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Gleitschutz-Hilfsmittel zur Verbesserung
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des Fahrbahnkontaktes von Fahrzeugreifen auf Elaglätte Im Kraftfahrzeugverkehr
stellt eine plötzliche Eisglätte, wie sie z. B. durch überfrierende Nässe oder durch
Eisregen verursacht sein kann, ein besonderes Problem dar, denn seit dem Verbot
der Spikes-Reifen gibt es z. Zt. keine Fahrzeugreifen, mit denen auf Eisglätte ausreichend
sicher gefahren werden kann. Die für den Winterbetrieb entwickelten Spezialreifen
haben sich zwar bei vielen unterschiedlichen Straßenzuständen bewährt, weisen jedoch
auf Eisglätte praktisch keinen Kraftschluß mit der Fahrbahn mehr auf. Das gleiche
gilt, wenn zusätzliche Gleitschutzvorrichtungen aus elastischem Material auf der
Reifen-Lauffläche befestigt werden. Selbst stählerne Gleitschutzvorrichtungen z.
B.
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in Form der bekannten Steg-, Platten- oder Kettensysteme, die von
der Härte des Materials her in der Lage sein müßten, ähnlich wie Spikes in die Eisoberfläche
einzudringen und dadurch den Kraftschlußbeiwert zu erhöhen, versagen bei Eisglätte.
Tatsächlich sind alle diese Gleitschutzvorrichtungen auch nicht für Eisglätte bestimmt,
sondern in erster Linie zur vorübergehenden Verbesserung des Fahrbahnkontaktes bei
Schnee und entsprechenden Straßenzuständen.
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Somit besteht ein erheblicher Bedarf an einem bei Eisglätte wirksamen
Gleitschutz-Hilfsmittel, das zumindest bei verminderter Fahrgeschwindigkeit über
eine ausreichende Fahrstrecke hinweg ein sicheres Manövrieren des Fahrzeugs erlaubt.
Hier setzt die Erfindung ein. Sie hat zum Ziel, dem Straßenverkehr ein solches Hilfsmittel
zur Verfügung zu stellen, und sie erreicht dieses Ziel dadurch, daß auf der Lauffläche
des Reifens eine Schicht aus Hartmaterialkörnern mit einem mittleren Korndurchmesser
von 0,3 bis 3 mm und einem mittleren Kornabstand von nicht mehr als dem doppelten
Korndurchmesser befestigt ist.
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Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, daß ein Gleitschutz-Hilfsmittel
nur dann bei Eisglätte wirksam sein kann, wenn es so beschaffen ist, daß es auf
einer möglichst großen Fläche in die Eisoberfläche eindringt, also einen erhöhten
Kraftschlußbeiwert mit einer großen Bodenberührungsfläche verbindet.
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Zum Eindringen in die Eisoberfläche ist ein hoher Bodendruck erforderlich,
der sich aber normalerweise bei einer großen Bodenberührungsfläche nicht erreichen
läßt, weil sich der Bodendruck aus der auf die Bodenberührungsfläche einwirkenden
Radlast ergibt, also mit zunehmender Bodenberührungsfläche abnimmt. Dies ist übrigens
auch einer der Hauptgründe für die Unbrauchbarkeit der bekannten stählernen Gleitschutz-Vorrichtungen
auf Eisglätte. Bei den Steg- und Plattensystemen verteilt sich nämlich die Radlast
im wesentlichen gleichmäßig auf eine verhältnismäßig große Bodenberührungsfläche,
so daß der Bodendruck zu einer spürbaren. Erhöhung des Kraftschlußbeiwertes nicht
ausreicht, während bei den Kettensystemen der Bodendruck zwar im allgemeinen etwas
höher ist, aber dafür die Bodenberühruhgsfläche zu klein ist, um einen ausreichenden
Kraftschluß zum Fahren auf Eisglätte zu gewährleisten.
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Somit mußte auf einem anderen Weg versucht werden, die an sich konträre
Forderung nach einem möglichst hohen Bodendruck bei möglichst großer Bodenberührungsfläche
zu erfüllen. Das ist mit der Erfindung verblüffend einfach, zugleich aber auch außerordentlich
wirkungsvoll gelungen, und zwar dadurch, daß die Bodenberührungsfläche in viele
sehr kleine Einzelflächen aufgeteilt wird. Diese Einzelflächen sind durch die nach
außen weisenden Endflächen, Ecken oder Kanten der einzelnen Körner gebildet, mit
denen die erfindungsgemäß vorgesehene Schicht aus Hartmaterialkörnern beim Beginn
des Bodenkontaktes zunächst punktweise auf der Eisoberfläche aufliegt. Infolge der
geringen Flächengröße dieser Einzelflächen wird dabei an jedem Korn ein entsprechend
erhöhter Bodendruck wirksam, der dazu führt, daß die einzelnen Körner rasch in die
Eisoberfläche eindringen. Da dies innerhalb der Bodenberührungsfläche mit einer
Vielzahl von eng beieinanderstehenden
Körnern geschieht, ergibt
sich auf diese Weise eine großflächige "Verkrallung" der Körnerschicht in der Eisoberfläche.
Dadurch stellt sich innerhalb der gesamten Bodenberührungsfläche ein gleichmäßig
hoher Kraftschluß ein.
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Im Verein mit der Tatsache, daß die Bodenberührungsfläche groß gehalten
werden kann, führt der hohe Kraftschlußbeiwert des erfindungsgemäßen Gleitschutz-Hilfsmittels
zu einer so guten Reifenhaftung, wie dies bislang auf Eisglätte nicht möglich gewesen
ist, auch nicht mit den früheren Spikes-Reifen. Zwar hat auch bei den Spikes-Reifen
ein Eindringen der Spikes in die Eisoberfläche stattgefunden, aber da die Spikes
nur vereinzelt in einem sehr großen Abstand voneinander angeordnet waren, kamen
immer nur wenige, örtlich vereinzelte Spikes gleichzeitig zur Wirkung, während im
übrigen Bereich der Bodenberührungslfäche praktisch kein Kraftschluß mit der Eisoberfläche
vorhanden war. Demgegenüber ist die Schaffung eines gleichmäßig hohen Kraftschlusses
ein wesentliches Erfindungsmerkmal, das sich grundlegend von den früheren Spikes-Reifen
unterscheidet.
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Für das Hartmaterial, aus dem die erfindungsgemäß vorgesehene Körnerschicht
besteht, kommen im Prinzip alle Materialien ab etwa 6 Mohs-Härtegraden in Betracht
und insbesondere die in der Schleifmitteltechnik üblichen Materialien. Typische
Beispiele sind Sande und Gesteinsplitter, Glas, Schmirgel, Korund, Siliciumcarbid,
Stahlspangries u. dgl. Die Begrenzung der mittleren Korndurchmesser auf Werte zwischen
0,3 und 3 mm, die in der Terminologie der Schleiftechnik etwa den Körnungs-Nummern
8 (sehr grob) bis 60 (mittel) entspricht, ergibt sich dabei aus der Erkenntnis,
daß kleine Körner nicht mehr wirksam genug sind, während größere Körner keine zusätzliche
Erhöhung der Wirksamkeit bringen und eher zur vorzeitigen Abnutzung neigen.
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Die Körner können Rundkörner sein (z. B. Sande) oder die Form unregelmäßiger
Polyeder haben (z. B. Gesteinspfitter).
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Kantige polyedrische Körner sind dabei im allgemeinen etwas wirksamer,
währendRundkörner
straßenschonender sind, was unter Berücksichtigung der Möglichkeit, daß sich auf
einer eisglatten Straße auch eisfreie Teilstrecken befinden können, von Bedeutung
sein kann. Eine Sonderform von Körnern, die für die Zwecke der Erfindung geeignet
sind, stellen die aus der Schleifmitteltechnik bekannten Hohlkugelkorunde dar. Das
sind hohle Korundkügelchen, deren Wandstärke so bemessen werden kann, daß die Kügelchen
einer normalen Belastung (z. B. Geradeausfahrt) standhalten und dann als Rundkörner
wirken, bei erhöhter Belastung (z. B. einer plötzlichen Vollbremsung) jedoch zerbrechen
und dann mit ihren scharfen Bruchkanten eine sehr stark erhöhte Wirksamkeit ergeben.
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Die erfindungsgemäß vorgesehene Körnerschicht ist vorzugsweise mit
Hilfe eines Bindemittels so mit einem Träger verbunden, daß die einzelnen Körner
möglichst eng und jedenfalls nicht weiter, als dem doppelten Korndurchmesser entspricht,
beieinanderstehen und mit ihren äußeren Enden frei aus dem Bindemittel herausragen,
sich also ein Aufbau ähnlich einem Schleifpapier ergibt. Als Bindemittel kommen
beispielsweise die in der Schleifmitteltechnik üblichen Duroplaste auf Basis von
Phenolharzen oder Epoxidharzen in Betracht, ebenso aber auch zahlreiche andere Binder,
sofern sie ein ausreichendes Haltevermögen für die Körner besitzen und wasserfest
sind. Außerdem kann auch der Einsatz von zusätzlichen Haftvermittlern zusammen mit
dem Bindemittel zweckmäßig sein. Welches Bindemittel und ggfs. welcher Haftvermittler
im Einzelfall geeignet sind, hängt auch etwas von dem jeweiligen Träger ab und läßt
sich mit einfachen Versuchen ermitteln.
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Der Träger der Körnerschicht kann ein separates Bauteil sein, das
mit der Lauffläche des Reifens verbunden wird. Hierbei sind zahlreiche unterschiedliche
Möglichkeiten gegeben. Als zweckmäßig hat sich ein Träger aus einem unsteifen Schichtmaterial
erwiesen, beispielsweise einem aus hochfesten Aramid-Fasern bestehenden Gewebe.
Ein solcher Träger kann z. B. in Form eines Bandes auf die Lauffläche des Reifens
aufgelegt und dort mechanisch mit Spanneinrichtungen und/oder mit Hilfe eines Klebers
festgehalten
sein. Ebenso kann ein solcher Träger aber auch in Form kurzer Stücke auf der Lauffläche
üblicher Gleitschutz-Vorrichtungen, insbesondere von Steg-, Band- und Plattensystemen
befestigt, z. B. aufgeklebt sein, wodurch sicherere Fahrbedingungen auch dann geschaffen
werden, wenn sich Eisglätte und Schnee abwechseln. Im übrigen kann die Körnerschicht
mit Hilfe des Bindemittels aber auch direkt auf die Lauffläche einer Gleitschutz-Vorrichtung
aufgebracht sein, so daß die Lauffläche der Gleitschutz- Vorrichtung den Träger
bildet.
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Bei Verwendung eines separaten Trägers muß die Körnerschicht nicht
unbedingt mit Hilfe eines Bindemittels auf dem Träger befestigt sein, sondern kann
auch in die Oberfläche des Trägers so eingearbeitet sein, daß die einzelnen Körner
den geforderten.engen Abstand besitzen und mit ihren äußeren Enden frei aus der
Trägeroberfläche herausragen. Eine solche Befestigungsart läßt sich beispielsweise
dadurch erreichen, daß die Körner in die zu diesem Zweck durch Erwärmen etwas erweichte
Trägeroberfläche eingepreßt werden. Diese Möglichkeit kommt insbesondere in Betracht
für aus einem thermoplastischen Kunststoff oder aus Metall.
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Alternativ läßt sich anstelle eines separaten Trägers aber auch die
Lauffläche des Reifens unmittelbar als Träger für die erfindungsgemäß vorgesehene
Körnerschicht verwenden, indem eine Mischung aus den Körnern und einem Schnellbinder
als Schicht auf die Lauffläche des Reifens aufgestrichen oder aufgesprüht wird.
Das ist besonders zweckmäßig für Personen, die mit dem Anbringen von Gleitschutz-Vorrichtungen
nicht so vertraut sind.
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Eine derart auf der Lauffläche befestigte Körnerschicht hat allerdings
im allgemeinen keine allzu hohe Standdauer und muß häufiger erneuert werden. Dafür
ist andererseits aber auch kein Aufwand zum Entfernen der Körnerschicht erforderlich,
da sie beim Fahren auf trockener Straße ziemlich schnell von selbst abgerieben wird.
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Um zu verhindern, daß sich die erfindungsgemäß vorgesehene
Körnerschicht
während der Fahrt mit Eisabrieb zusetzt und damit ihre Wirksamkeit verliert, hat
es sich als vorteilhaft erwiesen, die Außenfläche der Körner hydrophob einzustellen.
Dies kann erfolgreich beispielsweise dadurch geschehen, daß die Körnerschicht mit
Silikonen behandelt wird oder daß bei der Herstellung der Körnerschicht lackierte
Sande verwendet werden.
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Einige ausgewählte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der
Zeichnung dargestellt. Dabei zeigen: Fig. 1 einen unsteifen dünnen Träger mit einer
Körnerschicht aus Rundkörnern, Fig. 2 den gleichen Träger mit einer Körnerschicht
aus unregelmäßigen eckigen und kantigen Körnern, sowie Fig. 3 den gleichen Träger
mit einer Körnerschicht aus Hohlkugelkorund.
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In allen Figuren bezeichnen das Bezugszeichen 1 den Träger, (z. B.
eine stabile feste Gewebestruktur), das Bezugszeichen 2 das Bindemittel (z. B. ein
ausgehärtetes Phenolharz) und das Bezugszeichen 3 die einzelnen Körner, die als
Rundkörner 3a, Polygonkörner 3b oder Hohlkugelkorund-Körner 3c ausgebildet sind.
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Zur Veranschaulichung sind die Körner 3c aus Hohlkugelkorund dabei
teils geschlossen und teils aufgebrochen dargestellt.
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Mit einem Gleitschutz-Hilfsmittel nach Art von Fig. 2, das in Form
eines gürtelartigen Bandes auf der Lauffläche der Reifen befestigt war und eine
Korngröße entsprechend der Körnungs-Nummer 24 (grob, etwa in der Mitte des erfindungsgemäßen
Bereichs liegend) aufwies, wurden praktische Fahrversuche auf einer Eisfläche durchgeführt.
Dabei wurde die erhebliche Verbesserung des Fahrbanhkontakes der Reifen bestätigt.
Bei einer Geschwindigkeit
von bis zu 25 km/h ließ sich eine Mindestlaufleistung
von 100 km ermitteln. Dies entspricht der Zielsetzung der Erfindung, einem durch
plötzliche Eisglätte überraschten Fahrer eine zwar langsame, aber auch sichere Weiterfahrt
bis zu einem nicht allzu weit entfernten Fahrziel zu ermöglichen.