunehmen, indem man z. B. über dem Hordenkörper den mit Gasreinigungsmasse
gefüllten Entschwefelungskörper unterbringt. Es ist aber auch möglich, dem umlaufenden
Schlamm einen den Schwefelwasserstoff des Gases bindenden, die Methanbakterien nicht
schädigenden Stoff, z. B. ein Eisensalz, zuzufügen, wobei die Entgiftung und Entschwefelung
des Gases in einem Arbeitsgang stattfindet. Auch ist es möglich, dem Gas Geruchsstoffe
zuzufügen durch Einbau eines mit solchen Stoffen gefüllten Filters oberhalb des
Hordenkörpers oder durch Zusatz der Geruchsstoffe zum umlaufenden Schlamm. Auch
andere stoffliche Beeinflussungen des Gases können mittels des Entgiftungsapparates
durchgeführt werden. Dieser kann ferner nach Bedarf, z. B. wenn die Entgiftung mittels
sog. thermophi.ler Bakterien durchgeführt werden soll, mit den :erforderlichen Heizvorrichtungen
#- ersehen werden, und es kann um den Entgiftungsapparat herum zwecks Vermeidung
der Abkühlung ein Isoliermantel angeordnet werden. Ist der Kohlenoxy dgehalt eines
Rohgases sehr hoch, so daß sich eine Verdünnung desselben zwecks Herabsetzung des
Kohlenoxydgehaltes im Entgiftungsapparat empfiehlt, so kann die Verdünnung des Rohgases
so bewirkt werden, daß von dem schor. entgifteten Gas ein Teilstrom zur Verdünnung
des in den Entgiftungsapparat eintretenden Rohgases abgezweigt «vird. Analog kann
das Rohgas zwecks Entschwefelung oder sonstiger stofflicher Beeinflussung mit dem
schon entgifteten Gas verdünnt «erden. Hierbei verbleibt also ein der Verdünnung
des Rohgases dienender Teil des Reingases in ständigem, mittels einer Pumpe ztt
bewirkendem Kreislauf.