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Elektrochemische Meßzelle zur Messung des Schwefeldioxidgehaltes in
Luft Die Erfindung betrifft eine elektrochemische Meßzelle zur kontinuierlichen
Messung des Schwefeldioxidgehaltes in Luft im Emissions- und Immissionsbereich.
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Von den gasförmigen Luftverunreinigungen ist Schwefeldioxid am weitesten
verbreitet, denn es entsteht beim Verfeuern der meisten Brennstoffe und bei vielen
anderen technischen Prozessen und gehört damit zu den repräsentativsten Luftverunreinigungen.
Je nach der Art des Entstehens tritt es zusammen mit verschiedenen gasförmigen,
flüssigen und festen Stoffen auf undXdient damit als Indikator für die allgemeine
Luftbeschaffenheit. Eine hohe S02-Konzentration ist also ein deutliches Warnsignal
dafür, daß auch andere Verbindungen in größerer Konzentration auftreten können.
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Durchaus ernstzunehmende schädliche Wirkungen treten bereits bei
bemerkenswert niedrigen Konzentrationen auf; so z.B bei einer durchschnittlichen
Konzentration von 300/ug/m3 über 3 bis 4 Tage. (Air Quality Criteria for Sulfur
Dioxides, National Air Pollution Control Administration Publication No. AP 50. Washington
1969).
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Für die kontinuierliche Messung der SO2-Konzentration sind viele
Verfahren und Meßgeräte bekannt; vergleiche z.B. VDI-Handbuch "Reinhaltung der Luft"
Messung der Schwefeldioxidkonzentration (VDI 2451), Dusseldorf. Neben photometrischen
haben sich die nach dem Leitfähigkeitsverfahren arbeitenden Gasanalysatoren als
besonders nachweis empfindlich bewahlrt.
Die Geräte arbeiten nach
einem chemisch-physikalischen Meßprinzip; die Geräte messen die Leitfähigkeit einer
Reaktionslösung vor und nach der Reaktion mit Schwefeldioxid.
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Ein bekannter Analysator, mit dem außerordentlich geringe S02-Konzentrationen
kontinuierlich gemessen werden können, beruht auf dem Prinzip der kontinuierlichen
coulometrischen Titration. H.J. Brower et al (Philips Technische Rundschau, 32 (1971/72),
Seite 29, beschreibt ein Gerät, bei dem die Meßluft im Durchfluß-Verfahren in innigen
Kontakt mit einer bromidhaltigen Lösung gebracht wird, in der elektrolytisch die
zur quantitativen Umsetzung erforderliche Menge Brom erzeugt wird. Die dazu notwendige
Stromstärke dient als Maß für die S02-Konzentration der Luft. Mit diesen Analysatoren
wurde ein Meßstellennetz für die Messung der Luftverschmutzung im Mündungsgebiet
des Rheins aufgebaut.
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Die außerordentlich hohe Schädlichkeit des S02 macht es notwendig,
neben einem weitverzweigten Meßstellennetz für die Immissionsmessung zur Begrenzung
der S02-Dmissionen alle S02-Emittenten, wie Industriebetriebe, Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen
etc. auf Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zu überwachen, Einrichtungen zur Luftreinhaltung
auf ihre dauernde Wirksamkeit zu überprüfen, und den Einflußbereich
außergewöhnlicher
Emissionsquellen, die beispielsweise bei Betriebsstörungen und unsachgemäßer oder
fahrlässiger Bedienung von Apparaten auftreten können, festzustellen.
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Für derartige Über-ç,rachlmgen sind die bekanntes Geräte und Meßverfahren
nur bedingt brauchbar, und es besteht ein Bedarf an tragbaren Geräten, mit denen
die erforderlichen Messungen jederzeit und an jedem Ort durchgeführt werden können.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, für die kontinuierliche
Messung und Überwachung des Schwefeldioxidgehaltes in Luft ein handliches, zuverlässiges
und leicht zu bedienendes Gerät zu schaffen. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß
mit der in Anspruch 1 beschriebenen elektrochemischen Meßzelle gelöst.
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Aufgrund ihres einfachen Aufbaues ist der Herstellungsaufwand für
diese Meßzelle nach der Erfindung relativ gering.
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Die Handhabung ist derart einfach, daß das Gerät auch von ungeübten
Personen bedient werden kann. Außerdem ist das Gerät klein und handlich, weshalb
ohne Schwierigkeiten
Messungen am beliebigen Ort durchgeführt werden
können. Die erfindungsgemäße Meßzelle besitzt keine beweglichen oder aus anderen
Gründen Verschleiß unterworfenen Teile, weshalb praktisch keine Wartungsarbeiten
erforderlich sind Ferner ist das Gerät außerordentlich betriebssicher und zuverlässig,
was insbesondere bei langfristigen Emissionsüberwachungen wichtig ist. Für den Dauerbetrieb
ist es außerdem von Vorteil, daß das gesamte Meßgerät - mit Ausnahme eventuell angeschlossener
Warngeräte, Schreiber oder dergleichen - keine Energieversorgung benötigt.
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Die erfindungsgemäße Meßzelle besteht also im wesentlichen aus einer
Diffusionselektrode und einer unpolarisierbaren Kathode in einem sauren Elektrolyten.
Die gesamte Anordnung.
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ist im Regelfall in einem Kunststoffgehäuse untergebracht.
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Die beiden Elektroden sind über ein empfindliches Mikroamperemeter
kurzgeschlossen. Die Meßzelle ist empfindlich genug, um SO2-Konzentrationen innerhalb
des Immissionsbereiches zu messen; sie kann selbstverständlich auch im Emissionsbereich
eingesetzt werden.
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Die Diffusionselektrode der erfindungsgemäßen Meßzelle besteht aus
einer hydrophoben Ru'ckschicht, durch die der Luftzutritt erfolgt, und aus einer
hydrophilen hktivschicht,
die im direkten Kontakt mit dem Elektrolyten
steht und ein völlig reversibles organisches Redoxsystem, vorzugsweise mit chinoider
Struktur, enthält. Wird nun die zu untersuchende Luft an der Diffusionselektrode
vorbeigeleitet, gelangt das darin enthaltene SO2 durch die Diffusionsschicht dieser
Elektrode zur Aktivschicht und - sofern es sich um ein organisches Redoxsystem mit
chinoider Struktur handelt- reduziert das Chinon zu dem entsprechenden I-Iydrochinon.
Das Hydrochinon wird nun seinerseits unter Abgabe von Elektronen wieder zu Chinon
oxidiert, wobei die Elektronen von der unpolarisierbaren Kathode aufgenommen werden.
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Bei Diffusionselektroden mit anderen reversiblen organischen Redoxsystemen
gilt Entsprechendes.
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Der für die Umwandlung benötigte Strom, fließt über das Nikroamperemeter
zu der unpolarisierbaren Kathode und kann als Maß für die SO2-Konzentration der
Luft ausgewertet werden. Von allen in der Luft epthaltenen Schadstoffen reduziert
nur Schwefelwasserstoff ebenfalls das Chinon zu Hydrochinon und beeinflußt damit
das Meßergebnis. Da aber im allgemeinen der Gehalt an Schwefelwasserstoff immer
sehr viel kleiner ist als der Gehalt an SO2 kann diese Querempfindlichkeit vernachlässigt
werden. Alle anderen reduzierenden Schadstoffe, wie z.B. Kohlenmonoxid, verfälschen
die Messung nicht.
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Nach einer vorteilhaften Ausführungsart der Erfindung ist es vorgesehen
als Redoxsystem für die Diffusionselektrode substituierte p-Benzochinone, o-Benzocharasale
oder Diphenochinone mit F, Cl, CH3, SO3II oder CN als Substituenten zu verwenden.
Dabei haben sich besonders Tetrachlor-pbenzochinon oder Tetramethyl-p-benzochinon
als geeignet erwiesen.
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Da alle die genannten Chinone Nichtleiter sind, müssen sie vor ihrer
Verwendung für-die erfindungsgemäße Diffusionselektrode mit leitfähigen Substanzen
vermischt werden. Als Leitfähigkeitszusatz eignen sich Verbindungen, die in saurem
Elektrolyten beständig sind und selbst weder mit dem SO2 noch mit einem anderen
Bestandteil der Luft reagieren.
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Weiter sollen sie eine kleine Oberfläche haben und Poren aufweisen,
damit der Gasaustausch rasch erfolgen kann und die Einstellzeit der S02-Anzeige
nicht durch den SO2-Gehalt in den Poren dieser Verbindungen verschleppt wird. Geeignete
Zusätze sind beispielsweise Graphit und Wolframbronzen.
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Die Mischung aus Chinon und Leitfähigkeitssubstanz kann mit einem
thermoplastischen Kunststoff, wie Polyäthylen, mit odr ohne Zusatz eines Porenbildners
zu einer mechanischen stabilen Elektrode verpreßt und gesintert werden.
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Die als aktive Masse für die unpolarisierbare Kathode verwendbaren
Substanzen müssen ein höheres Oxidationspotential als die Chinone in der Diffusionselektrode
aufweisen, und sie müssen sich mit großer Stromdichte elektrochemisch reduzieren
lassen, ohne daß störende Potentialverluste auftreten. Als besonders geeignet haben
sich Oxide und/ oder Mischoxide der Übergangsmetalle und speziell Manganate und/oder
Kobaltate erwiesen. Sie nehmen die bei der Oxida-10 tion des Hydrochinons freiwerdenden
Elektroden auf; im Falle des MnO2 wird es nach der Gleichung MnO2 + 4H+ + 2 e ~s,
Mn2+ + 2H2 0 zum zweiwertigen Manganion reduziert. Bei den geringen Strömen, die
in der Meßzelle fließen, kann der Bedarf an Oxiden auch für lange Betriebszeiten
in der Meßzelle deponiert werden.
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Durch den Kurzschluß der beiden Elektroden in der Zelle - über das
Mikroamperemeter - nimmt die als Anode dienende Diffusionselektrode ebenfalls das
Potential der Kathode an.
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Bei diesem Potential wird die Gesamtmenge an Hydrochinon, das sich
durch Reduktion mit S02 bildet, sofort vollständig wieder zum Chinon oxydiert.
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Als Elektrolyt können alle starken Säuren, ee Perchlorsäure, Schwefelsäure
oder Phosphorsäure eingesetzt werden.
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Als sehr gut geeignet hat sich eine mäßig konzentrierte Phosphorsäure
erwiesen, da hierbei die Wasseraufnahme und -abgabe durch die Diffusionsschicht
am geringsten bleibt.
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Da der saure Elektrolyt erfindungsgemäß immobilisiert ist, beispielsweise
durch Aufsaugen in Asbest fasern oder in Aluminiumoxid, kann die Meßzelle - im Gegensatz
zu Zellen mit freiem Elektrolyten - in jeder Lage betrieben werden.
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Die Herstellung einer Diffusionselektrode für die erfindungsgemäße
Zelle mit Chloranil als aktiver Substanz kann beispielsweise auf-folgende Weise
durchgeführt werden: Ein Gemisch aus Chloranil und Natrium-Wolframbronze Na WO (mit
x zwischen 0,25 und 0,95) wird in einer Kugelmühle 16 h vermahlen. Diese Mischung
wird mit Polyäthylenpulver (Korngröße # 30 /um und Natriumsulfat (Korngröße 25 bis
60 /um) im Volumenverhältnis 40 : 20 o 40 gemischt. 1 g dieser Mischung wird dann
in eine Preßform von 48 mm Durchmesser eingefüllt und mit einem Druck von 1 Mp/cm²
verdichtet.
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Anschließend wird die Preßform von einer Seite geöffnet, eine sehr
kleine Menge Polyäthylenpulver auf den in der Form befindlichen Preßling aufgestäubt
und eine Scheibe aus
porösem Polytetrafluoräthylen aufgelegt. Sodann
wird bei einem Druck von 20 Mp/cm² und bei 130°C eine Stunde lang gepreßt. Hierbei
sintert das Polyäthylen zu einem stabilen Elektrodengerüst zusammen. Zur Stromableitung
wird zweckmäßigerweise ein Goldnetz mit eingepreßt. Das als Porenbildner dienende
Natriumsulfat wird mit Wasser herausgelöst.
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Die Elektrode ist so hydrophob, daß beim späteren Betrieb kein Elektrolyt
auf der Gasseite austritt.
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Zur Herstellung der Kathode wird nach diesem Herstellungsbeispiel
der erfindungsgemäßen Meßzelle Mangandioxid (mio2) als aktive Substanz verwendet
und wie folgt vorgegangen: 1000 mg Ai°2 werden mit 400 mg graphitierter I(ohle als
Leitfähigkeitszusatz innig gemischt. Diese Mischung wird gemeinsam mit 600 mg Polytetrafluoräthylenpulver
der Korngröße 30 /um in etwa 20 ml Propanol suspendiert und in eine Nutsche von
48 mm Durchmesser gegossen. Nachdem in diese schlammige Masse ein Goldnetz mit angeschweißtem
Kontakt draht eingelegt worden ist, wird die Flüssigkeit abgesaugt. Die verbleibende
Schicht wird 1 h bei 100 OC getrocknet und anschließend bei einer mäßigen Belastung
von 10 bis 50 p/cm2 2 h bei 370 0C gesintert. Man erhält so eine stabile Elektrode
von 48 mm Durchmesser und einer Porosität von ca. 50%.
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Zur Herstellung des immobilisierten Elektrolyten werden in eine 15
n Phosphorsäure so lange Asbestfasern eingetragen, bis eine streichfähige Paste
entsteht.
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Der Zusammenbau einer betriebsbereiten Meßzelle nach der Erfindung
mitHilfe der in vorbeschriebener Weise hergestcllten Elektrode ist relativ einfach.
In der beigefügten Abbildung ist in schematischer Vereinfachung ein Vertikalschnitt
durch eine scheibenförmige Meßzelle wiedergegeben.
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Nach der abgebildeten Ausführungsart der Erfindung verfügt die Meßzelle
über eir gehäuse 1, des aus eiE'triscli nichtleitendem Kunststoff, z.B. aus Plexiglas,
besteht und je einen Stutzen für den Gaseinlaß und Gasauslaß 2,2' besitzt.
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In diesen orper wird eine Diffusionselektrode 4 so eingeklebt, daß
hinter der Diffusionselektrode ein kleiner Gasraum 3 entsteht. Auf diese Elektrode
4 werden ein mit Asbestfasern immobilisierter Elektrolyt 5 und eine Kathode 6 eingelegt
und mit einer Scheibe aus Plexiglas 7 fest verschraubt. Die Kontaktdrähte der Elektrode
8,8' werden dabei durch vorbereitete Löcher gesteckt und mit einem säurebeständigen
Kleber eingefügt. Mit diesem Kleber kann auch die Plexiglasscheibe abgedichtet werden.
Die als Anode dienende Diffusionselektrode 4 und die Kathode 6 sind über ein
Mikroamperemeter
9 miteinander verbunden. Zur Inbetriebnahme der erfindungsgemäßen Meßzelle muß nun
lediglich der Schalter 10 geschlossen werden. Es fließt dann kurzzeitig ein hoher
Strom, der das Potential der Diffusionselektrode 4 auf das Potential der Kathode
6 anhebt; danach ist die erfindungsgemäße Meßzelle meßbereit und zeigt den S02-Gehalt
der Luft an. Die Gasförderung kann mit Hilfe einer Hand- oder Elektropumpe unterstützt
werden, wobei die Gasgeschwindigkeit so groß sein soll, daß immer frisches Mischgas
zur Verfügung steht.
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Nach Verstärkung des dem Stromfluß durch das Mikroamperemeter 9 entsprechenden
Meßsignals können handelsübliche Schreiber, Drucker oder Warneinrichtungen angeschlossen
werden.
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Die Eichung des Gerätes kann nach einem der in der Literatur beschriebenen
Verfahren, z.B. W. Breuer und K. Schreckling ATM, Lfg 408 (Januar 1970), V 723 -
34, erfolgen.