DE4441033A1 - Elastischer Kugelkopf für Hüftgelenkimplantate - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft einen speziellen Kugelkopf, bzw. verschie­ dene Ausgestaltungen für dessen Verbindung mit dem Schaft eines künstlichen Hüftgelenksystems für die Anwendung in der Humanmedi­ zin.

Für derartige Implantate wird bis in die Gegenwart hinein ein ständiger Entwicklungsaufwand betrieben, um sie weiter so zu ver­ bessern, daß die natürlichen Funktionen des Gelenks und seiner Umgebung in möglichst perfekter Weise nachgestaltet werden. Das Ziel dieser Bemühungen ist eine möglichst dauerhafte und be­ schwerdefreie Benutzbarkeit solcher Kunstgelenke.

Es hat sich jedoch gezeigt, daß vor allem durch das Einbringen des künstlichen Schaftes in den Femur in die elastischen Verhält­ nisse des beteiligten Knochensystems eingegriffen wird. In der Folge sind daher Umbauvorgänge im Knochen und teilweise auch Lockerungen des Implantats zu beobachten. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß rein geometrisch betrachtet, der natürli­ che Kugelkopf des Hüftgelenks beim Menschen genau senkrecht ober­ halb der Kondyläen des Kniegelenks positioniert ist. Der Femur stellt nun allerdings nicht die kürzeste Verbindungslinie zwi­ schen diesen beiden Punkten dar. Vielmehr ergibt sich aus dem Verlauf des Oberschenkelhalses vom Kugelkopf weg zum Trochanter major hin und weiter nach unten zurück zum Kniegelenk eine aus­ gelenkte Linie, welche entfernt an einen Bogen erinnert. Diese Formgestalt bewirkt beim Einleiten von vertikaler Last auf den natürlichen Hüftkopf ein geringes Ausfedern des Femurs, weil der Femur zum Teil mit axialen und zum Teil mit Biegekräften bean­ sprucht wird. Dieses elastische Verhalten ist in Verbindung mit den Dämpfungseigenschaften des Knochens vorteilhaft, da es bei dynamischer Beanspruchung des Knochenapparats, z. B. beim Laufen, zu einer Abschwächung der in das Becken geleiteten Lastspitzen führt.

Die erfinderische Grundidee ist nun, die mit der Implantation eines Kunstgelenks einhergehende Beeinträchtigung der Elastizität des Gesamtsystems mindestens teilweise rückgängig zu machen, um so zu einer verbesserten Lebensdauer derartiger Implantate zu kommen. Dabei konzentriert sich die praktische Ausführung der Er­ findung auf eine spezielle Gestaltung des künstlichen Kugelkop­ fes, bzw. seiner Anbindung an den Schaft.

In der Vergangenheit waren solche Kugelköpfe gewöhnlich fest mit dem implantierbaren Schaf t verbunden. In der Zwischenzeit hat sich jedoch das modulare System durchgesetzt, bei welchem beide Teile über eine genormte Schnittstelle (neuerdings der sogenannte Eurokonus 12/14) miteinander durch Zusammenstecken verbunden wer­ den. Das modulare System hat den Vorteil, daß es durch die Ver­ fügbarkeit von Kugelköpfen mit verschiedenen Konus tiefen die An­ passung an die Anatomie des Patienten erlaubt.

Derartige Kugelköpfe, ganz gleich ob sie modular aufsteckbar sind oder direkt mit dem Schaft eine Einheit bilden, werden bisher in einer massiven Ausführung aus metallischen oder keramischen Werk­ stoffen hergestellt. Eine elastische bzw. dämpfende Funktion er­ gibt sich aus dieser Gestaltung nicht.

Für die Einfügung einer elastischen bzw. dämpfenden Komponente in den Kugelkopf bzw. in den Schnittstellenbereich zwischen Kugel­ kopf und Schaft werden mit der Erfindung verschiedene Auswahlmög­ lichkeiten für die praktische Umsetzung angeboten. Diese sind:

• 1. Komplettschaft mit fest angebrachtem Kugelkopf und zwischen­ geschaltetem elastischen bzw. dämpfenden Verbindungsglied
• 2. An Schaft und Kugelkopf ankuppelbares elastisches bzw. dämp­ fendes Verbindungsglied
• 3. Aufsteckbarer Kugelkopf mit integrierter elastischer bzw. dämpfender Funktion.

Die erfindungsgemäße Ausführung als Komplettschaft mit fest ange­ brachtem Kugelkopf ist dabei vorzugsweise so ausgeführt, daß der Schaft eine halsartige Verlängerung besitzt, welche in eine Aus­ nehmung im Inneren des Kugelkopfes hineinragt. Die halsartige Verlängerung ist in ihrem Durchmesser deutlich kleiner gehalten, als die Ausnehmung im Inneren des Kugelkopfes. Der zwischen den beiden Teilen bestehende Zwischenraum ist mit einem elastischen und/oder mechanisch dämpfenden Material mindestens partiell auf­ gefüllt.

Für die bauliche Ausführung als sowohl mit dem Schaft als auch mit dem Kugelkopf kuppelbares Verbindungsglied wird vorgeschla­ gen, einen mechanisch höher belastbaren Kern z. B. aus einem me­ tallischen Werkstoff mindestens an einer Kupplungsseite in eine Schicht aus einem elastischen und/oder dämpfenden Material ein­ zubetten, und diese Schicht nochmals mit einer Umhüllung aus ei­ nem höherfesten Werkstoff zu versehen. Die äußere Kontur dieser Umhüllung ist dann so gestaltet, daß sie der Schnittstellengeo­ metrie des ankuppelbaren Bauteils entspricht.

Von den verschiedenen Ausführungsvorschlägen erscheinen vor allem jene als optimal, welche sich auf einen steckbaren Kugelkopf mit einer integrierten elastischen und/oder mechanisch dämpfenden Funktion beziehen. Hier wird erfindungsgemäß auf eine dünnerwan­ dige Schale zurückgegriffen, deren Oberfläche die übliche Kugel­ form des Kugelkopfes bildet. Der Innenraum dieser Kugelschale ist mindestens partiell mit einem elastischen und/oder dämpfenden Ma­ terial aufgefüllt. Im Zentrum der Auffüllung ist eine konische Bohrung vorhanden, welche den üblichen genormten Schnittstellen­ abmessungen entspricht. In einer weiter verfeinerten Ausführung ist die konische Bohrung mittels einer vorzugsweise aus Metall gefertigten Hülse verwirklicht, welche ihrerseits unter Verwen­ dung eines elastischen und/oder dämpfenden Materials in die Ku­ gelschale eingebettet ist.

Die letztgenannte Bauausführung ist z. B. im Hinblick auf die zu verwendenden Werkstoffe und die benötigten Technologien ohne grobe Schwierigkeiten zu realisieren. Sie erlaubt insbesondere die Materialtrennung, so daß für die innere konische Buchse z. B. Titan bzw. eine Titanlegierung verwendbar ist, falls der Kugel­ kopf auf einen Schaf t aus entsprechendem Werkstoff gesteckt wer­ den soll. Mit dieser Paarung wird eine eventuelle Elementbildung sicher ausgeschlossen. Andererseits ist es möglich, die äußere Kugelschale z. B. aus einer Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierung her­ zustellen, weil dieser Werkstoff besser polierbar ist, bzw. bes­ sere Gleiteigenschaften besitzt. Die gemäß der Erfindung vorge­ sehene Zwischenschicht aus einem elastischen und/oder dämpfenden Material besteht z. B. aus einem Elastomer oder einem entsprechen­ den Kunststoff. Günstig ist hier insbesondere ein Material mit einer höheren Wärmefestigkeit, bzw. mit einer Mindestresistenz gegen energiereiche Strahlung, damit die Sterilisation mit den üblichen Mitteln durchführbar ist. Hier bieten sich z. B. Werk­ stoffe wie Silikonkautschuk, Fluorkautschuk, oder auch entspre­ chende Thermoplaste an. Auch in Bezug auf die unter Umständen je nach Geometrie der Bauteile erforderliche Elastomer-Metall-Ver­ bindung kann auf bekannte Erfahrungen zurückgegriffen werden, wobei Verfahren wie z. B. Direktvulkanisation, Sandstrahlen der beteiligten Oberflächen oder Behandlung mit einem Primer zu nen­ nen wären. Die hier zum Thema Werkstoffe gemachten Aussagen sind größtenteils auf die zuvor gemachten Ausführungsvorschläge über­ tragbar.

Ein weiterer Ausführungsvorschlag bezieht sich auf eine rein metallische Ausführung. Hier besteht sowohl die Kugelschale als auch die konische innere Buchse aus einem mehr oder weniger wand­ dickengleichen Metall (z. B. Blech), wobei beide Teile über eine z. B. gewellte Membrane miteinander verbunden sind. Ein derartiges Bauteil kann z. B. mittels des sogenannten superplastischen Tief­ ziehens aus einem einzigen Stück Blech (auch Titanblech) herge­ stellt werden. Generell käme auch das Fügen aus Einzelteilen z. B. mittels Laserschweißen in Frage, wobei die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren letztendlich auf einer Abwägung des Kosten- Nutzen-Verhältnisses hinausläuft.

Mit der Erfindung wird in Bezug auf eine weitere Verfeinerung der letztgenannten Bauausführung weiter vorgeschlagen, den im Kugel­ kopf gebildeten Innenraum mit einem elastischen und/oder dämpfen­ den Material mindestens partiell aufzufüllen. Als Material werden die weiter oben genannten Werkstoffe mit entsprechenden Eigen­ schaften und zusätzlich Gewebe, Faserkompressen, Wirrvlies und dergleichen aus Metall zur Wahl gestellt.

Die Erfindung soll anschließend mittels der beiden Zeichnungsfi­ guren anhand von zwei Ausführungsbeispielen näher erläutert wer­ den. Fig. 1 zeigt einen Kugelkopf in einer Elastomer-Metall-Aus­ führung. Fig. 2 zeigt eine aus Blech gefertigte Ganzmetallvarian­ te.

Der in Fig. 1 gezeigte Kugelkopf ist in einer geschnittenen Dar­ stellung gezeigt. Die Kugelschale 1 ist aus einem metallischen Werkstoff gefertigt. Sie ist mit einem elastischen und mechanisch dämpfenden Material 2 ausgekleidet. In das Material 2 ist eine konische Buchse 3 aus Metall eingebettet, welche auf einen ent­ sprechenden Hals des zugehörigen Schaftes aufsteckbar ist. Das zwischen der konischen Buchse und der Kugelschale angestrebte elastische und mechanisch gedämpfte Verhalten ist mittels der Geometrie der Bauteile und den Eigenschaften des Materials 2 ein­ stellbar.

Auch der in Fig. 2 dargestellte Kugelkopf ist geschnitten gezeich­ net. Er besteht vollständig aus einem metallischen Blech, welches superplastisch verformt und nachträglich an den Funktionsflächen geschliffen bzw. poliert worden ist. Die Kugelschale 4 geht mit einer gewellten und membranartigen Sektion 5 in den innen liegen­ den Konus 6 über. Die für die gezeigte Bauform als günstig in Be­ zug auf die mechanische Dämpfung angesehene Auffüllung mit einem Füllstoff (z. B. Elastomer) wurde aus Vereinfachungsgründen nicht eingezeichnet.

Mit der Erfindung wird ein im wesentlichen den Kugelkopf von Hüftgelenkimplantaten betreffendes Dämpfungssystem zur Verfügung gestellt, welches günstige Auswirkungen auf die Benutzungsdauer solcher künstlichen Gelenke dadurch erwarten läßt, daß es durch seine Eigendämpfung die dynamische Beanspruchung des beteiligten Knochenapparates insbesondere an den Kontaktstellen zum Implantat vermindert. Die Erfindung ist verhältnismäßig einfach zu gerin­ gen Kosten in die Praxis umsetzbar, wobei zum groben Teil auf bewährte Materialien und Verfahren zurückgegriffen werden kann.

Claims (10)

1. Künstliches Hüftgelenksystem, bestehend aus Schaft, Kugel­ kopf und einem Verbindungsglied zwischen Schaft und Kugelkopf, dadurch gekennzeichnet, daß das Verbindungsglied elastische und/oder mechanisch dämpfende Eigenschaften besitzt.

2. Hüftgelenksystem gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Schaft, Kugelkopf und Verbindungsglied eine Einheit bilden, wobei der Schaft einen Hals besitzt und das Verbindungsglied als Zwischenlage zwischen diesem Hals und dem Kugelkopf angeordnet ist.

3. Hüftgelenksystem gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Verbindungsglied im wesentlichen die Form einer Hülse be­ sitzt.

4. Verbindungsglied für den Schaft und den Kugelkopf eines künstlichen Hüftgelenksystems, dadurch gekennzeichnet, daß es an beide Teile ankuppelbar ist und elastische und/oder mechanisch dämpfende Eigenschaften besitzt.

5. Aufsteckbarer Kugelkopf für Hüftgelenkimplantate, dadurch ge­ kennzeichnet, daß seine kugelförmige Oberfläche aus einem Körper eines abriebarmen Werkstoffs mit höherer Festigkeit gebildet ist, und zwischen diesem Körper und dem einsteckbaren Schaf t ein Ver­ bindungsglied mit elastischen und/oder mechanisch dämpfungsakti­ ven Eigenschaften angeordnet ist.

6. Kugelkopf gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Verbindungsglied einen Innenkonus besitzt.

7. Kugelkopf gemäß Ansprüchen 5 und 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Körper mit kugelformiger Oberfläche eine mehr oder weni­ ger schalenförmige Gestalt besitzt, der Innenkonus hülsenähnlich aus einem Werkstoff erhöhter Festigkeit gestaltet ist, und beide heile mittels eines Materials mit elastischen und/oder mechanisch dämpfenden Eigenschaften mindestens partiell miteinander verbun­ den sind (Fig. 1).

8. Hüftgelenksystem, Verbindungsglied oder Kugelkopf gemäß einem oder mehreren der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Material mit elastischen und/oder dämpfenden Eigenschaf­ ten aus den Gruppen der Elastomere bzw. der Kunststoffe ausge­ sucht ist.

9. Kugelkopf gemäß Ansprüchen 5 und 6, dadurch gekennzeichnet, daß sowohl die kugelförmige Schale, als auch der Innenkonus und das Verbindungselement aus relativ wanddickengleichem Werkstoff (z. B. Blech) gefertigt sind, und das Verbindungsglied einem ge­ wellte Formgestalt besitzt (Fig. 2).

10. Kugelkopf gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß der sich ergebende Hohlraum mit einem Füllstoff mit elastischen und/oder mechanisch dämpfenden Eigenschaften (z. B. Elastomer, Kunststoff oder Metallwolle) mindestens partiell ausgefüllt ist.