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Verfahren zum Auswuchten wellenelastischer Körper. Unter wellenelastische
Körper sind solche sich drehende Maschinenteile zu verstehen, deren Betriebsdrehzahl
in der Nähe der kritischen Drehzahl liegt, so daß sich größere elastische Durchbiegungen
der Welle bzw. des Körpers selbst infolge der Beanspruchung durch freie Fliehkräfte
bemerkbar machen. Da sich diese Durchbiegungen mit der Drehzahl ändern und daher
für jede Drehzahl verschiedene Wuchtmassenwirkungen entstehen, ist es notwendig,
diese Durchbiegungen zum Verschwinden zu bringen, bevor die Auswuchtung des Körpers
in üblicher Weise vorgenommen wird. Gemäß der Erfindung erfolgt daher das Auswuchten
wellenelastischer Körper in der Weise, daß zunächst die während der Drehung entstehende
Durchbiegungslinie des Körpers bzw. der Welle ermittelt wird, worauf diese elastische
Linie durch Anbringung oder Fortnahme von Gewichten so ausgerichtet wird, daß sie
für alle Drehzahlen des Körpers, insbesondere für die Betriebsdrehzahl, vollkommen
oder mit praktisch genügender Genauigkeit gerade wird. Erst hierauf erfolgt dann
die Auswuchtung des Körpers in beliebiger bekannter Weise.
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Die Entstehung der Wellendurchbiegung in der Nähe der kritischen Drehzahl
hat die folgenden Ursachen: Die kritische Drehzahl ist eine Resonanzerscheinung.
Das schwingungsfähige Gebilde, welches in Resonanz gerät, ist der sich drehende
Maschinenteil mit seiner Welle. Zum Auftreten der Resonanzerscheinung ist eine unter
Federwirkung stehende Masse und eine auf die abgefederte Masse wirkende Kraft erforderlich.
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Die Masse des schwingenden Gebildes wird in der Hauptsache durch die
Masse des Maschinenteiles gebildet, während die Federung in erster Linie von der
Welle herrührt und deshalb von deren Abmessungen und auch der Art ihrer Lagerung
abhängt. Bei langgestreckten Körpern lassen sich zwar beide Einflüsse nicht scharf
trennen, da hier auch die Masse der Welle eine erhebliche Rolle spielt und auch
der Körper zur Federung beiträgt, doch kann in jedem Falle dieEigentaktzahl des
vorhandenen Schwingungsgebildes festgestellt und durch ein ideelles Schwingungsgebilde
mit gleicher Taktzahl er- J setzt gedacht werden, welches durch eine bestimmte Massengröße
und eine bestimmte massenlose Federung hervorgerufen wird.
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Der die Resonanzerscheinung hervorrufende Schwingungserreger besteht
aus den durch die Wuchtmassenhervorgerufenen Fliehkräften. Die Taktzahl der erregenden
Kräfte ist daher gleich der Drehzahl des Körpers. Die Größe des Schwingungserregers
und seine Lage zum Prüfkörper läßt sich nicht durch theoretische Erwägung ermitteln
und war auch bisher nicht auf dem Wege des Versuchs bestimmbar. Unrichtig wäre es
jedenfalls, die kritische Drehzahl und die bei ihr auftretende elastische Durchbiegung
lediglich aus der Exzentrizität des Gesamtschwerpunktes, also der sogenannten statischen
Unbalanz, herzuleiten.
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Vereinfacht wird die Lösung der Aufgabe durch die Einführung eines
»resultierenden Schwingungserregers«. Zur Festlegung dieses Begriffes ist es nötig,
sich die Form der auftretenden elastischen Linie, wenigstens in ihren Grundzügen,
klarzumachen. Bei der kritischen Drehzahl erster Ordnung ist die elastische Linie
a, wie dies Abb. 2 der Zeichnung veranschaulicht, bogenförmig. Sie besitzt also
nur einen einzigen Scheitelpunkts. Bei der kritischen Drehzahl zweiter Ordnung nimmt
die Welle des Prüfkörpers eine S-förmige Gestalt an (vgl. b, Abb. 3), welche zwei
Scheitelpunkte s1 und s2 aufweist, die auf entgegengesetzten Seiten der die Lager
verbindenden Achse liegen. In entsprechender Weise erscheinen bei der kritischen
Drehzahl dritter Ordnung drei Scheitelpunkte der elastischen Linie usf. Als resultierender
Schwingungserreger wird nun diejenige sich aus Gewicht und dessen Radius von der
Mittelachse zusammensetzende Wirkung verstanden, welche, in der durch den bzw. die
Scheitelpunkte der jeweiligen elastischen Linie gelegten Radialschnittebene wirkend,
für alle Drehzahlen den gleichen Schwingungsausschlag, d. h. die gleiche Durchbiegung,
hervorbringt wie die tatsächlich vorhandenen, über den Körper verteilten Wuchtmassenwirkungen.
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Nunmehr ist es nur erforderlich, die Größe des resultierenden Schwingungserregers
fest- ! zustellen und seine Lage in achsialer und radialer
Richtung
gegenüber dem Prüfkörper zu ermitteln. Sind diese Angaben bekannt, so kann die Wirkung
des resultierenden Schwingungserregers z. B. durch ein entsprechendes Ausgleichgewicht,
das in der ermittelten Radialschnittebene im Durchmesser gegenüber angebracht wird,
oder auch durch Fortnahme entsprechender Masse an der Stelle des resultierenden
Schwingungserregers mit praktisch ausreichender Genauigkeit beseitigt werden. Die
elastische Linie der Prüfkörperwelle wird hierdurch eine Gerade. Die Anzahl der
resultierenden Schwingungserreger und damit die Zahl der notwendigen Gegengewichte
entspricht der Anzahl der Scheitelpunkte s der elastischen Linie, somit auch der
Ordnungszahl derjenigen kritischen Drehzahl, welche in der Nähe der Betriebsdrehzahl
des Prüfkörpers liegt.
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Das neue Verfahren kann in der folgenden Weise ausgeführt werden (vgl.
Abb. i) : Der Prüfkörper P wird in eine Vorrichtung gebracht, in welcher er wahlweise
um zwei Stellen, und zwar zweckmäßig um die Lagerstellen b1 und b2 des Körpers Pendelschwingungen
auszuführen vermag. Diese Lagerstellen werden jedoch z. B. mittels der in der Zeichnung
veranschaulichten Druckschrauben d beiderseits festgestellt, und nun wird der Körper
auf eine solche Drehzahl gebracht, daß die maßgebende Durchbiegung seiner elastischen
Linie bequem wahrgenommen werden kann. Diese Drehzahl braucht nicht mit der Betriebsdrehzahl
oder der benachbarten kritischen Drehzahl übereinzustimmen. Die Gestalt der elastischen
Linie wird durch Anzeigevorrichtungen v an mindestens drei verschiedenen Stellen
gleichzeitig festgelegt, und auf diese Weise werden der oder die Scheitelpunkte
der elastischen Linie ermittelt. Die Aufzeichnungsvorrichtungen müssen die Größe
der Durchbiegung an der betreffenden Stelle der Achse für jede Drehzahl, besonders
für die höchste erreichte Drehzahl, erkennen lassen und auch die Lage des größten
Ausschlages relativ zum Prüfkörper bei jeder Drehzahl anzeichnen. Ferner muß aus
der Symmetrie der bei einem Rechts- und einem Linkslauf gemachten Aufzeichnungen
auf die Lage des resultierenden Schwingungserregers geschlossen werden können.
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Nach Festlegung der Gestalt der elastischen Linie durch die Anzeigevorrichtungen-
wird zweckmäßig mittels dieser Vorrichtung in der bzw. den Radialschnittebenen der
Scheitelpunkte nach einem Rechts- und. einem Linkslauf die genaue Lage des resultierenden
Schwingungserregers in radialer Richtung ermittelt. Nunmehr kann durch ein Gewicht,
welches im Durchmesser dem resultierenden Schwingungserreger gegenüberliegt, dessen
Wirkung ausgeglichen werden. Die Größe des Ausgle.'chgewichts kann in bekannter
Weise durch Eingabeln. gegebenenfalls mit Hilfe von Kurvenaufzeichnungen, festgestellt
werden. Um sich von der richtigen Wirkung zu überzeugen, kann das Gewicht so lange
vergrößert werden, bis dieDurchbiegungen nach der entgegengesetzten Seite hin auftreten
und mit der Vergrößerung des Gewichts zunehmen.
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Die Anzeigevorrichtung muß hierbei die Größe der jeweiligen Ausschläge
genau zu messen gestatten.
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Nach Anbringung der richtigen Gegengewichte in der genau bestimmten
Lage ist die elastische Linie der Welle zu einer geraden Linie gestreckt. Nunmehr
kann der Prüfkörper in- beliebiger bekannter Weise wie ein starrer unausgewuchteterKörper
behandelt und ausgewuchtet werden.
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Hierbei sind, um zur vollkommenen Auswuchtung des Prüfkörpers zu gelangen,
nun nur noch die in den beiden Maschinenlagern verbliebenen Kraftwirkungen zu beseitigen.
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Wenn, wie in Abb. q. angenommen wurde, an dem Prüfkörper P zur Beseitigung
der elastischen Durchbiegung, also zur Streckung der Welle, das Gewicht G angebracht
worden ist, so setzen sich die in den Lagern L1 bzw. ZZ entstehenden Komponenten
G1 bzw. G2 des Zusatzgewichts G je mit einer der Kräfte Q bzw. P des Kraftkreuzes
zusammen, das von den Wuchtmassen des als starr anzunehmenden Körpers herrührt.
Das nunmehr folgende Auswuchten hat demnach mit den resultierenden Kräften R1 bzw.
R2 in den Lagern L1 bzw. L2 zu rechnen.
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Die Aufdeckung und Beseitigung dieser Lagerreaktionen kann nach dem
bekannten Doppelpendelprinzip durch wechselweises Auswuchten um einen als Pendelachse
festgelegten Lagermittelpunkt erfolgen. Der Weg zur Ermittelung der Lagerreaktion
ist der gleiche wie beim Auswuchten starrer Körper. Zweckmäßig wird hierbei die
Ausgleichebene so dicht, als dies praktisch möglich ist, an die Lagerstellen gelegt.