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Verfahren zur Ausführung von Kompensations- und Brückenmessungen mit
Wechselstrom unter Zuhilfenahme eines Lufttransformators. Die Verwendung stetig
veränderlicher gegenseitiger Induktivitäten (Lufttransformatoren) bei Wechselstromkompensationsmessungen
bietet oft meßtechnische Vorteile, die sich bei Aufbau und Handhabung der Meßeinrichtungen
bemerkbar machen. Es sind daher zur Messung von Wechselstromgrößen aller Art zahlreiche,
bequeme Meßmethoden ausgearbeitet worden, bei denen das Meßobjekt (z. B. Kapazität
oder Induktivität) in einer Kompensatiöns- oder Brückenschaltung mit einer geeichten
gegenseitigen Induktivität verglichen wird.
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Bei den bekannten Kompensations- und Brückenschaltungen wird nach
Abb. i die eine Spule (Primärspule) S, des Lufttransformators (Variators) T von
einem ZVechselstrom J durchflossen, während die andere Spule (Sekundärspule) &
mit einem Wechselstromnullinstrument (z. B. Vibrationsgalvanomet.er oder Telepho!n)
N in Reihe geschaltet und in den Kompensationskreis eingeschaltet ist. Es entsteht
dann in der Sekundärspule eine EMK, die zum Strom J senkrecht steht und deren Größe
dem Strom und der Kreisfrequenz proportional ist, anderseits aber von der gegenseitigen
Einstellung der beiden Spulen abhängt. Bezeichnet E die in S., induzierte
EMK, so beträgt der Phasenwinkel zwischen E und J bei abgeglichener Meßanordnung,
also bei stromloser Sekundärspule, stets 9o-, während die an den Klemmen
Ä, B der Sekundärspule wirksame EMK_ der Größe nach gleich J # w # M ist,
wo w die Kreisfrequenz und M die gegenseitige Induktivität des Lufttransformators
bedeutet (Abb. 2): E = T - @-@ Hl, Q. (EJ) = 9o°.
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Bei den Messungen werden die Spulen S1, S. so lange -gegeneinander
verschoben, bis das Nullinstrument N Stromlosigkeit anzeigt, worauf aus den verschiedenen
Einstellungen der Meßanordnung die gesuchte Wechselstromgröße berechnet wird. Bei
abgeglichener Meßanordnung ist hier die-- Sekundärspule des Lufttransformators stets
stromlos (unter der Voraussetzung, daß die zu kompensierenden Wechselspannungen
gleiche Kurvenform besitzen), der Lufttransformator also sekundär unbelastet (Leerlauf).
Nur in diesem Falle gelten -die für die Kompensations- und Brückenschaltungen aufgestellten
Gleichungen, aus denen die Meßergebnisse folgen.
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So bequem die Variatoren für gegenseitige Induktion auch sind, so
haften ihnen doch folgende Nachteile an i. Die zeitliche Konstanz der gegenseitigen
Induktivität ist oft nicht ausreichend; die Anordnung muß öfters nachgeeicht werden.
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a. Die Eichung ist verhältnismäßig umständlich, da zur Erzielung einer
für alle Fälle ausreichenden Eichgenauigkeit bei zahlreichen Spuleneinstellungen
geeicht werden muß.
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3. Die Eichkurve eines Variators für gegenseitige Induktion verläuft
nur annäherungsweise geradlinig.
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Gegenstand vorliegender Erfindung ist ein einfaches, bei Wechselstromkompensationsmessungen
aller Art anwendbares Meßverfahren
unter Zuhilfenahme von Lufttransformatoren,
bei welchen die genannten Nachteile nicht vorhanden sind. Bei diesem neuen Verfahren
wird an Stelle eines bei abgeglichener M eßanordnung sekundär unbelasteten Variators
für gegenseitige Induktion ein auch bei abgeglichener Meßanordnung sekundär belasteter
Lufttransformator verwendet, in dessen Sekundärkreis ein mit Abgreifkontakten versehener
Kompensationswiderstand eingeschaltet ist, wobei die durch die Belastung verursachte
Phasenabweichung von der erforderlichen go"-Phasenverschiebung zwischen Primärstrom
und sekundär abgegriffener Kompensationsspannung in geeigneter Weise berücksichtigt
oder durch eine Kunstschaltung kompensiert, also gleich Null gemacht wird.
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Bei diesem Verfahren fließt also in der Sekundärspule des Lufttransformators
ein Strom, welcher zur Messung herangezogen wird, indem der durch denselben in einem
Kompensationswiderstand verursachte Spannungsabfall zur Kompensation benutzt wird.
Dabei kann die gegenseitige Induktivität des Lufttransformators unveränderlich oder
regulierbar sein. Eine Anordnung mit konstanter Kupplung ist besonders zweckmäßig,
da dieselbe eine vollkommene Konstanz der gegenseitigen Induktivität gewährleistet.
Die Ausführungsform des Lufttransformators kann beliebig gewählt werden. Zweckmäßig
sind Anordnungen mit großem Kopplungskoeffizienten (Doppelspulen mit zwei gleichzeitig
aufgewickelten Drähten oder Ringspulen (Toroide], bei welchen bekanntlich keine
magnetische Streuung vorhanden, also Kopplungskoeffizient gleich i ist).
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In Abb.3 ist die neue Meßeinrichtung schematisch dargestellt. Die
eine Spule (Primärspule) S1 des Lufttransformators T wird vom Wechselstrom J durchflossen,
während die andere Spule (Sekundärspule) S" über einen induktions- und kapazitätsfreien
Vorwiderstand R" an einen induktions- und kapazitätsfreien, mit Abgreifkontakten
A, B versehenen Kompensationswiderstand I( (Potentiometer, Meßdrahtspannungsteiler
o. dgl.) angeschlossen ist. Es entsteht dann im Sekundärkreis ein Strom ä, für welchen
folgende Beziehungen gültig sind:
Hierin bedeutet o) die Kreisfrequenz, M die gegenseitige Induktivität des Lufttransformators,
L die Induktivität der Sekundärspule, R den gesamten Ohmschen Widerstand des Sekundärkreises,
während mit a die Phasenabweichung von go° bezeichnet ist. Die an den Abgreifkontakten
A, B wirksame, zur Kompensation dienende Spannung ist dann
wo r den zwischen den Abgreifkontakten A, B
eingestellten Widerstandswert
`bezeichnet. Außerdem gilt:
da der Kompensationswiderstand K nach Voraussetzung kapazitäts- und induktionsfrei
ist. Die bei dieser Anordnung herrschenden Phasenverhältnisse erklärt das Vektorendiagramm
der Abb.4.
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Während bei den bisher benutzten Meßanordnungen der Phasenwinkel zwischen
der zur Kompensation dienenden Spannung E und dem Primärstrom J bei Kompensation
stets go beträgt (Abb. i und a), ist bei der neuen Meßeinrichtung der Phasenwinkel
zwischen Kompensationsspannung P und dem Primärstrom J gleich go° -@ a (Abb.
3 und 4.), wobei die trigonometrische Tangente von a bestimmt ist durch das Verhältnis
des induktiven zum Ohmschen Widerstand des ganzen sekundären Stromkreises. Die jeweilige
Phasenabweichung a kann somit aus den bekannten Widerstandswerten des Sekundärkreises
in einfachster Weise berechnet und bei der Auswertung der Messungen als Korrektur
in Rechnung gesetzt werden. In vielen Fällen ist a so klein, daß es bei den Kompensationsmessungen
nicht berücksichtigt zu werden braucht.
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Will man bei den Kompensationsmessungen die rechnerische Berücksichtigung
von a vermeiden, so kann erfindungsgemäß der Phasenwinkel a durch eine Kunstschaltung
kompensiert, also gleich Null gemacht werden, indem dem Strom i und somit der Kompensations.
spannung P eine künstliche, zusätzliche Phasenverschiebung erteilt wird, derart,
daß der Phasenwinkel zwischen den Strömen J und i
genau go° beträgt.
Die hierzu erforderliche Kunstschaltung kann im Sekundärkreis des Lufttransformators
angeordnet werden. Sie muß prinzipiell so wirken, daß trotz der Belastung der Sekundärspule
Z- (P, J) --_ Ä (i, J)
gleich go ° ist.
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In Abb. 5 ist als Beispiel eine besonders zweckmäßige Kunstschaltung
schematisch dargestellt. Bei dieser Schaltung ist erfindungsgemäß ein induktions-
und kapazitätsfreier Vorwiderstand R", dem ein Kondensator C parallel geschaltet
ist, mit dem mit Abgreifkontakten A, B versehenen Kompensationswiderstand
I(
in Reihe geschaltet und an die Sekundärspule S, des Lufttransformators T angeschlossen,
dessen Primärspule S, vom Strom J durchflossen wird. Es bezeichnen R den gesamten
Ohmschen Widerstand des Sekundärkreises, L die Induktivität der Sekundärspule, c,)
die Kreisfrequenz und M die gegenseitige Induktivität des Lufttransformators. Dann
bestehen, wie eine einfache Ableitung ergibt, zwischen der im Sekundärkreis wirksamen
`EMK L' und dem Sekundärstrom i, welcher an den Abgreifkontakten
A, B
den zur Kompensation dienenden Spannungsabfall P = i # Y erzeugt,
folgende Beziehungen
und wenn, was praktisch stets zulässig ist, (R, co C)= gegen i vernachlässigt wird,
Werden Vorwiderstand R, und Kondensator C so, bemessen, daß L - R"2.
C
ist, so ist die im Sekundärkreis wirksame E1IK mit dem Sekundärstrom phasengleich
und P um 9o" in der Phase gegen J verschoben, eine Phasenabweichung somit nicht
mehr zu berücksichtigen. Die für Kompensation des Winkels a erforderlichen Werte
von R" und C können rechnerisch oder auch
experimentell nach einer geeigneten
Kompensationsmetliode ermittelt werden.
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Werden anderseits unter Zuhilfenahme einer beliebigen Kompensationsmethode
die Phasenverhältnisse so gewählt, daß P um 90" in der Phase gegen J verschoben
ist, so können die Werte L und C, wenn eine derselben. bekannt ist, nachfolgenden
Gleichungen bestimmt werden. L = Rv° # C;
Die beschriebene Kunstschaltung kann also auch zur Messung von Kapazitäten und
Induktivitäten benutzt werden.
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Anderseits ist es möglich, die Werte R, R", L, C so zu wählen, daß
der Phasenwinkel zwischen P und J größer oder kleiner als 9o" ist. Es kann daher
die Phasenverschiebung zwischen Primärstrom und sekundär abgegriffener Spannung,
z. B. durch Kapazitätsänderung des Kondensators, beliebig einreguliert werden, was
bei gewissen Arten von Wechselstromkompensationsmessungen von großem Vorteil ist.
Die in Abb. 5 schematisch dargestellte Schaltungsweise kann natürlich in verschiedener
Art abgeändert werden.
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Das neue Meßverfahren bietet gegenüber der Verwendung eines Variators
für gegenseitige Induktion folgende Vorteile: i. Die zeitliche Konstanz der gegenseitigen
Induktivität entspricht bei Verwendung von Präzisionswiderständen im Sekundärkreis
der Konstanz eines Präzisionsnormals, da im Lufttransformator mit festen, in ihrer
gegenseitigen Lage unveränderlichen Wicklungen benutzt wird. Die Ausführungsform
des Lufttransformators kann somit ähnlich wie bei Präzisionsnormalien der Selbstinduktion
gewählt werden (kurze, flache Spule mit quadratischem Wicklungsquerschnitt, Kern
aus Porzellanoder Marmor, Eingießen der Wirklungen in Paraffin usw.).
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z. Die Mischung ist besonders einfach, da nur ein einziger Wert der
gegenseitigen Induktivität zu messen ist.
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3. Die Eichkurve ist eine gerade, was sich aus dem Prinzip der Widerstandsanordnung
ohne weiteres ergibt.
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Was die Anwendungsweise des neuen Verfahrens bei den bekannten Kompensations-und
Brückenschaltungen betrifft, so ist dieselbe die gleiche wie bei einem gewöhnlichen
Variator für gegenseitige Induktion. Die an den Schleifkontakten A, B abgegriffene
Spannung P (Abb.3) des belasteten Transformators tritt an Stelle der in der Sekundärspule
des unbelasteten Variators induzierten EMIL E (Abb. i), welche an den Sekundärklemmen
A, B des Variators abgegriffen wird.
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Für den unbelasteten Variator gilt F-J#w#M> während nach obigen Ausführungen
für den induktions- und kapazitätsfrei belasteten Lufttransformator folgende Beziehung
besteht:
Da es sich bei der Phasenabweichung a. stets um kleine Winkel (bis etwa i") handelt,
so darf (wL)2 gegen R@ vernachlässigt werden. Es gilt in diesem Falle, auch wenn
ein Kondensator in der beschriebenen Weise angeschlossen ist, sehr angenähert die
vereinfachte Beziehung
Als weiteres Beispiel sei im folgenden eine besonders vorteilhafte Anordnung des
Erfindungsgegenstandeswiedergegeben.
Es handelt sich um ein an sich
bekanntes Kompensationsmeßverfahren, welches ermöglicht, ohne Zuhilfenahme eines
Vergleichskondensators Kapazität und dielektrischen Verlustwinkel von Kondensatoren
und Kabeln mit einer Einstellung gleichzeitig zu messen.
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Die Meßanordnung ist in Abb. 6 schematisch dargestellt. Das zu untersuchende
Meßobjekt C «(Kondensator oder Kabel) ist mit einem induktions- und kapazitätsfreien
Widerstand R, in Reihe geschaltet und mit der Wechselstromquelle G verbunden. Die
Primärspule S, eines Lufttransformators T ist mit einem Selbstinduktionsvariator
L, und einem induktions- und kapazitätsfreien Widerstand R., in Reihe geschaltet
und ebenfalls mit der Wechselstromquelle verbunden, während die Sekundärspule S.,
über einen Widerstand R" an einen mit Abgreifkontakten A, B
versehenen Kompensationswiderstand
K an- eschlossen ist. Die Abgreifkontakte A, B sind über ein Wechselstrom-Nullinstrument
N (z. B. Vibrationsgalvanometer oder Telephon) an die Klemmen des Widerstandes R1
angeschlossen.
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Wird statt der neuen Lufttransformatoranordnung in der üblichen eise
ein Variator für gegenseitige Induktion benutzt, so ergibt sich bekanntlich bei
abgeglichener Meßanordnung, also bei Stromlosigkeit von S, und N Kapazität C und
dielektrischen Verlustwinkel b aus folgenden Beziehungen:
wo w die Kreisfrequenz, M die gegenseitige Induktivität des Lufttransformators bedeutet,
während mit L1 die gesamte Induktivität und mit R, der gesamte Ohmscbe Widerstand
des Spulenzweiges bezeichnet ist.
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Wird gemäß der Erfindung ein belasteter Lufttransformator nach der
in Abb.6 dargestellten Schaltung benutzt, so werden Kapazität C und dielektrischer
Verlustwinkel b nach folgender G'_,eichung berechnet:
Hierin bedeutet R den gesamten Ohmschen Widerstand des Sekundärkreises, L. die Induktivität
der Sekundärspule und r den zwischen den Abgreifkontakten eingestellten Widerstandswert.
Bei geeigneter Anordnung kann die gesuchte Kapazität an einer am Kompensationswiderstand
K angebrachten Skala unmittelbar abgelesen werden.