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Verfahren zur Ausführung chemischer Reaktionen und physikalischer
Prozesse bei hohen Temperaturen.
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Die Erfindung bezweckt, die bekannten Schwierigkeiten bei der Anwendung
der Bunsenreaktion zur Bindung von Luftstickstoff zu überwinden. Das Verfahren nach
der Er-findung gestattet, den Bunsenprozeß und auch physikalisch ähnliche chemische
Prozesse unter Vermeidung der Zwischenschaltung einer Retorten-odEer Muffelwand
zwischen Wärmequelle und Beschickuogsgut gerade so wie in einer Retorte oder Muffel
zu führen. Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß bei solchen endothermischen,
bei großen Hitzegraden stark wärmezehrend verlaufenden Vorgängen die Wärmezufuhr
durch Strahlung vorteilhaft anwendbar ist, wenn man trotz der fehlenden Scheidewand
die Vermischung des Erzeugnisse mit den Feuergasen vermeidet.
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Erfindungsgemäß wird daher zur Herstellung von Cyanverbindungen und
zur Führung physikalisch ähnlicher chemischer Prozesse in der Weise verfahren, daß
die Reaktionsmasse unter Zuführung von verhältnismäßig kalten Heizgasen über die
Beschickung in einem Flammofen der Einwirkung strahlender Wärm ohne Zwischenwand
ausgesetzt und der flüchtige Teil der entstehenden Reaktionsprodukte aus der Beschickung
durch die Ofensohle abgeführt wird. Ein solcher Betrieb wäre schon im gewöhnlichen
Flammofen möglich, begünstigt wird er aber und zum leichten Vollzug gebracht, und
zwar mit einer Vollkommenheit, daß die fehlende Muffelwand kein Mangel mehr ist,
wenn man, insbesondere für Cyanbildung, den Ofen mit Heizgasen füllt und in diesen
an der Decke und an den höheren Teilen der Wand Luftflammen brennt. Die Ruhe der
Gasfüllung im Ofen, die nötige Vermeidung von starken Strömungen und Wirbeln kann
dabei dadurch gesichert werden, daß die Luft durch die Wand des Flammofens in das
Ofeninnere in guter Verteilung zugeführt und durch die vorhandenen Heizgase in kleinen
Flammen vor der ganzen Wandfläche zur Verbrennung gebracht wird.
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Die Zeichnung zeigt in Abb. I und 2 in Querschnitt und Längsschnitt
einen zur Ausführung des neuen Verfahrens besonders geeigneten Flammofen in einem
Ausführungsbeispiel, dessen Beschreibung die Einzelheiten auch des Verfahrens näher
erkennen läßt.
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Unter dem Ofengewölbe 1 ist der Rost 2 angeordnet, auf dem z. B.
bei der StickstoE-gewinnung eine KJohlebeschickung aufgebracht wird, der Soda zu,
gemischt oder als besondere Schicht übergelagert ist. Diese Beschickung gibt in
der Hitze und bei Gegenwart von Stickstoff Kohlenoxyd und Natriumcyanid in Dampfform
nach der Gleichung Na2COs+4C+N2=2NaCN+3CO.
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Die Erzeugung dieser schätzenswerten Abgase kostet aber 200 000 bis
300 ooo Wärmeeinheiten für das Kilogramm-Äquivalent. Man beurteilt diesen Wärmebedarf,
wenn man bedenkt, daß das g wöhnliche Feuer mit reinem Kohlenstoff bei der Verbrennung
zu Hohlen säure nur 97 000 Wärmeeinheiten und bei Verbrennung zu Kohlenmonoxyd,
welche hier allein in Betracht kommt, nur 29 ovo Wärmeeinheiten liefert. Die Beschickung
auf dem Roste müßte also ein heißes und heftiges, aber negatives Feuer sein, sonst
könnte sie, selbst wenn sie schon in hoher Glut wäre und keine Wärmeverluste aufträten,
nur für Augenblicke heiß bleiben.
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Erfindungsgemäß wird die Beschickung nun dadurch dauernd heiß gehalten,
daß sie mit Wärme bestrahlt wird. Zu diesem Zweck wird durch die in größerer Zahl
vorgesehenen regelbaren Öffnungen 3 Generatorgas zugeführt, während durch die feuerfesten
Steine des Gewölbes I, die mit feinen Kanälen versehen sein können, Luft in der
erforderlichen Menge eingepreßt wird. Dann kommt das Gewölbe in hohe Glut und seine
HÜ7 und mehr noch die Hitze der Glutflammen wird auf den Rost gestrahlt. Durch den
Gasinhalt des Ofens wird auf dem gewöhnlichen Wege der Leitung oder Konvektion keine
Wärme übertragen, da die Verbrennungsgase unter der Gewölbedecke, welche durch die
Füchs-e 4 abziehen, sehr heiß sind, während die Heizgase wegen der Durchstrahlung
verhältnismäßig kalt bleiben und deshalb viel schwerer sind. Einen Teil des Heizgases,
der sich an der Beschickung des Rostes erwärmt, zieht man mit den Reaktionsprodukten
nach unten ab, wofür die Abzugskanäle 6 mit den verstellbaren Drosselorganen 7 unter
dem Rost 2 vorgesehen sind. Außerdem ist der ganze Ofen I gasdicht in die Blechhülle
24 eingebaut und sein oberer Teil, an dem der Luftzutritt
durch
die Öffnung 25 zur Brockenschicht 22 stattfindet, ist durch die gasdichte Einlage
5, die durch ein Winkeleisen gebildet sein kann, von dem unteren Teil getrennt.
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Gibt man der zutretenden Luft den höchsten vorkommenden Druck und
den Heizgasen eine geringere Pressung und stellt die Füchse 4 und die Drosselorgane
7 auf eine geeignete Abflußwirkung ein, so arbeitet die Einrichtung dauernd wie
jeder andere Ofen. Die Abflußwirkung kann durch Über- oder Unterdruck, je nach der
Einstellung der Regelorgane, herbeigeführt werden. Der nach unten strömende Zweig
des Abgasstromes tritt erheblich gekühlt durch den Rost, wenn die Beschickung hoch
genug ist.
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Der Ofen kann noch-mit Beschickungslöchern 8 und Reinigungsöffnungen
9 sowie mit Schaulöchern und mit Winderhitzung in üblicher Weise ausgestattet sein.
Auch kann der Rost zwecks leichterer Schlackenentfernung beweglich ausgebildet sein.
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Auch können, wie Abb. 3 und 4 zeigt, zur Vergrößerung der wärmeliefernden
Brennfläche in den Ofen I Querwände In eingebaut sein, die noch in Säulen 1 1 unterteilt
sein können. Die Querwände bzw. Säulen sind an ihrer Oberfläche mit kleinen Kanälen
versehen, die mit einem nach der eingepreßten Heizluft mündenden Kanal 12 in Verbindung
stehen und den Lufteintritt nach dem Ofeninneren gestatten. Bei der Herstellung
von Cyanverbindungen kann die Beschickung mit Soda durch einen besonderen, innerhalb
des Ofens verschiebbaren Streuwagen I3 erfolgen, der durch irgendein Triebwerk z.
B. periodisch über die Kohlebeschickung des Rostes I hingeführt wird und ähnlich
wie eine Düngerstreumaschine eine Streuvorrichtung 14 für das Sodapulver trägt.
Die Räder des Wagens 13 und die dazugehörigen Laufschienen liegen außerhalb der
Bestrahlung, indem sie in Mauerausschnitten 15 untergebracht sind. In den verhältnismäßig
langen Ruhepausen, in denen nicht gestreut wird, steht der Wagen 13 in einer seitlichen
Rammer I6, die mit einer durch einen Trichter angedeu eten Einfüllvorrichtung I7
versehen ist. Statt unter Verwendung eines Wagens kann natürlich die Sodabeschickung
auch durch Einspritzen z. B. mittels Düsen oder durch Einschaufeln von Hand oder
sonstwie erfolgen.
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Diese Art Beschickung ist von besonderer Bedeutung für die praktische
Durchführung der Erfindung. Würde man räumlich die Äquivalente Soda und Kohle in
fertigem Gemisch auf den Herd legen, so hätte man dort eine praktisch gasdichte
Masse, durch welche kein Stickstoff gesaugt oder gepreßt werden kann.
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Soll die Masse reagieren, so muß die Soda flüssig gemacht werden,
und dann flösse sie durch den Rost ab. Sie wird deshalb in beschränkter aufsaugbarer
Menge auf einen Rohleüberschuß aufgebracht. Die durch die Abzugkanäle 6 abgeführten
dampfförmigen Cyanverbindungen können in üblicher Weise weiterverarbeitet werden,
indem sie durch Behandlung mit Wasserstaub in Ammoniak übergeführt - werden. Es
wird auf diese Weise möglich, mit dem Stickstoff der Luft und dem gebundenen Wasserstoff
des Wassers und durch Heizung mit billigsten Braun- und Steinkohlengasen eine Stickstoffverbindung
für landwirtschaftliche und technische Zwecke zu erhalten, während bekannte Verfahren
von der Verwendung reinen Stickstoffs und reinen Wasserstoffs oder teurer Elektrizität
aus kostspielig, en Anlagen abhängig sind.
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Außer zur Herstellung von Cyanverbindungen ist das Verfahren und
die Vorrichtung nach der Erfindung auch für andere chemische Prozesse brauchbar,
die physikalisch ähnlich verlaufen. Zunächst kann man das Gemisch aus Soda und Kohle
ohne Stickstoffzufuhr bestrahlen, wodurch man Natrium erhält, wenn für geeignete
Kondensation gesorgt wird. Geeignet für die bekanntlich schwierige Natriumkondensation
wäre eine Ausbildung des Rostes zu einer Reihe hochkant gestellter Platten mit innerer
Wasserkühlung. Die Platten kann man in eine Sperrflüssigkeit eintauchen lassen,
in welcher sich das herabrinnende Natrium sammelt, wie Abb. 7 zeigt, in der die
hohlen Rostplatten mit 40 und die Sperrflüssigkeit mit 41 bezeichnet sind und 42
einen Auslaß für die Flüssigkeit bedeutet. Satt Natrium aus Soda kann man auch andere
flüchtige Metalle aus ihren reduzierbaren Verbindungen gewinnen. Läßt man bei der
Kohlebeschickung reduzierbare Zusätze überhaupt weg, so gewinnt man Leuchtgas, wobei
man für den Dauerbetrieb für Ausstoßung des Kokses za sorgen hat. Gibt man Wasserdampf
oder Wasser auf den Kohlenstoff, so ergibt sich Wassergas. Dabei ist ein Dauerbetrieb
möglich, der nicht wie bei der gebräuchlichen Wassergasdarstellung durch immer wiederholte
Aufheizung durch Luftzufuhr, die nur für Minutenfrist vorhält, unterbrochen wird.
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Außerdem ist das Wassergas bei höchster und daher bei günstigster
Temperatur erzeugbar.
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Man kann den technischnoch unverwirklichten Vorgang C + H,O = CO +
H, rein führen. Umgekehrt kann auch der kalte Wassergasprozeß C2 H2O= 2 H2$ CO2
bei niederster Temperatur geführt werden, was z. B. für die Gewinnung von Wasserstoff
wichtig ist.
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Zur Steigerung der Leistung ist ein großer Verbrennungsraum erwünscht,
und deshalb muß der Ofen zweckmäßig hoch ausgeführt werden. Abb. 5 zeigt diese Bauart,
bei welcher das Gewölbe I als langgestreckte Kuppel ausgebildet ist. Man könnte
den Verbrennungsraum auch verbreitern, was für die Strahlungsenergie von gleicher
Wirkung wäre; aber die Strahlungsvorrich ung würde in diesem Falle ungünstig, und
die e Streuung würde vermehrt.
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Zur Vermeidung des Steineinbaues kann man die nötige Luft, wie Abb.
5 erkennen läßt, statt in hohlen Säulen in hängenden Röhren IS aus einer Masse mit
Zugfestigkeit, z. B. aus Schmelztiegelmasse, zuführen. Diese Röhren, die am oberen
Gewölbeteil I z. B. mittels Flanschen aufgehängt sind, müssen nur bei sehr großer
Höhe auch unten gestützt werden, z. B. durch einen Bogen 19 aus Schamottesteinen
oder, wenn die Vermeidung der Beschattung erwünscht ist, aus einem gekühlten Rohr.
Die Röhren 18 sind mit passenden Löchern in entsprechender Zahl für den Austritt
der Luft nach dem Verbrennungsraum versehen. Das gekühlte Rohr kann in der bei Hochofendüsen
(Windformen) üblichen Art doppelwandig mit Wasserdurchfluß ausgeführt werden. Der
Wärmeverlust durch das Rohr ist bei dessen im Verhältnis zum ganzen Ofenraum geringen
Abmessungen zu vernachlässigen.
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Man kann auch lange dünne Flammenstrahlen im gänzlich freien Ofenraum
brennen, wenn man von unten Luft mittels doppelwandiger Kühlrohre mit Düsen oder
aus einem Bogen von langmuffigen Tonröhren einbläst.
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Die Abb. 6 zeigt eine solche Bauart. Im unteren Teil des Ofengewölbes
I ist hier ein Rohr 20 aus Ton in Bogenform angeordnet, das aus langmuffig ineinandergesteckten
Teilen besteht und mit nach oben mündenden senkrechten Düsen 21 oder engen Löchern
versehen ist, durch welche hochansteigende Luftstrahlen unter Druck in den Raum
der Kupperl 1 eingeblasen werden. Der Ofen nach Abb. 6 ist vorzugsweise für vorgewärmte
Luft gedacht und zeigt daher außerhalb der luftführenden Brockenschicht 22 noch
ein Ofen gewölbe 23 als Wärmeschutz. Die Düsen 2I liefern durch Zuführung und Verbrennung
von Luft Feuersäulen, welche die festen Wände und Säulen der Abb. 3 und 4 vertreten.
Auch die festen Einbauten dienen durchaus nur zur Führung der Luft. Die Strahlung
kommt einfach aus dem heißen Raum, und es wäre ein Irrtum, der glühenden Wand die
wesentliche Strahlung zuzuschreiben. Der Raum strahlt in naturno-wendiger Betätigung
seines Temperaturzustandes, und die Wand strahlt mit als Grenze des Raumes.
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Durch diese Strahlenheizung ist ein neues technisches Hilfsmittel
gewonnen. Die Vorrichtung hierfür läßt sich nach den verschiedenen Zwecken und Bedingungen
in verschiedener Weise formen, und es lassen sich vielerlei Zwecke damit erreichen,
die von der Stickstoffbindung, der die neue Heizungsart zunächst dient, chemisch
zwar abliegen, aber physikalisch und heizungstechnisch gleichartig damit sind. Es
lassen sich ohne e weiteres eine Reihe von chemischen Reaktionen und auch von nur
physikalischen Arbeiten angeben, die mit dem neuen Heizverfahren technisch besser
oder überhaupt erst durchführbar werden.
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Man denke an das Kalkbrennen. Mit dem neuen Heizverfahren bekommt
man neben reinem Kalk wertvolle stickstofffreie Kohlensäure für die Technik, aus
bitumenfreiem Kalk genießbare Kohlensäure. Die gleichzeitige Anwendung von Wasserdampf
setzt die Brenntemperatur noch sehr wirtschaftlich herab.
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Als ein rein physikalischer Anwendungsfall erscheint z. B. die Einschmelzung
von Bohr-und Drehspänen auf undurchlässigem Herd.
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Die chemische Tat ist dabei der Ausschluß der chemischen Wirkung,
d. h. der Oxydation, die im Schachtofen eintritt und sonst durch kostspielige Brikettierung
bekämpft wird. Die Bildung von Luftflammen in einer Heizgasen atmosphäre ist bei
vielen Anwendungen, wie sich schon beim Wassergasverfahren gezeigt hat, nicht Bedingung.
Man kann auch gewöhnliche Gasflammen brennen und über die Beschickung Gasschichten
ganz beliebiger chemischer Natur legen, wie z. B. Wasserdampf, Generatorgas, Kohlensäure
usw.
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Die Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung sind durch die beschriebenen
Ausführungsbeispiele nicht erschöpft. Der Grundgedanke e der Erfindung besteht ganz
allgemein darin, die Heizung mittels strahlender Wärme in der Weise zu verwirklichen,
daß die strahlende Wärme auf das heiße Gut zur Einwirkung gebracht wird, unabhängig
von der Temperatur auf dem durchstrahlten Wege, auf dem sehr gut kältere Schichten
liegen können und in vielen Fällen liegen müssen. Dieses Heizverfahren ist überall
da mit Vorteil verwendbar, wo die damit verbundenen günstigen Wirkungen, nämlich
die Unabhängigkeit des chemischen Vorganges und der zu behandelnden Beschickung
von der Einwirkung der Verbrennungsgase sowie die Zufuhr großer Wärmemengen, die
Vermeidung eines Wärmeleitungswiderstandes und die Entwicklung hoher Hitzegrade,
erwünscht und notwendig sind. Die Zufuhr großer Wärmemengen, die Erhöhung der Sekundenleistung
ist durch das Heizverfahren auch bei Gasen von geringem.
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Brennwert möglich. Die Grenze der Steigerung ist nicht abzusehen,
wenn man den Ofen
raum vergrößert, ähnlich wie in den Abb. 5 und
6 angedeutet ist. Man hat nur dabei den Wärmedurchgang durch die Wand zu verhüten,
und das geschieht, wenn man die Luft, auch vorgeheizte Luft, oder das Gas durch
die Ofensteine einpreßt. Die Strahlung wird durch den Abstand vom Herd nicht benachteiligt,
sie hat im Gegenteil um so geringere Streuung und wird um so mehr parallel wie aus
einem Parabaolspiegel, je weiterher sie kommt. Außerdem ist die Entfernung bedeutungslos
für eine Energie, welche in der Sekunde 300 ooo km durcheilt.
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PATENT-ANSPRÜCHE: I. Verfahren zur Ausführung chemischer Reaktionen
und physikalischer Prozesse bei hohen Temperaturen, dadurch gekennzeichnet, daß
das zu behandelnde Material der Einwirkung strahlen der Wärme in einem Flammofen
unter Zwischenschaltung einer gasförmigen Schicht ausgesetzt wird, welche die Reaktion
oder den Prozeß nicht stört oder diese fördert und die Flammengase von der Beschickung
fernhält.