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Taumittel fUr den Strassenwinterdienst
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Die Erfindung bezieht sich auf ein aus wenigstens zwei Komponenten
zusammengesetzte 5 Taumittel ftlr den Stras senwinte rdienst zur Verteilung auf
Strassenoberflachen.
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Unter den zahlreichen chemischen Substanzen, welchen einen Taueffekt
haben bzw. die Eisbildung zu hemmen vermögen, werden aus kommerziellen und technischen
Grtnden im Strassenwinterdienst unter normalen Umstanden in der Regel fast ausschliesslich
Natriumchlorid, Calziumchlorid und Magnesiumchlorid verwendet, und zwar entweder
als Einkomponentensalz oder als Mischsalz, insbesondere als Zweikomponenten-Mischung
aus Natriumchlorid und Calziumchlorid.
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Lediglich an kritischen Stellen, insbesondere auf Flughafenpisten,
die besonders zuverlässig und sorgfaltig eis- und schneefrei gehalten bzw. rasch
von Schnee und Eis befreit werden müssen und an denen aus Korrosionsgründen kein
Salz gestreut werden darf, setzt man andere Taumittel ein, deren Preis um ein Vielfaches
höher ist als der der erwähnten Tausalze; zu diesen sehr teuren Taumitteln gehören
vor allem Harnstoff, in fester Form oder in Form von Lösung, und weitere organische
Fltlssigkeiten wie Isopropanol, Methylalkohol, Aethyleng,lykol oder Glyzerin.
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Von den eingangs erwahnten gebrouchlichen Chloriden ist Natriumchlorid
am preisgünstigsten, Calziumchlorid kostet etwa zwei bis dreimal soviel wie Natriumchlorid,
und Magnesiumchlorid liegt preislich etwa in der Mitte zwischen Natriumchlorid und
Calziumchlorid.
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Die Wirksamkeit des sehr preisgünstigen Natriumchloiids, das im allgemeinen
in fester Form eingesetzt wird, ist jedoch durch einige Faktoren begrenzt. So ist
eine relative Luftfeuchtigkeit von wenigstens 75 ge erforderlich, damit der Tauvorgang
einsetzt. In Lösung gegangenes Natriumchlorid hat ausserdem die unerwünschte Eigenschaft,
dass es sehr leicht wieder auskristallisiert. Ferner reicht der Anwendungsbereich
von Natriumchlorid nur bis etwa -60C, manchmal findet man in der Literatur auch
als untere Grenze -100C.
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Das teuere Calziumchlorid ist aufgrund seiner Eigenschaften besser
als Taumittel geeignet und hat einen erheblich grösseren Anwendungsbereich; insbesondere
setzt sein Taueffekt, wenn es in fester Form gestreut wird, bereits bei einer relativen
Luftfeuchtigkeit von ungefähr 40% ein, und es rekristallisiert praktisch nicht.
Magnesiumchlorid liegt hinsichtlich seiner Taueigenschaften ungefähr zwischen Natriumchlorid
und Calziumchlorid.
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Die erwähntep Tausalze können als Trockensalz, als Feucht-oder Haftsalz
oder auch als wassrige Salzlösung eingesetzt werden.
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Am häufigsten werden Tausalze in Form von Trockensalz gestreut.
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Dabei wird aus den oben genannten Gründen Natriumchlorid, das entweder
als grobes Steinsalz mit einer Korngrösse bis zu 5 mm oder auch als feines Salinensalz
verwendet wird, nur selten als Einzelkomponente, meistens mit Calziumchlorid vermischt
eingesetzt, welches überwiegend in Form von 77/80 %eigen Schuppen bis zu 8 mm verwendet
wird. Das Mischungsverhaltnis von Natriumchlorid zu Calziumchlorid richtet sich
nach den jeweiligen klimatischen Bedingungen, insbesondere nach der Temperatur und
der Luftfeuchtigkeit, und kann im Flachland im allgemeinen zwischen 4:1 und 1O:
1 liegen, während im Gebirge häufig eine Mischung von 1 : 1 zum Einsatz kommt.
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Calziumchlorid wird im allgemeinen nur in extremen Situationen
als
Einzelkomponente gestreut, bei normalen Witterungslagen oft wegen seines vergleichsweise
hohen Preises jedochlhiit Natriumchlorid vermischt. Auch Magnesiumchlorid wird,
in Schuppenform oder gemahlen,mit einer Konzentration von beispielsweise etwa 47%,
als Einzelkomponente oder aber mit Natriumchlorid vermischt als Streusalz eingesetzt.
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Ein Hauptnachteil der Trockensalze ist darin zu sehen, dass sie bei
trockener Fahrbahn rasch durch den Fahrtwind der Autos von der Strassenoberfläche
weggefegt werden. Diese Schwierigkeit wird beim Einsatz von Feucht- bzw. Haft salz
vermieden, das insbesondere zur vorbeugenden Behandlung verwendet wird, sich jedoch
nicht so einfach und leicht gleichmässig auf der Strassenoberfläche verteilen lasst
wie Trockensalz. Ein typisches Feuchtsalz besteht aus Natriumchlorid- Teilchen,
denen eine wässrige Calziumchlorid-Lösung. also Calziumchlorid-Sole beigesetzt ist.
Im allen einen werden hierbei 65 - 75 Gewichtstqile, vorzugsweise 70 Gewichtsteile
Natriumchlorid mit 25 - 35 Gewichtsteilen, vorzugsweise 30 Gewichtsteilen einer
20 - 40 %igen, vorzugsweise einer 30%igen wässrigen Calziumchloridlösung vermischt.
Anstelle von Natriumchlorid als Trägersalz ist es auch bekannt, Calziumchlorid zu
verwenden, das dann mit seiner eigenen wässrigen Lösung vermengt wird. Andererseits
kann als Sole-Komponente auch eine wässrige Magnesiumchlorid-Losung zusammen mit
Natriumchlorid- oder aber Magnesiumchlorid-Teilchen als Tragersalz verwendet werden.
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Als flüssige Taumittel, die sowohl zur vorbeugenden als auch zur kurativen
Behandlung mittels Sprühfahrzeugen verteilt werden, sind wäs s rige Calziumchlorid-
und Magnesiumchlorid- Lösungen bekannt; die ersten werden meistens als 30geige Lösung,
die zweiten als 20ige Lösung eingesetzt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Taumittel zu schaffen,
dessen Wirksamkeit sowohl bei vorbeugender als auch bei kurativer Behandlung der
Strassenoberflachen verbessert ist und das insbesondere bei trockener Witterung
seinen Taueffekt bzw. seine Eisbildung hemmende Wirkung rascher und intensiver entfaltet
als bisher bekannte übliche Taumittel.
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Zur Lösung dieser Aufgabe ist das Taumittel erfindungsgemass dadurch
gekennzeichnet, dass es zwischen 0,2 und 10 Gewichts-% Natrium- oder Kaliumhydroxid
enthält. Dabei kann das Hydroxid einem trockenen Streusalz, einem Feuchtsalz oder
einer wassrigen Salzlösung beigegeben sein.
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Natriumhydroxid' ist aus praktischen und kommerziellen Gründen bevorzugt;
deshalb nimmt die nachstehende Beschreibung darauf bezug, sie gilt jedoch im wesentlichen
auch für Kaliumhydroxid, das aufgrund seiner chemischen Aehnlichkeit mit Natriumhydroxid
prinzipiell ebenfalls verwendbar ist. In bekannter Weise kann natürlich, zur Erhöhung
der mechanischen Reibung, dem Taumittel
auch Sand oder Splitt beigemischt
sein.
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Wenn das Taumittel trit einer üblichen Streudichte von 10 bis 2 20
g je m Strassenoberfläche zur vorbeugenden Behandlung bei Glatteis- oder Reifglättegefahr
oder zu erwartendem leichten Schneefall oder auch zum Tauen einer leichten Schneedecke
eingesetzt wird, dann werden vorzugsweise nur 0, 2 bis 4 Gew. ae Natriumhydroxid,
dagegen zur kurativen Behandlung stärkerer Schnee- und/oder Eisschichten oder zur
vorbeugenden Behandlung bei zu erwartendem starken Schneefall vorzugsweise 2 bis
9 Gew. % Natriumhydroxid verwendet.
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Natriumhydroxid bzw. Ätznatron ist bisher als Streutaumittel im Strassenwinterdiennt
weder verwendet noch von der Fachwelt jemals als geeignet in Erwägung gezogen worden.
Die Gründe dafür sind vermutlich darin zu sehen, dass einerseits diese Chemikalie
ziemlich teuer ist, nämlich ungefähr zwei- bis dreimal soviel kostet wie Calsiumchlorid,
und ausserdem auf dem Markt nicht überall und zu jeder Zeit in ausreichenden Mengen
erhältlich ist, und dass andererseits die starken Korrosionseigenschaften von Natriumhydroxid
dessen Verwendung als Strassentaumittel auszuschliessen schienen.
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Es wurde jedoch überraschenderweise erkannt, dass Natriumhydroxid
in den genannten, verhältnismässig geringen Konzentrationen als Zusatz zu konventionellen
Tausalzen nicht ohne weiteres vorhersehbare, erhebliche Vorteile mit sich bringt,
ohne dass wegen des nur geringen Natriumhydroxid-Anteils der teuere Preis wesentlich
ins Gewicht fällt oder über die bisher in Kauf genommenen Korrosionseffekte von
Streusalzen hinausgehende nachteilige Wirkungen zu beobachten wären. Es sind offenbar
drei nachstehend näher erläuterte, spezifische Eigenschaften, die beim Natriumhydroxid
zur Forderung des Tauvorgangs und der Eishemmung zusammentreffen, und zwar der sog.
Oberflächeneffekt, ferner die von der Lösungskonzentration abhängigen Effekte der
Lösungswärme und der Gefrierpunkterniedrigung sowie schliesslich die Zerstörung
der für die Eisbildung bzw. die Eis struktur wesentlichen Wasserstoffbindungen oder
sog. Wasserstoffbrücken.
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Bei Streuversuchen mit einem Atznatron und Calziumchlorid enthaltenden
Trockentaumittel nach der Erfindung wurde beobachtet, dass die bestreute Oberfläche
auch bei trockener Umgebung bzw.
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trockener Witterung praktisch stets eine gewisse Feuchtigkeit aufweist,
die von den Atznatron-Teilchen ausgeht und sich um diese verbreitet; gleichzeitig
haften die Aetznatron- Teilchen wesentlich stärker auf der Oberfläche als konventionelle
Taumittel-
Teilchen. Ebenso bleibt nach dem Sprühen einer Natriumhydroxid
enthaltenden Salzlösung eine Oberflachengiuchtigkeit auch bei trockener Umgebung
sehr lange erhalten.Dieses als OberflBcheneffekt des Natriumhydroxids bezeichnete
Verhalten wurde unter sonst gleichen Umgebungsbedingungen bei einem konventionellen
Tausalz aus Calsiumchlorid oder einer Natrium- und Calziumchloridmischung nicht
beobachtet und wird im wesentlichen der besonderen hygroskopischen Eigenschaft von
Natriumhydroxid zugeschrieben, das sehr stark Wasserdampf anzieht, daher um sich
einen dünnen Feuchtigkeitsfilm bildet und zurückhält und dieses Wasser auch bei
hohen Temperaturen nicht wieder abgibt; bekanntlich wird Natriumhydroxid selbst
bei Erwärmung auf 1 3000C noch nicht vollständig wasserfrei.
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Dieser Oberflächeneffekt bringt für Trockentaumittel den grossen Vorteil
mit sich, dass die gestreuten Teilchen nicht oder in nur wesentlich geringerem Masse
als konventionelles Streusalz durch den Verkehr von der Strassenoberfläche weggefegt
werden, weil nicht nur die Aetznatron- Teilchen, sondern auch die Tausalzkomponenten
wegen des sich rasch bildenden Feuchtigkeitsfilms auf der Strasse haften. Ferner
können wegen der Oberflächenfeuchtigkeit nicht nur die Aetznatron- Teilchen, sondern
auch die anderen Tausalakomponenten sofort ihre exothermen bzw. den Gefrierpunkt
erniedrigenden Reaktionen entfalten, ohne dass d: z
für die Wirksamkeit
des verwendeten Tausalzes erforderliche Luft- oder natürliche Bodenfeuchtigkeit
zu herrschen braucht.
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Es spielt also nicht nur die weiter unten noch erläuterte, durch Hydratation
bewirkte exotherme Reaktion des Ätznatrons selber eine Rolle, sondern vor allem
auch die Konzentration von Wasser und Aufrechterhaltung ~ .
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und die Bildung/von sich ausbreitennen Feucfltigeitsbereic11en, welche
ein Medium bilden, in dem das Tausalz auch bei trockener Kälte sofort wirksam werden
kann. Auf diese Weise lässt sich durch vorbeugende Streuung erreichen, dass insbesondere
bei Temperaturen um oder wenig unter 0°C Glatteis oder eine gefährliche Reifglätte
gar nicht erst entstehen kann und fallender Schnee sofort getaut wird.
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Die zweite vorteilhafte Eigenschaft von Natriumhydroxid besteht darin,
dass sowohl die Lösungswärme, also im wesentlichen die Hydratationswärme, als auch
die Gefrierpunkterniedrigung bei geringen Lösungskonzentrationen bis etwa 10% wesentlich
grösser als die von z. B. Calziumchlorid sind, welches erst mit steigender Konzentration
über etwa 10% hinaus in zunehmendem Masse durch Hydratation Wärme freisetzt und
den Wassergefrierpunkt erniedrigt.
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Die von Natriumhydroxid erzeugte Lösungswärme liegt (bezogen auf eine
Temperatur von 2500) bei einer Lösungskonzentration von
5% bei
254,5 cal/g, erreicht bei einer Lösungskonzentration von 10% ein Maximum von 256
cal/g und nimmt mit weiter steigender Lösungskonzentration wieder ab, wobei z. B.
bei einer Konzentration von 20 bzw. 30 252,4 bzw. etwa 221 cal/g freigesetst werden.
Die durch Natriumhydroxid bewirkte Gefrierpunkterniedrigung des Wassers liegt bei
einer Lösungskonzentration von 5% bei -12°C, bei 10% bei -15°C, steigt bis zu einer
Lösungskonzentration von 20% auf -27°C und nimmt mit weiter steigender Lösungskonzentration
wieder ab, wobei bei etwa 30% überhaupt keine Gefrierpunkterniedrigung mehr stattfindet
und bei noch höheren Lösungskonzentrationen der Gefrierpunkt sogar steigt.
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Aus den vor stehend erläuterten Eigenschaften von Natriumhydroxid
geht hervor, dass dessen Wirkungen als Taumittel in einer wässrigen Lösung mit Konzentrationen
von nur 5 bis 205 am stärksten sind und mit steigenden NaOH-Konzentrationen nachlassen.
Da insbesondere bereits Lösungskonzentrationen von 5 bis 10% sehr gute Effekte liefern
und da, wie erwähnt, ätznatron ziemlich teuer ist, ist es besonders vorteilhaft,
die NaOH-Streudichte bei der Verteilung des Taumittels auf der Straße möglichst
unter Berückrichtigung dieser Ueberlegungen su bemessen. Der erfindungsgemäss angegebene
und auf den ersten Blick erstaunlich geringe NaOH-
Gewichtsanteil
im Taumittel trägt dieser Forderung Rechnung.
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Es ist zwar im allgemeinen sehr schwierig und mitunter gar nicht möglich,
die von Ort zu Ort und zeitlich häufig rasch variierende, auf der Strassenoberfläche
vorhandene oder sich bildende Feuchtigkeits- bzw. Wassermenge auch nur grob abzuschätzen,
um danach die optimale NaOH-Streudichte zu bestimmen; es liegen jedoch empirische
Erfahrungen vor, aus denen sich entsprechende Faustregeln ableiten lassen. So wurde
beispielsweise festgestellt, dass eine wesentliche Voraussetzung für die gefährliche
Glatteis- und Reifglãtte- Bildung darin besteht, dass auf der Strassenoberfläche
eine Feuchtigkeits- bzw. Wassermenge zwischen ungefähr 1,3 und 2,7 g/m² vorhanden
ist. Bei geringeren oder bei höheren Feuchtigkeitsdichten kann sich im allgemeinen
nicht das gefährliche Glatteis bilden. Dieses interessante Kriterium führt auf folgende
Empf hlung: Da mit üblichen Salsstreumaschinen etwa 10 bis 20, vorzugsweise ungefåhr
15 g Taumittel je m Strassenoberfläche verteilt werden, muss das Taumittel nach
der Erfindung bei vorbeugender Behandlung zur Verhinderung von Glatteis etwa zwischen
0, 4 und 2 Gew. -Atznatron enthalten, damit die NaOH-Konzentration in dem sich bildenden
Wasserfilm grössenordnungsmässig bei 5 bis 10% und
damit im optimalen
Bereich liegt. Berücksichtigt man die allgemeinen Unsicherheiten dieser an sich
groben Abschätzung, dann erscheint unter den genannten Streubedingungen die Empfehlung
vernünftig, dass das Taumittel nach der Erfindung zwischen 0,2 und 4 Gew.-%, vorzugsweise
ungefähr 1 Gew.-% Ätznatron enthalten soll. Die gleiche Zusammensetzung gilt auch
für den Fall, dass in Erwartung eines leichten Schneefalls vorbeugend gestreut wird
oder dass eine leichte Schneedecke oder dünne Vereisungastellen aufgetaut werden
sollen.
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Es sei darauf hingewiesen, dass bisher detaillierte Ueberlegungen,
wie sie vorstehend huber die optimale Konzentration von Ätznatron angegeben wurden1
für konventionelle Trockensalze offenbar niemals angestellt wurden und auch schon
deshalb weitgehend illusorisch gewesen wären, weil konventionelle Trockensalze gleich
nach der Streuung durch den Verkehr in kaum vorhersehbarer Weise von der Strassenoberfläche
weggefegt werden; zu allen übrigen Unsicherheitsfaktoren käme daher bei den konventionellen
Streusalzen, würde man die vorstehenden Ueberlegungen anstellen wollen, auch noch
die Ungewissheit, mit welcher tatsächlichen Salzstreudichte auf der Strasse man
zu rechnen hätte. Erst der vorteilhafte Umstand, dass Ätznatron-Teilchen weitgehend
auf der Strassenoberfläche haften und kleben und daher vom Fahrtwind der Autos nicht
weggefegt werden,
macht die vorstehend angegebene grobe Abschätzung
über die optimale oder zumindest besonders zweckmässige Streudichte von Atznatron
überhaupt sinnvoll.
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Wenn das Taumittel nach der Erfindung kurativ zur Beseitigung stärkerer
Schnee schichten, insbesondere festgefahrener Schneedecken, die zu Schneeglätte
Anlass geben, eingesetzt wird, dann liefert ein Taumittel mit 2 - 9 Gew. - % Natriumyhdroxid
gute Ergebnisse, wie Versuche zeigten. Derselbe höhere Anteil an Atznatron ist empfehlenswert,
wenn in Erwartung starker Schneefälle die Strasse vorbeugend bestreut wird.
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Erfahrenes Personal bzw. routinierte Strassenwärter können daher aufgrund
der Lehre nach der vorliegenden Erfindung und in Kenntnis des jeweiligen Strassenzustandes
und der lokalen Wettervorhersage ohne grosse Schwierigkeiten innerhalb der angegebenen
Toleranzen den jeweils günstigen und wirtschaftlichen Ätznatron-Anteil im einzu
setzenden Taumittel ab schätzen.
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Zu den bisher erläuterten Effekten des Natriumhydroxid
kommt
nun jedoch noch eine weitere, ganz spezifische Eigenschaft, die für die tauende
Wirkung und die Verhinderung einer Eisbildung ausserordentlich wichtig ist und welche
bisher von der Fachwelt offensichtlich nicht erkannt oder zumindest nicht ausgenutzt
worden ist. Die Kristallisation des Wassers, also die Entstehung von Schnee und
Eis, beruht bekanntlich im wesentlichen auf der Bildung von Wasserstoffbrücken oder
Wasserstoffbindungen, durch welche die Sauerstoffatome zweier benachbarter Wassermoleküle
miteinander verbunden werden und auch bereits im flssigen Wasser Wassermoleere asso&iiert
sind. BeinEis kann in seiner stabilen Form eine Struktur derart angenomn.en werden,
dass jedes Sauerstoffatom tetraedisch von vier anderen Sauerstoffatomen im typischen
Abstand von 2, 76 A umgeben ist und dass auf jeder Verbindungslinie zweier Sauerstoffatome
ein Wasserstoffatom unter Bildung einer Wasserstoffbrtlcke liegt. Ein Sauerstoffatom
ist also nicht nur durch Kovalenz an zwei Wasserstoffatome mit einem O-H-Abstand
von ungefahr 1 A, sondern auch durch die Wasserstoffbrücken an zwei weitere Wasserstoffatome
gebunden, wobei die Summe des Abstands dieser Wasserstoffatome zum Sauerstoffatom
und des Abstands der erwähnten kovalenten O-H-Bindung gleich dem erwähnten O-O-Abstand
von 2, 76 ist.
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Es hat sich nun tiberraschenderweise gezeigt, dass Natriumhydroxid
in
sehr starkem Masse vorhandene Wasserstoffbrücken zerstört oder verdrangt und die
Bildung von Wasserstoffbrücken verhindert, indem sich das Wasserstoffatom oder das
Sauerstoffatom von NaOH zwischen das Wasserstoffatom eines Wassermoleküls und das
Sauerstoffatom eines anderen Wassermoleküls schiebt, dadurch den für die Stabilität
der Eiskristalle typischen O-O-Abstand von 2,76 Å Astand verändert und ferner mit
dem Wasserstoffatom oder dem Sauerstoffatom eines Wassermoleküls selber eine Brücke
bildet. Es genügt offenbar, dass bereits ein einzelnes NaOH-Molekül in dieser Weise
einen Eiskristall stört, um ein axidie benachbarten Kristalle beeinträchtigendes
Ungleichgewicht zu erzeugen, welches die Auflösung der Kristalle und damit den Tauvorgang
begfinstigt.
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Berücksichtigt man ferner, dass jedes NaOH-Molekül in der Regel mit
28 bis etwa 56 oder mehr Was sermolekülen rq-ert, wahrend beispielsw. jedes Calziumchloridmolekül
mit 6 Molekülen reagiert, dann wird der überraschend starke Effekt einer verhältnismässig
geringen Natriumhydroxid-Konzentration im Taumittel verständlich. Durch Infrarot-Spektroskopie
konnte das Verschwinden von Wasserstoffbrücken in Gegenwart von Natriumhydroxid
bewiesen werden, da Wasserstoffbrücken im Infrarot-Spektrum charakteristische Linien
erzeugen.
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Die beschriebene Störung der Eiskristallbildung durch Natriumhydroxid
wird nun ihrerseits durch die Gegenwart der Tausalze, z. B. von Calziumchlorid,
verstarkt. Ausserdem bilden sich aus den Rückständen bzw. den Reaktionsprodukten
des Natriumhydroxids und des Tausalzes weitere Verbindungen, die ihrerseits zusatzlich
den Gefrierpunkt des Wassers herabsetzen.
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Die vorstehend erläuterten und im einzelnen noch nicht ganz erflor
sichten vielfältigen Wirkungen geringer Natriumhydroxid-Zusãtze zutkonventionellen
Tausalzen waren zweifellos in diesem Ausmass nicht vorhersehbar. Zwar ist es bekannt,
dass Verunreinigungen eine Kristallisation hemmen, jedoch muss der beobachtete,
sehr günstige Kombinationseffekt von Natriumhydroxid als überraschend betrachtet
werden. Praktische Nachteile infolge der ätzenden Eigenschauen von Nytriumhydroxid
oder eine Verminderung der Griffigkeit und Abriebfestigkeit der Strassenoberflache
konnten bei Versuchen mit Taumitteln nach der Erfindung, welche in üblichen Streudichten
verwendet wurden, bisher nicht festgestellt werden.
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Eine typische erprobte Zusammensetzung eines Trockentaumittel 5 nach
der Erfindung für die vorbeugende Behandlung, insbesondere
um Ueberraschungsglatte
oder ein Anfrieren von Neuschnee zu verhindern, besteht aus 98,5 bis 99,5, vorzugsweise
99 Gewichts-% Calziumchlorid in Form von 77/80%igen Schuppen mit Abmessungen bis
zu 8 mm, und aus 0,5 - 1,5, vorzugsweise 1 Gew. - % Aetznatron in Form von handelsüblichen
Schuppen mit Abmessungen bis zu etwa 10 mm, gegebenenfalls auch in Form von Kugeln
oder Körnern. Das handelsübliche Aetznatron ist praktisch wasserfrei und hat Konzentrationen
von 98 - 100%.
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Für den Einsatz dieses Taumittels wird vorausgesetzt, dass es vorzugsweise
mit einer üblichen Streudichte zwischen 10 und 2 20 g je m Strassenoberfläche verteilt
wird, wie das mit konventionellen Streumaschinen geschieht.
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Im obigen Beispiel können Calziumchlorid und Aetznatron auch als Pulver
verwendet werden, das im allgemeinen noch besser auf der Strasse haftet.
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Eine zur kurativen Behandlung geeignete, erprobte Taumittelzusammensetzung
enthalt 93 - 97, vorzugsweise 95 Gew. -Calziumchlorid in obiger Form und 3 - 7,
vorzugsweise 5 Gew. - 7.
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Aetznatron in obiger Form.
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Ein weiteres bevorzugtes Beispiel für ein Trockentaumittel besteht
aus etwa 64 Gewichtsteilen Calziumchlorid-Pulver, etwa 31 Gewichtsteilen Natriumchlorid
in Form von feinem Salinensalz und etwa 5 Gewichtsteilen Aetznatron-Pulver.
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Ein gewisser Natriumchloridanteil im Taumittel ist nicht nur aus preislichen
Gründen günstig, sondern kann auch häufig deshalb vorteilhaft sein, weil Natriumchlorid,
wenn die erforderliche Umgebungsfeuchtigkeit vorhanden ist, rascher und leichter
Hydrate bildet als Calziumchlorid. Daher ist es häufig vorteilhaft, geeignete Calzium-
und Natriumchlorid- Mischungen, etwa in den Verhãltnissen 5 : 1 bis 1 : 5 , zu verwenden,
je nachdem, in welchem Masse man unter den gegebenen Bedingungen die vorteilhafte
rasche Hydratbildung des Natriumchlorids mit den anfangs erwähnten vorteilhaften
Taueigenschaften des Calzium chlorids kombinieren möchte.
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Es sind also auch die vorstehend erwähnten Gründe, und nicht nur preisliche
Erwägungen, die haufig für ein Natriumchlorid enthaltendes Tausalzgemisch sprechen.
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Daher kann auch in den zuerst erwahnten Beispielen eines Trockentaumittels
Calziumchlorid teilweise oder gegebenenfalls ganz durch Natriumchlorid ersetzt werden,
und ebenso ist es
möglich, als Tau s alzkomponente Magnesium chlorid
alle in oder eine Magnesium chlorid enthaltende Tausalzmischung zu verwenden.
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Handelsübliches Natriumchlorid hat meistens nur 1 - 2 % Feuchtigkeit
und wird im Taumittel vorzugsweise entweder als grobes Stqinsalz mit einer Korngrösse
bis zu 5 mm oder, wie erwahnt, als feines Salinensalz eingesetzt.
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Die grosse Wirksamkeit eines Taumittels nach der Erfindung zeigten
Versuche, bei denen ein Calziumchlorid-Aetznatron-Gemisch im Verhältnis 95 : 5 zur
vorbeugenden Behandlung eingesetzt wurde; bereits eine Streudichte von nur etwa
1, 6 - 2, 2 g 2 je m Strassenoberfläche genügte, um bei nicht extremen Witterungen
eine Vereisung der Strassendecke bzw. ein Anfrieren von Neuschnee zu verhindern.
Das ist wesentlich weniger als diejenige Salzmenge, die bisher bei Präventiveinsätzen
mit konventionellen Tausalzen aufgebracht werden muss. Wenn man mit den üblichen,
durch die konventionellen Streufahrzeuge bedingten Streudichten arbeitet, kann bei
einem Praventiveinsatz mit dem Taumittel nach der Erfindung dann zumindest, wie
bereits erwahnt, der kostspieligere NaOH-Anteil entsprechend verringert werden.
Allgemein ergab sich ferner, dass zur vorbeugenden Behandlung weniger Taumittel
benötigt wird als zur kurativen Behandlung.
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Ve rgleichsversuche mit der erwahnten C alzium chlorid-Aetznatron-Mischung
und einem nur aus Calziumchlorid bestehenden Salz zeigten ferner, dass bei Gegenwart
von Natriumhydroxid nicht nur eine Eisbildung wesentlich wirksamer verhindert wird,
sondern dass auch eine vorhandene Eis schicht wesentlich leichter von der Unterlage
entfernbar ist.
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Sehr gute Erfolge wurden auch bei Versuchen mit einem flüssigen Taumittel
nach der Erfindung erzielt, und zwar mit einer wassrigen .Lõsung aus 25, 5 Gewichtsteilen
Calziumchlorid, 12, 5 Gewichtsteilen Natriumchlorid, 2 Gewichtsteilen Natriumhydroxid
und 60 Gewichtsteilen Wasser. Eine mit dieser wassrigen Lösung behandelte Oberflache,
die in mehreren Versuchszyklen nach dem Aufbringen der Taumittellösung abwechselnd
getrocknet bzw.
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erhitzt und abgewaschen und dann Frostbedingungen ausgesetzt wurde,
blieb um ein Vielfaches langer eisfrei als eine ähnlichen Bedingungen unterworfene
Oberfläche, die mit einer konventionellen Salzlösung ohne Natriumhydroxid-Zusatz
behandelt worden war.
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Allgemein kann der Natriumhydroxid-Anteil in einer derartigen wassrigen
Tausalzlösung insbesondere zwischen 0,8 und 8 Gew. -, vorzugsweise zwischen 1 und
5 Gew. - % betragen. Die Salzkomponente in der wässrigen Lösung kann insbesondere
zwischen
10 und 50 Gew.-go, vorzugsweise ungefähr 30 Gew. -ausmachen.
Ausser einer Calziumchlorid-Natriumchlorid-Mischsalzlösung kann auch eine reine
Calziumchlorid- oder Magnesiumchlorid- Lösung, oder aber eine Magnesiumchlorid-Natriumchlorid-Lösung
verwendet werden.
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Das Taumittel nach der Erfindung lässt sich auch als Feucht-oder Haftsalz
anwenden. Eine bevorzugte Zusammensetzung von Feuchtsalz besteht aus 70 Gewichtsteilen
einer festen Mischung von Natriumchlorid- und Aetznatronteilchen als Tragerteilchen,
wobei in dieser Mischung die Aetznatronteilchen einen Gewichtsanteil von 2 - 10,
vorzugsweise 6 7o ausmachen, und aus 20 - 40, vorzugsweise 30 Gewichtsteilen einer
20 - 40, vorzugsweise 30%igen wässrigen C alzium chloridlösung. Hierbei können die
Natriumchlorid-Teilchen der Tragerkomponente durch Calziumchlorid-Teilchen oder
auch Magnesiumchlorid-Teilchen ersetzt werden, und die wässrige Salzlösung kann
auch eine Magnesiumchlorid-Lösung sein.
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In allen angegebenen Beispielen kann Aetznatron auch durch das ebenfalls
stark Wasser anziehende Aetzkali, z. B. in Schuppen-, Platzchen- oder auch Pulverform,
ersetzt werden.