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Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff. Gegensand der Erfindung
ist ein Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff oder -#vasserstoffhaltigen Gasen
durch vollständige Vergasung bituminöser Kohle o. dgl., d. h. Kohle, die einen verhältnismäßig
hohen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen enthält, im Gegensatz zu Brennstoffen wie
Anthrazit und Koks, bei denen der Gehalt zi: solchen Bestandteilen nur gering ist.-
Unter »Kohlecc soll also im folgenden stets ein bituminöser Brennstoff, unter »vollständiger
Vergasung« ein Verfahren verstanden werden, dessen Produkte im wesentlichen nur
aus nicht kondensierbaren Gasen und Asche bestehen, während die bei der Verkokung
erzeugten Teerdämpfe bei der Nachbehandlung der verkokten Kohle zersetzt werden.
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Eine vollständige Vergasung der Kohle durch Verkokung in Retorten
und darauffolgende Einwirkung von Dampf auf das Verkokungsprodukt in einem anderen
Teil der Vorrichtung zwecks Erzeugung von Wassergas ist bisher so ausgeführt worden,
daß ein Gas von einem bestimmten Heizwert erzielt wurde, wobei die Gasmenge pro
Tonne Kohle so hoch gesteigert wurde, als mit dieser Bedingung vereinbar war. Man
mußte zu diesem Zweck die Menge an umwirksamem Gas niedrig halten, was insbesondere
für Kohlensäure zutraf, deren Entstehung sich besser regeln läßt als diejenige des
Stickstoffs, wenn man nicht statt der Verbrennungsluft des direkt verbrannten Teils
des Brennstoffs Sauerstoff verwendet. Gleichzeitig wurde der Gehalt an Kohlenoxyd
m;;glichst hoch gehalten.
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Im Gegensatz zu diesem bekannten Verfahren bezweckt die Erfindung
die Erzeugung viel größerer Wasserstoffmengen, als man bisher auf die Tonne vergaster
Kohle erhalten hat, ohne Rücksicht auf den Heizwert des dargestellten Gases.
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Bei der vollständigen Vergasung, wie sie bisher durchgeführt wurde,
wird gewöhnlich ein erheblicher Teil der zur Aufrechterhaltung der Wassergasreaktion
erforderlichen Wärme durch Verbrennung eines Teils des Brennstoffs mit eigens für
diesen Zweck eingeführter Luft bereitgestellt. Um aber, wie oben erwähnt, die Menge
nicht brennbarer Gase niedrig zu halten, war es erforderlich, die Verbrennung mit
Frischluft möglichst auf die Erzeugung von Kohlenoxyd nach der Gleichung 2 C -E-
02 = 2 CO zu beschränken und die Entstehung von C02 zu vermeiden. Verläuft aber
die Reaktion nach dieser Gleichung, so beträgt die auf das Kilo verbrannter Kohle
erzeugte Wärme nur 2q.20 Wärmeeinheiten, währendbeimVerbrennen von Kohle zu C02
(C + 02 = CO,) 8Zro Wärmeeinheiten erhalten «,erden, Nach dem bisherigen
Verfahren muß man also, um die zur Durchführung der Wassergasreaktion erforderliche
Wärme zu erzeugen, viel mehr Kohlenstoff in Luft verbrennen, als wenn man die Kohlensäurereaktion
zuließe, und infolgedessen wird die Kohlenstoffmenge, die für die Wassergasreaktion
verfügbar
bleibt, entsprechend beschränkt.
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Gemäß der Erfindung soll die Verbrennung des Brennstoffanteils, der
die für die Wassergasreaktion erforderliche Wärme zu liefern hat, nach Möglichkeit
undinnerhalb gewisserGrenzen, die durch die Zusammensetzung des gewünschten Gasgemischs
gesteckt sind, bis zur C01 durchgeführt werden. Man erhält so eine Ersparnis an
Brennstoff, so daß mehr Brennstoff für die Wassergasreaktion verfügbar bleibt.
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Ferner entsprach angesichts der Bedingungen, unter denen die vollständige
Vergasung bisher zur Herstellung von Gas eines bestimmten Mindestwertes durchgeführt
wurde, die bisher beabsichtigte Wassergasreaktion der Gleichung C -i- H20 = CO +
H2. Bei diesem Reaktionsverlauf müssen 2420 Wärmeeinheiten auf das Kilo vergaster
Kohle geliefert werden. Bei dem Verfahren gemäß der Erfindung verläuft dagegen die
Wassergasreaktion, die unter Außerachtlassung von Zwischenstufen als Endergebws
im wesentlichen angestrebt wird und im Gegensatz zu der Kohlenoxyd liefernden Kohlensäure
ergibt, nach der Gleichung C+ 2H20 = C02-,' 2H2, wodurch die erforderliche Wärmemenge
nur 1570 Wärmeeinheiten beträgt und außerdem die doppelte Was_erstoffmenge
erzielt wird als nach der früheren Gleichung.
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Im praktischen Betrieb kann man d:e Entstehung von Kohlenoxyd als
Endprodukt nicht vollständig vermeiden; in den Zwischenstufen des Verfahrens ents'ehen
in Zonen höherer Temperatur sogar größere Mengen CO, die dann nach der umkehrbaren
Gleichung CO --i- H20 -HZ -1- C02 in C02 übergeführt werden. Diese Gleichung verläuft
mit sinkender Temperatur mehr von links nach rechts, und die Entstehung von C02
bei einer bestimmten Temperatur wird ferner durch die Anwesenheit eines Überschusses
von Dampf über die tatsächlich mit dem Kohlenstoff in Wech@ elwirkung tretende Menge
begünstigt.
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Bei der Durchführung dieses Verfahrens muß man also einmal für einen
Dampfüberschuß sorgen, wobei der gesamte Dampf in dem Teil der Einrichtung, der
als Erzeuger arbeitet, zweckmäßig zwischen 3 und 5 kg auf das Kilogramm vergaster
Kohle beträgt, statt etwa 0,7 kg Dampf, wie sie in den gewöhnlichen Erzeugern, oder
1,7 kg, wie sie in Erzeugern mit Ammoniakgewinnung verbraucht werden. Zweitens muß
man die Temperatur nahe dem Gasaustritt verhältnismäßig niedrig, zweckmäßig etwa
zwischen 60o und 75o° C haltet). Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt mit der Temperatur
erheblich ab und wird selbst bei 50o ° C niedrig. Die Temperatur, bei der dieser
Teil des Verfahrens gemäß der Erfindung durchgeführt wird, ist dadurch bestimmt,
daß einmal eine niedrige Temperatur die Entstehung von C02 begünstigt und anderseits
die Temperatur hoch genug sein muß, um einen genügend schnellen Ablauf der Reaktion
zu gewährleisten.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung zur Herstellung von Wasserstoff
durch vollständige Vergasung von Kohle, bei der die Kohle zuerst in einer Retorte
verkokt und das Produkt dann in einem anderen Teil der Vorrichtung mit Dampf zur
Erzeugung von Wassergas und mit Luft zur Verbrennung eines Teils der Kohle für die
Aufrechterhaltung der Wassergasreaktion behandelt wird, ist dadurch gekennzeichnet,
daß die Retorten und die Gaserzeugerräume offen mit einander in Verbindung stehen,
so daß man die verkokte Kohle kontinuierlich aus der Retorte nach dem Gaserzeuger
hinülLerschaffen kann, daß ferner das Kracken der bei der Verkokung in der Retorte
entstehenden Dämpfe und Gase bei ihrem Abwärtsführen durch die heißeste Zone in
der Nähe des am Boden der Retorte liegenden Brennstoffs und des oberen Teils des
Gaserzeugers bewirkt wild, und daß die Dampf-und Luftmengen und die Art ihrer Zuführung
derart geregelt werden, daß die Temperatur schrittweise von der heißesten Zone nach
einer verhältnismäßig niedrigen Temperaturzone am Boden des Gaserzeugers abnimmt,
wo die Gase abgezogen werden, so daß die beiden Hauptreaktionen die Wassergasreaktion
und die direkte Verbrennung eines Teils des verkokten Brennstoffs derart verlaufen,
daß als ihr Endprodukt C02 an Stelle von CO entsteht, und das Gas infolgedessen
einen verhältnismäßig hohen CO= Gehalt besitzt.
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Gwosdz hat festgestellt, daß Asche eine katalytische Wirkung besitzt,
die die Entstehung von C01 im Vorrang vor CO begünstigt. So wurde hei Gaskoks mit
8,5 Prozent Asche der Gehalt des Wassergases an C02 innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs
stets als hoch, bis zu 29 Prozent, festgestellt, während bei fast reinem Kohlenstoff
nicht mehr als 8,6 Prozententstanden. Man verwendet daher bei dem vorliegenden Verfahren
zweckmäßig Brennstoffe, die viel Asche, etwa 8 bis 15 Prozent und darüber, jedenfalls
aber nicht nur 4 oder 5 Prozent enthalten, oder setzt dem Brennstoff einen Katalysator
zu, der die Entstehung von C02 an Stelle von CO in der Wassergasreaktion fördert.
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Die Zeichnung veranschaulicht schematisch in senkrechtem Schnitt einen
Ofen zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens. A ist der Retortenteil des Ofens,
in den die Kohle von oben her durch einen Beschickungskegel oder Schieber eingebracht
wird. Die Kohle sinkt langsam in dem Retortenteil abwärts und wird dabei durch die
heißen Gase erhitzt, die in dem Mantelraum B aufsteigen. Die Kohle
wird
hierbei verkokt, die Temperatur in der Retorte steigt von oben nach unten an. Die
verkokte Kohle gelangt in den Erzeuger C, in den durch Rohre D und Schlitze E ein
Gemisch von Dampf und Luft oder Sauerstoff oder Sauerstoff mit Luft eingeblasen
wird. Die eingeblasenen Dämpfe und Gasmengen und die Einblasstellen werden so geregelt,
daß die Reaktionen im Sinne der Entstehung eines hauptsächlich aus Wasserstoff,
C02, CO und Stickstoff bestehenden Gases, das verhältnismäßig viel C02 enthält,
und im Einklang mit den obenerwähnten Bedingungen verlaufen. Auch das Verhältnis
der Luft, des Sauerstoffs o. dgl. zum Dampf wird derart geregelt, daß etwa in der
Zone F eine Höchsttemperatur von etwa iooo bis i2oo ° C und innerhalb der Brennstoffschicht
im Erzeuger eine allmählich abnehmende Temperatur aufrechterhalten wird, die unmittelbar
über dem Rost G so niedrig ist (etwa 6oo bis 75o' C), als sich mit der vollständigen
Vergasung des Brennstoffs vereinbaren läßt. Das Gas zieht nach abwärts durch den
Rost G ab und durch den Abzugskanal H in einen den Erzeuger umgebenden Ringkanal
J, wobei es durch die Abwärme der Wände etwas erwärmt wird, um dann von unten in
den Regeneratormantel B einzutreten und hier seine Wärme an die Retorten abzugeben.
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In den gewöhnlichen Verfahren zur vollständigen Vergasung von Kohle
-werden die bei der Verkokung entstandenen Teerdämpfe abgezogen und Teer, Benzol
und andere Nebenprodukte aus ihnen extrahiert. Im Gegensatz hierzu werden gemäß
der Erfindung diese Dämpfe durch die heißeste Zone hindurchgeführt, um sie zu trocknen,
gleichzeitig den Wasserstoff der Kohlenwasserstoffverbindungen frei zu machen und
den Kohlenstoff für die nun folgenden Wassergasreaktionen verfügbar zu machen, während
derjenige Teil der Dämpfe, der nicht gekrackt wird, zur Verbrennung gelangt und
die zur Durchführung des Verfahrens nötige Wärme liefert. Gegebenenfalls kann man
in den Retortenraum A Dampf einführen, der dann mit dem durch das Kracken der Kohlenwasserstoffe
frei gewordenen Kohlenstoff Wassergas bildet.
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Zur Durchführung de.3 Verfahrens läßt man das Gas durch die Brennstoffschicht
im Erzeugerraum C abwärts streichen und regelt den Luftzutritt derart, daß die heißeste
Zone ungefähr an der Oberfläche de: Kohlenschicht liegt. Infolgedessen werden die
Kohlenwasserstoffe unmittelbar nach Verlassen des Retortenraums gekrackt, während
das in der heißesten Zone entstehende Kohlenoxyd mit dem Dampf in dem unteren, kühleren
Teil der Schicht unter Bildung von Wasserstoff und C02 reagiert. Wie schon erwähnt,
wird das Gas aus dem unteren Teil der Kohlenschicht in den Ringmantel B geleitet,
der den Retortenraum umgil.t. Ein gewisser Dampfüberschuß zieht mit dem Dampf am
Boden des Erzeugerraums ab. Er kann durch weiteren Dampf ergänzt werden, der durch
die Rohre K eintritt, so daß die Reaktion CO 1- H20 - COZ+H2 in der Regeneratorfüllung
vor sich geht, deren Oberfläche die Reaktion katalytisch fördert, während im oberen
Teil des Mantelraums B zwecks vollständiger Durchführung der Reaktion katalytisch
wirksames Material, z. B. Kokasche, angeordnet sein kann, das zweckmäßig auf SchalenM
aus Gußeisen o. dgl. gelagert wird. Durch Rohre N kann an mehreren Stellen Dampf
eingelassen werden, sodaß die größere Reaktionsgeschwindigkeit bei höherer Temperatur
ausgenützt wird, indem ein großer Teil des CO bei Temperaturen von etwa 70o bis
550' C umgewandelt wird und nur noch ein kleiner Teil bei niedriger Temperatur
umgewandelt werden muß, wo der Gltichgewichtszustand die Bildung von C02 und Wasserstoff
begünstigt, d:e Reaktionsgeschwindigkeit verhältnismäßig aber sehr langsamist. DieDampfzufuhr
durch die RohreN wird so geregelt, daß im oberen Teil des Katalysatormantels L ein
Temperaturabfall nach oben hin stattfindet, wobei der Raum L etwa auf 35o bis q.50°
C gehalten wird. Die Reaktionswärme wird zum Teil vorn Dampf, zum Teil von den Retortenwänden
aufgenommen. Das Gas verläßt die Anlage durch Stutzen 0. Das katalytisch wirksame
Material kann in einer besonderen, von dem Mantelraum getrennten Anlage angeordnet
sein und das aus dem Mantelraum austretende Gas durch diese besondere Anlage hindurchgeführt
werden, um das in ihm enthaltene CO unter Entstehung von Wasserstoff durch katalytische
Wirkung in C02 umzuwandeln. -Psind Abschlacköffnungen,Qist einAschenfall. Ein bei
dem vorliegenden Verfahren erhaltenes Gasgemisch hat z. B, folgende Zusammensetzung
CO: . . . . . . . 12 Prozent |
C02 ....... 18 - |
H2 ........ 47 - |
N2 ........ 23 - |
Nach Entfernung des CO würde dieses Gas 58 Prozent Wasserstoff enthalten, während
das nach der Entfernung des Wasserstoffs z. B. durch Verflüssigung verbleibende
Kraftgas enthalten würde
CO. . . . . . . .3o Prozent |
H2 ........ 14 - |
N ......... 56 - |
Bei obigem Beispiel genügt die Verbrennungswärme des im Kraftgas enthaltenen CO
und Wasserstoffs annähernd zur Erzeugung der gesamten Dampfmenge (einschließlich
des erforderlichen
Überschusses) für die Wassergasreaktion. Im
Vergleich mit dem nach den älteren Verfahren erzielten Gas besitzt das gemäß der
Erfindung erzeugte nur geringen Heizwert, dafür ist aber die aus einer Tonne Kohle
erzeugte Wasserstoffmenge etwa das Doppelte derjenigen, die bisher bei der vollständigen
Vergasung von Kohle erhalten wurde.
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In anderen Fällen, wo der für das Verfahren benötigte Dampf von einer
besonderen Kesselanlage, oder zum Teil von einer solchen und zum Teil von Abwärmekesseln
oder Wärmeaustauschvorrichtungen geliefert wird, die mit dem Gas und dem Dampfübcrschuß
beheizt werden, der aus der Vergasungsanlage stammt, kann man die Verwandlung von
CO und Dampf in CO, und Wasserstoff noch viel weiter treiben, bis z. B. nur
noch ein paar Prozent CO im Gas verbleiben. In einem solchen Fall muß. die gesamte
Dampfmenge entsprechend höher sein. Aus den, gemäß der Erfindung erlialtonen gasförmigen
Produkten kann man den Wasserstoff in bekannter Weise, z. B. durch Verflüssigung
aller anderen Gase, abscheiden, nachdem man die C02 vorher, z. B. durch Extraktion
mit Wasser bzw. Alkalien, zweckmäßig unter Druck, entfernt hat. Wie schon erwähnt,
kann man die nach Abscheidung der C02 und des Wasserstoffs verbleibenden Gase ;
zur Beheizung von Kesseln für die Erzeugung des nötigen Dampfes verwenden. Es Rann
aber auch vorteilhaft sein, die Umwandlung von CO in CO2 nach CO + H20 =
CO, -f- H., möglichst weit zu führen und dann die wenigen noch verbleibenden
Prozente CO., durch Umwandlung in Methan, z. B. mit Hilfe eines geeigneten Katalysators
zu entfernen. In einem solchen Fall würde sich die zur Durchführung des Verfahrens
benötigte Luft mit der entsprechenden Sauerstoffmenge anreichern und der Gehalt
an Stickstoff in dem erzielten Gm; auf die für die synthetische Darstellung von
Ammoniak erforderliche Höhe reduziert werden.
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Das vorliegende Verfahren eignet sich besonders für die Zwecke der
synthetischen Ammoniakdarstellung. Soll das Ammoniak durch die zu diesem Zweck verwendete
Abänderung des Ammoniaksodaverfahrens in Chlcrammon verwandelt werden, so ist ein
reichlicher Vorrat von CO, verfügbar. Auch der für die Ammoniaksynthese benötigte
Stickstoff läßt sich leicht erzielen, da. man durch Abscheidung des Dampfes und
der CO, aus den Abgasen der Kesselfeuerungen, in Gienen das Kraftgas verbrennt,
nahezu reinen Stickstoff erhält, insbesondere wenn dafür Sorge getragen wird. daß
die Verbrennung mit möglichst wenig Luft vorgenommen wird.