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Einrichtung zur gleichzeitigen Übertragung von einphasigem Wechselstrom
durch parallel arbeitende Teile eines Mehrphasenstrom übertragenden Leitungssystems.
Die bisherige Entwicklung der allgemeinen Drehstromversorgung und der Versorgung
der elektrisierten Bahnstrecken in Deutschland hat dazu geführt, daß für die Drehstromübertragung
von 5o Perioden Frequenz und für die Einphasenbahnstromübertragung von i6=/3 Perioden
Frequenz getrennte Kraftübertragungsleitungen und Verteilungsnetze gebaut wurden.
Diese Erstellung von voneinander unabhängigen, getrennten Anlagen verursacht erhöhte
Kosten für getrennte Fernleitungen und Umspannwerke. Bei weiterer Ausdehnung der
Bahnelektrisierung ist zu erwarten, daß dadurch für die Kraftversorgung der Bahnen
unerträglich hohe Sonderausgaben für die Fortleitung des benötigten Einphasenbahnstromes
entstehen. Können daher Anordnungen gefunden werden, die es gestatten, den Bau besonderer
Einphasenbahnstromübertragungsleitungen dadurch zu ersparen, daß die Fortleitung
des Einphasenbahnstromes von den Leitungen der allgemeinen Drehstromversorgung übernommen
wird, so werden die Baukosten für die Einphasenkraftübertragungen wesentlich herabgesetzt
werden.
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Im nachstehenden ist eine Anordnung beschrieben, die es gestattet,
Einphasenbahnstrom von r62/3 Perioden Frequenz in ein vorhandenes Drehstromdoppelleitungssystem
so einzuführen, daß der eine Drehstromsvstemteil gewissermaßen die Hinleitung, der
andere Drehstromsystemteil die Rückleitung des Einphasenbahnstromes übernimmt.
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Der grundsätzliche Gedanke einer kombinierten Übertragung zweier Wechselströme
verschiedener Frequenz ist bereits von Arnold, Bragstadt und la Cour ausgearbeitet
worden (vgl. Patentschrift Nr. 127 792 vom q.. Dezember rgoo). Während man
aber nach den dort entwickelten Gedanken bisher den Standpunkt einnahm, zwecks Vermeidung
zusätzlicher induktiver Spannungsabfälle den überlagerten Strom transformatorisch
auf das Grundsystem zu übertragen, ist gemäß der unten erläuterten Erfindung die
direkte Einführung des Einphasenstromes möglich gemacht, ohne induktive Spannungsabfälle
in Kauf nehmen zu müssen. Im wesentlichen beruht die Anordnung darin, daß der zu
überlagernde Strom in Punkten gleicher Potentiale der zur übertragung benutzten
Systeme direkt galvanisch eingeführt wird, und daß außerdem eine magnetische oder
galvanische Verkettung zwischen den in gleicher elektrischer Pha-3e liegenden Leitern
zusätzliche Spannungsabfälle des einen Stromsystems in den Wicklungen des anderen
Stromsystems verhindert. Solche Einführungspunkte gleichen Potentials sind: a) die
Nullpunkte, und zwar die Transformatoren- oder Drosselspulennullpunkte der beiden
Drehstromgrundsystemteile,
b) die beiden gleicher Phase zugehörigen
Leiter der beiden Drehstromgrundsystemteile.
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Die technische Durchführung dieses Gedankens sei an einigen Ausführungsbeispielen
näher beschrieben.
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Abb. i zeigt ein System entsprechend Anordnung a) in schaubildlicher
Darstellung. Abb. 2 zeigt das Schaltschema der Anordnung a) in üblicher Darstellungsweise.
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Abb. 3 zeigt das Schaltschema der Anordnung b) in üblicher Darstellungsweise.
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Abb. 4 zeigt die grundsätzliche Wicklungsanordnung des zur magnetischen
Verkettung der beiden Grundsystemteile nötigen Transformators.
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Abb. 5 zeigt die grundsätzliche Wicklungsanordnung der zur magnetischen
Verkettung der beiden Grundsystemteile ebenfalls verwendbaren Drosselspule.
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Abb. 6 zeigt den zur elektrischen Verkettung der beiden Grundsystemteile
brückengeschalteten Transformator in Vierschenkelausführung, Fünfschenkelausführung
und als normalen Dreimal-Einphasentransformator.
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Abb. 7 zeigt des Zusammenhangs wegen ein vollständig durchgeführtes
Schaltschema für eine Bahnstromversorgung über eine Drehstromdoppelleitung hinweg.
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Der Drehstromgenerator a in Abb. i und 2 erzeugt in bekannter Weise
einen verketteten Dreiphasenstrom, der die Niederspannungswicklung des Transformators
b speist. Der Transformator b besitzt in normaler Ausführung drei Schenkel, die
mit den Niedervolt-und Hochvoltspulen bewickelt sind. Die Hochvoltspulen sind in
zwei unter sich parallel geschaltete Dreiphasenwicklungen zusammengefaßt, in denen
in bekannter Weise der Drehstrom für die beiden angeschlossenen Leitungssystemteile
A und B auf die Übertragungsspannung umgespannt wird. Über jeden der
beiden Übertragungssystemteile A und B gelangt der Drehstrom in den Transformator
c der Abnahmestation, der genau die gleiche Anordnung wie der Transformator b besitzt.
Der Drehstrom wird dort über die beiden parallel arbeitenden Hochvolt-«vicklungen
und die Niedervoltwicklung wieder auf die niedrigere Spannung umgespannt und den
Sammelschienen d der Verteilungsanlage zugeführt.
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Der gleichzeitig zu übertragende Einphasenbahnstrom wird in dem Generator
e erzeugt und durch einen normalen Einphasentransformator f auf die gewünschte Übertragungsspannung
gebracht. Die Einführung des hochgespannten Einphasenstromes erfolgt in den beiden
Nullpunkten der parallel arbeitenden Hochvoltwicklungen des Transformators b. Dabei
verteilt sich der Einphasen-Strom gleichmäßig auf die drei Phasen je eines -Drehstromsystemteiles,
gelangt beispielsweise über Systemteil A zur Abnahmestation, vereinigt sich dort
wieder im Nullpunkt des Drehstromsystemteiles A, durchfließt die Hochvoltwicklung
des Einphasentransformators g und wird dort auf die Fahrleitungsspannung umgespannt.
Vom Transformator g fließt der hochgespannte Einphasenstrom in gleicher Weise wie
bei der Hinleitung nunmehr über Transformator c, Drehstromsystemteil B, Transformator
b zum Einphasentransformator f und damit zum Generator e zurück. Dabei ist
zur Vermeidung induktiver Spannungsabfälle für den Einphasenstrom die magnetische
Verkettung der beiden Hochvoltwicklungen im Transformator b so getroffen *(vgl.
Abb. 4), daß die Amperewindungen des Einphasenstromes in bezug auf die beiden Hochvoltwicklungshälften
je eines Schenkels sich aufheben. Im Eisenkern des Transformators entsteht somit
kein Einphasenfluß; dagegen können die Drehstromflüsse sich ungehindert ausbilden,
da die Drehstromamperewindungen der beiden parallel arbeitenden Hochvoltwicklungen
sich unterstützen.
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Zur reinen Einführung bzw. Abnahme des Einphasenstromes (als künstliche
Nullpunkte ohne gleichzeitige Umspannung des Drehstromes) dienen Drosselspulen,
deren Wicklungshälften nach Abb.5 ebenfalls magnetisch so verkettet sind; daß die
Einphasenamperewindungen sich aufheben, die Drehstromamperewindungen sich dagegen
unterstützen. Durch diese magnetische Verkettung der beiden Drehstromgrundsystemteile
werden die zusätzlichen Spannungsabfälle des Einphasenstromes im Drehstromsystem
unterdrückt.
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Der gleiche Erfolg wird durch die elektrische Verkettung der beiden
Drehstromgrundsystemteile mittels auf der Hochvoltseite brückengeschalteter Einphasenwicklungen
erreicht. In Abb.3 sind die Drehstromsystemteile A und B in bekannter Weise durch
zwei parallel arbeitende Transformatoren i und j gespeist und übertragen
die von diesen Transformatoren erhaltene Drehstromleistung in ebenfalls bekannter
Weise auf die Transformatoren h und l der Abnahmestation. Gleiche
Leitungskonstanten vorausgesetzt, hat die Phase 2.s des Systemteiles A in jedem
Augenblick das gleiche Potential wie = die Phase 2% des Systemteiles B, ebenso herrscht
gleiches Potential zwischen v und v' sowie zwischen w und zel.
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An diesen Punkten kann daher ebenfalls die Einführung eines .Einphasenstrornes
in die vorhandenen Grundsystemteile erfolgen, wenn durch entsprechende Anordnung
dafür
gesorgt ist, daß Kurzschlußverbindüngen unter den drei Phasen
je eines Drehstromsystemteiles vermieden werden.
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Dies wird folgendermaßen erreicht: Der Einphasengenerator m speist
die Niedervoltwicklung des Vier- oder Fünfschenkeltransformators n. Der in den Niedervoltschenkeln
dieses Transformators entstehende Einphasenfluß durchsetzt zu je 1/3 die Hochvoltwicklungen
der übrigen drei Schenkel und induziert in der Hochvoltwicklung jedes Schenkels
eine unter sich synchrone Einphasenspannung, die den Leitern der Phasen zi, ü' bzw.
v, v' bzw. w, w' aufgezwungen wird. Unter dem Einfluß dieser brückengeschalteten
Einphasenspannung kommt auf den beiden Drehstromsystemteilen ein Einphasenstrom
zustande, der die drei Leiter des Systemteiles A als Hinweg und über Transformator
o zurück die drei Leiter des Systemteiles B- als Rückweg benutzt. Die Umspannung
des dem Transformator o auf diese Weise zugeführten Einphasenstromes erfolgt in
gleicher Anordnung wie im Transformator n. Auf der Niedervoltseite des Transformators
o kann somit der Einphasenstrom in der für die Fahrleitungsanlage notwendigen Mittelspannung
abgenommen werden.
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Die gleichen Dienste wie ein Vier- oder Fünfschenkeltransformator
leisten drei gewöhnliche brückengeschaltete Einphasentransformatoren, wenn deren
Niedervoltwicklungen parallel geschaltet sind. Diese gleichwertigen Anordnungen
brückengeschalteter Einphasenhochvoltwicklungen sind in Abb. 6 zusammengestellt.
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Abb.7 zeigt schließlich noch das Schaltschema der Versorgung einer
längeren Vollbahnstrecke mit Einphasenstrom unter Benutzung einer Drehstromdoppelleitung
als Speiseleitung.
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Neben dem eingangs schon erwähnten Vorzug der Ersparnis an Baukosten
und Unterhaltungskosten für eine besondere Einphasenbahnstromübertragungsleitung
hat die erfindungsgemäße gleichzeitige Übertragung von Drehstrom und Einphasenstrom
über dasselbe Doppelleitungssystem den Vorzug, daß bei gleichem Kupfergewicht der
Übertragungsleitungen geringere Wattverluste entstehen als bei getrennter Übertragung
in zwei verschiedenen Leitungssystemen von zusammen gleichem Kupfergewicht. Die
durch die gleichzeitige Übertragung der Einphasen- und Drehstromspannung zustande
kommende Erhöhung der Scheitelspannung muß allerdings bei der Bemessung der Isolation
entsprechend berücksichtigt werden, jedoch ist bei gleichzeitiger Übertragung der
beiden Spannungen der Effektivwert der Gesamtspannurig gegen Erde geringer aIs die
Summe der Einzelspannungen zweier getrennter Systeme gegen Erde. Die Kosten für
die Isolationserhöhung halten sich in geringen Grenzen und werden durch den Wegfall
der Kosten für Bau und Unterhaltung eines besonderen Leitungszuges bei weitem ausgeglichen.