-
Mechanik eines Vorderachsantriebs für Fahrräder
-
Beschreibung Handelsübliche, ausschließlich mit Muskelkraft betriebene
Fahrräder haben zwei Achsen mit üblicherweise je einem Rad, wobei die Vorderachse
gelenkt und die Hinterachse angetrieben wird (im folgenden 'Norm-Fahrräder' genannt).
Die Beinkraft beim Treten der Pedale wird über eine Kette vom Pedal zahnrad auf
die Achse des Hinterrades übertragen. Es ist kein Fahrrad bekannt, bei dem Hinterachse
und Vorderachse durch Muskelkraft gleichzeitig angetrieben werden könnten.
-
Die Erfindung geht deshalb von der Auyabenstelluny aus, den Antrieb
beider Achsen eines Fahrrades zu ermöglichen, wobei Vorderachse und Hinterachse
sowohl gleichzeitig als auch unabhängig voneinander angetrieben werden könnten oder
die Räder im Freilauf rollen. Dabei soll folgender Grundgedanke konstruktiv verwirklicht
werden: Man stelle sich vor, mit einem Norm-Fahrrad eine Steigung hinauf zu fahren.
Je nach Übersetzungsverhältnis zwischen Pedalzahnrad und Zahnrad der Hinterachse
wird sich die Geschwindiykeit bei yleicher Muskelarbeit früher oder später verringern.
Um nicht stehen zu bleiben, wird der Radfahrer nun versuchen, die Muskelarbeit (Tretarbeit)
zu vergrößern. Hierfür gibt es zunächst einen Grenzwert; dieser ist gegeben durch
das Eigengewicht des
Radfahrers (GR), mit dem er ein maximales Antriebsmoment
(MA) für das Pedalzahnrad erzeugern kann, nämlich MA = GR ' hp' wobei hp die Pedal
länge, d.h. die Länge des Hebelarms für die Kraft aus GR ist.
-
Diesen ersten Extremalwert versucht der Radfahrer dadurch zu erreichen,
daß er sich aus dem Sattel erhebt und sich möglichst senkrecht auf das jeweilige
Pedal stellt. Reicht diese i-ahrtechnik nicht aus, um die Steigung zu überwinden,
gibt es eine letzte Möglichkeit das Antriebsmoment auf das Pedalzahnrad zu erhöhen:
Der Radfahrer stemmt sich in das Pedal. Hierzu bedarf es eines Widerlayers, na 9
der Lenkstange. Es ist nun möglich, zu der Kraft aus dem Körpereigenyewicht, eine
zusätzliche Muskelkraft in die Pedale einzuleiten. Diese Zusatzkraft wirkt aus Gleichgewichtsgründen
als Reaktionskraft FR zugbeanspruchend in den Armen des Radfahrers und erzeugt somit
eine nach oben gerichtete Kraft in der Lenkstange.
-
Bei jeder Umdrehung des Pedalzahnrades gibt es zwei Stellungen, wo
das Antriebsmoment, wenn nicht zu Null, so doch zu einem Minimum wird. Dies ist
die Stellung,in der die Pedale senkrecht stehen - der Pedalhebelar hp für die Kraft
GR ist Null. Analog dazu gibt es zwei Stellungen, in denen das Antriebsmoment maximal
wird. Dies ist in waagerechter Stellung der Pedale - hp ist gleich der Pedal länge.
-
Der Kraftverlauf beim Pedaltreten in Abhängigkeit der zurückyelegten
Wegstrecke läßt sich daher mathematisch durch eine Sinusfunktion charakterisieren.
Wie im folgenden gezeigt wird, ermöglicht die Erfindung einen zusätzlich Antrieb
über die Vorderradachse sowohl in der Phase des größten als auch in der des kleinsten
Pedalmoments.
-
er erste Grundgedanke der Erfindung ist, die nach oben yerichtet Reaktionskraft
FR mit dem vorhandenen liebel 'Lenkstange' als Antriebskraft für die Vorderachse
zu nutzen. Diese Antriebskraft würde in der Phase des stärksten Hinterachsenantriebs
zusätzlich wirken - dann nämlich, wenn die Pedale einen Umfangsbereich um die horizontale
Lage durchfahren (etwa + 45 ° um die orizontale).
-
Der zweite Grundgedanke der Erfindung ist, in der Phase, in der das
kleinste Antriebsmoment auf die Hinterachse wirksam ist (Pedale durchfahren den
Uikreisabschnitt von etwa + 45 ° um die Vertikale), ebenfalls einen Zusatzantrieb
auf das Vorderrad erzeugen zu können, und zwar durch das Körpereigengewicht, das
über den Hebel 'Lenkstange' ein Antriebsmoment erzeugt.
-
Der dritte Grundgedanke liegt darin, daß die Funktionen beider Antriebsarten
unabhän3ig voneinander sind, so daß 1. in jeder beliebigen Stellung der Lenkstange
ein Zusatzantrieb nach dem ersten oder nach dem zweiten Grundgedanken erfolgen kann,
2. jede Auf- oder Abwärtsbewegung der Lenkstange einen zusätzlichen Antrieb und
keinen Leerhub bedeutet, der das Gleichgewicht des Radfahrers beim Anfahren beeinträchtigen
könnte.
-
Der vierte Grundgedanke liegt darin, sowohl beide Funktionsarten des
zusätzlichen Vorderachsenantriebs untereinander als auch von dem Antrieb der Hinterachse
entkoppelt auszuführen, so daß der Zusatzantrieb nicht zwangsläufig betrieben werden
muß.
-
Der Nutzen des erfingungsgemäßen Antriebs liegt beispielsweise in
einem gleichmäßigeren, angenehmeren Befahren von Steigunysstrecken, einer höheren
Beschleunigung sowohl beim Anfahren als auch während der Fahrt sowie je nach Wahl
des Übersetzungsverhältnisses in einer höheren Dauergeschwindiykeit. Alle diese
Vorteile sind geeignet, ein erfindungsgemäß verbessertes Fahrrad als höherwertigen
Ersatz sonstiger Nahverkehrsmittel zu betrachten und häufiger zu nutzen als es mit
derzeitigen Norm-Fahrrädern der Fall ist.
-
Im folgenden wird an einem Beispiel eine konstruktive Beschreibung
des zur Hinterachse zusätzlichen Antriebs der Vorderachse gegeben. Dabei ist es
für die prinzipielle Verwirklichung der genannten Grundgedanken ohne Belang ob,
wie bei einem Norm-Fahrrad, die Vorder- und Hinterachse nur ein einziges oder mehrere
Räder trägt. Als Beispiel wurde ein Norm-Fahrrad gewählt, um zu zeigen, daß zur
Verwirklichung der Erfindung grundsätzlich keine Neukonstruktion des gesamten Fahrrades
notwendig ist, sondern lediglich die der Lenkstange, der Radgabel sowie die Anordnung
von zwei Antriebsrädern auf der entsprechenden Vorderachse, wobei Gestänge die Antriebskräfte
auf die Achse übertragen.
-
Mit diesen Teilen ist es somit möglich, ein Norm-Fahrrad auf den erfindungsgemäßen
Zusatzantrieb umzurüsten.
-
Konstruktionsbeispiel Die Darstellungen in Fig. 1, 2 und 3 zeigen
den Vorderteil eines Fahrrades mit üblichem Rahmen (1) der erfindunysyemäßen Antriebsmechanik
in Ausgangsstellung.
-
Charakteristisch ist, daß die Lenkstange (2) in einem horizontalen
Lager (3) geführt ist, womit eine Auf- und Abwärtsbewegung um den Kreisbogenabschnitt
lh möglich ist. Durch diese Bewegung werden über eine nachfolgend näher beschriebene
Mechanik ein Kettenrad (4) in Fig. 1 und ein Antriebssegment (5) in Fig. 2 in Fahrtrichtung
bewegt, wodurch eine Vorwärtsbewegung erzeugt wird, die in dem Konstruktionsbeispiel
ein Viertel des Zahnradumfangs beträgt. Zur beliebig häufigen Wiederholung dieses
Antriebsvorgangs haben das Kettenrad (4) und das Antriebsradsegment (5) einen Freilauf,
so daß nur in Vorwärtsrichtung eine Kraftübertragung erfolgen kann und diese zu
einem beliebigen Zeitpunkt einsetzen kann.
-
Die Lenkstange (2) weicht in Form und Konstruktion insofern grundsätzlich
von bisher bekannten ab, als sie eine mäanderförmige Ausbuchtung des Mittelteils
aufweist,und zwar vom Vertikalabschnitt (7), der im Fahrradrahmen gefaßt ist und
der Lenkstangenlagerung (3). Diese Ausbuchtuny bedeutet ein Abrücken der Lenkstangengelenkposition
(3) von der gedachten Vertikalachse (v) der Antriebsgestänge. Je weiter Gelenk (3)
und Vertikalachse (v) voneinander entfernt sind, umso näher liegen Vertikalachse
(v) und der Kreisbogenabschnitt (h), den die Lagerstange (9, Fig. 3) beim Heben
und Senken beschreibt, zusammen. Für die konstruktive Ausführung der Gestängeführungen
ist es nämlich günstig, wenn die verbindenden Teile von Lenkstange und Zahnräder
nur geringe Bewegungen in Richtung Fahrradlängsachse beim Betätigen der Lenkstange
ausführen.
-
Fig. 1 stellt den Antriebsteil dar, mit dem die eingangs beschriebene,
nach oben gerichtete Kraft FR auf das Zahnrad {4) übertragen werden kann. Hierzu
sind die Schenkel (8, Fig. 3) des ausgebuchteten Lenkstangenteils mit einer Lagerstange
(9) starr verbunden. Diese Lagerstange trägt die Halterunyen (10) und (11).
-
Die Halterung (10) faßt eine Zugstange (12), deren Enden als Gelenke
mit den horizontalen Achsen (13) und (14) ausgebildet sind.
-
In das untere Gelenk (14) der Zugstange greift ein zweiter Stab (15),
ebenfalls auf Zug beansprucht, womit die Verbindung zwischen Zugstange (12) und
der Antriebskette (16) hergestellt ist.
-
Prinzipiell wäre auch ein direkter Anschluß der Antriebskette (16)
an den Zugstab (12) möglich.
-
Die Zugstange (12) ist in einer Öse (17) zentriert, die in geringem
Maße als ein parallel der Fahrradrahmenebene gerichtetes Langloch ausgeführt ist.
Damit wird die geringe rückwärtsgerichtete Bewegung der Zugstange (12) konstruktiv
ermöglicht, die sich ergibt, wenn die Lagerstange (9) sich auf dem Kreisbogenabschnitt
"h" bewegt.
-
Die Führung (17) ist gleichzeitig Arretierung für das Anschlagteil
(18). Dies bedeutet, daß der Abstand b 1 von Führung (17) und Anschlagteil (18)
gleich sein muß der Sehnenlänge des Kreisbogenabschnitts "h".
-
Wie erwähnt, wird die unmittelbare Kraftübertragung auf das Zahnrad
(4) mittels der Antriebskette (16) bewirkt. Die Mindestlänge dieser Kette ist bestimmt
durch die - zeichnerisch nur partiell dargestellte - Umfassung der unteren Hälfte
des Kettenrads (4) und einer zusätzlichen Abrollänge, die dem Hubmaß b 1 bzw. h
entspricht.
-
Wenn nun mit der Lenkstange (2) die Hubbewegung 1h ausgeführt ist,
hat der Endpunkt (16 a) der Antriebskette (16) sich am dichtesten an den Tangentenpunkt
von Kette und Kettenrad (4) genähert. Es bedarf nun einer Rückstellkraft, die zum
einen das Kettenrad (4) in seinem Freilauf in die Ausgangsposition zurückführt und
zum anderen verhindert, daß dabei die Kette (16) vom Kettenrad (4) fällt, sobald
die Lenkstange (2) abwärts bewegt wird. Diese Rückstelikraft liefert eine Feder
(19), die von der Kette gefaßt ist und durch die Vorwärtsdrehung des Kettenrads
(4) gespannt wird.
-
Das feste Lager der Feder (19) ist im Konstruktionsbeispiel eine Halterung
(20) als Bestandteil des Schutzblechbügels (21).
-
Diese in Fig. 1 beschriebene Mechanik ist an den beweglichen Teilen
wie Lenkstange (2), Vorderradgabel (22) und Schutzblechbügel (21) befestiyt, so
daß Lenkbewegungen und gleichzeitige Hubbewegungen als Antrieb möglich sind. Die
beschriebene Mechanik ist für sich alleine bereits verwendbar (ohne die mit Fig.
2 beschriebene Antriebsart) und würde im Konstruktionsbeispiel jeweils für eine
Viertelumfangsbewegung des Vorderrades (6) wirksam sein.
-
Fig. 2 stellt den Antriebsteil dar, der es nach dem zuvor yenannten
zweiten Grundgedanken ermöglicht, das Körpergewicht des Radfahrers als zusätzliche
Antriebskraft zu nutzen. Dieser ist an dem anderen der beiden Schenkel der Radgabel
(22) befestiyt.
-
Durch das Anheben der Lenkstange (2), mit dem ein Antrieb mittels
der mit Fig. 1 beschriebenen Mechanik verbunden ist, wird zwangsläufig auch der
Antriebsteil nach Fig. 2 betätigt, da die Halterung (11) ebenso wie Halterung (10)
an derselben Lagerstange (9) starr angebracht ist. An diese Halterung (11) schließt
ein Druckstab (23) gelenkig an. Das untere Ende dieses Druckstabes (23) faßt - ebenfalls
über ein Gelenk - eine Antriebsstange (24). Der Druckstab (23) wird von zwei Führungsösen
(25) und (26) umfaßt. Das untere Gelenk des Druckstabes (23) ist so ausgebildet,
daß es in einer vertikalen Schiene (27) gleiten kann. Die Länge der Schiene (27)
ist etwa gleich der Hubhöhe h. Mit den Führungsösen (25) und (26) sowie der Schiene
(27) ist die Richtung der Druckkraft, die in dem Druckstab (23) wirken kann, vorgegeben.
Die Antriebsstange (24) ist durch ihre Gelenkverbindungen mit Druckstab (23) und
Antriebsradsegment (5) in ihrer Lage und ihrem Bewegungsablauf bestimmt. Das Antriebsradsegment
(5) hat diegleiche Wirkungsweise wie das gegenüberliegende Kettenrad (4), nämlich:
Antrieb bei Vorwärtsdrehung und Freilauf bei Rückwärtsdrehung.
-
Während die Lenkstange (2) angehoben wird und dabei mit der nach Fiy.
1 beschriebenen Mechanik ein Antrieb der Vorderachse (28) bewirkt, wird das Antriebsradsegment
(5) synchron im Freilauf zurückgedreht. Die Ausgangsposition für die Wirksamkeit
des
des Antriebs nach Fig. 2 ist dann erreicht, wenn die Lenkstange
(2) um ein beliebiges Maß angehoben wurde. Nun kann eine nach unten gerichtete Kraft
(z.B. Körpergewicht des Radfahrers) über die Lenkstange (2), den Druckstab (23)
und die Antriebsstange (24) auf das Antriebsradsegment (5) übertragen werden. Das
Antriebsradsegment (5) macht dabei eine Vorwärtsdrehung und bewirkt so einen Antrieb,
maximal um das Maß einer Viertel Radumdrehung - entsprechend h. Dieser Vorgang kann
beliebig oft und in allen Fahrzuständen wiederholt werden, so daß damit auch ohne
den vorhandenen Hinterradantrieb ein kontinuierlicher Antrieb des Fahrrades über
die Vorderachse möglich wäre.
-
Fig. 3 zeigt den Schnitt A-A der erfindungsgemäßen Antriebsmechanik
des Vorderrades.
-
Weitere konstruktive Möglichkeiten zur Verwirklichung der Erfindungsgedanken
bieten sich, wenn man von der üblichen Form von Vorderradgabel und Rahmen handelsüblicher
Norm-Fahrräder abgeht und die Lage der Vorderachse möylichst nahe der Vertikalachse
der Antriebsgestänge anordnet. Dann ist eine konstruktive Variante möglich, bei
der Zug- und Druckkräfte aus der Lenkstangenhubbewegung in nur ein Bauteil geleitet
werden, das Zugstange (12) und Druckstange (23) in sich vereint. Dieses "Zug-Druck-Bauteil"
würde in ein Querhaupt oberhalb des Vorderrades münden, welches mit dem Kettenrad
(4) und dem Antriebsradsegment (5) gelenkig verbunden wäre. Eine solche Konstruktionsvariante
hätte jedoch zur Voraussetzung, daß von dem Vertikalabschnitt (7) der Lenkstange
(2) zwei Konsol stücke (7 a, Fig. 2) abgehen, so daß das an die Lagerstange (9)
gelenkig anschließende "Zug-Druck-Bauteil" in der Rahmenebene des Fahrrades angeordnet
werden kann. Die Lenkstange (2) wäre bei dieser Konstruktionsvariante auf den beiden
Konsolstücken (7 a) in Gelenken gelagert. Durch diese beiden Gelenke erhielte die
Lenkstange (2) eine größere Steifigkeit in Querrichtung (gegen Neigungen um die
Fahrradlängsachse). Dies ist dann von Vorteil, wenn die beiden Haltegriffe (2 a)
der Lenkstange (2) ungleich belastet werden.