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Dynamometer zur rfiessung von Zugkräften auf elektrischem Wege. Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Kräfte zu messen, sie jedoch nicht unmittelbar
an dem Orte anzuzeigen, wo sie auftreten, sondern an einem anderen entfernten Orte.
Der Erfin ungsgegenstand gehört zur Klasse der Federdynamometer. Letztere leiden
besonders unter zwei Mängeln z. ist es im allgemeinen störend, wenn der Hub, d.
h. der Federweg, groß ist, was im Interesse genauer Ablesung erwünscht ist. Nun
ändert die Einschaltung einer Meßfeder in vielen Anwendungsfällen, z. B. in statisch
unbestimmten
Systemen, die ganze Kraftverteilung beträchtlich.
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2. Will man aber mit sehr kleinem Federweg auskommen oder gar wie
beim Martensspiegel die Deformation des beanspruchten Materials selbst messen, so
muß man zu außerordentlichen Vergrößerungsmethoden greifen, die mechanisch sehr
empfindlich sind und feste Standorte voraussetzen. Die Lösung . nach vorliegender
Erfindung ist von diesen Ubelständen frei. Nach ihr wird die Deformation eines metallischen
Zugorgans infolge der zu messenden Kraft auf elektrischem 'Vege ermittelt.
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Ein Metalldraht wird unter der Einwirkung einer Zugkraft erstens länger,
zweitens dünner. Beide Einwirkungen vergrößern den Widerstand, den er einem durchfließenden
Strom entgegensetzt. Freilich kann auch die Zugspannung eine Änderung der spezifischen
Leitfähigkeit des Drahtmaterials zur Folge haben. Das Verfahren ist daher auf solche
Drahtmaterialien beschränkt, bei denen diese letztgenannte Erscheinung nicht störend
wirkt. Bei Beanspruchungen, die sich unter der Proportionalitätsgrenze halten, besteht
ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Zugspannung und dem Widerstand eines Drahtstückes,
das von zwei Marken begrenzt wird. Bei Gültigkeit des Hookeschen Gesetzes und geeigneten
Drahtmaterialien besteht dann ein lineares Gesetz für die gegenseitige Abhängigkeit
von Draht-,viderstand und Zugspannung. Erfindungsgemäß werden nun an dem Metalldraht,
welcher die zu messende Kraft als Zugspannung aufnimmt, an zwei Stellen Stromzuführungsdrähte
angelötet und mittels einer Wheatstoneschen Brücke der Widerstand des Drahtstückes
zwischen den Stromzuführungsstellen bestimmt. Die Meßeinrichtimg wird durch Anbringen
bekannter Zugkräfte und Bestimmung der zugehörigen Widerstände geeicht.
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Da die prozentuellen Widerstandsänderungen sehr klein sind, ist eine
sehr empfindliche Brückenanordnung erforderlich. Andererseits bringt diese Kleinheit
der Widerstandsänderung es mit sich, daß man die Widerstandsänderungen nicht durch
Brückeneinstellung kompensieren muß, sondern es besteht auch ein so gut wie linearer
Zusammenhang zwischen Galvanometerausschlag und Widerstandsänderung oder auch der
zu messenden Kraft. Es kann also unmittelbar das Anzeigegalvanometer in Krafteinheiten
geeicht werden.
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Auf den Zeichnungen sind verschiedene Schaltungsanordnungen schematisch
dargestellt. Abb. r steilt das Grundsätzliche der Anordnung dar: D ist der Meßdraht,
an dem die zu messende Kraft angreift. A, B sind die Lötstellen, an denen
der Strom zugeleitet wird. 11'1, 11'2, W3 sind die drei Widerstände, welche mit
D zusummen die Wheatstonesche Brücke bilden. G ist das Anzeigegalvanometer, E eine
Stromquelle.
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Die Hauptschwierigkeit der Anwendung dieser Meßmethode beruht in ihrer
großen Temperaturempfindlichkeit. Temperatureinflüsse können leicht von derselben
Größenordnung wie die zu messenden Effekte werden. Die folgenden Verfeinerungen
beziehen sich daher vor allem auf seine Beseitigung von Temperaturstörungen.
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Vor allem ändert sich der Leitungskoeffizient des Drahtmaterials mit
der Temperatur. Besonders notwendig wird der Temperaturschutz, wenn man zugunsten
größerer Ausschläge am Anzeigeinstrument die Strombelastung steigern will, so daß
die joulesche Wärme des Meßstromes selbst eine merkliche Temperaturerhöhung im Meßdraht
bewirkt; es sind dann schon leichte Luftbewegungen in der Nachbarschaft der Meßdrähte
merkbar. In diesem Falle kann man den Temperatureinfluß weiterhin kompensieren,
indem man einen zweiten dem Meßdraht benachbarten Zweig der NYheatstoneschen Brücke
als einen Vergleichsdraht ausbildet, der unter konstanter mechanischer Belastung
bei gleichen Dimensionen wie der Meßdraht ausgespannt wird, und zwar so, daß er
auch denselben äußeren Wärmeableitungsbedingungen wie der Meßdraht unterliegt.
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Eine sehr wirksame Erhöhung der zulässigen Strombelastung wird erreicht
durch eine intensive Kühlung des Meßdrahtes sowohl wie eines gegebenenfalls verwendeten
Vergleichsdrahtes. Besonders zweckmäßig ist diese Maßnahme bei den schon erwähnten
aerodynamischen Messungen, wo die Aufhängedrähte von selbst dem künstlichen Wind
ausgesetzt sind und es leicht ist, auch einen Vergleichsdraht von demselben `Windstrahl
bestreichen zu lassen.
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Abb. 2 veranschaulicht die Anordnung mit Vergleichsdraht bei Anwendung
zur Messung des Luftwiderstandes eines Luftschiffmodells im künstlichen \@'indstrahl.
Dem Mundstück 3T entströmt der künstliche Wind als Strahl gegen das Luftschiffmodell
L, dessen Luftwiderstand zu bestimmen ist. Dieses ist an Aufhängedrähten A bifilar
aufgehängt, während der Widerstand durch den Meßdraht D aufgenommen wird. Dieser
bildet mit dem an anderer Stelle durch den Windstrahl gespannten Vergleichsdraht
V, der von einem konstanten Gewicht Q unter gleichmäßiger Spannung gehalten wird,
zwei benachbarte Zweige einer Wheatstoneschen Brücke, deren beide andere Zweige
von den beiden Widerständen W-1 und 1V2 gebildet werden.
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Eine weitere Fehlerquelle liegt in den Thermospannungen, welche durch
ungleiche Temperatur der Lötstellen von Meßdrahi- und Zuleitungsdraht auftreten
können. Um diese hintanzuhalten,
werden entweder die Lötstellen
noch im Kühlmittel (Windstrahl) angeordnet, oder die Zuführungsdrähte aus einem
Material, welches gegen den Meßdraht keine Thermospannung erzeugt, werden bis zu
einer Lötstelle geführt, die in einem thermostatischen Bad gehalten wird, oder endlich
wird der lleßdraht aus einem Material gefertigt, das gegen das gutleitende Material
der Zuleitungsdrähte keine wesentliche Thermospannungen besitzt.
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Der sicherste Weg, Thermospannungen und auch chemische Polarisationen
an den Lötstellen, an denen verschiedene Metalle zusammentreffen, zu vermeiden,
besteht in dem Betrieb der Brücke mit Wechselstrom bei Schutz des Anzeigeinstruments
vor Gleichströmen durch einen Blockkondensator oder Meßtransformator.
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Wie diese besprochenen Verbesserungen die Fehlerquellen verringern
sollen, so sollen die folgenden Verfeinerungen der Erfindung eine Erhöhung der Empfindlichkeit
bezwecken. Die Empfindlichkeit hängt neben der zulässigen Strombelastung und dem
Widerstandkoeffizienten vor allem von der Länge des Meßdrahtstückes im Vergleich
zur Elastizitätsgrenze ab. Eine Vergrößerung der Meßdrahtlänge hätte aber eine unerwünschte
ebensolche Vergrößerung der Drahtdehnung und damit zu große Verlagerung des Körpers,
dessen Kräfte gemessen werden sollen, zur Folge. Um dies zu vermeiden und trotzdem
recht lange Meßstrecken verwendbar zu machen, wird der Meßdraht entsprechend dünn
gemacht und in mehreren Lagen flaschenzugartig aufgewickelt. Dann kommt für den
aufzuhängenden Körper die Dehnung der kurzen Flaschenzuglänge in Betracht, für den
Stromweg aber die ganze Länge des aufgewickelten Drahtes.
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Abb. 3 zeigt einen solchen Meßdrahtflaschenzug. J1 und J2 sind Walzen
aus Isoliermaterial (falls nicht der Meßdraht selbst isoliert ist), um welches der
Meßdraht in mehreren Windungen herumgelegt ist. An 'Walze J2 greift die zu messende
Kraft X an, J1 ist fest aufgehängt. Z1 und Z2 sind die Stromzuführungsdrähte. Das
Ganze kann in ein Gehäuse zum Schutz gegen Luftzug eingeschlossen werden.
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Die auf Luftkräfte zu untersuchenden Körper «erden im Windstromlaboratorium
zur Vermeidung seitlichen Schwankens meist an V-förmigen Drähten aufgehängt. Diese
eignen sich daher besonders gut zur Verdoppelung der Meßlänge, namentlich weil dadurch
die Stromzuführung im Innern des Windstrahles in Wegfall kommt. In der Anordnung
von Abb. I können danach beispielsweise dem Grundriß gemäß beide Drahtstücke Dl
und D2 zusammen die Meßdrahtstücke bilden.
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Bisweilen handelt es sich darum, Differenzen zweier Kräfte zu messen.
Dann ist es, anstatt die beider. Kräfte einzeln zu. messen, genauer, einfach direkt
die Differenzen anzeigen zu lassen, indem die beiden Drähte, deren Spannungen voneinander
abzuziehen sind, als benachbarte Z-"#@eige der Brücke geschaltet Gerden können,
wobei Vergleichsdrähte überhaupt in Wegfall kommen können. Daß auch die Summe mehrerer
Kräfte in ähnlicher Weise durch Schalten auf gegenüberliegende Brückenzweige oder
durch Hintereinanderschalten in gemeinsamem Brückenzweig gewonnen «-erden kann,
ist danach verständlich. Voraussetzung für diese Schaltung ist, daß die zu kombinierenden
Meßdrähte gleichen Eichfaktor haben; andererseits läßt sich gerade durch Wahl verschiedener
Eichfaktoren auch eine kompliziertere Vereinigung vor. beliebigen Teihverten verschiedener
Kräfte erreichen. Ferner können durch Doppelspulinstrumente auch leicht unmittelbar
Produkte zweier Kräfte und durch Kreuzspuleninstrumente das Verhältnis zweier Kräfte
zur Anzeige gebracht Nterden.
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Die Ausschläge eines Anzeigegalvanometers sind naturgemäß von der
angelegten Spannung abhängig. Um von Schwankungen dieser Spannung unabhängig zu
sein, kann man mit Vorteil ein Kreuzspulinstrument als Anzeigegerät verwenden.
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Das elektrische Dvnamometer besitzt noch eine weitere große Annehmlichkeit,
das ist eine große Anpassungsfähigkeit des Eichfaktors an den gewünschten Empfindlichkeitsgrad:
bei Kreuzspulmeßwerken durch Abstimmung der Vorschaltwiderstärde der Spulenzweige,
bei anderen Galvanometern durch Veränderung der angelegten Brückenspannung. Diese
Regulierbarkeit des Eichfaktors ist besonders dann von Vorteil, wenn es sich weniger
um die Messung aktuell wirkender Kräfte handelt, als um die Bestimmung von Koeffizienten,
welche außer diesen Kräften noch anderen Veränderlichen proportional sind. Bei den
Luftkraftmessungen handelt es sich beispielsweise meist um die Bestimmung der Auftriebs-
und Widerstandskoeffizienten, «-elche dem Quotienten der wirksamen Luftkräfte durch
den Staudruck des Windstrahles proportional sind. Bei geeigneter Regelung des Eichfaktors
(beispielsweise also der angelegten Spannung) umgekehrt proportional mit dem Staudruck
könnte das Anzeigegalvanometer direkt in Einheiten der zu ermittelnden Koeffizienten
geeicht werden. Voraussetzung ist, daß der Nullwert des Zeigerausschlages dem Nullwert
der Kräfte entspricht. Aber es ist leicht, die festen Brückenwiderstände in diesem
Sinne einzuregeln.
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Von besonderem Interesse ist es unter Umständen; beim gemeinsamen
Auftreten mehrerer Kräfte an einem Svstem eine Kraft als Funktion einer anderen
darzustellen. Dies kann nach der elektrischen Methode leicht geleistet werden, indem
von den zwei Kraftmeßströmen zwei
Spiegelgalvanometer gespeist werden,
deren Spiegel von einem Lichtstrahl nacheinander getroffen werden und deren Drehungen
dem Lichtstrahl zwei zueinander senkrechte Ablenkungen aufnötigen.
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Eine weitere Anwendung der Erfindung liegt auf dem Gebiete der Materialprüfung
in der Ermittlung der Proportionalitäts- oder Fließgrenze. Zu diesem Zwecke übt
man auf einen Draht aus dem zu prüfenden Material mittels einer Feder oder in ähnlicher
Weise einen allmählich gesteigerten Zug aus, läßt jedoch dieselbe Zugkraft auch
auf einen Vergleichsdraht von gleichem oder bekanntem Eichfaktor, aber höherer Fließgrenze
wirken, indem man ihn vor oder hinter dem Meßdraht zwischen Zugfeder und Fixpunkt
anordnet. Abb. 5 stellt eine solche Schaltung dar. D ist der Meßdraht aus dem zu
prüfenden Material, V ein festerer Vergleichsdraht, F eine Spannfeder. W l. bis
W 5
sind die übrigen Brückenwiderstände. GI und G2 sind Galvanometer, von
denen das zweite die der Proportionalitätsgrenze entsprechende Zugkraft anzeigt,
sobald das erste wesentlich auszuschlagen beginnt.