DE3230888C2 - - Google Patents
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von
faserverstärkten, nach üblichen Formgebungsverfahren für
thermoplastische Kunststoffe verarbeitbaren Formmassen nach dem
Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
Der Erfolg der faserverstärkten, nach üblichen Formgebungs
verfahren für thermoplastische Kunststoffe mit hohem Elasti
zitätsmodul und guter Schlagfestigkeit verarbeitbaren Form
massen und aus ihnen herstellbaren Verbundstoffe mit hoher
Festigkeit, welche aus einem faserigen Gerüstmaterial (Verstärkungs
material) und einer das letztere zusammenhaltenden Grund
masse (Matrix) bestehen, ist bekannt. Neben den durch ge
schnittene oder "endlose" Glasfasern, Glasfasermatten oder
Gewebe verstärkten Kunststoffen finden solche Kunststoffe,
welche durch Metallfasern, Carbonatfasern, spezielle
Monokristalle und sogar synthetische Polymerfa
sern, zum Beispiel aromatische Polyamidfasern, verstärkt
sind, immer mehr Verbreitung.
Die Warmformbarkeit von Polyolefinen und Polyvinyl
chlorid (PVC) ist ausgezeichnet. Ihre Anwendbarkeit ist je
doch im Vergleich zu Acrylnitril/Butadien/Styrol-Copoly
meren (ABS-Copolymeren), Polycarbonaten und den übrigen
technischen Kunststoffen durch
die hohe Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls
eingeschränkt. Die Anwendungsmöglichkeiten von Polyolefin-
und Polyvinylchloridplatten könnten auf zahlreichen Ge
bieten ausgebaut werden, wenn der bei Raumtemperatur meß
bare Elastizitätsmodul so erhöht würde, daß er bei einem
Erhöhen der Temperatur nicht zu schnell sinken würde und
die Kältebeständigkeit nicht verschlechtert, sondern mög
lichst verbessert würde.
Unter den natürlichen Polymeren ist die Verbindung
von Holzfaser beziehungsweise Holzmehl mit Kunststoff
ebenso alt wie die Kunststoffverfahrenstechnik bezie
hungsweise -technologie selbst. Kurz nach der Veröffent
lichung des Patentes von L. H. BAEKELAND, ein Verfahren
zur Herstellung von Phenol/Formaldehyd-Harzen betreffend,
in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts wurde von ihm
festgestellt, daß das Holzmehl das beste Verbundstoff
fasermaterial für diese Harze ist. Auch heute wird das
Holzmehl als mit noch weniger Aufwand verbundenes Ge
rüst- beziehungsweise Füllmaterial für mit geringem Auf
wand verbundene Kunststoffe angesehen.
Solche Verbundstoffsysteme, welche früher hergestellt
wurden, wie die mit Holzmehl gefüllten Phenol/Formalde
hyd-Harztypen, gehören zu den anspruchslosen Kunststof
fen, wegen ihrer mäßigen technischen Eigenschaften wer
den sie aber immer mehr aus dem Kreis der modernen Kunst
stoffprodukte verdrängt.
Der Hauptbestandteil des natürlichen Holzstoffes mit
faseriger Struktur, das fadenartige Polymermolekül der
Cellulose, kann im Idealfall eine sehr hohe Festigkeit
haben. Dem dispersförmigen natürlichen Holzstoff wird des
halb in letzter Zeit als Gerüstmaterial von thermoplasti
schen Kunststoffen immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
Seit Mitte der siebziger Jahre wurden zahlreiche Verfah
ren zum Verbinden von Polyolefinen und Polyvinylchlorid
mit Holzfasern veröffentlicht.
Nach der deutschen Patentschrift 24 27 080 sollen die
gute Verbindung zwischen den Holzfasern und dem thermo
plastischen Kunststoff und die Unempfindlichkeit des Ver
bundstoffes gegen Feuchtigkeit in der Weise erreicht wer
den, daß ein Vorgranulieren durchgeführt wird. Durch
dieses Verfahren wird jedoch keine chemische Verbindung
zwischen den Bestandteilen erzielt. Ein ähnliches Verfah
ren ist in der britischen Patentschrift 14 57 015, nach
welcher die Holzfasern und das thermoplastische Polymer
vorgranuliert, stranggepreßt und kalandriert werden, be
schrieben. Auch auf diese Weise entsteht keine chemische
Verbindung zwischen den Bestandteilen.
Gemäß der deutschen Patentschrift 19 11 804 wird ver
sucht, die Verbindung zwischen der Grundmasse und dem Ge
rüstmaterial der mit den Holzfasern verbundenen Polyole
fine in der Weise zu verbessern, daß ein oder alle beide
der zwei wichtigsten Polymerbestandteile durch Bestrah
len von Vinylmonomeren oder deren auf andere Weise ini
tiertes Aufpfropfen geändert werden. Die auf den pulver
förmigen Bestandteilen durchgeführte Pfropfcopolymerisa
tion kann jedoch nur mit sehr hohen Monomerverlusten
durchgeführt werden, wie es auch in der genannten Druck
schrift zugegeben ist.
Nach der französischen Patentschrift 23 70 766 werden
Holzfasern, Papierbrei oder Abfälle auf dieser Grundlage
mit thermoplastischen Kunststof
fen verbunden, und zwar in der Weise, daß das Gerüst-
beziehungsweise Verbindungsmaterial auf Lignocellulosebasis
in wäßriger Dispersion mit einem Vinylmonomer zu einem ge
pfropften Copolymer umgesetzt wird. Die wesentliche Stufe
des Verfahrens spielt sich also in der fast 100fachen
Wassermenge, bezogen auf den Lignocellulosegrundstoff,
ab, dessen Entfernung ein mit hohem Aufwand einschließlich
des Energieaufwandes verbundener Arbeitsgang ist.
Im Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift
28 50 155 wird einem aus einem Polyolefin und einem faseri
gen Gerüst- beziehungsweise Verstärkungsmaterial bestehen
den Verbundsystem ein Haftungsvermittler auf Silanbasis
zugesetzt, welcher Zusatz jedoch den Aufwand erheblich
erhöht.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfah
ren zur Herstellung von faserverstärkten Formmassen, bestehend aus
thermoplastischen Kunststoffen, zum Beispiel kristallinen
Polyolefinen, wie Polyäthylen und/oder Polypropylen,
und/oder einer Polyvinylchloridgrundmasse, und natürli
chen Polymerfasern, anzugeben, welche nach den üblichen Formgebungsverfahren,
wie Spritzgießen,
Strangpressen, Kalandrieren oder Vakuumformen, für thermo
plastische Kunststoffe mit hohem Elastizitätsmodul und
guter Schlagfestigkeit gut verarbeitbar sind und deren
Elastizitätsmodul im Vergleich zum Ausgangskunststoff so
erhöht ist, daß die Kältebeständigkeit der Formmasse und des aus ihr her
gestellten Verbundstoffes gegenüber dem Grundpolymer nicht bedeutend ver
ringert ist.
Diese Aufgabe wird nach der Erfin
dung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
Die Erfindung beruht auf der überraschenden Feststel
lung, daß bei der Verwendung von Holzfasern oder ähnli
chen natürlichen Polymerfasern ein faserverstärktes
Kunststofformmassensystem mit guten mechanischen Eigen
schaften erhalten werden kann, wenn die Möglichkeit der
chemischen Verbindung zwischen dem synthetischen thermo
plastischen Grundpolymer und dem faserigen Polymer natür
lichen Ursprunges durch die Verwendung eines ungesättig
ten Polyesterharzes sichergestellt wird.
Diese Feststellung ist überraschend, weil ungesät
tigte Polyesterharze als Polykondensationsprodukte mit
einer Molekülstruktur, welche stark von der der thermopla
stischen Kunststoffe abweicht, zur Änderung von Polypro
pylen, Polyäthylen, Polyvinylchlorid, Polystyrol und ande
ren thermoplastischen Kunststoffen bisher nicht eingesetzt
wurden, da die ungesättigten Polyester mit allen diesen
Polymeren im Grunde genommen unverträglich sind. Der Zusatz
eines duroplastischen vernetzenden Harzsystemes zu thermo
plastischen Kunststoffen ist an sich auch unbegründet.
Ferner beruht die Erfindung auf der überraschenden
Feststellung, daß mit Hilfe der aus ungesättigten Polyester
harzen und Vinylmonomeren bestehenden Harzsysteme eine sol
che Haftungsvermittlerschicht auf der Grenzfläche der Holz
fasern und des damit verbundenen thermoplastischen Kunst
stoffes hergestellt werden kann, deren während der Poly
merisation beziehungsweise Copolymerisation der Vinylmono
merkomponente, zum Beispiel von Styrol, entstehende Kette
die einander berührenden Schichten der 3 Polymerphasen,
nämlich des thermoplastischen Grundpolymers, zum Beispiel
Polypropylenes, des Haftungsvermittlerpolymers, das heißt
des Polyesterharzes, und der als disperses Gerüstmaterial ver
wendeten natürlichen Polymerfasern, zum Beispiel Holzfa
sern, durchdringt und so eine vermittelnde chemische Ver
bindung sichert.
Gegebenenfalls kann, zweckmäßig vorher, eine die Reaktion
zwischen dem faserigen Polymergerüstmaterial, dem Polyester
harz und der aus thermoplastischem Kunststoff bestehenden
Grundmasse fördernde Behandlung angewandt werden.
Das Zustandekommen der chemischen Verbindung zwischen
diesen Polyesterharzen (Haftungsvermittlerpolymeren) und den
faserigen Polymergerüstmaterialien natürlichen Ursprunges
ist durch die Doppelbindungen der ungesättigten Polyesterharze
gegeben. Erfindungsgemäß kann in der Weise vorgegangen wer
den, daß die Reaktion der Doppelbindungen mit den Polymer
gerüstmaterialien ohne Zugabe eines Initiators dadurch er
zielt wird, daß dies im entsprechenden Abschnitt der Ver
arbeitungsverfahrenstechnik
beziehungsweise in einem entsprechenden Temperaturbereich
derselben bewerkstelligt wird. Es kann aber auch in der
Weise vorgegangen werden, daß die Reaktion zwischen den
Polymergerüstmaterialien natürlichen Ursprunges und den
ungesättigten Polyesterharzen durch bei Wärme zerfallende che
mische Initiatoren oder vorherige ionisierende Bestrah
lung, wie γ-Bestrahlung, der Polymergerüstmaterialien ein
geleitet wird.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungs
gemäßen Verfahrens wird also zum Fördern der Reaktion zwischen
dem faserigen Polymergerüstmaterial, dem Polyesterharz und
der aus thermoplastischem Kunststoff bestehenden Grundmasse
dem aus wenigstens einem Vinylmonomeren und wenigstens
einem ungesättigten Polyesterharz bestehenden Gemisch 0,1 bis
3 Gew.-% eines chemischen Initiators, bezogen auf das Ge
misch, zugesetzt. Als bei Wärme zerfallender chemischer
Initiator kann vorteilhaft Benzoylperoxyd, Cyclohexanon
peroxyd oder tert.-Butylperbenzoat eingesetzt werden.
Nach einer anderen vorteilhaften Ausführungsform des
erfindungsgemäßen Verfahrens wird zusätzlich dazu oder statt
dessen zum Fördern der Reaktion zwischen dem faserigen Poly
mergerüstmaterial, dem Polyesterharz und der aus thermopla
stischem Kunststoff bestehenden Grundmasse das Polymerge
rüstmaterial einer Behandlung durch ionisierende Be
strahlung mit einer Dosisleistung von 1 bis 10 000 Gy/h
und insgesamt mit einer Dosis von 0,1 bis 100 kGy, insbe
sondere 0,5 bis 50 kGy, in Gegenwart von Luft unterworfen.
Erfindungsgemäß wird vorteilhaft der thermoplastische Kunst
stoff in einer Menge von 30 bis 80 Gew.-% und das faserige Polymer
gerüstmaterial in einer Menge von 70 bis 20 Gew.-% eingesetzt.
Als thermoplastische Kunststoffe können im erfindungsgemäßen Verfah
ren vorteilhaft pulverförmiges Polyäthylen mit einer MFI-Fließ
zahl (Schmelzindex) von 4 g/10 Minuten (bei einer Temperatur von
230°C und unter einer Belastung von 21,6 N gemessen)
und/oder durch einen Wert von K = 70 Fikentscher charak
terisiertes Polyvinylchlorid eingesetzt werden.
Als Polymergerüstmaterial natürlichen Ursprunges
können im erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft Cellu
losefasern, Holzfasern, Baumwollabfälle, zerkleinerte Le
derfasern, sonstige faserige Produkte und/oder Abfälle
von der Landwirtschaft verwendet werden.
Im erfindungsgemäßen Verfahren kann als ungesättigtes
Polyesterharz des aus Vinylmonomer und
ungesättigtem Polyesterharz be
stehenden Gemisches vorteilhaft ein aus 1 oder mehr Vi
nylmonomeren, zum Beispiel Styrol, Methacrylsäuremethyl
ester und/oder Vinylacetat, und einem Maleinsäure/Phthal
säure/Äthylenglykol/Propylenglykol-Polykondensat mit einer
durchschnittlichen Säurezahl von 40 mg KOH/g Harz und
einer Ungesättigtheit von 18 bis 22% bestehendes Gemisch
verwendet werden.
Vorzugsweise beträgt in dem aus wenigstens einem Vinylmo
nomeren und wenigstens einem ungesättigten Polyesterharz be
stehenden Gemisch der Mengenanteil des Vinylmonomers 35 bis
65 Gew.-% und der des ungesättigten Polyesterharzes 65 bis
35 Gew.-%.
Es ist auch bevorzugt, das aus wenigstens einem Vinyl
monomeren und wenigstens einem ungesättigten Polyester
harz bestehende Gemisch in Mengen von 2 bis 40 Gew.-%, bezo
gen auf das Polymergerüstmaterial, einzusetzen.
Die wichtigsten Vorteile des erfindungsgemäßen Verfah
rens sind wie folgt:
- a) Die Verwendung von ungesättigtem Polyesterharz auf faserigem Polymergerüstmaterial natürlichen Ur sprunges bietet schon in der verfahrenstechnischen Stufe der Zusammenstellung des Pulvergemisches wesentliche Vorteile. Das Polyesterharz befeuchtet die sonst unangenehmen als Staub herumfliegenden Holzfasern, Lederfasern, Abfälle von der Landwirtschaft beziehungsweise fa serigen Produkte. Das so zusammengestellte "trocke ne" Pulvergemisch ist krümelig, haftet nicht an einander und kann gut weiterverarbeitet werden.
- b) Der Vorteil der Verwendung von ungesättigtem Poly esterharz ist auch in den weiteren Stufen der Verfah renstechnik augenfällig. Bei der Verarbeitung in einem Walzenstuhl bil det sich schneller eine zusammenhängende Schicht und das Zwischenprodukt ist homogener.
- c) Durch die Verwendung der unge sättigten Polyesterharze als Haftungsvermittler kann das aus den thermoplastischen Kunststoffen und den Polymerfasern natürlichen Ursprunges bestehende Pulvergemisch ohne Vorgranu lieren direkt in eine Platten erzeugende Strang presse mit breitem Schlitz oder in eine die Tech nik des Strangpressens und des Kalandrierens ver bindende moderne "Kalandrette" eingespeist werden.
- d) Obwohl wie bereits erwähnt die thermoplastischen Kunststoffe, insbesondere Polyäthylen und Poly propylen, mit ungesättigten Polyesterharzen im Grunde genommen unverträglich sind, verbessert die Verwendung von ungesättigtem Polyesterharz als Haf tungsvermittler auf den Polymerfasern natürlichen Ursprunges die Homogenität der faserverstärkten Form masse und des daraus hergestellten Verbundstoffes außerordentlich. Die aus den erfindungsgemäß herge stellten Formmassen gepreßten Platten sind sogar bei einer Stärke von 2 bis 3 mm im Gegensatz zu ohne Verwendung von Polyesterharz hergestellten ähnlichen Platten durchsichtig.
- e) Die bei der Verarbeitung beobachteten Vorteile, die in den folgenden Beispielen beschriebenen und ge messenen Parameter (Momentbedarf bei der Verarbei tung und physikalisch-mechanische Eigenschaften) und die Qualität der hergestellten Produkte weisen alle darauf hin, daß in den erfindungsgemäß herge stellten faserverstärkten Formmassen zwischen den Polymerfasern natürlichen Ursprunges und der synthetischen ther moplastischen Polymergrundmasse eine chemische Bin dung entstanden ist. Diese Tatsache beeinflußt alle weiteren Eigenschaften der erfindungsgemäß herge stellten faserverstärkten Formmassen mit neuer Kunststoffstruk tur, zum Beispiel ihre Stabilität, Wetterbeständig keit und im allgemeinen auch ihre Lebensdauer, vor teilhaft.
Die Erfindung wird an Hand der folgenden Beispiele nä
her erläutert. Dabei wird auf die Fig. 1 bis 4 Bezug genommen.
Es wurden 40 Gew.-Teile Holzfasern (durchschnittlicher
Durchmesser 10 µ, durchschnittliche Länge 150 µ und Feuch
tigkeitsgehalt höchstens 15%) unter Rühren 160 Gew.-Teilen
eines Gemisches, das aus 35 Gew.-% eines Maleinsäure/Phthal
säure/Äthylenglykol/Propylenglykol-Polykondensates (durch
schnittliche Säurezahl 40 mg KOH/g Harz und Ungesättigtheit
18 bis 22%) und 65 Gew.-% Styrolmonomer bestand, zugesetzt.
Die Holzfasern wurden im ungesättigten Polyesterharz
20 Minuten bei Raumtemperatur quellen gelassen, wobei die
Holzfasern auf ihr ursprüngliches Gewicht bezogen
50 Gew.-% ungesättigtes Polyesterharz aufnahmen. Die Holz
fasern wurden dann auf einem Vakuumfilter abfiltriert
("abgenutscht") , wodurch 85 Gew.-% des ursprünglichen un
gesättigten Polyesterharzes rückgewonnen werden konnten,
das zum Imprägnieren der nächsten Charge Holzfasern verwen
det werden konnte.
Die mit dem ungesättigten Polyesterharz gequollenen
Holzfasern wurden dann in einem Schnellrührer
mit pulverförmigem Polypropylen mit
einer MFI-Fließzahl (Schmelzindex) von 4 g/10 Minuten, ge
messen bei einer Temperatur von 230°C und unter einer Be
lastung von 21,8 N, im Mengenverhältnis von 60 Gew.-% ge
quollenen Holzfasern zu 40 Gew.-% Polypropylen vermischt.
Durch etwa 5 Minuten dauerndes bei Raumtemperatur einge
leitetes Rühren mit einer Geschwindigkeit von 600 Umdre
hungen/Minute wurde ein krümeliges, gut verarbeitbares Ge
misch erhalten. Dieses Gemisch konnte in einer Doppelschnecken
strangpresse, in einem Kalander oder in einer Kalandret
te direkt verarbeitet werden, für das Spritzgießen bedurfte
es allerdings eines Vorgranulierens.
Das Verhalten des Gemisches bei der Verarbeitung wur
de auf einem Brabender-Plastographen untersucht. Die Wir
kung des aus dem ungesättigten Polyesterharz und dem
Styrolmonomer bestehenden Zusatzes war beim Holzfaser/Po
lypropylen-Formmassensystem
auf dem Momentaufnahmediagramm des in der Brabender-Knet
kammer geschmolzenen Stoffgemisches gut sichtbar. Fig. 1
stellt den Momentbedarf für das Kneten des Gemisches von
unbehandelten Holzfasern und Polypropylen im Gewichtsver
hältnis von 1 : 1 [Vergleichsversuch] in einer Knetkammer
mit einer Temperatur von 180°C dar.
Der nach 10 Minuten aufgenommene als Gleichgewichts
wert anzusehende Momentbedarf konnte - übrigens bei ver
gleichbaren Parametern - auf seine Hälfte gesenkt werden,
wenn die Holzfasern durch den Zusatz der 30 Gew.-% des
Gemisches aus dem ungesättigten Polyesterharz und dem
Styrolmonomer, bezogen auf das Gesamtgemisch, (entsprechend
den oben angegebenen 50 Gew.-%, bezogen auf die Holzfasern),
modifiziert waren. Dies ist in der Fig. 2 dargestellt,
aus welcher hervorgeht, daß infolge der durch die Ungesät
tigtheit des ungesättigten Polyesterharzes beeinflußten
Reaktionsfähigkeit des Formmassensystemes bei seinem Kneten
der Momentbedarf auch ohne Verwendung eines Initiators
langsam steigt. Diese Erhöhung verursacht jedoch in dem
für die Verarbeitung notwendigen absehbaren Zeitraum keine
unüberbrückbaren Schwierigkeiten. Fig. 2 weist eindeutig
auf die Entstehung einer chemischen Bindung im bei einer
hohen Temperatur verarbeiteten System hin.
Aus den in der Brabender-Knetkammer zusammengestell
ten Proben wurden durch Pressen 2,5 mm dicke Platten herge
stellt. Der Gang der Probenherstellung war wie folgt:
- 5 Minuten langes Vorwärmen zwischen den Platten einer Preßmaschine ohne Druck bei einer Temperatur von 185°C,
- 5 Minuten langes Walzen in einem Walzenstuhl im Laboratorium bei einer Temperatur von 190°C, Her stellen einer 0,3 mm dicken Schicht sowie
- Pressen bei einer Temperatur von 180°C nach 5 Mi nuten langem Vorwärmen, ohne Druck beginnend, dann 3 Minuten lang bei 180°C unter einem Druck von 22 N/mm2 fortgesetzt, dem ein Kühlen auf 40°C in nerhalb 10 Minuten folgte.
Von den homogenen zähen Platten wurde die DYNSTAT-Bie
gefestigkeit gemessen, die sich zu 35 N/mm2 ergab (im Ge
gensatz dazu hatte die mit den unbehandelten Holzfasern
gefüllte Polypropylenplatte eine DYNSTAT-Biegefestigkeit
von nur 28 N/mm2).
Es wurde wie im Beispiel 1 beschrieben vorgegangen,
jedoch mit dem Unterschied, daß dem für die Vorbehandlung
der Holzfasern verwendeten Gemisch aus dem ungesättigten
Polyesterharz und dem Styrolmonomer auch 1 Gew.-% Benzoyl
peroxyd-Initiator zugesetzt wurde. Das nach dem Vakuum
filtrieren zurückgewonnene ungesättigte Polyesterharz
konnte auch in diesem Fall neu eingesetzt werden, wenn
es bis zur nächsten Verwendung gekühlt gelagert wurde.
Das unter Halten aller übrigen Parameter auf dem glei
chen Wert wie im Beispiel 1 aufgenommene Brabender-Plasto
gramm für die Formmasse, welche die mit dem den genannten
Initiator aufweisenden ungesättigten Polyesterharz be
handelten Holzfasern enthielt, ist in der Fig. 3 darge
stellt. Die eine chemische Reaktion beweisende Momentzu
nahme ist in dieser größer als in der Fig. 2.
Die DYNSTAT-Biegefestigkeit der nach der Verfahrenswei
se des Beispieles 1 hergestellten gepreßten Platten betrug
36 N/mm2.
Es wurde wie im Beispiel 1 beschrieben vorgegangen, je
doch mit dem Unterschied, daß die Holzfasern vor dem Ver
mischen mit dem Gemisch aus dem ungesättigten Polyester
und dem Styrolmonomer mit ionisierender Strahlung bestrahlt
wurden. Das Bestrahlen erfolgte bei Raumtemperatur in einem
luftdurchlässigen Sack unter Verwendung einer 60 Co
γ-Strahlungsquelle. Unter Anwendung einer Dosisleistung
von 0,2 kGy/Stunde und einer Bestrahlungszeit von 50 Stun
den wurden die lufttrockenen Holzfasern mit einer Dosis von
10 kGy bestrahlt.
Das Brabender-Plastogramm des wie im Beispiel 1 be
schrieben hergestellten Gemisches ist in der Fig. 4 darge
stellt. Das nach 10 Minuten langem Kneten erhaltene Moment,
das nahezu dem Gleichgewicht entsprach, war größer als in
der Fig. 2, was auf eine erhöhte Reaktionsbereitschaft deu
tet, jedoch kleiner als im Falle der Zugabe von Benzoyl
peroxyd (Fig. 3), was zeigt, daß der Vorgang gut gesteuert
werden kann. Das Diagramm bestätigt den Ablauf einer che
mischen Reaktion zwischen den Holzfasern und dem ungesättig
ten Polyesterharz gut.
Als DYNSTAT-Biegefestigkeit der ähnlich wie im Bei
spiel 1 beschrieben hergestellten gepreßten Platten ergab
sich bei Verwendung der wie oben angegeben durch Bestrah
lung vorbehandelten Holzfasern bei ansonsten vergleichba
ren Parametern ein Wert von 37 N/mm2.
Es wurden 1000 Gew.-Teile Holzfasern (durchschnittli
cher Durchmesser 10 µ, durchschnittliche Länge 150 µ und
Feuchtigkeitsgehalt höchstens 15%), die wie im Beispiel 3
beschrieben mit einer Strahlungsdosis von 10 kGy vorbehan
delt wurden, in einem zur betriebsmäßigen Herstellung von
Kunststoffstaubgemischen geeigneten Schnellrührer
mit 250 Gew.-Teilen eines Ge
misches aus 65 Gew.-% des im Beispiel 1 verwendeten unge
sättigten Polyesterharzes und 35 Gew.-% Styrolmonomer ver
mischt. Das Rühren wurde 10 Minuten lang mit einer Geschwin
digkeit von 600 Umdrehungen/Minute fortgesetzt, wobei die
Temperatur des Pulvergemisches durch die Reibungswärme von
Raumtemperatur auf etwa 45°C stieg. Die Holzfasern saugten
das Polyesterharz ausgezeichnet auf und das Gemisch war
krümelig, haftete nicht und war für die Weiterverarbeitung
geeignet.
Die Weiterverarbeitung erfolgte in demselben Schnell
rührer. Zum obigen Gemisch wurden 1000 Gew.-Teile pulver
förmiges Polypropylen (mit einer MFI-Fließzahl [Schmelzindex]
wie im Beispiel 1) und ferner 10 Gew.-Teile Calciumstearat
als Gleitmittel und 1 Gew.-Teil eines Antioxydationsmit
tels, zum Beispiel IRGANOX®1010,
zugegeben und dann wurde das
System noch 10 Minuten gerührt, wobei die Temperatur auf
etwa 65°C weiter stieg.
Das so erhaltene Pulvergemisch konnte in einem Walzen
stuhl weiterverarbeitet werden und durch Kalandrieren oder
Granulieren und Spritzgießen, aber auch ohne Granulieren
in eine Kalandrette oder eine Breitschlitzstrangpresse ein
gespeist werden.
Die DYNSTAT-Biegefestigkeit der durch Pressen aus der
wie oben angegeben hergestellten Formmasse erhaltenen
2,5 mm starken Platten betrug 40 N/mm2. Die Platten konnten
durch Vakuumverformung ausgezeichnet weiterverarbeitet wer
den.
Claims (7)
1. Verfahren zur Herstellung von faserverstärkten, nach üb
lichen Formgebungsverfahren für thermoplastische Kunst
stoffe verarbeitbaren Formmassen, bei dem man 20 bis 99
Gew.-% wenigstens eines thermoplastischen Kunststoffes
und 80 bis 1 Gew.-% wenigstens eines vorbehandelten fa
serigen Polymergerüstmaterials natürlichen Ursprunges
miteinander verbindet, dadurch gekennzeichnet, daß man
das faserige Polymergerüstmaterial mit einem Gemisch
aus 5 bis 80 Gew.-% wenigstens eines Vinylmonomeren
und 95 bis 20 Gew.-% wenigstens eines ungesättigten
Polyesterharzes behandelt, wobei das Gemisch in Mengen
von 1 bis 80 Gew.-%, bezogen auf das Polymergerüst
material, vorliegt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man
zum Fördern der Reaktion zwischen dem faserigen Polymer
gerüstmaterial, dem Polyesterharz und der aus thermo
plastischem Kunststoff bestehenden Grundmasse dem aus
wenigstens einem Vinylmonomeren und wenigstens einem un
gesättigten Polyesterharz bestehenden Gemisch 0,1 bis
3 Gew.-% eines chemischen Initiators, bezogen auf das
Gemisch, zusetzt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß man zum Fördern der Reaktion zwischen dem faserigen
Polymergerüstmaterial, dem Polyesterharz und der aus
thermoplastischem Kunststoff bestehenden Grundmasse das
Polymergerüstmaterial einer Behandlung durch ioni
sierende Bestrahlung mit einer Dosis von 0,1 bis 100 kGy
in Gegenwart von Luft unterwirft.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge
kennzeichnet, daß man den thermoplastischen Kunststoff
in einer Menge von 30 bis 80 Gew.-% und das faserige
Polymergerüstmaterial in einer Menge von 70 bis
20 Gew.-% einsetzt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch ge
kennzeichnet, daß in dem aus wenigstens einem Vinyl
monomeren und wenigstens einem ungesättigten Polyester
harz bestehenden Gemisch der Mengenanteil des Vinyl
monomers 35 bis 65 Gew.-% und der des ungesättigten
Polyesterharzes 65 bis 35 Gew.-% beträgt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß man das aus wenigstens einem Vinyl
monomeren und wenigstens einem ungesättigten Polyester
harz bestehende Gemisch in Mengen von 2 bis 40 Gew.-%,
bezogen auf das Polymergerüstmaterial, einsetzt.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch ge
kennzeichnet, daß man Polymergerüstmaterial einsetzt,
das einer ionisierenden Bestrahlung mit einer Dosis von
0,5 bis 50 kGy ausgesetzt worden ist.
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