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Beschreibung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung der in Baldriangewächsen
und insbesondere in deren Wurzeln und Rhizomen enthaltenen sedierenden Wirkstoffe
durch Lösungsmittelextraktion, wobei in erhaltenen Valepotriaten gleichzeitig der
Epoxidring unter Bildung von Valtrathydrinen aufgespalten wird, und, sofern die
Extraktion mit Alkoholen bzw. Alkohol-Wasser Mischungen erfolgt, ein weiterer Abbau
zu Baldrinalen, das heißt entsprechenden Aldehydverbindungen eintritt. Alle genannten
Verbindungen, das heißt die Valepotriate, die Valtrathydrine und die Baldrinale
besitzen sedierende Wirkung. Die Valtrathydrine und die Baldrinale haben jedoch
gegenüber den Valepotriaten den Vorzug, daß sie chemisch beständiger sind.
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Der Gehalt an sedierenden Wirkstoffen in Baldriangewächsen, das heißt
Pflanzen aus der Familie Valerianaceae kann je nach Provenienz: Südamerika, Indien
oder Europa, nach der spezifischen Valeriana-Art und aufgrund einer unterschiedlichen
Verteilung in den Organen der Pflanzen in diesen selbst stark variieren. Aus den
Extrakten der Baldriangewächse hat man als Wirkstoffe die Valepotriate, das heißt
Ester von hydroxyliertem Dimethylcyclopentanodihydropyran mit der allgemeinen Formel
isoliert
die sich leicht zersetzen, ferner Valtrathydrine mit aufgespaltenem Epoxidring der
allgemeinen Formel
als Abbauprodukte der Valepotriate, vgl. P.W. Thies, Tetrahedron, Band 24 (1968),
Seite 313 und W. Schild, W. Seitz, Berichte, Band 84 (1971), Seite 225. In den obigen
Formeln stellen R1 bis R4 Acylreste dar, insbesondere den Isovaleryl-, den Acetyl-
und den ß-Acetoxyisovalerylrest.
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Ferner hat man festgestellt, daß Valtrathydrine nicht nur als Abbauprodukte
von Valepotriaten auftreten, sondern auch genuin in Valerianaarten, nämlich in Valeriana
tiliaefolia auftreten können, vgl. J. Hölzl und Mitarbeiter in Tetrahedron, Nr.
15 (1976), Seiten 1171-74.
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Außerdem ist bekannt, daß ein Abbauprodukt von Isovaltrat, d.h. einem
Valepotriat der obigen allgemeinen Formel I, in der R1 und R2 die Isovalerylgruppe
darstellen und R3 die Acetylgruppe ist, nämlich der Aldehyd Homobaldrinal (4-Isovaleroxymethyl-7-formyl-cyclopenta-(c)-pyran)
stark sedierend wirkt, vgl. Planta medica 1980, Band 38, Seite 358 ff. Hier ist
auch die Vermutung ausgesprochen, daß möglicherweise nicht die genuinen Valepotriate
in Form der rein isolierten Wirkstoffe oder als Bestandteile von Baldrianextrakten
und -fraktionen das wirksame Prinzip der Valeriana-Präparate darstellen, sondern
deren epoxidfreie Abbauprodukte.
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Ein Verfahren, das es ermöglichen würde, aus Valerianaarten erwünschte
Wirkstoffe in modifizierter beständiger, aber dennoch wirksamer Form in einem Arbeitsgang
zu erhalten, wäre außerordentlich erwünscht.
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Bekannt ist die Gewinnung von Valepotriaten der oben angegebenen Formel
I durch Extraktion der Wurzeln oder Wurzelstöcke von Pflanzen aus der Familie Valerianaceae
bei Temperaturen unter 30 0C mittels lipophiler Lösungsmittel bei schwach saurem
pH-Wert von 3 bis 7 und Aufarbeitung der erhaltenen Extrakte, einschließlich Ausschütteln
mit sauren oder basischen Lösungen zur Entfernung von Basen und Säuren und chromatographischen
Trenn-
sowie Kristallisationsverfahren, vgl. deutsche Patentschrift
11 91 515 und 13 01 433.
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Bekannt ist auch, daß man vom Wirkungsprinzip der Baldriandroge vorteilhaft
Gebrauch machen kann, wenn man den mit einem niedrig siedenden lipophilen Lösungsmittel
aus Valerianaceen erhaltenen Extrakt im Vakuum vom Lösungsmittel befreit und den
Rohextrakt dann in ein fettes Öl, zbm Beispiel Olivenöl, Rüböl oder Sojaöl inkorporiert
und durch entsprechende Verdünnung mit diesem Öl den gewünschten Wirkstoffgehalt
einstellt, vgl. DE-AS 22 30 626.
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Es wurde nun gefunden, daß man in äußerst einfacher Weise, das heißt
in einem einzigen Arbeitsgang aus Pflanzen der Familie Valerianaceae einen Extrakt
erhalten kann, der erwünschte Wirkstoffe nicht nur in hoher Menge, sondern auch
in beständiger, d.h. epoxidfreier Form enthält, wenn man getrocknete Wurzeln oder
oberirdische Teile dieser Pflanzen in zerkleinerter Form mit einem niederen aliphatischen
Alkohol mit z.B. bis 4 C-Atomen, insbesondere Methanol oder Ethanol, oder einer
Alkohol-Wasser Mischung mit einem Wasseranteil von maximal 50 Vol.% in Gegenwart
schwacher organischer Säuren und katalytischer Mengen starker Säuren, so daß der
pH-Wert während des Extraktionsprozesses nicht über 3 steigt, bei
erhöhter
Temperatur bis Siedehitze extrahiert und nach dem Abpuffern des pH-Wertes auf pH
etwa 5 das Lösungsmittel im Vakuum, durch Hordentrocknung oder andere hierfür übliche
Trocknungsverfahren entfernt.
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Als schwache Säuren eignen sich Essigsäure, Weinsteinsäure und Zitronensäure
sowie ähnliche bekannte schwache Säuren.
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Als starke Säuren können z.B. Halogenwasserstoffsäuren, Schwefelsäure,
Ameisensäure und andere bekannte starke Säuren verwendet werden. Sie werden in einer
Menge von etwa 0,1 bis 0,2 % zugesetzt. Das Abpuffern vor der Entfernung des Lösungsmittels
ist notwendig, da es sonst in der stark konzentrierten Lösung zu Zersetzungsreaktionen
kommt. Der erhaltene Extrakt enthält die gewünschten Wirkstoffe als Hydrinverbindungen
und Aldehydverbindungen und nicht in der unbeständigen Epoxidform. Der jeweilige
Anteil an Hydrinen und Aldehyden in diesen Extrakten kann dabei je nach der als
Ausgangsmaterial verwendeten Droge verschieden hoch sein. Auch ohne den Zusatz von
Säuren führt die Extraktion mit niederen aliphatischen Alkoholen oder Mischungen
dieser Alkohole mit Wasser zu epoxidfreien, aldehydreichen Extrakten. Es muß dann
jedoch ausreichend lange bei Temperaturen von nicht unter 65 0C extrahiert werden.
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Zur Überführung in therapeutische Zubereitungen können die erhaltenen
Extrakte mit üblichen Trägersubstanzen, wie
Milchzucker, Calciumphosphat
usw. versetzt und dann zu bekannten Verabreichungsformen, wie Dragees, Kapseln etc.
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verarbeitet werden.
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Führt man das Extraktionsverfahren bei einem pH-Wert von unter 3 nicht
mit einem Alkohol oder einem Alkohol-Wasser Gemisch, sondern unter wasserfreien
Bedingungen durch, das heißt mit wasserfreien apolaren Lösungsmitteln, wie Ether
und Dichlormethan, so enthält der Extrakt aus Valeriana allariifolia bzw. tiliaefolia
die Wirkstoffe überwiegend bis ausschließlich in Form von Valtrathydrinen. Nach
dem Abpuffern auf pH etwa 5 und der Entfernung des Lösungsmittels kann der Extrakt
wie oben erläutert in ein Öl einkorporiert oder mit pulverförmigen Trägermaterialien
versetzt und zu therapeutischen Verabreichungsformen verarbeitet werden.
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Überraschend ist, daß die erfindungsgemäße Verfahrensführung zu Extrakten
mit hohem Wirkstoffgehalt führt, die Wirkstoffe also weder durch die angewandten
hohen Temperaturen noch den sauren pH-Wert von unter 3 beeinträchtigt werden. Bisher
waren für die Extraktion von Valerianaceen milde Verfahrensmaßnahmen, nämlich ein
schwach saurer pH-Wert von über 3 und niedrige Temperaturen von unter 300C zwingend,
vgl. die deutschen Patentschriften 11 91 515 und 13 01 433.
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Werden für die Extraktion Drogen angewandt, die genuin bereits einen
sehr hohen Prozentsatz an Hydrinen enthalten, ist es bei der mit apolaren wasserfreien
Lösungsmitteln durchgeführten Extraktion nicht zwingend notwendig, bei der Siedetemperatur
des Extraktionslösungsmittels zu arbeiten. Hier können bereits niedrigere Temperaturen
genügen.
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Anstelle der Drogen können im erfindungsgemäßen Verfahren als Ausgangsmaterial
auch Rohextrakte der Drogen verwendet werden, die durch Extraktion mit apolaren
wasserfreien Lösungsmitteln und anschließendes Entfernen des Extraktionsmittels
erhalten werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist nicht nur im Labor sondern auch
ohne jede Schwierigkeiten in technischem Maßstab durchführbar.
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Die folgenden Beispiele erläutern dieses Verfahren.
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Beispiel 1 100 9 gepulverte Wurzeln und Rhizome von Valeriana allariifolia
werden mit 500 ml Dichlormethan bei Siedehitze unter Rückfluß erschöpfend extrahiert.
Die erhaltene Lösung wird filtriert und das Lösungsmittel unter vermindertem Druck
bei 300C abdestilliert.
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Der ölige Rückstand von 4,2 g wird in 800 ml reinem Methanol gelöst.
Die Lösung wird mit 0,8 ml 10 n HCl versetzt und eine Stunde zum Sieden erhitzt.
Die überschüssige Säure wird dann mit Natriumbicarbonat auf einen pH-Wert von 5,0
abgepuffert und die Lösung unter vermindertem Druck bei 400C zur Trockene eingeengt.
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Der erhaltene Extrakt von etwa 4,5 g enthielt etwa 50 % Baldrianwirkstoffe,
nämlich überwiegend Valtrathydrine der Summenformeln C27H40016 (Isovaleroxy-Valtrathydrin)
und C24H34016 (Acetoxy-Valtrathydrin).
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Eine weitere Reinigung und Isolierung der Substanzen wird durch Verteilungsausschüttelung
zwischen Methanol und Petrolether erreicht.
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Beispiel 2 100 9 gepulverte Wurzeln und Rhizome von Valeriana allariifolia
werden mit 500 ml Dichlormethan oder einem anderen apolaren Lösungsmittel, z.B..Ether
bei Siedehitze unter Rückfluß erschöpfend extrahiert. Die Lösung wird abfiltriert,
mit 0,5 ml Ameisensäure versetzt und 2 Stunden zum Sieden erhitzt. Dann wird mit
Natriumbicarbonat auf einen pH-Wert von 5,0 abgepuffert und unter vermindertem Druck
zur Trockne eingeengt.
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Der erhaltene Rückstand von etwa 5 9 enthält etwa 50 % der Wirkstoffe,
überwiegend Valtrathydrine. Eine weitere Reinigung kann durch eine Verteilungsausschüttelung
zwischen Methanol und Petroläther erfolgen.
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Beispiel 3 100 9 gepulverte Wurzeln und Rhizome von Valeriana mexicana
werden mit 1000 ml reinem Methanol bei Siedehitze unter Rühren eine Stunde unter
Rückfluß extrahiert. Das Filtrat wird bei 1000C zur Trockene eingedampft.
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Man erhielt 16,5 9 viskosen Extrakt mit einem Aldehydanteil von etwa
30 %.
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Die chromatografisch reine Aldehydfraktion erhält man durch Verteilungsausschüttelung
zwischen Methanol und Petrolether.