Die vorliegende Erfindung betrifft ein verbessertes Verfahren
zur Herstellung von nicht-kariogenen Zuckern, insbesondere
Trehalulose oder/und Palatinose, unter Verwendung rekombinan
ter DNA-Technologie.
Die akariogenen Zuckerersatzstoffe Palatinose (Isomaltulose)
und Trehalulose werden großtechnisch aus Saccharose durch eine
enzymatische Umlagerung unter Verwendung von immobilisierten
Bakterienzellen (z. B. der Spezies Protaminobacter rubrum, Er
winia rhapontici, Serratia plymuthica) hergestellt. Dabei wird
die zwischen den beiden Monosaccharideinheiten des Disaccha
rids Saccharose bestehende α1→β2 glykosidische Bindung zu
einer α1→6 Bindung bei Palatinose bzw. einer α1→α1 Bindung
bei Trehalulose isomerisiert. Diese Umlagerung von Saccharose
zu den beiden akariogenen Disacchariden erfolgt unter Katalyse
des bakteriellen Enzyms Saccharose-Isomerase, auch Saccharo
se-Mutase genannt. Je nach verwendetem Organismus ergibt sich
bei dieser Reaktion ein Produktgemisch, das neben den er
wünschten akariogenen Disacchariden Palatinose und Trehalulose
auch gewisse Anteile an unerwünschten Monosacchariden (Glucose
oder/und Fructose) enthält. Diese Monosaccharidanteile sind
ein erhebliches technisches Problem, da zu ihrer Abtrennung
aufwendige Reinigungsprozeduren (meist fraktionierte Kristal
lisationen) erforderlich sind.
Eine der vorliegenden Erfindung zugrundeliegende Aufgabe be
stand somit darin, die Bildung von Monosacchariden bei der
Isomerisierung von Saccharose zu Trehalulose oder/und Palati
nose möglichst weitgehend zu unterdrücken. Eine andere, der
vorliegenden Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestand in der
Bereitstellung von Organismen, die Palatinose oder/und Treha
lulose in höherer Ausbeute als bekannte Organismen erzeugen.
Zur Lösung dieser Aufgaben werden rekombinante DNA-Moleküle,
mit rekombinanten DNA-Molekülen transformierte Organismen,
rekombinante Proteine sowie ein verbessertes Verfahren zur
Herstellung von nicht-kariogenen Zuckern, insbesondere von
Palatinose oder/und Trehalulose, bereitgestellt.
Ein Gegenstand der Erfindung ist eine DNA-Sequenz, welche da
durch gekennzeichnet ist, daß sie für ein Protein mit einer
Saccharose- Isomerase-Aktivität codiert und
- a) eine der in SEQ ID NO. 1, SEQ ID NO. 2 oder SEQ ID NO. 3
gezeigten Nukleotidsequenzen gegebenenfalls ohne den Si
gnalpeptid-codierenden Bereich,
- b) eine der Sequenzen aus (a) im Rahmen der Degeneration des
genetischen Codes entsprechende Nukleotidsequenz, oder
- c) eine mit den Sequenzen aus (a) oder/und (b) hybridisie
rende Nukleotidsequenz umfaßt.
Im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung soll der Be
griff "Protein mit einer Saccharose-Isomerase-Aktivität" sol
che Proteine umfassen, die zur Isomerisierung von Saccharose
zu anderen Disacchariden in der Rage sind, wobei die α1 → β2
glykosidische Bindung zwischen Glucose und Fructose in der
Saccharose in eine andere glykosidische Bindung zwischen zwei
Monosaccharideinheiten überführt wird, insbesondere in eine α1
→ 6 Bindung oder/und eine α1 → α1 Bindung. Besonders bevorzugt
betrifft der Begriff "Protein mit einer Saccharose-Isomerase-
Aktivität" daher ein Protein, das zur Isomerisierung von Sac
charose zu Palatinose oder/und Trehalulose in der Lage ist.
Dabei beträgt der Anteil von Palatinose und Trehalulose an den
gesamten Disacchariden, die durch Isomerisierung von Saccha
rose gebildet werden, vorzugsweise 2%, besonders bevorzugt
20% und am meisten bevorzugt 50%.
Die in SEQ ID NO. 1 gezeigte Nukleotidsequenz codiert für die
vollständige Saccharose-Isomerase aus dem Mikroorganismus Pro
taminobacter rubrum (CBS 547,77) einschließlich des Signalpep
tidbereichs. Die in SEQ ID NO. 2 gezeigte Nukleotidsequenz
codiert für den N-terminalen Abschnitt der Saccharose-Isome
rase aus dem Mikroorganismus Erwinia rhapontici (NCPPB 1578)
einschließlich des Signalpeptidbereichs. Die in SEQ ID NO. 3
gezeigte Nukleotidsequenz kodiert für einen Abschnitt der Sac
charose-Isomerase aus dem Mikroorganismus SZ 62.
Der für das Signalpeptid codierende Bereich der SEQ ID NO. 1
reicht von Nukleotid 1-99. In SEQ ID NO. 2 reicht der Si
gnalpeptid-codierende Bereich von Nukleotid 1-108. Die DNA-
Sequenz gemäß vorliegender Erfindung umfaßt auch die in SEQ ID
NO. 1 und SEQ ID NO. 2 gezeigten Nukleotidsequenzen ohne den
Signalpeptid-codierenden Bereich, da das Signalpeptid in der
Regel nur für die korrekte Lokalisierung des reifen Proteins
in einem bestimmten Zellkompartement (z. B. im periplasmati
schen Raum zwischen der äußeren und der inneren Membran, in
der äußeren Membran oder in der inneren Membran) oder für den
extrazellulären Export, nicht aber für die enzymatische Akti
vität als solche notwendig ist. Die vorliegende Erfindung um
faßt somit weiterhin auch für das reife Protein (ohne Signal
peptid) codierende Sequenzen in operativer Verknüpfung mit
heterologen Signalsequenzen, insbesondere mit prokaryontischen
Signalsequenzen, wie etwa bei E.L. Winnacker, Gene und Klone,
Eine Einführung in die Gentechnologie, VCH-Verlagsgesellschaft
Weinheim, BRD, (1985), S. 256 beschrieben.
Neben den in SEQ ID NO. 1, SEQ ID NO. 2 oder SEQ ID NO. 3 ge
zeigten Nukleotidsequenzen und einer dieser Sequenzen im Rah
men der Degeneration des genetischen Codes entsprechenden Nu
kleotidsequenzen umfaßt die vorliegende Erfindung auch noch
eine DNA-Sequenz, die mit einer dieser Sequenzen hybridisiert,
vorausgesetzt, daß sie für ein Protein codiert, das zur Isome
risierung von Saccharose in der Lage ist. Der Begriff "Hybri
disierung" gemäß vorliegender Erfindung wird wie bei Sambrook
et al. (Molecular Cloning. A Laboratory Manual, Cold Spring
Harbor Laboratory Press (1989), 1.101-1.104) verwendet. Gemäß
vorliegender Erfindung spricht man von einer Hybridisierung,
wenn nach Waschen für 1 Stunde mit 1×SSC und 0,1% SDS bei
55°C, vorzugsweise bei 62°C und besonders bevorzugt bei 68°C,
insbesondere für 1 Stunde in 0,2×SSC und 0,1% SDS bei 55°C,
vorzugsweise bei 62°C und besonders bevorzugt bei 68°C noch
ein positives Hybridisierungssignal beobachtet wird. Eine un
ter derartigen Waschbedingungen mit einer der in SEQ ID NO:1
oder SEQ ID NO:2 gezeigten Nukleotidsequenzen oder einer damit
im Rahmen der Degeneration des genetischen Codes entsprechen
den Nukleotidsequenz hybridisierende Nukleotidsequenz ist eine
erfindungsgemäße Nukleotidsequenz.
Vorzugsweise weist die erfindungsgemäße DNA-Sequenz
- a) eine der in SEQ ID NO. 1, SEQ ID NO. 2 oder SEQ ID NO. 3
gezeigten Nukleotidsequenzen gegebenenfalls ohne den Si
gnalpeptid-codierenden Bereich oder
- b) eine zu den Sequenzen aus (a) mindestens 70% homologe
Nukleotidsequenz auf.
Vorzugsweise weist die erfindungsgemäße DNA-Sequenz auch eine
mindestens 80% homologe Nukleotidsequenz zu den konservierten
Teilbereichen der in SEQ TD NO. 1, SEQ ID NO. 2 oder SEQ ID
NO. 3 gezeigten Nukleotidsequenzen auf. Diese konservierten
Teilbereiche sind insbesondere von Nukleotid 139-186,
Nukleotid 256-312, Nukleotid 328-360, Nukleotid 379-420
oder/und Nukleotid 424-444 der in SEQ TD NO. 1 gezeigten
Nukleotidsequenz.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform weist die er
findungsgemäße DNA-Sequenz eine mindestens 80% homologe, ins
besondere eine mindestens 90% homologe Nukleotidsequenz zu
den Teilbereichen
- a) Nukleotid 139 -155 oder/und
- b) Nukleotid 625-644
der in SEQ TD NO. 1 gezeigten Nukleotidsequenz auf.
Oligonukleotide, die aus den obigen Sequenzbereichen abgelei
tet sind, haben sich als Primer zur PCR-Amplifikation von Iso
merase-Fragmenten aus der genomischen DNA einer Vielzahl gete
steter Mikroorganismen, z. B. Protaminobacter rubrum (CBS 547,
77), Erwinia rhapontici (NCPPB 1578), Isolat SZ 62 und Pseudo
monas mesoacidophila MX-45 (FERM 11808) bewährt.
Besonders bevorzugt werden zu diesem Zweck die folgenden Oli
gonukleotide, gegebenenfalls in Form von Gemischen verwendet,
wobei die in Klammern befindlichen Basen alternativ vorhanden
sein können:
Oligonukleotid I (17 nt):
5′ -TGGTGGAA(A,G)GA(G,A)GCTGT-3′
Oligonukleotid II (20 nt):
5′ -TCCCAGTTCAG (G,A) TCCGGCTG-3′
Das Oligonukleotid I ist aus den Nukleotiden 139-155 von SEQ
ID NO. 1 abgeleitet und das Oligonukleotid II ist aus der zu
den Nukleotiden 625-644 komplementären Sequenz von SEQ ID
NO. 1 abgeleitet. Die Unterschiede zwischen den homologen
Teilbereichen der erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen und den als
Oligonukleotid I und Oligonukleotid II bezeichneten Sequenzen
sind vorzugsweise jeweils maximal 2 Nukleotide und besonders
bevorzugt jeweils maximal 1 Nukleotid.
In einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform der
vorliegenden Erfindung weist die DNA-Sequenz eine mindestens
80% homologe, insbesondere eine mindestens 90% homologe Nu
kleotidsequenz zu den Teilbereichen von
- c) Nukleotid 995-1013 oder/und
- d) Nukleotid 1078-1094
der in SEQ ID NO. 1 gezeigten Nukleotidsequenz auf.
Oligonukleotide, die aus den obigen Sequenzbereichen abgelei
tet sind, hybridisieren mit Saccharose-Isomerasegenen aus den
Organismen Protaminobacter rubrum und Erwinia rhapontici. Be
sonders bevorzugt werden die folgenden Oligonukleotide, gege
benenfalls in Form von Gemischen, verwendet, wobei die in
Klammern angegebenen Basen alternativ vorhanden sein können:
Oligonukleotid III (19 nt):
AAAGATGGCG (G, T) CGAAAAGA
Oligonukleotid IV (17 nt):
5′ -TGGAATGCCTT(T,C)TTCTT-3′
Oligonukleotid III ist aus den Nukleotiden 995-1013 von SEQ
ID NO. 1 abgeleitet und Oligonukleotid TV ist aus den Nukleo
tiden 1078 - 1094 von SEQ ID NO. 1 abgeleitet. Die Unter
schiede zwischen den homologen Teilbereichen der erfindungs
gemäßen DNA-Sequenzen und den als Oligonukleotid III und IV
bezeichneten Sequenzen sind vorzugsweise jeweils maximal 2
Nukleotide und besonders bevorzugt jeweils maximal 1 Nukleo
tid.
Erfindungsgemäße Nukleotidsequenzen sind insbesondere aus Mi
kroorganismen der Gattungen Protaminobacter, Erwinia, Serra
tia, Leuconostoc, Pseudomonas, Agrobacterium und Klebsiella
erhältlich. Spezifische Beispiele für solche Mikroorganismen
sind Protaminobacter rubrum (CBS 547,77), Erwinia rhapontici
(NCPPB 1578), Serratia plymuthica (ATCC 15928), Serratia mar
cescens (NCIB 8285), Leuconostoc mesenteroides NRRL B-521f
(ATCC 10830a), Pseudomonas mesoacidophila MX-45 (FERM 11808),
Agrobacterium radiobacter MX-232 (FERN 12397) und Klebsiella
subspezies. Die erfindungsgemäßen Nukleotidsequenzen können
auf einfache Weise aus dem Genom der betreffenden Mikrooganis
men z. B. unter Verwendung von Oligonukleotiden aus einem oder
mehreren der konservierten Bereiche von SEQ TD NO. 1, SEQ ID
NO. 2 und SEQ ID NO. 3 durch Amplifikations- oder/und Hybri
disierungs-Standardtechniken isoliert und charakterisiert wer
den. Vorzugsweise werden die erfindungsgemäßen Nukleotidse
quenzen durch eine PCR-Amplifikation der genomischen DNA des
betreffenden Organismus unter Verwendung der Oligonucleotide I
und II gewonnen. Auf diese Weise erhält man ein Teilfragment
des betreffenden Saccharose-Isomerasegens, das anschließend
als Hybridisierungssonde zur Isolierung des kompletten Gens
aus einer Genbank des betreffenden Mikroorganismus verwendet
werden kann. Alternativ können die Nukleotidsequenzen durch
Herstellung einer Genbank aus dem jeweiligen Organismus und
direkte Musterung dieser Genbank mit den Oligonukleotiden I,
II, III oder/und IV gewonnen werden.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein
Vektor, der mindestens eine Kopie einer erfindungsgemäßen DNA-
Sequenz enthält. Dieser Vektor kann ein beliebiger prokaryon
tischer oder eukaryontischer Vektor sein, auf dem die erfin
dungsgemäße DNA-Sequenz sich vorzugsweise unter Kontrolle ei
nes Expressionssignals (Promotor, Operator, Enhancer etc.)
befindet. Beispiele für prokaryontische Vektoren sind chromo
somale Vektoren wie etwa Bacteriophagen (z. B. Bacteriophage λ)
und extrachromosomale Vektoren wie etwa Plasmide, wobei zirku
läre Plasmidvektoren besonders bevorzugt sind. Geeignete pro
karyontische Vektoren sind z. B. bei Sambrook et al., supra,
Kapitel 1-4 beschrieben.
Ein besonders bevorzugtes Beispiel eines erfindungsgemäßen
Vektors ist das Plasmid pHWS 88, welches das Saccharose-Isome
rase-Gen von Protaminobacter rubrum (mit der in SEQ ID NO. 1
gezeigten Sequenz) unter Kontrolle des regulierbaren Tac-Pro
motors trägt. Das Plasmid pHWS 88 wurde am 16. Dezember 1993
bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkultu
ren (DSM), Mascheroder Weg 1b, 38124 Braunschweig, Bundesrepu
blik Deutschland unter der Hinterlegungsnummer DSM 8824 gemäß
den Vorschriften des Budapester Vertrages hinterlegt.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung ist der erfindungsgemäße Vektor ein Plasmid, das in
der Wirtszelle mit einer Kopienzahl von weniger als 10, beson
ders bevorzugt mit einer Kopienzahl von 1 bis 2 Kopien pro
Wirtszelle vorliegt. Beispiele solcher Vektoren sind einer
seits chromosomale Vektoren, wie etwa Bacteriophage λ oder
F-Plasmide. Die Herstellung von F-Plasmiden, die das Saccharo
se-Isomerasegen enthalten, kann beispielsweise durch Transfor
mation eines F-Plasmid-haltigen E.coli-Stamms mit einem, das
Saccharose-Isomerasegen enthaltenden Transposon und anschlie
ßende Selektion auf rekombinante Zellen erfolgen, in denen das
Transposon in das F-Plasmid integriert hat. Ein Beispiel für
ein derartiges rekombinantes Transposon ist das Plasmid pHWS
118, welches das Transposon Tn 1721 Tet enthält und durch Klo
nierung eines das Saccharose-Isomerase-Gen enthaltenden DNA-
Fragments aus dem oben beschriebenen Plasmid pHWS 88 in das
Transposon pJOE 105 (DSM 8825) hergestellt wurde.
Andererseits kann der erfindungsgemäße Vektor auch ein eukary
ontischer Vektor sein, z. B. ein Hefevektor (z. B. YIp, YEp
etc.) oder ein für höhere Zellen geeigneter Vektor (z. B. ein
Plasmidvektor, viraler Vektor, Pflanzenvektor) sein. Derartige
Vektoren sind dem Fachmann auf dem Gebiet der Molekularbiolo
gie geläufig, so daß hier nicht näher darauf eingegangen wer
den muß. Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf Sambrook
et al., supra, Kapitel 16 verwiesen.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine
Zelle, die mit einer erfindungsgemäßen DNA-Sequenz oder einem
erfindungsgemäßen Vektor transformiert ist. In einer Ausfüh
rungsform ist diese Zelle eine prokaryontische Zelle, vorzugs
weise eine gram-negative prokaryontische Zelle, besonders be
vorzugt eine Enterobakterienzelle. Dabei kann einerseits eine
Zelle verwendet werden, die kein eigenes Saccharose-Isomerase
gen enthält, wie z. B. E.coli, andererseits können aber auch
Zellen verwendet werden, die bereits ein solches Gen auf ihrem
Chromosom enthalten, z. B. die oben als Quelle für Saccharose-
Isomerasegene genannten Mikroorganismen. Bevorzugte Beispiele
für geeignete prokaryontische Zellen sind E.coli-, Protamino
bacter rubrum- oder Erwinia rhapontici-Zellen. Die Transforma
tion prokaryontischer Zellen mit exogenen Nukleinsäuresequen
zen ist einem Fachmann auf dem Gebiet der Molekularbiologie
geläufig (vgl. z. B. Sambrook et al., supra, Kapitel 1-4).
In einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung
kann die erfindungsgemäße Zelle jedoch auch eine eukaryonti
sche Zelle sein, wie etwa eine Pilzzelle (z. B. Hefe), eine
tierische oder eine pflanzliche Zelle. Verfahren zur Transfor
mation bzw. Transfektion eukaryontischer Zellen mit exogenen
Nukleinsäuresequenzen sind dem Fachmann auf dem Gebiet der
Molekularbiologie ebenfalls geläufig und brauchen hier nicht
näher erläutert zu werden (vgl. z. B. Sambrook et al., Kapitel
16)
Die Erfindung betrifft auch ein Protein mit einer Saccharose-
Isomerase-Aktivität wie oben definiert, das von einer erfin
dungsgemäßen DNA-Sequenz codiert ist. Vorzugsweise umfaßt die
ses Protein
- a) eine der in SEQ ID NO. 4, SEQ ID NO. 5 oder SEQ ID NO. 6
gezeigten Aminosäuresequenzen gegebenenfalls ohne den
Signalpeptid-bereich oder
- b) eine zu den Sequenzen aus (a) mindestens 80% homologe
Aminosäuresequenz.
Die in SEQ ID NO. 4 gezeigte Aminosäuresequenz codiert für die
vollständige Saccharose-Isomerase aus Protaminobacter rubrum.
Das Signalpeptid reicht von Aminosäure 1-33. Der für das
reife Protein codierende Abschnitt beginnt mit Aminosäure 34.
Die in SEQ ID NO. 5 gezeigte Aminosäuresequenz codiert für den
N-terminalen Abschnitt des Saccharose-Isomerase aus Erwinia
rhapontici. Das Signalpeptid reicht von Aminosäure 1-36. Der
für das reife Protein codierende Abschnitt beginnt mit Amino
säure 37. Die in SEQ ID NO. 6 gezeigte Aminosäuresequenz co
diert für einen Abschnitt der Saccharose-Isomerase aus dem
Mikroorganismus SZ 62. In Fig. 1 ist ein Vergleich der Amino
säuresequenzen der Isomerasen aus P. rubrum, E. rhapontici und
SZ 62 gezeigt.
Besonders bevorzugt weist das erfindungsgemäße Protein eine
mindestens 90% homologe Aminosäuresequenz zu konservierten
Teilbereichen aus den in SEQ ID NO. 4, SEQ ID NO. 5 oder SEQ
ID NO. 6 gezeigten Aminosäuresequenzen auf, insbesondere in
Teilbereichen von
- a) Aminosäure 51-149,
- b) Aminosäure 168-181,
- c) Aminosäure 199-250,
- d) Aminosäure 351-387 oder/und
- e) Aminosäure 390-420
der in SEQ ID NO. 4 gezeigten Aminosäuresequenz auf.
Mittels der oben genannten DNA-Sequenzen, Vektoren, transfor
mierten Zellen und Proteinen ist die Bereitstellung einer Sac
charose-Isomerase-Aktivität ohne störende enzymatische Neben
aktivitäten auf einfache Weise möglich.
Hierzu kann einerseits die Saccharose-Isomerase durch rekom
binante DNA-Technologie als Bestandteil eines Extrakts aus dem
Wirtsorganismus oder in isolierter und gereinigter Form (z. B.
durch Expression in E.coli) erhalten werden. Dieses vorzugs
weise gereinigte und isolierte Saccharose-Isomerase-Enzym kann
z. B. in immobilisierter Form zur technischen Herstellung von
akariogenen Zuckern wie etwa Trehalulose oder/und Palatinose
durch Umsetzung von Saccharose in einem Enzymreaktor verwendet
werden. Die Immobilisierung von Enzymen ist einem Fachmann
geläufig und muß an dieser Stelle nicht ausführlich beschrie
ben werden.
Andererseits kann die Herstellung von akariogenen Zuckern aus
Saccharose auch in einem vollständigen Mikroorganismus, vor
zugsweise in immobilisierter Form, erfolgen. Durch Klonierung
des oben genannten Saccharose-Isomerasegens in einen Organis
mus ohne bzw. mit reduziertem Palatinose- oder/und Trehalulo
sestoffwechsel (d. h. in einem Organismus, der nicht in der
Lage ist, die oben genannten Zucker signifikant abzubauen)
kann ein neuer Organismus erzeugt werden, der durch Einführung
exogener DNA zur Herstellung von akariogenen Disacchariden
ohne nennenswerte Bildung von Monosacchariden in der Lage ist.
Zur Einführung des Saccharose-Isomerasegens eignet sich somit
einerseits ein Organismus, der Palatinose oder/und Trehalulose
nicht verwerten kann (z. B. E.coli, Bacillus, Hefe) und ande
rerseits ein Organismus, der grundsätzlich zur Verwertung von
Palatinose oder/und Trehalulose in der Lage wäre, aber durch
ungezielte oder gezielte Mutation einen reduzierten Palatino
se- oder/und Trehalulosestoffwechsel aufweist.
Der Begriff "reduzierter Palatinose- oder/und Trehalulose
stoffwechsel" bedeutet im Sinne der vorliegenden Erfindung,
daß eine ganze Zelle des betreffenden Organismus bei der Ver
wertung von Saccharose als C-Quelle akariogene Disaccharide
erzeugt und diese aber nur in geringem Umfang metabolisch ver
werten kann, z. B. indem sie zu Monosacchariden abgebaut wer
den. Vorzugsweise erzeugt der Organismus weniger als 2,5%,
besonders bevorzugt weniger als 2%, am meisten bevorzugt we
niger als 1% Glucose plus Fructose auf Basis der Summe von
akariogenen Disacchariden und Monosaccharidabbauprodukten bei
einer Temperatur von 15-65°C, insbesondere von 25-55°C.
Weiterhin wird eine Zelle offenbart, die mindestens eine für
ein Protein mit einer Saccharose-Isomerase-Aktivität codie
rende DNA-Sequenz enthält und einen wie oben definierten
reduzierten Palatinose- oder/und Trehalulosestoffwechsel
aufweist. Eine derartige Zelle erzeugt höhere Anteile der
nicht-kariogenen Disaccharide Trehalulose oder/und Palatinose
und verringerte Mengen an den störenden Nebenprodukten Glucose
bzw. Fructose.
Die Reduzierung des Palatinose- oder/und Trehalulosestoff
wechsels kann durch teilweise oder vollständige Hemmung der
Expression von Invertase- oder/und Palatinasegenen erfolgen,
die für den intrazellulären Abbau von Palatinose oder/und
Trehalulose verantwortlich sind. Diese Hemmung der Genexpres
sion kann beispielsweise durch zielgerichtete Mutagenese
oder/und Deletion der betreffenen Gene erfolgen. Eine zielge
richtete Mutation des in SEQ TD NO. 7 gezeigten Palatinasegens
kann beispiels
weise durch Einführung eines zur homologen chromosomalen Re
kombination geeigneten Vektors, der ein mutiertes Palatinase
gen trägt, und Selektion von Organismen erfolgen, in denen
eine derartige Rekombination stattgefunden hat. Das Prinzip
der Selektion durch genetische Rekombination wird bei E.L.
Winnacker, Gene und Klone. Eine Einführung in die Gentechnolo
gie (1985), VCH-Verlagsgesellschaft Weinheim, BRD, S. 320 ff.
erläutert.
Weiterhin können Organismen mit reduziertem Palatinose
oder/und Trehalulosestoffwechsel auch durch unspezifische
Mutagenese aus geeigneten Ausgangsorganismen und Selektion der
Palatinase-Defektmutanten erhalten werden. Ein Beispiel für
eine derartige Palatinase-Defektmutante ist der Protaminobac
ter rubrum-Stamm SZZ 13, der am 29. März 1994 bei der Deut
schen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSM),
Mascheroder Weg 1b, 38124 Braunschweig, Bundesrepublik
Deutschland, unter der Hinterlegungsnummer DSM 9121 gemäß den
Vorschriften des Budapester Vertrags hinterlegt wurde. Dieser
Mikroorganismus wurde durch unspezifische Mutagenese von P.
rubrum-Wildtypzellen mit N-Methyl-N′-nitro-N-nitrosoguanidin
hergestellt und zeichnet sich dadurch aus, daß er die nicht
kariogenen Zucker Trehalulose und Palatinose nicht mehr in
Glucose und Fructose spalten kann. Die Selektion solcher Mu
tanten kann z. B. durch Verwendung von MacConkey-Palatinose-
Medien oder Minimalsalzmedien mit Palatinose oder Glucose als
einziger C-Quelle erfolgen. Die Mutanten, die auf MacConkey-
Palatinose-Medium (MacConkey-Agar-Base von Difco Laboratories,
Detroit, Michigan, USA (40 g/l) und 20 g/l Palatinose) weiß
sind oder auf Minimalsalzmedien mit Glucose als einziger C-
Quelle, aber nicht auf entsprechenden Medien mit Palatinose
als einziger C-Quelle wachsen, werden als Palatinase-Defekt-
Mutanten identifiziert.
Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur
Isolierung von Nukleinsäuresequenzen, die für ein Protein mit
einer Saccharose-Isomerase-Aktivität codieren, wobei man eine
Genbank aus einem Spenderorganismus, der eine für ein Protein
mit einer Saccharose-Isomerase-Aktivität codierende DNA-Se
quenz enthält, in einem geeigneten Wirtsorganismus anlegt, die
Klone der Genbank untersucht und die Klone isoliert, die eine
für ein Protein mit Saccharose-Isomerase-Aktivität codierende
Nukleinsäure enthalten. Die auf diese Weise isolierten, für
Saccharose-Isomerase codierenden Nukleinsäuren können wiederum
zur Einführung in Zellen wie oben beschrieben verwendet wer
den, um neue Produzentenorganismen von akariogenen Zuckern
bereit zustellen.
Bei diesem Verfahren wählt man als Wirtsorganismus vorzugs
weise einen Organismus, der keine eigenen funktionellen Gene
für den Palatinosestoffwechsel, insbesondere keine funktionel
len Palatinase- oder/und Invertasegene besitzt. Ein bevorzug
ter Wirtsorganismus ist E.coli. Zur Erleichterung der Charak
terisierung von Palatinose-produzierenden Klonen können bei
der Untersuchung der Klone der Genbank Saccharose-spaltende
Klone und die darin enthaltenen, vom Spenderorganismus stam
menden DNA-Sequenzen isoliert und in einem Galactose nicht
verwertenden E.coli-Stamm transformiert werden, der als Scree
ningstamm für die Klone der Genbank eingesetzt wird.
Andererseits kann die Untersuchung der Klone der Genbank auf
DNA-Sequenzen, die für ein Protein mit einer Saccharose-Isome
rase-Aktivität codieren, auch unter Verwendung von Nukleinsäu
resonden erfolgen, die aus den Sequenzen SEQ ID NO. 1, SEQ ID
NO. 2 bzw. SEQ ID NO. 3 abgeleitet sind, die für die Saccharo
se-Isomerase-Gene aus Protaminobacter rubrum, Erwinia rhapon
tici und dem Isolat SZ 62 codieren. Besonders bevorzugt ver
wendet man als Sonden ein durch PCR-Reaktion mit den Oligonu
kleotiden I und II als Primer gewonnenes DNA-Fragment bzw. die
Oligonukleotide III oder/und IV.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein
Verfahren zur Herstellung von nicht-kariogenen Zuckern, ins
besondere Trehalulose oder/und Palatinose, welches dadurch
gekennzeichnet ist, daß man zur Produktion der Zucker
- a) ein Protein mit Saccharose-Isomerase-Aktivität in iso
lierter Form,
- b) einem Organismus, der mit einer DNA-Sequenz, die für Pro
tein mit Saccharose-Isomerase codiert, oder einem, minde
stens eine Kopie dieser DNA-Sequenz enthaltenden Vektor
transformiert ist,
- c) einen Organismus, der mindestens eine für ein Protein mit
einer Saccharose-Isomerase-Aktivität codierende DNA-Se
quenz enthält und einen reduzierten Palatinose- oder/und
Trehalulosestoffwechsel aufweist, oder/und
- d) einen Extrakt aus einer derartigen Zelle bzw. einem der
artigen Organismus verwendet.
Die Durchführung des Verfahrens erfolgt im allgemeinen da
durch, daß man das Protein, den Organismus bzw. den Extrakt in
einem geeigneten Medium mit Saccharose unter solchen Bedingun
gen in Kontakt bringt, bei denen die Saccharose durch die Sac
charose-Isomerase mindestens teilweise in akariogene Disaccha
ride umgewandelt wird. Anschließend werden die akariogenen
Disaccharide aus dem Medium oder dem Organismus gewonnen und
auf bekannte Weise aufgereinigt.
In einer bevorzugten Ausführungsform dieses Verfahrens wird
der Organismus, das Protein oder der Extrakt in immobilisier
ter Form verwendet. Die Immobilisierung von Proteinen (in rei
ner Form oder in Extrakten) erfolgt vorzugsweise über Kopplung
von reaktiven Seitengruppen (z. B. NH₂-Gruppen) an einen geeig
neten Träger. Die Immobilisierung von Zellen erfolgt z. B. in
einer Natriumalginat/Calciumchlorid-Lösung. Ein Überblick über
geeignete Methoden zur Immobilisierung von Zellen und Protei
nen wird z. B. bei I. Chibata (Immobilized Enzymes, John Wiley
and Sons, New York, London, 1978) gegeben.
Bei Verwendung einer mit der Saccharose-Isomerase-Gen trans
formierten Zelle kann die Produktionsrate von akariogenen Zuc
kern gegenüber bekannten Organismen durch Erhöhung der Anzahl
von Genkopien in der Zelle oder/und durch Erhöhung der Expres
sionsrate bei einer Kombination mit starken Promotoren steig
ern. Weiterhin kann durch Transformation einer Zelle, die
nicht oder nur in beschränktem Ausmaß zur Verwertung von aka
riogenen Zuckern in der Lage ist, mit dem Saccharose-Isomera
se-Gen eine transformierte Zelle erzeugt werden, mit deren
Hilfe akariogene Zucker, insbesondere Palatinose oder/und Tre
halulose, ohne oder mit weniger Nebenprodukten gewonnen werden
können.
Bei Verwendung eines Mikroorganismus mit reduziertem Palatino
se- oder/und Trehalulosestoffwechsel, der bereits ein funktio
nelles Saccharose-Isomerase-Gen enthält, ist die Transformat
ion mit einem exogenen Saccharose-Isomerase-Gen nicht essen
tiell, kann aber zur Ausbeuteverbesserung durchgeführt werden.
Weiterhin wird die Erfindung durch folgende Sequenzprotokolle
und Figuren beschrieben:
SEQ ID NO. 1 zeigt die Nukleotidsequenz des für die Sac
charose-Isomerase aus Protaminobacter rubrum codierenden Gens.
Die für das Signalpeptid codierende Sequenz endet bei Nukleo
tid Nr. 99.
SEQ ID NO. 2 zeigt den N-terminalen Abschnitt der Nukleo
tidsequenz des für die Saccharose-Isomerase von Erwinia rha
pontici codierenden Gens. Die für das Signalpeptid codierende
Sequenz endet bei dem Nukleotid mit der Nr. 108.
SEQ ID NO. 3 zeigt einen Abschnitt der Nukleotidsequenz
des für die Saccharose-Isomerase aus dem Isolat SZ 62 codie
renden Gens.
SEQ ID NO. 4 zeigt die Aminosäuresequenz der Saccharose-
Isomerase aus Protaminobacter rubrum.
SEQ ID NO. 5 zeigt den N-terminalen Abschnitt der Amino
säuresequenz der Saccharose-Isomerase aus Erwinia rhapontici.
SEQ ID NO. 6 zeigt einen Abschnitt der Aminosäuresequenz
der Saccharose-Isomerase aus dem Isolat SZ 62.
Fig. 1 zeigt einen Vergleich der Aminosäuresequenzen zwi
schen den Saccharose-Isomerasen aus Protaminobacter rubrum,
Erwinia rhapontici und dem Isolat SZ 62,
Fig. 2 das Klonierungsschema zur Herstellung des rekom
binanten Plasmids pHWS 118, das das Saccharose-Isomerase-Gen
auf dem Transposon Tn 1721 enthält,
Fig. 3 das Schema zur Herstellung von E.coli-Transkonju
ganten, die das Saccharose-Isomerase-Gen auf einem F-Plasmid
enthalten und
Fig. 4 zeigt einen Vergleich zwischen den von P. rubrum-
Wildtypzellen und Zellen der P. rubrum Mutante SZZ 13 erzeug
ten Sacchariden.
Die folgenden Beispiele dienen zur Veranschaulichung der vor
liegenden Erfindung.
Beispiel 1
Isolierung des Saccharose-Isomerase-Gens aus Protaminobacter
rubrum
Gesamt-DNA aus dem Organismus Protaminobacter rubrum (CBS 574,
77) wurde partiell mit Sau3A I verdaut. Aus dem resultierenden
Fragmentgemisch wurden Fragmentscharen der Größe von ca. 10
kBp durch Elution nach gelelektrophoretischer Auftrennung ge
wonnen und in ein mit BamHI geöffnetes Derivat des Lambda
EMBL4-Vektor-Derivats X RESII (J. Altenbuchner, Gene 123
(1993), 63-68) ligiert. Durch Transfektion von E.coli und Um
wandlung der Phagen in Plasmide gemäß obigem Zitat wurde eine
Genbank hergestellt. Ein Screening der Kanamycin-resistenten
Kolonien dieser Genbank erfolgte mit dem aus der Sequenz des
N-Terminus der reifen Isomerase abgeleiteten radioaktiv mar
kierten Oligonukleotids S214 durch Hybridisierung:
Anschließend erfolgte eine Isolierung der Plasmid-DNA aus den
positiv reagierenden Kolonien nach entsprechender Kultivie
rung. Aus einem auf diese Weise erhaltenen Plasmid pKAT 01
wurde nach Erstellung einer Restriktionskarte geeignete Sub
fragmente sequenziert und somit die komplette, in SEQ ID NO. 1
gezeigte Nukleotidsequenz der für die Isomerase codierenden
DNA erhalten. Die davon abgeleitete Aminosäuresequenz ent
spricht vollständig der durch Sequenzierung (Edmann-Abbau)
gewonnenen Peptidsequenz der reifen Isomerase. Im nicht-codie
renden 3′-Bereich dieses Isomerasegens befindet sich eine
Schnittstelle für SacI, im nicht-codierenden 5′-Bereich eine
Schnittstelle für HindIII. Dies ermöglicht die Subklonierung
des intakten Isomerasegens in den Vektor pUCBM 21 (Derivat des
Vektors pUC 12, Boehringer Mannheim GmbH, Mannheim, Deutsch
land), der zuvor mit den genannten Enzymen vorgespalten worden
war. Das resultierende Plasmid erhielt die Bezeichnung pHWS
34.2 und verleiht den es tragenden E.coli-Zellen die Fähigkeit
zur Synthese von Saccharose-Isomerase.
Beispiel 2
Klonierung und Expression der Saccharose-Isomerase aus P. ru
brum in E. coli
1. Herstellung des Plasmids pHWS88
Aus dem Plasmid pHWS 34.2 wurde durch Verwendung eines Oligo
nukleotids S434 mit der Sequenz
5′-CGGAATTCTTATGCCCCGTCAAGGA-3′
der nicht-codierende 5′-Bereich des Saccharose-Isomerase
gens unter gleichzeitiger Einfügung einer EcoRI-Schnittstelle
(GAATTC) entfernt. Das so entstehende Derivat des Isomerase
gens wurde mit BstE II behandelt, das überhängende BstE II-
Ende mit S1-Nuklease abgedaut und anschließend mit EcoRI nach
verdaut. Das auf diese Weise behandelte Isomerasegen wurde in
den mit EcoRI und SmaI vorbehandelten Vektor pBTacI (Boehrin
ger Mannheim GmbH, Mannheim, Deutschland) kloniert. Der resul
tierende Vektor pHWS 88 (DSM 8824) enthält das modifizierte
Isomerasegen mit einer vorangestellten EcoRI-Restriktions
stelle vor dem ATG-Startkodon und den 3′-Bereich des Isomera
segens bis zur S1-verkürzten BstE II-Schnittstelle. Dieser
Vektor verleiht unter Induktion mit IPTG den dieses Plasmid
tragenden Zellen die Fähigkeit zur Isomeraseproduktion sowie
die Resistenz gegen Ampicillin (50 bis 100 µg/ml). Vorzugs
weise werden zur Erzeugung von Isomerase E.coli-Wirtszellen
verwendet, die den lac-Repressor überproduzieren.
2. Herstellung des Plasmids pHWS118::Tn1721Tet
Die Genkasette für die Saccharose-Mutase wurde in ein Trans
poson eingebaut.
Dies geschah durch Einklonierung eines SphI/HindIII-DNA-Frag
ments aus dem Plasmid pHWS88, welches das Saccharose-Mutase-
Gen unter Kontrolle des tac-Promotors trägt, in das Plasmid
pJOE105, auf dem sich das Transposon Tn 1721 befindet. Das
Plasmid pJOE105 wurde am 16. Dezember 1993 bei DSM unter der
Hinterlegungsnummer DSM 8825 gemäß den Vorschriften des Buda
pester Vertrages hinterlegt. Das resultierende Plasmid
pHWS118, auf dem sich das Saccharose-Mutasegen unter Kontrolle
des regulierbaren tac-Promotors befindet, wurde verwendet, um
einen F′-Plasmidhaltigen E. coli-Stamm zu transformieren. Fig.
2 zeigt das Klonierungsschema zur Herstellung von pHWS 118 aus
pHWS88 und pJOE 105.
Die Herstellung von E.coli Transkonjuganten, die das Saccharo
se-Mutasegen enthalten, erfolgte nach dem in Fig. 3 beschrie
benen Schema. Hierzu wurde als erstes der F′-tragende E.coli-
Stamm CSH36 (J.H. Miller, Experiments in Molecular Genetics,
Cold Spring Harbor Laboratory (1972), S. 18), der den durch
das F′-Plasmid vermittelten Phänotyp Lac+ trägt, mit dem Nali
dixinsäure-resistenten E.coli-Stamm JM108 (Sambrook et al.,
supra, S. A9-A13) gekreuzt. Durch Selektion auf Minimalmedium,
dem Laktose, Prolin und Nalidixinsäure zugesetzt wurde, wurde
ein F′-Lac-tragender Transkonjugant erhalten. Dieser wurde
zusätzlich mit dem Iq-Plasmid FDX500 (Brinkmann et al., Gene
85 (1989), 109-114) transformiert, um eine Kontrolle des Sac
charose-Mutase-Gens durch den tac-Promotor zu ermöglichen.
Der so vorbereitete Transkonjugant wurde mit dem Saccharose-
Mutase-Gen tragenden Transposonplasmid pHWS118 transformiert.
Zur Selektion von Transkonjuganten wurde in den Streptomycin
resistenten E.coli-Stamm HB101 (Boyer und Roulland-Dussoix,
J.Mol.Biol 41 (1969), 459-472) gekreuzt. Der Transfer der
durch das Transposon vermittelten Tetracyclin-Resistenz war
nur möglich nach Transposition des modifizierten Tn1721Tet von
dem nicht konjugierbaren und nicht mobilisierbaren Plasmid
pHWS118 auf das konjugierbare F′-Plasmid. Die Übertragung des
F′-Plasmids mit dem modifizierten Transposon in HB101 wurde
auf LB-Platten mit Streptomycin und Tetracyclin selektioniert
und auf Ampicillin- und Nalidixinsäure-Platten nachgetestet.
3. Expression der Saccharose-Isomerase in E.coli
Untersuchungen zur Enzymproduktion solcher F′-Plasmid-tragen
den E.coli-Zellen zeigten, daß Saccharose-Mutase-Protein pro
duziert werden konnte. F′-Plasmid-haltige HB101-Zellen, die
kein zusätzliches Lac-Repressor-Plasmid trugen (z. B. K1/1 oder
K1/10), produzierten Saccharose-Mutase-Protein mit und ohne
den Induktor Isopropyl-β-D-thiogalactosid (IPTG) in gleichen
Mengen. Die Produktivitäten von drei Transkonjuganten K1/1,
K1/10 und K1/4 sind in der folgenden Tabelle 1 wiedergegeben.
Saccharose Mutase Aktivität
in E. coli HB101 (F′::Tn1721 [Mutase])
Während der Produktion an Saccharose-Mutase-Protein konnte ein
normales Wachstum der E.coli-Zellen beobachtet werden.
Erfolgte das Einbringen des Saccharose-Mutase-Gens in das
F′-Plasmid in Gegenwart des Repressor-codierenden Plasmids
pFDX500 (vgl. Transkonjugante K1/4), so wurde die Enzymproduk
tion durch den Induktor IPTG kontrollierbar. Während ohne IPTG
keine enzymatische Aktivität gemessen wurde, konnte nach 4
Stunden Induktion eine Produktion des Saccharose-Mutase-Pro
teins von ca. 1,6 U/mg erhalten werden.
Eine Wachstumsbeeinträchtigung der Zellen konnte nicht beob
achtet werden. Nach 4-stündiger Induktion erreichten die plas
midtragenden E.coli-Zellen eine Dichte von ca. 3 OD₆₀₀.
Es wurden bis zu 1,6 U/mg Saccharose-Mutase-Aktivität in
transformierten E.coli gemessen. Die Syntheseleistung ist mit
der von P. rubrum vergleichbar. Die Analyse des produzierten
Enzyms durch SDS-Gelelektrophorese gibt keinen Hinweis auf
inaktive Proteinaggregate. Die Bande des Saccharose-Mutase-
Proteins war mit Coomassie-Färbung nur schwach sichtbar und
nur deutlich im Westernblot detektierbar. Die Stärke der Pro
teinbande und gemessene enzymatische Aktivität waren bei der
Produktion der Saccharose-Mutase in E.coli korrelierbar.
Beispiel 3
Isolierung des Saccharose-Isomerase-Gens aus Erwinia rhapon
tici
Es wurde auf gleiche Weise wie in Beispiel 1 beschrieben durch
Restriktionsspaltung von Gesamt-DNA aus Erwinia rhapontici
(NCPPB 1578) eine Genbank erzeugt.
Ein DNA-Fragment erhalten, mit dessen Hilfe das Mutasegen ent
haltende Kolonien durch Hybridisierung identifiziert werden
können.
Auf diese Weise wurde ein positiver Klon pSST2023 gefunden,
der ein 1305 Nukleotide langes Fragment des Erwinia-Isomera
se-Gens enthält. Die Nukleotidsequenz dieses Fragments ist in
SEQ ID NO. 2 dargestellt.
Im Sequenzvergleich mit dem Protaminobacter-Gen ergibt sich
für den gesamten Genabschnitt unter Einbeziehung des Signal
peptidbereichs eine Identität von 77,7% und eine Ähnlichkeit
von 78%, auf Aminosäure-Ebene eine Identität von 83,4% bzw.
eine Ähnlichkeit von 90,3%.
Die Sequenzunterschiede konzentrieren sich hauptsächlich auf
den Signalpeptidbereich. Deshalb sollte zum Vergleich aus
schließlich der für die eigentliche Mutase-Aktivität verant
wortliche Enzym-codierende Bereich, ohne Signalpeptid, be
trachtet werden. Unter diesen Gesichtspunkten ergibt sich auf
Nukleotid-Ebene eine Identität bzw. Ahnlichkeit von 79%. Der
Aminosäure-Sequenzvergleich (Fig. 1) in diesem Abschnitt weist
87,9% identische Aminosäuren auf. Von 398 Aminosäuren (dies
entspricht 71% des gesamten Enzyms) der Erwinia-Mutase sind
349 gleich wie bei Protaminobacter. Von 48 ausgetauschten Ami
nosäuren weisen 25 eine starke Ähnlichkeit auf, so daß sich
insgesamt auf AS-Ebene eine Ähnlichkeit von 94% ergibt. Die
AS-Austausche konzentrieren sich hauptsächlich auf die Region
zwischen Aminosäure 141 und 198. Vor diesem Bereich liegt eine
Folge von 56 konservierten Aminosäuren. Auch andere Abschnitte
weisen eine besonders hohe Konservierung auf (vgl. Fig. 1).
Diese Daten zeigen, daß für den bisher klonierten und sequen
zierten Abschnitt insgesamt eine sehr starke Konservierung der
beiden Mutasen aus Erwinia und Protaminobacter gegeben ist.
Identität des klonierten Mutase-Gens aus Erwinia
Für ein Rehybridisierungsexperiment mit genomischer
Erwinia-DNA wurde als Sonde das ca. 500 bp große SspI/EcoRI-
Fragment aus pSST2023 ausgewählt. Dieses Fragment wurde nach
Digoxigenin-Markierung zur Hybridisierung mit Erwinia-DNA bei
hoher Stringenz (68°C) eingesetzt. Mit SspI/EcoRI-geschnitte
ner Erwinia-Gesamt-DNA ergab sich ein eindeutiges Hybridisie
rungssignal in erwarteter Größe von ca. 500 bp. Erwinia-DNA,
welche ausschließlich mit SspI geschnitten wurde, ergab ein
Hybridisierungssignal von ca. 2 kb.
Durch die erfolgreiche Rehybridisierung von pSST2023 mit ge
nomischer Erwinia-DNA konnte abgesichert werden, daß der in
pSST2023 klonierte Mutase-Bereich aus Erwinia rhapontici ent
stammt.
Klonierung des C-terminalen Teilfragments der Erwinia-Mutase
Das bisher klonierte N-terminale Teilfragment des Erwinia-Mu
tase-Gens besitzt eine Größe von 1,3 kb und weist die in SEQ
ID NO. 2 gezeigte Nukleotidsequenz auf. Da für das gesamte Er
winia-Gen von einer nahezu identischen Größe wie für das be
kannte Protaminobacter-Gen (1,8 kb) ausgegangen werden kann,
fehlt im C-terminalen Bereich des Erwinia-Gens ein ca. 500
bp-Abschnitt.
Für die Klonierung des Erwinia-C-Terminus wurde das ca. 2 kb
große SspI-Fragment aus Erwinia-Gesamt-DNA ausgewählt. Im Sou
thernBlot liefert dieses Fragment mit einer Digoxigenin-mar
kierten DNA-Sonde aus pSST2023 ein eindeutiges Signal. Dieses
2kbSspI-Fragment überschneidet sich mit dem in pSST2023 be
reits klonierten Bereich am 3′-Ende um ca. 500 bp. Seine Größe
sollte zur vollständigen Klonierung des fehlenden Genabschnit
tes von ca. 500 bp ausreichend sein. Zur Identifikation ge
suchter Klone eignet sich die Digoxigenin-markierte Fragment-
Sonde SspI/EcoRI aus pSST2023.
Beispiel 4
Immobilisierung von Mikroorganismen-Zellen
Von einer Abimpfung des entsprechenden Stammes werden Zellen
mit 10 ml eines sterilen Nährsubstrats, bestehend aus 8 kg
Dicksaft aus einer Zuckerfabrik (Trockensubstanzgehalt = 65
%), 2 kg Maisquellwasser, 0,1 kg (NH₄)₂HPO₄ und 89,9 kg de
stilliertes Wasser, pH 7,2, abgeschwemmt. Diese Suspension
dient als Impfgut für die Schüttelmaschinen-Vorkultur in 1
l-Kolben mit 200 ml Nährlösung der obigen Zusammensetzung.
Nach einer 30-stündigen Inkubationszeit bei 29°C werden mit 10
Kolben (Gesamtinhalt 2 l) 18 l Nährlösung der obigen Zusammen
setzung in einem 30 l Kleinfermenter beimpft und bei 29°C un
ter Zufuhr von 20 l Luft pro Minute und einer Rührgeschwindig
keit von 350 Upm fermentiert.
Nach Erreichen von Keimzahlen über 5×10⁹ Keimen pro ml wird
die Fermentation abgestellt und die Zellen durch Zentrifuga
tion aus der Fermenterlösung abgeerntet. Die Zellen werden
dann in eine 2%ige Natriumalginatlösung suspendiert und durch
Hineintropfen der Suspension in eine 2 -%ige Calciumchloridlö
sung immobilisiert. Die entstandenen Immobilisatkugeln werden
mit Wasser gewaschen und sind bei +4°C mehrere Wochen lagerfä
hig.
Zellen der Palatinase-Defektmutante SZZ 13 (DSM 9121) zeigen
bessere katalytische Eigenschaften bezüglich ihrer Produktzu
sammensetzung als vergleichbare Zellen aus den bekannten Mi
kroorganismen Protaminobacter rubrum (CBS 547,77) und Erwinia
rhapontici (NCPPB 1578).
Es wurden Ganzzellen und Rohextrakte von SZZ 13 sowie ein wie
oben hergestelltes Immobilisat von SZZ 13 in Calciumalginat
hinsichtlich seiner Produktzusammensetzung im Aktivitätstest
bewertet. Vor dem eigentlichen Aktivitätstest wurde das Immo
bilisat in 0,1 mol/l Kaliumphosphatpuffer, pH 6,5 vorgequol
len.
Die Aktivitätsmessungen bei 25°C ergaben, daß bei der Mutante
SZZ 13 keine Fructose und Glucose gefunden wurden, während bei
P. rubrum-Wildtypzellen in Ganzzellen 2,6% und im Rohextrakt
12,0% Fructose und Glucose (auf Basis der gesamten Mono- und
Disaccharide) gefunden wurden. Bei E. rhapontici wurden in
Ganzzellen 4% und im Rohextrakt 41% Glucose und Fructose
gefunden.
Beispiel 5
Isolierung des Saccharose-Isomerase-Gens aus anderen Mikroor
ganismen
Durch partiellen Verdau von genomischer DNA aus dem Isolat
SZ62 oder aus einem anderen Mikroorganismus und Einbringen der
erhaltenen Fragmente in geeignete E.coli-Vektoren und Trans
formation wird eine Genbank gewonnen, deren Klone genomische
Abschnitte zwischen 2 und 15 kb des Spenderorganismus enthal
ten.
Aus E.coli-Zellen, die diese Plasmide tragen, werden durch
Plattierung auf McConkey-Palatinosemedium solche ausgewählt,
die eine Rotfärbung der Kolonie aufweisen. Die in diesen Zel
len enthaltene Plasmid-DNA wird in eine E.coli-Mutante über
führt, die auf Galactose als einziger C-Quelle nicht wachsen
kann (z. B. ED 8654, Sambrook et al., supra, Seiten A9-A13).
Diese transformierte Zellinie ist zur Identifikation von Pala
tinoseproduzenten in der wie oben beschrieben hergestellten
Genbank aus DNA des Spenderorganismus in der Lage.
Zur Identifikation der gesuchten Palatinose-bildenden Klone
werden die Zellen der Genkbank auf Minimalsalzmedien mit Ga
lactose und Saccharose vereinzelt und angezogen. Nach Repli
ka-Stempeln der Kolonien auf Platten mit dem gleichen Medium
werden die Zellen durch Bedampfung mit Toluol abgetötet. An
schließend werden Zellen des Screeningstamms als Rasen in Mi
nimalsalz-Weichagar ohne C-Quellenzusatz über die Kolonien der
Genbank ausgebracht und bebrütet. Es entsteht signifikantes
Wachstum der Zellen des Screeningstamms nur am Ort von Zellen
der Genbank, die Palatinose produziert haben. Bei Prüfung der
Zellen der Replikakontrolle ergibt sich der Gehalt an Isomera
se.
Diese so identifizierten E.coli-Klone sind auf Palatinose als
einziger C-Quelle im Medium nicht wachstumsfähig, zeigen im
Test der ganzen Zellen oder in Zellextrakten keine Fähigkeit
zur Spaltung von Saccharose, bilden aber unter diesen Bedin
gungen und ohne Zusatz von Saccharose zum Medium bei der An
zucht Palatinose.
Alternativ können Isomerase-Klone auch unter Verwendung eines
gemäß der Prozedur von Beispiel 3 hergestellten PCR-Fragments
identifiziert werden.
Verwendet man Plasmid-DNA aus den so identifizierten E.coli-
Klonen als Sonden zur Hybridisierung an Filtern mit immobili
sierter DNA aus dem Spenderorganismus, lassen sich die Genbe
reiche, die Isomerasegene tragen, nachweisen und gezielt ver
fügbar machen.
Auf diese Weise wurde ein Klon identifiziert, der die in SEQ
ID NO. 3 gezeigte Nukleotidsequenz mit der davon abgeleiteten
und in SEQ ID NO. 6 gezeigten Aminosäuresequenz enthält. Eben
so wurde ein Isomerase-Klon aus DNA des Bakterienstamms Pseu
domonas mesoacidophila MX-45 (FERN 11808) gefunden.