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Enzymatisch aktiver Schaumstoff und Verfahren zu seiner Herstellung
Die Erfindung betrifft enzymatisch aktive Schaumstoffe auf Polyurethanbasis und
ein Verfahren zu ihrer Herstellung.
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Die Verwendung trägergebundener Enzyms als heterogene spezifische
Katalysatoren hat in Forschung und Technik großes Interesse und auch bereits vielfältige
Anwendung gefunden. Trotz der theoretisch außerordentlich großen Vorteile derartiger
trägergebundener Enzyme ist jedoch bisher die tatsächliche Anwendung, insbesondere
im technischen und industriellen Bereich, erheblich hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Die Gründe hierfür liegen neben noch ungelösten Problemen der technischen Anwendung
in großem Maßstab auch in der schwierigen Herstellung, niedrigen Aktivitätsausbeute,
für viele Zwecke unbefriedigenden physikalischen Eigenschaften der Träger und schwierigenHandhabung.
Die besten Ausbeuten an Enzymaktivität wurden bisher bei Enzym-freundlichen hydrophilen
Trägern wie z.B.
solchen auf Polyacrylamid- oder Kohlehydratbasis
erzielt.
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Derartige Träger sind jedoch überwiegend gelartige Substanzen mit
schlechten mechanischen Eigenschaften. Auch weisen die meisten Enzymträger Quelliingsporosität
auf, d.h. das Substrat muß iii das gequollene Gel hineindiffundieren, um mit dem
Enzym reagieren zu können. Hierdurch wird die Reaktion behindert und verlangsamt,
was insbesondere in der technischen Anwendung einen schweren Nachteil darstellt.
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Trägergebundene Enzyme mit günstigeren mechanischen Eigenschaften
lassen sich erzielen durch die Bindung von Enzymen an hydrophobe Oberflächen, z.3.
an Polyamide. Dort sind zwar derartige Diffusionspro7.esse mit ihren Nachteilen
ausgeschlossen, die Aktivitätsausbeute ist jedoch sehr gering, die Produkte weisen
eine relativ geringe Oberfläche und damit geringe spezifische Aktivität pro Volumen
und Gewichtsanteil des Trägers auf.
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Weitere Nach-teile der bisher bekannten trägerfixierten Enzyme sind
darin zu sehen, daß entweder die Träger teuer sind, beispielsweise bei porösem Glas,
Agarose und dgl. als Träger, die Fixierung des Enzyms über zahlreiche Stufen verläuft
oder aufwendige Apparaturen benötigt werden, beispielsweise beim mechanischen Einschluß
von Enzymen in Fäden.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, trägergebundene Enzyme und ein
Verfahren zu ihrer Herstellung zu schaffen, welches die oben geschilderten Nachteile
ganz oder teilweise beseitigt. Insbesondere ist es ein Ziel der Erfindung, ein trägerfixiertes
Enzym zu schaffen, welches hohe Aktivität, große Oberfläche, gute mechanische Eigenschaften
aufweist und sich einfach und mit billigen Materialien herstellen läßt.
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Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch Schaffung
eines
enzymatisch aktiven Schaumstoffs, der durch Zugabe einer Lösung eines Enzyms zu
einer Mischung der Komponenten für die Polyurethanschaumstoffherstellung und anschließende
Durchführung der Polykondensations- und Schäumungsreaktion in üblicher Weise erhältlich
ist.
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Bei der Herstellung des erfindungsgemäßen enzymatisch aktiven Schaumstoffs
genügt es, eine Enzymlösung in die Komponenten einer Polyurethanschaumstoffmischung
einzurühren. Innerhalb kürzester Zeit läuft die Schaumstoffbildug unter gleicher
tiger Enzymfixierung ab. Es entsteht dabei ein Produkt mit großer Oberfläche, an
dem das Enzym kovalent über Isocyanatgruppen gebunden ist.
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Es ist äußerst überraschend, daß es möglich ist, erfindungsgemäße
enzymatisch aktive Polyurethanschaumstoffmassen überhaupt herzustellen, da man eine
völlige Zerstörung der Enzymaktivität erwarten mußte. Die Ausgangskomponenten zur
Herstellung von Polyurethanschaumstoffen sind aromatische und aliphatische Diisocyanate,
wie z.B. Diphenylmethan-4,4-diisocyanat (Desmodur 44 der Fa. Bayer), Diamine, Polyäther,
Polyester, Additionsbeschleuniger wie z.B. starke Basen oder metallorganische Verbindungen
(beispielsweise ibutylzinndilaurat) sowie Emulgatoren, wie z.B. Alkoholate von Schwermetallen
und dgl. Viele dieser Komponenten bewirken eine Inaktivierung des Enzyms, so daß
angenommen werden mußte, bei Anwendung der Gesamtmischung für die Polyurethanschaumstoffherstellung
würden Enzyme vollständig inaktiviert. Tatsächlich wurde Jedoch festgestellt, daß
die Fixierung mit sehr guten Enzymaktivitätsausbeuten verläuft. Der Grund hierfür
ist nicht bekannt, es wird jedoch angenommen, daß durch die große Anzahl der Isocyanatgruppen
und die rasch ablaufende Kondensation die aktive Konformation des Enzyms sterisch
konserviert wird.
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Als Mischung der Komponenten für die Polyurethanschaumstoffherstellung
können im Rahmen der Erfindung z.B. die handelsüblichen Mischungen bzw. deren Komponenten
verwendet werden.
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Dies gilt sowohl für die organischen Diisocyanate als auch für die
Polyolkomponente oder/und die Diaminkomponente. Ebenso können die üblichen Zusatzmittel
für die Herstellung derartiger Schaumstoffe angewendet werden. Beispiele für geeignete
Komponenten finden sich in "Ullmann's Enzyklopädie der technischen Chemie, 3. Auflage,
1969, Bd. 14, Seite 352 bis 361. Soweit handelsübliche Komponentenmischungen in
besonderen Fällen gewünschte Eigenschaften nicht ermöglichen, können aber auch geeignete
Komponentenmischungen zur Anwendung in der Erfindung gesondert zusammengestellt
werden.
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Das zu fixierende Enzym bzw. die Enzymmischung wird zweckmäßig in
Form einer möglichst konzentrierten Lösung in wässrigem Puffer oder einem hydroxylgruppenhaltigen
polaren Lösungsmittel eingesetzt. Dabei kann das Lösungsmittel als Komponente der
Polyurethanschaumstoffbildungsreaktion eingesetzt werden. Bei Verwendung wässriger
Lösungen wirkt beispielsweise das Wasser als Treibmittel durch Reaktion mit Isocyantgruppen
unter Bildung von Amin und C02. Bei Verwendung handelsüblicher Komponentenmischungen
im vorgeschriebenen Zusammensetzungsverhältnis hat dies zur Folge, daß die Schaumstruktur
großporiger wird, da praktisch die Menge des Greibmittels erhöht wird. Falls dies
nicht erwünscht ist, wird eine dem Wasser äquivalente Menge an Isocyanatkomponente
der Mischung zugesetzt. Auch ist es in diesem Falle möglich, eine zur Schäumung
vorgeschriebene Zugabe von Wasser durch die Zugabe der Enzymlösung zu ersetzen.
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Unter den nicht wässrigen Enzymlösungsmitteln eignen sich insbesondere
Glykole wie sie beispielsweise durch Polykondensation von niedrigen Alkylenoxyden
erhalten werden sowie
Polyole im Rahmen der Erfindung. Bevorzugt
wird unter diesen hydroxylgrtippenhaltigen polaren Lösungsmitteln Glycerin.
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Durch geeignete Auswahl der Komponenten im Rahmen der Erz in dung
ist es so möglich, die Eigenschaften des enzymatisch aktiven Schaumstoffes d,.e
nach Wunsch "maßzuschneidern". So ist es möglich, durch geeignete Wahl des Mischungsnerhältnisses
von Isocyanat zu Polyol bzw. Amin einen Schaumstoff herzustellen, der noch freie
Aminogruppen enthält und damit eine nachträgliche Fixierung von weiterem Enzym oder
gegebenenfalls Coenzymen, Elektronen übertragenden Substanzen und dgl. ermöglicht.
Beispielsweise kann so ein enzymatisch aktiver Schaumstoff mit freien Aminogruppen
erhalten werden, an den sich über Glutardialdehyd oder ähnliche Substanzen ein oder
mehrere weitere Enzyme fixieren lassen.
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Die Herstellung der erfindungsgemäßen enzymatisch aktiven Schaumstoffe
ist äußerst einfach. Ohne jegliche apparative Aufwendungen ist es z.B. möglich,
die Komponenten in einem Gefäß zu verrühren. Innerhalb von Sekunden bis wenigen
Minuten ist der Herstellungsvorgang abgeschlossen. Es ist Jedoch auch möglich, zur
Herstellung des erfindungsgemäßen enzymatisch aktiven Schaumstoffes sich der bekannten
Technologien der Polyurethanschaumstoffherstellung zu bedienen. So können durch
Anwendung geeigneter Schäumformen alle gewünschten Formkörper direkt hergestellt
werden. So ist es möglich, bei Verwendung von Polyurethanschaumstoffmischungen,
die zu Schaumstoffen mit offenen Poren führen, s.B. Rohre auszuschäumen und auf
diese Weise säulenartige Enzymreaktoren zu erzeugen. Aufgrund der offenen Poren
und des hohen Hydrophilitätsgrades sind derartige Reaktoren auch für technische
Umsetzungen mit Substratlösungen bestens geeignet. Probleme des Staudrucks, wie
sie bei Festbettsäulen bekannt sind, lassen
sich hierbei vermeiden,
da auf Siebe am Rohrende verzichtet werden kann.
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Aufgrund des außerordentlich guten Haftvermögens von Polyurethanen
lassen sich enzymatisch aktive Verklebungen verschiedener Materialien oder Beschichtungen
von Trägern herstellen. Beispielsweise ist es möglich, auf Trägern aus Kunststoff,
Holz, Metall und dgl. eine enzymatisch aktive Polyurethanschaumstoffschicht herzustellen,
die sich durch außerordentliches Haftvermögen auszeichnet. Dies läßt sich in der
Praxis in vielfältigster Form auswerten, beispielsweise durch Beschichtung von Lebensmittelbehältern,
für Getränke und dgl., wobei die Schaumstoffschicht Enzyme enthält, die bestimmte
Reaktionen im Lebensmittel hervorrufen, beispielsweise Entfernung von Peroxyden,
Sauerstoff oder dgl.
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Andere Einsatzmöglichkeiten sind in Medizin und Kosmetik gegeben.
Hierbei läßt sich beispielsweise die bekannte antiinflammatorische Wirkung von Proteasen
in Wundpflastern oder dgl. ausnützen.
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Wie bereits erwähnt, ist es auch möglich, durch gleichzeitige oder
nachträgliche Fixierung anderer Substanzen ganze Enzymreaktionsketten auf dem Schaumstoffträger
aufzubauen. Hierdurch lassen sich analoge Verhältnisse, wie an der Zellmembranoberfläche
oder an Partikeloberflächen herstellen. Beispielsweise konnte bei Bindung von Hydroxymeldolablau
festgestellt werden, daß dessen Elektronen übertragende Wirkung im Polyurethanschaum
voll erhalten bleibt.
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Die erfindungsgemäßen enzymatisch aktiven Polyurethanschaumstoffe
können durch geeignete Wahl der Komponenten in einer Vielzahl von hinsichtlicher
ihrer physikalischen Eigenschaften, Porengröße, Geschlossenheit oder Offenheit der
Poren unterschiedlichen
Modifikationen hergestellt werden, die
von gummiartigen Massen bis zu starren hoch-porösen Schäumen reichen. Durch geeigneten
Einsatz von Aminen, Polyolen und Polyesterolen lassen sich die hydrophilen Eigenschaften
stufenlos einstellen bis zu völlig hydrophoben Produkten. Durch die Möglichkeit,
offene oder völlig geschlossene Poren zu erzielen, ist es möglich, die Enzymkatalyse
innerhalb des Trägers oder nur an seiner Oberfläche ablaufen zu lassen.
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Die Schaffung der erwähnten verschiedenen Modifikationen sind alle
dem Polyurethanfachmann bekannt und lassen sich in gleicher Weise auch bei der Erfindung
anwenden.
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Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung weiter.
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Beispiel 1 Als Polyurethanschaumstoff-Bildner wurden die Komponenten
A und B des Biresin-Elastomers IW 312/12 (Integral-Weichschaum der Lechler-Ohemie
GmbH, Stuttgart) eingesetzt. 3 g der Komponente A werden in einem Becherglas mit
2 g der Komponente B vereinigt urid mit 300 mg Glucoseoxydase (spez. Aktivität 210
U/mg) in 3 ml 0,1 M Triäthanolamin-Puffer (pH 8,0) innig mit einem Holzstab verrührt.
Nach Beendigung des Schäumens wird die Masse bis zur Weiterverarbeitung im Kühlschrank
bei 40C aufbewahrt. Zur Entfernung von ungebundenem Enzym wird das Material mechanisch
zu 0,2 bis 0,4 mm großen Partikeln zerkleinert und mit 1 M Phosphat-Puffer (pH 8,0)
so lange gewaschen, bis keine Enzymaktivität mehr im Eluat meßbar ist.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Glucoseoxydase (250C, Glucose
als Substrat): 47,8 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 2 Das gleiche Material wird in gleicher Menge nach dem im
Beispiel 1 angegebenen Verfahren mit 10 mg Uricase (spez. Aktivität 4,5 U/mg) in
5 ml 50-proz. Glycerin umgesetzt und mit 5O-proz. Glycerinlösung von ungebundenem
Enzym befreit.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Uricase (250C, Urat als Substrat):
0,66 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 3 Wie im Beispiel 1 werden vom Material Biresin IW 312/12
6 g der Komponente A, 4 g der Komponente B mit 150 mg Urease (spez. Aktivität 100
U/mg) in 4 ml 75-proz. Glycerinlösung verschäumt und mit der gleichen Glycerinlösung
von ungebundenem Enzym befreit.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Urease (250C, Harnstoff als Substrat):
140 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 4 Vom Biresin-Elastomer IW 312/12 wurden 1,8 g der Komponente
A mit 1,2 g der Komponente B und 50 mg N-Acylase (aus Schweinenieren, 14 U/mg) in
2,5 ml 0,3 M Phosphat-Puffer, pH 7,5, verschäumt und mit 0,1 M Phosphat-Puffer (pH
7,5) von nicht gebundenem Enzym befreit.
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Enzymaktivität der gebundenen N-Acylase (250C, Acetylmethionin als
Substrat): 4,7 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 5 Biresin WS 342-Schaumstoffkomponenten, ein sehr hydrophiler
großporiger Weichschaum aus Polyurethan-Basls der Bechler-Chemie GmbH, Stuttgart,
wird verwendet. Wie in Beispiel 2 beschrieben, werden 3,6 g der Komponente A und
1,4 g der Komponente B mit 10 mg Uricase versetzt und wie dort beschrieben aufgearbeitet.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Uricase (250C, Urat als Substrat):
0,55 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 6 Von Biresin WS 342 werden 3,6 g der Komponente A mit 1,4
g der Komponente B und 100 mg a-Amylase (spez. Aktivität 1000 U/mg) in 1,5 ml 0,1
M Phosphat-Puffer (pH 7,6) verschäumt, granuliert und mit 1 M Phosphat-Puffer (pH
7,6) von ungebundenem Enzym frei gewaschen.
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Enzymaktivität der trägergebundenen a-Amylase (250C, lösliche Stärke
als Substrat): 0,33 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 7 Polyurethan-Hartschaum-Mischungen der Bayer AG, Leverkusen,
wurden für die Fixierung verwendet. 1,95 g Desmodur 44 V und 1,1 g Desmophen-Aktivatorgemisch
wurden mit 200 mg Glucoseoxydase (spez. Aktivität 210 U/mg) in 2 ml 0,1 M Triäthanolamin-Puffer
(pH 8,0) verschäumt, granuliert und in der Säule mit 1 M Triäthanolamin-Puffer von
ungebundenem Enzym befreit.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Glucoseoxydase (250C, Glucose
als Substrat): 63,8 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 8 5,85 g Desmodur 44 V und 3,3 g Desmophen-Aktivatorgemisch
der Bayer AG, Leverkusen, wurden mit 100 mg Urease (spez. Aktivität 100 U/mg) in
5 ml Glycerin verschäumt, mit Glycerin und Puffer gewaschen und getestet.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Urease (2500, Harnstoff als Substrat):
66,2 U/g feuchtes Material.
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Beispiel 9 5 ml (100 mg) Katalase-Kristallsuspension (spez. Aktivität
39 000 U/mg) wurden abzentrifugiert und der Rückstand wurde mit 2 ml 0,1 M Triäthanolamin-Puffer
(pH 8,OY aufgenommen.
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Die Lösung wurde mit 5,85 g Desmodur 44 V und 3,3 g Desmophen-Aktivatorgemisch
der Bayer AG, Leverkusen, verschäumt, granuliert und mit 1 M Triäthanolamin-Puffer
(pH 8,0) von ungebundenem Enzym befreit.
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Enzymaktivität der trägergebundenen Katalase (250C, Wasserstoffsuperoxyd
als Substrat): 3 228 U/g feuchtes Material.