-
Sinteraktive und alkaliarme Tonerde
-
Gegenstand der vorliegenden Erfindung is eine sinteraktive und alkaliarme
Tonerde mit einem Mindestgehalt an alpha-Aluminiumoxid von 90 Gew.% und einer Einzelkristallgröße
unterhalb 3/um sowie ein Verfahren zu seiner Herstellung aus AluminiGmhgdroxid (Al
(OH) 3 Die Herstellung von alkaliarmen oder -freiem Aluminiumoxid aus dem beim Bayer-Prozeß
anfallendem A1(OH)3 ist bereits Gegenstand einer Anzahl von Patentschriften bzw.
-anmeldungen.
-
So sind bereits zahlreiche Vorschläge gemacht worden, durch Kalzination
von Aluminiumhydroxid mit verschiedenen Zusätzen, einen Abbau des Natriumoxids zu
erreichen. Diese Versuche führten zwar bei stationärer Erhitzung vielfach zum Ziel,
versagten jedoch bei der Anwendung auf kontinuierlichem Betrieb im Drehrohrofen
völlig oder führten nur zu einem Teilerfolg, d. h. das enstandene Aluminiumoxid
enthielt noch 0,2 Gew.% Na20 und mehr. Bekanntlich enthält ein ohne Zusätze und
sonstige Maßnahmen erhaltenes technisches Aluminiumoxid 0,3 - 0,9 % Na20.
-
Gemäß der DU-AS 1 767 511 können die bei kontinuierlicher Kalzination
auftretenden Schwierigkeiten dadurch eliminiert werden, daß zusätzlich staubfeines
Aluminiumhydroxid oder Aluminiummonohydroxid oder ein Gemisch von beiden mit Übergangsoxiden
des Aluminiumoxids oder die Ubergangsoxide allein beigegeben werden und ein Teil
der mit dem Abgas aus dem Drehrohrofen ausgetragenen, mit Natriumoxid angereicherten
Feinstanteile aus dem Materialkreislauf abgetrennt wird. Das erhaltene natriumoxidarme
Aluminiumoxid hat eine Einzelkristallgröße von ca. 5um und kleiner und ist keramisch
noch reaktionfähig. Die
Sinteraktivität des Produktes läßt jedoch
auf bestimmten Anwendungsgebieten in der Oxidkeramik mit Al203-Gehalten von mehr
als 98 % noch zu wünschen übrig.
-
Natriumoxidarme Aluminiumoxide werden auch bei dem Verfahren nach
der GB-PS 990 801 erhalten, bei dem zur Verringerung des Na2o-Gehaltes das Aluminiumoxid
in Gegenwart von chlor- und fluorhaltigen Substanzen erhitzt wird, jedoch liegt
nach Anspruch 1 die durchschnittliche Einzelkristallgröße bei Werten zwischen 5
und 12/um.
-
Es ist auch bereits vorgeschlagen worden, Aluminiumhydroxid allein
oder mit Zusätzen bei Temperaturen von mindestens 100000 zu tempern und das entstandene
Gut zur Entfernung von löslich gewordenen Natriumverbindungen mit Wasser oder einer
verdünnten Säure auszulaugen und anschließend zu trocknen bzw. einer zweiten Kalzination
zu unterwerfen. Nach dem Verfahren der DU-AS 1 132 103 wird das bei 1100 bis 12000C
in Gegenwart eines Fluorids kalzinierte Aluminiumoxid zur Entfernung der leicht
löslichen Natriumverbindungen mit heißem Wasser oder einer verdünnten Säurelösung
ausgelaugt und anschließend in üblicher Weise, z. B. bei Raumtemperatur oder bei
nur geringfügiger Wärmezufuhr, getrocknet.
-
Der Na20-Gehalt des getrockneten Produktes soll bei Auswaschen mit
Wasser bei etwa 0,13 %, hingegen bei Verwendung einer 1 eigen Ammoniaklösung anstelle
des Wassers bei etwa 0,04 * und bei Verwendung einer 1 %igen Säurelösung bei 0,02
% Na20 liegen. Eine zweite Kalzinierung im Anschluß an den Wasch- bzw. Trocknungsprozeß
wird als völlig überflüssig angesehen.
-
In den US-PS 2 478 675 wird ferner ein Kalzinierverfahren beschrieben,
bei dem zunächst nur ein Teil des chemisch gebundenen Wassers aus dem Aluminiumhydroxid
entfernt wird. Eine weitere Wasserentfernung findet erst bei der zweiten Kalzination
nach Auswaschen der löslich gewordenen Natriumverbindungen mit
Salzlösungen
und/oder Wasser statt. Ein Kennzeichen dieses Verfahrens besteht darin, daß eine
im wesentlichen aus gamma-Oxid bestehende Tonerde hergestellt wird, die Kalzinationstemperatur
also in beiden Verfahrensstufen unterhalb 9000C liegt, insbesondere bei 7000C.
-
In Abhängigkeit von der gewünschten Tonerde-Modifikation wird man
bei der Abreicherung der lkaliverbindungen in einem kontinuierlich ablaufenden Herstellungsprozeß
also so vorgehen, daß man entweder die Alkaliverbindungen bei Temperaturen oberhalb
100000 während der Kalzination in flüchtige Verbindungen überführt und mit dem Feinststaub
aus dem Materialkreislauf entfernt oder die Kalzination-ebenfalls in Abhängigkeit
von der gewünschten Modifikation - ober- oder unterhalb 100000 ausführt und die
hierbei löslich gewordenen Alkaliverbindungen mittels einer geeigneten Flüssigkeit
aus dem Aluminiumoxid herauslöst. Trotzdem bei diesem Verfahren - die Einhaltung
bestimmter Verfahrensbedingungen vorausgesetzt - auch kleine, also reaktionsfähige
Aluminiumoxidkristalle erhalten werden, hat sich jedoch herausgestellt, daß für
gewisse Anwendungsgebiete, insbesondere auf dem Gebiet der hochwertigen Aluminiumoxidkeramik,
die Sinteraktivität der im wesentlichen aus alpha-Aluminiumoxid bestehenden Tonerde
noch nicht zufridenstellend ist.
-
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine mindestens aus
90 % alpha-Aluminiumoxid bestehende und weniger als 0,1 Gew.% Natriumoxid enthaltenden
Tonerde mit Primärkristallgrößen unterhalb 3/um herzustellen, die sich zu Formkörpern
mit hoher Gründichte pressen und bei relativ niederen Temperaturen sinternlassen.
-
Die gestellte Aufgabe wird erfindungfigemäß durch galzination von
Al(OH)3 in Gegenwart von Chlorverbindungen, in der Weise gelöst, da13 a) das 0,05
bis 3 Gew.% Chlorverbindungen, bezogen auf wasserfreies Al203, enthaltende Aluminiumhydroxid
bei einer Temperatur
unterhalb 100000, insbesondere 850 bis 9500,
unter Bildung von gamma-Aluminiumoxid mit einem Glühverlust von 1 bis 8 % und einer
spezifischen Oberfläche von 60 bis 150 m2/g kalziniert wird, b) die löslich gewordenen
Natriumverbindungen aus dem Kalzinat mit einer zur Aufnahme der Natriumverbindungen
geeigneten Flüssigkeit, insbesondere Wasser, herausgelöst werden und c) das alkaliarme
Kalzinat in einer zweiten Kalzination bei Temperaturen oberhalb 100000, insbesondere
1100 bis 1300°C, in alpha-Aluminiumoxid übergeführt wird.
-
Die Zweitkalzination wird mit besonderem Vorteil so durchgeführt,
daß ein Endprodukt mit einer spezifischen Oberfläche von 1,5 bis 8 m2/g, insbesondere
2 - 6 m2/g entsteht. Außerdem soll das Endprodukt gemäß der gestellten Aufgabe einen
Mindestgehalt von 90 % an alpha-Aluminiumoxid aufweisen.
-
Bei der an sich bekannten Kalzination unterhalb 100000 werden etwa
60 bis 70 Gew.* der im Ausgangsprodukt vorhandenen Natriumverbindungen, berechnet
als Na20, wasserlöslich bzw. säure- oder alkalilöslich, können also in einem angeschlossenen
Waschprozeß entfernt werden. Überraschenderweise kann nun der Anteil an löslichen
Natriumverbindungen durch Zusatz von Chloriden, insbesondere NH4Cl, AlCl3 und HCl,
beträchtlich erhöht werden. Wird die erste Kalzination entsprechend der vorliegenden
Erfindung dabei so geführt, daß ein Gamma-Oxid erhalten wird, das einen Glühverlust
von 1 bis 8 Gew.% und eine spezifische Oberfläche von 60 bis 150 m2/g besitzt, so
stellt man fest, daß der wasserlösliche Anteil an Na20 bei Zugabe von 0,5 % NH4Cl
auf 80 bis 90 Gew.% erhöht worden ist. Bei Erhöhung der Ammoniumchloridzugabe um
1 % steigt der wasserlösliche Na20-Anteil sogar auf über 90 Gew.% an.
-
Die bei dem Vorkalzinat vorgegebenen Kenngrößen (Glühverlust und spezifische
Oberfläche) können durch Einstellung bestimmter Verfahrensparameter ohne Schwierigkeiten
erzielt werden. Glühverlust und spezifische Oberfläche lassen sich bei einer Kalzi-0
nation unterhalb 1000 0 vor allem über die Abgastemperatur, das CO/C02-Verhältnis
sowie der abgezogenen Menge des mit Na20 angereicherten Feinststaubes regeln. Durch
einfache Versuche können die angegebenen Parameter, die zur Erzielung eines bestimmten
Glühverlustes und einer vorgegebenen spezifischen Oberfläche jeweils erforderlich
sind, ermittelt werden.
-
Wie sich weiterhin herausgestellt hat, kann auf die Zugabe von Chlorverbindungen
verzichtet werden, wenn der Drehofen mit einem schwefelreichen Heizöl direkt befeuert
wird. Durch diese Maßnahme wird der wasserlösliche Anteil an Natriumverbindungen
ebenfalls erhöht. Ein Zusatz von Chlorverbindungen schadet jedoch nicht.
-
Nach einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung erfolgt
die Extraktion der vorkalzinierten Tonerde mit heißem Wasser (70 bis 950C), obwohl
sich gute Ergebnisse auch mit kaltem Wasser erzielen lassen. Es können für die vorgenannte
Extraktion auch verdünnte Säurelösungen verwendet werden, z. B. verdünnte Schwefel-oder
Salzsäure. Säurekonzentration von 0,01 Gew.% und mehr ergeben gute Ergebnisse. Wie
sich allerdings herausgestellt hat, sollte im Waschwasser nur so viel Säure enthalten
sein, wie zur Neutralisation der Natriumverbindungen erforderlich ist. Unterbleiben
sollte die Säurezugabe wenn das Waschwasser in den Laugekreislauf zurückgenommen
wird. Das Auswaschen des Erstkalzinats kann mit allen dafür bekannten Einrichtungen
vorgenommen werden, z. B. mit Hilfe von Filtern, Mischern u. a.
-
Als überraschend und nicht vorhersehbar muß vor allem angesehen werden,
daß bei der Zweitkalzination ein alpha-Aluminiumoxid mit bisher nicht bekannten
Eigenschaften erhalten wird.
-
Gegenüber einem alpha-Aluminiumoxid, das in bekannter Weise in einem
einstufigen Kalzinationsprozeß hergestellt worden ist, zeichnet sich das neue alpha-Aluminiumoxid
vor allem dadurch aus, daß es in einer kürzeren Zeit entsteht und die Primärteilchen
bei geringerer Wachstumsgeschwindigkeit eine höhere Sinteraktivität zeigen. Der
Effekt einer besseren Sinteraktivität infolge geringerer Wachstumsgeschwindigkeit
der Primärteilchen beim Sintern läßt sich auch dann nicht erreichen, wenn bereits
in einem einstufigen Kalzinationsprozeß von einem natriumoxidarmem oder natriumoxidfreiem
Aluminiumhydroxid ausgegangen wird.
-
Wird ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestelltes alpha-Aluminiumoxid
in einer Kugelmühle mit einem Magnesiumoxid-Zusatz von 0,05 bis 0,5 Gew.% auf eine
mittlere Teilchengröße von 1,5 bis 0,3/um, vorzugsweise 1,2 bis 0,4/um gemahlen
und anschließend zu Preßkörpern mit Gründichten von 2,00 bis 2,40 g/cm3, vorzugsweise
2,20 bis 2,30 g/cm3, verpreßt, und werden diese Preßkörper anschließend 1 Stunde
bei 1650 0 gesintert, so erhält man in Abhängigkeit von der mittleren Teilchengröße
Brenndichten von 3,85 - 3,90, z. T. sogar höhere.
-
Wird nun zum Vergleich ein Aluminiumhydroxid sofort der Zweitkalzinierung
unterworfen - entfallen also Erstkalzination und Waschprozeß -, so erhält man ein
alpha-Aluminiumoxid, das nach dem Verpressen und nach der Sinterung bei ebenfalls
16500C Preßkörper mit einer erheblich niedrigeren Brenndichte liefert, nämlich 3,80
g/cm3, maximal 3,85.
-
Der vorliegende Erfindungsgegenstand soll anhand der nachstehenden
Beispiele noch näher erläutert werden.
-
Beispiel 1: Technisches Aluminiumhydroxid aus dem Bayer-Prozeß wurde
in einem Drehofen in ein gamma-Oxid mit einem Glühverlust von 1,5 % und einer spez.
Oberfläche von 90 m2/g übergeführt.
-
Der Natriumoxidgehalt im Ausgangsprodukt betrug 0,45 Gew.%, bezogen
auf A1205. Nach erfolgter Extraktion mit Wasser (750C) lag der Na2O-Gehalt im $alginat
bei 0,16 *. Daraus errechnet sich ein wasserlöslicher Na2O-Anteil von 65 %.
-
In einem Vergleichsversuch wurde das technische Aluminiumhydroxid
mit 0,5 Gew.* NH4Cl vermischt und unter gleichen Bedingungen in ein gamma-Oxid mit
einem Glühverlust von 1,5 * und einer spez.
-
Oberfläche von 120 m2/g überführt. Der wasserlösliche Anteil an Na20
wurde im Vergleichsversuch von 65 * auf 80 % erhöht, so daß der Na20-Gehalt im Aluminiumoxid
nach der Extraktion nur noch 0,09 Gew.* betrug.
-
Beispiel 2: Der Ammoniumchloridzusatz wurde von 0,5 Gew.* auf 1 Gew.*
erhöht. Bei einem Glühverlust von 1,5 * und einer spez. Oberfläche von 135 m2 erhöhte
sich der wasserlösliche Anteil an Na20 im kalzinierten Produkt auf 90 *, so daß
der Anteil im ausgewaschenen Produkt auf 0,05 * reduziert worden ist.
-
Beispiel 3: Gleiche Ergebnisse wurden erhalten, wenn der Ofen mit
einem schwefelreichen Heizöl (Schwefelgehalt etwa 2,5 %) direkt befeuert wurde.
Ein Zusatz von Chlorverbindungen ist bei dieser Ausführungsform nicht erforderlich,
schadet jedoch nicht. Bei einem Glühverlust von 2 % und einer spez. Oberfläche von
140 m2/g ergab sich im kalzinierten Produkt nach der Extraktion ein Na20-Gehalt
von 0,05 Gew.*.
-
Beispiel 4: Die in den vorstehenden Beispielen hergestellten natriumoxidarmen
Kalzinate wurden jeweils einer zweiten Kalzination unterworfen, und zwar derart,
daß der Gehalt an alpha-Aluminiumoxid im Kalzinat mindestens 90 Gew.* betrug und
die spez. Oberfläche
ca. 4 m2/g. Anschließend wurden die Kalzinate
mit 0,2 Gew.* MgO in einer Kugelmühle auf eine Feinheit von 0,5/um (mittlere Primärkristallgröße,
gemssen mit dem Sodigraph) gemahlen. Dabei wurde eine spez. Oberfläche von ca. 7
m2/g erhalten. Nach Verdichtung zu Formkörpern von 2,23 cm3/g und Sinterung (1 Stunde)
bei 16500C zeigten die Körper eine Brenndichte von mindestens 3,90 cm3/g.