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Kunststoffszintillator auf Basis von Polymethylmethacrylat
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Die Erfindung betrifft Kunststoffszintillatoren mit guter mechanischer
BearbeitbarKeit, guter Lichtausbeute und großer Lichtabschwächungslänge. Die Lichtabschwächungslänge
ist die innerhalb des Szintillators zurückgelegte Lichtweglänge, auf der die LichtstärKe
um den Faktor e abnimmt (e = 2,718).
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BeKanntlich müssen Szintillatoren - gleich ob in flüssiger oder fester
Form - einen möglichst hohen Aromatengehalt aufweisen, um eine hohe Lichtausbeute
zu erzielen (vgl. R.Kretz, Kunststoff-Handbuch Band IX, Karl Hanser-Verlag, München
1975, S. 897).
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Plastische Szintillatoren werden daher vorwiegend aus aromatischen
Monomeren, wie Styrol oder Vinyltoluol aufgebaut.
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Hinsichtlich der Lichtausbeute hat sich Vinyltoluol als am günstigsten
erwiesen, jedoch sind die mechanischen Eigenschaften von reinem Polyvinyltoluol
unbefriedigend.
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Polymethylmethacrylat hat hinsichtlich der mechanischen Bearbeitbarkeit
wesentlich günstigere Eigenschaften, ergibt aber keine Lichtausbeute. In der britischen
Patentschrift 1 128 140 ist vorgeschlagen worden, Mischpolymerisate aus Methylmethacrylat
und wenigstens 50 ffi Vinyltoluol als Matrix für plastische Szintillatoren zu verwenden,
wobei sich in der Praxis ein Verhältnis von etwa 1 : 1 besonders bewährt hat. Man
erhält auf diese Weise einerseits durch die aromatische Komponente eine ausreichende
Lichtausbeute und andererseits durch die MethacrylatKomponente eine verhältnismäßig
gute mechanische Bearbeitbarkeit. Die Erweichungstemperatur (nach Vicat) ist bei
diesen Mischpolymerisaten nicht so hoch wie vielfach erwünscht. Die Transparenz
der Mischpolymerisate wird für einige Anwendungen als nicht befriedigend empfunden.
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Aus einer Arbeit von O.A.Gunder u.a. (siehe Chemical Abstracts, Bd.
71 (1969), 71575) sind plastische Szintillatoren bekannt, die als polymere Matrix
Polymethylmethacrylat und darin in homogener Verteilung 8 % Naphthalin enthalten.
Als SzintillationschemiKalien enthalten sie Bis-(2,5-diphenyl-oxazolyl)benzol gegebenenfalls
in Kombination mit 2,5-Diphenyl-1,3-oxazol. Obwohl für diese Szintillatoren eine
gute Lichtausbeute angegeben wird, Konnten die Meßwerte bei einer eigenen Nachprüfung
nicht bestätigt werden; es wurde überhaupt keine Lichtausbeute festgestellt. Dieses
Ergebnis bestätigt die in der Fachwelt vertretene Auffassung, daß ein hoher Gehalt
an aromatischen Verbindungen eine unerläßliche Voraussetzung für eine hohe Lichtausbeute
darstellt. Darüber hinaus stellt Naphthalin in Mengen von 8 , oder mehr einen Weichmacher
für Polymethylmethacrylat dar, so daß die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften
gegenüber Polyvinyltoluol oder Vinyltoluol-Methylmethacrylat-Mischpolymerisaten
zum Teil wieder aufgehoben wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, einen plastischen Szintillator
zu schaffen, dessen mechanische Bearbeitbarkeit und Erweichungstemperatur der von
Polymethylmethacrylat etwa entspricht und dessen Lichtausbeute und Lichtabschwächungslänge
für kernphysikalische Anwendungen ausreicht.
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Es wurde gefunden, daß dieses Ziel überraschenderweise mit einem Aromatengehalt
erreichbar ist, der weit unter der Grenze liegt, die bisher für ein szintillationsfähiges
System als unumgänglich galt. Der erfindungsgemäße Kunststoffszintillator hat eine
Matrix aus Polymethylmethacrylat und einen Gehalt an Naphthalin sowie üblichen Szintillationssubstanzen
und ist dadurch gekennzeichnet, daß der Naphthalingehalt zwischen 0,1 und 5 % liegt.
Vorzugsweise wird ein Naphthalingehalt
von 0,5 bis 4 ß gewählt.
Für die Praxis sind Naphthalin gehalte von 1 bis 3 ,% am günstigsten. Unter "Naphthalin"
wird hier nicht nur der Grundkörper C1oHs, sondern auch das durch eine oder mehrere
Alkylgruppen, z.B. Methylgruppen, substituierte Naphthalin verstanden.
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Die bekannten hervorragenden mechanischen Eigenschaften von Polymethylmethacrylat
werden durch den geringen Naphthalingehalt nicht spürbar beeinträchtigt. Unter Verwendung
von reinem Methylmethacrylat und eines innerhalb der beanspruchten Grenzen möglichst
niedrigen Naphthalingehaltes werden erwartungsgemäß die günstigsten Eigenschaften
erzielt.
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Grundsätzlich ist es natürlich möglich, anstelle von reinem Polymethylmethacrylat
Mischpolymerisate des Methylmethacrylats mit anderen Comonomeren, soweit dabei klare
und verträgliche Systeme entstehen, zu verwenden, jedoch empfiehlt sich diese Abwandlung
nur in besonderen Fällen, in denen man die durch das Comonomere verursachten nachteiligen
Eigenschaften zugunsten anderer Eigenschaften in Kauf nimmt.
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Als Szintillationssubstanzen enthalten die neuen Szintillatoren die
üblichen Zusätze, die in der Fachwelt als primäres Solut und sekundäres Solut bezeichnet
werden. Als primäres Solut kommen z.B.
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2,5-Diphenyloxazol (PPO) 2-Phenyl-5- (4-biphenylyl)-1,5,4-oxadiazol
(PBD) 2-(4'-t-Butylphenyl)-5-(4 "-biphenylyl)-1,3,4-oxadiazol (Butyl-PBD) 2-Diphenyl-5-phenyloxazol
(BPO) 2,5-Di(4-biphenylyl)oxazol (BBO) 2,5-Di(4-biphenylyl)-1,D,4-oxadiazol (BBD)
in Betracht. p-Terphenyl ist in den meisten Fällen als primäres Solut weniger gut
geeignet. Als sekundäres Solut kommen in Betracht z.B.
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1,4-Di-(2-(5-phenyloxazolyl))-benzol (POPOP) 1,4-Di-(2-(4-methyl-5-phenyloxazolyl))-benzol
(Dimethyl-POPOP) 1,1,4,4,-Tetraphenyl-1,3-butadien (TPB) 4>4' -Diphenylstilben
(DPS) 2- (4'-Diphenyl)-6-phenylbenzoxazol (PBBO) 2-(1-Naphthyl)-5-phenyloxazol (ANPO)
2,2'-p-Phenylen-bis(5-(α-naphthyl)oxazol) (ANOPON) 2,5-bis(5-tert.-butyl-2-benzoxazolyl)thiophen
(BBOT) 2,5-bis(l-naphthyl)-1,3,4-oxadiazol (ANND) 1,6-Diphenyl-1,),5-hexatrien (DPH)
Diese Zusätze werden in den gebräuchlichen Mengen, die für das primäre Solut mindestens
0,1 ç und für das sekundäre Solut mindestens 0,001 X betragen, angewandt. Weitere
Angaben über den üblichen Aufbau plastischer Szintillatoren finden sich im Kunststoff-Handbuch
Band IX,Karl Hanser-Verlag, München 1975, S. 895 - 913.
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Ein im Sinne der vorliegenden Erfindung mit 1 ß Naphthalin, 1 % Butyl-PBD
und 0,01 ffi PoPOP aufgebautes Material zeigt eine Lichtausbeute von etwa 20 %,
bezogen auf ein handelsübliches Standardprodukt auf Basis von Polyvinyltoluol (NE
11, Nuclear Enterprises). Die Lichtabschwächungslänge beträgt für eine Meßgeometrie
von 2000 x 200 x 10 mm3 etwa 2 m. Die Vicaterweichungstemperatur beträgt 11000.
Die erfindungsgemäßen Szintillatoren gestatten die Diskriminierung von Kernteilchen
anhand der langsam abklingenden Komponente des Fluoreszenzlichtes.
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Die Herstellung der neuen Szintillatoren entspricht der be-Kannten
Technik der Acrylglasherstellung und gestattet die Erzeugung von Blöcken von mehreren
Ruadratmetern Größe und mehreren 100 mm Dicke. In dem monomeren Methylmethacrylat
werden
Naphthalin und die Szintillationschemikalien, sowie ein Polymerisationsinitiator
gelöst und die Mischung in eine aus zwei Glasscheiben und dazwischen am Rand umlaufender
Dichtungsschnur gebildete Flachtammer gefüllt und bei Temperaturen zwischen 15 und
1200 polymerisiert. Die Herstellung von dicken Polymerisatblöcken erfordert bekanntlich
besondere Vorsichtsmaßnahmen wegen der begrenzten Möglichkeiten, die Polymerisationswärme
abzuführen.
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Die erfindungsgemäßen Szintillatoren eignen sich für Messungen in
der Hochenergiephysik, besonders in SpeKtrometern und Kalorimetern, so z.B. für
Hadronen oder Elektronen.
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Beispiel 1 33,32 kg Methacrylsäuremethylester werden mit 0,)4 kg Naphthalin,
0,34 Kg Butyl-PBD und 0,0034 kg POPOP, und 0,01 kg tert.-Butylperpivalat unter schnellem
Rühren gelöst und durch ein mehrlagiges, sehr feines Papierfilter filtriert. Anschließend
wird die Mischung in eine in der üblichen Kammerbautechnik erstellte SilikatglasKammer
der Größe 2130 x 1320 mm verfüllt und verschlossen. Man polymerisiert 25 Stunden
im Wasserbad bei 350 und tempert 3 Stunden bei 1150 im Trockenschrank. Zur Ermittlung
der kernphysikalischen Eigenschaften wird ein Streifen vom 2 Querschnitt 200 x 10
mm abgeschnitten, die Kanten poliert und in bekannter Versuchsanordnung unter Co-60-Strahlung
die Lichtausbeute1 im Vergleich zu einem Bezugsstandard 2) und die Lichtabschwächungslänge
bestimmt (Werte siehe Tabelle).
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Beispiele 2 bis 4 Die Anteile an Butyl-PBD und POPOP wurden gemäß
der Tabelle variiert. Ergebnisse siehe Tabelle.
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Vergleichsversuche 5 und 6 Gemäß den Angaben von O.A.Gunder (Chemical
Abstracts, Bd. 71 (1969), 71573) wurden nach der oben beschriebenen Polymerisationstechnik
Polymerisatblöcke hergestellt und die Lichtausbeute und Lichtabschwächungslänge
ermittelt. Ergebnisse siehe Tabelle.
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1) H.J.Maier, R.Kretz, Meßtechnik 77, Heft 11, S. 3 - 11 (1969) 2)
D.R.Nicoll und M.J.C.Ewer, Organic Scintillators and Liquid Scintillation Counting,
Academic Press New York, London 1971, S. 279 - 288.
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Kunststoffszintillator auf PMMA-Basis
Beisp. Naphthalin Primäres Sekundäres Lichtaus- Lichtabschwächungslänge
Erwichungstemperatur |
% Solut Solut beute m nach Vicat in Öl |
% direkt mit 435 mm Filter °C |
1 1 1 % Butyl-PBD 0,01 % POPOP 21 2,0 2,8 110 |
2 1 3 % Butyl-PBD 0,01 % POPOP 32 1,5 2,3 109 |
3 3 1 % Butyl-PBD 0,01 % POPOP 30 1,3 3,7 105 |
4 3 3 % Butyl-PBD 0,01 % POPOP 34 1,2 1,7 109 |
5 8 0 0,4 % POPOP < 1 - - - |
6 8 0,07 % PPO 0,08 % POPOP < 1 - - - |
Standardmaterial auf Basis Polyvinyltoluol |
(NE 110) 100 2,0 2,7 70 |