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Spinnvliese mit erhöhter Formstabilität und Verfahren zu deren Herstellung
Die Formstabilität eines Spinnvlieses in der Hitze hängt ab von der Hitzestabilität
der Fäden, aus denen das Spinnvlies gebildet wird und von der Hitzestabilität der
Bindung, welche die Fäden zusammenhält.
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Da sich der Schmelzspinnprozeß zur Herstellung von Spinnvliesen in
besonderem Maße eignet, so hat die Thermostabilität des Vlieses beim Erweichungspunkt
des verwendeten Spinnpolymeren seine natürliche Grenze.
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Die Temperaturgrenze des Erweichungspunktes für das Vorhandensein
brauchbarer Eigenschaften kann aber nur erreicht werden, wenn das Bindemittel, welches
die Fäden zusammenhält, den gleichen hohen Erweichungspunkt hat und eine gleich
hohe Stabilität gegen Schrumpfung besitzt wie die Fäden, aus denen das Vlies aufgebaut
ist. Schrumpfvorgänge, welche sich bei Temperaturen weit unter dem Erweichungspunkt
abspielen können, sind meist auch unerwünscht.
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Spinnvliese, deren Fäden mit verschweißbaren Binde fasern zusammengeklebt
sind, verhalten sich daher bei Hitzebeanspruchung am ungünstigsten, weil der Erweichungspunkt
der Bindefäden im allgemeinen deutlich unter dem der sogenannten Strukturfäden liegt
und sich daher das Vliesgefüge schon bei geringen Temperaturbeanspruchungen löst.
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Besser verhalten sich mit Kunststoffdispersionen gebundene Vliese,
deren Bindemittel beim Trocknen aushärten. Jedoch ist auch bei ihnen eine höhere
Dehnung zu beobachten.
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IJnverfestigte Spinnvliese können nur in seltenen Er'allerl benützt
werden, weil sie praktisch nicht an die Stelle ihrer Verwendurlg
zur
Nachverarbeitung zu transportieren sind.
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Es ist nun gefunden worden, daß in allen Fällen eine erhöhte Formstabilität
unter Belastung erreicht werden kann, wenn man Spinnvliese mit einer Lösung von
Wasserglas imprägniert und anschließend trocknet. Dabei werden die Fäden mit einen.
temperaturunempfindlichen anorganischen Film überzogen, der dem Gebilde namentlich
bei höheren Temperaturen eine erhöhte Steifigkeit, Zugfestigkeit und verminderte
Schrumpfung verleiht.
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Darüberhinaus ist es möglich, bei einer Imprägnierung mit Wasserglas
unmittelbar im Anschluß an die Verspinnung und Vliesbildung auf dem Förderband auf
die übliche Verfestigung durch organische Bindemittel oder Bindefaser oder durch
Kalandrieren überhaupt zu verzichten. Solche Vliese sind etwas steifer als die mit
den üblichen Mitteln gebundenen. Das ist in vielen Fällen für die Weiterverarbeitung
erwünscht, da die erhöhte Steifigkeit den Endprodukten eine erhöhte Standfestigkeit
verleiht. Sie sind außerdem hitzestabil bis nahe an den Erweichungspunkt der Fäden,
aus denen sie sich zusammensetzen, da dieses anorganische Verfestigungsmittel gegen
die Hitzeeinwirkung im Schmelzbereich der thermoplastischen Fasern praktisch unempfindlich
ist.
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Schließlich bieten sie gegenüber den mit organischen Bindemitteln
oder Binde fasern gebundenen Spinnvliesen einen beträchtlichen Preisvorteil. Ist
eine längere thermische Beanspruchung des Endproduktes zu erwarten, so können in
die Imprägnierlösung (Wasserglas) hitzestabilisierende Salze für die Fäden eingearbeitet
werden, z. B. für Polyamid Kupfer und Halogenverbindungen, wie sie im DP 1 152 816
angegeben worden sind. Auch andere Zusätze, z. B. zur Erzielung einer erhöhten Zähigkeit,
sind möglich.
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Als Fadenmaterial haben sich für derartige Spinnvliese die Polyamide
recht gut bewährt, da sie beim Spinnvliesprozeß genügend schrumpfarm ausgesponnen
werden können. Von Interesse sind auch Polyester, bei deren Erspinnung jedoch besonders
beachtet werden muß, dan der Hitzeschrumpf genügend niedrig gehalten wird.
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Gegebenenfalls hat vor oder nach dem Binden noch eine Hitzebehandlung
zur Auslösung des Schrumpfens zu erfolgen.
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Polypropylen, Polyäthylen oder Polyvinylchlorid haben zwar niedrige
Erweichungspunkte, doch bringt die Behandlung mit dem beanspruchten Verfestigungsmittel
auch bei ihnen Vorteile. Verwendet werden die beanspruchten Spinnvliese auf dem
technischen Gebiet zur Beschichtung oder Tränkung mit Teer, Bitumen oder Harzen,
Kunststoffen oder deren Zubereitungen. Dabei ist erwünscht, daß das verstärkende
Vliesmaterial sich bei den dazu erforderlichen Arbeitstemperaturen und Zugbeanspruchungen
möglichst dimensionsstabil verhält. Es soll ferner voluminös und flüssigkeitsdurchlässig
sein, damit das fertige Flächengebilde einheitlich ist und sich nicht bei Beanspruchung
in Schichten aufteilt.
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Neben einer guten Zugfestigkeit ist auch eine Dehnung von 30 bis 40
% erwünscht, damit das fertige Flächengebilde, z. B. Dachbahnen oder Dichtungsbahnen
für Schwimm- oder Gartenteiche, bei Gebäude- oder Erdversetzungen sich dehnt und
nicht reißt. Die Verrottungsfestigkeit der Synthesefäden ist ein besonderer Vorteil
gegenüber den bisher verwendeten Vlies- oder Gewebebahnen aus Naturfasern. Die Imprägnierung
mit Wasserglas kann mit Lösungen verschiedener Konzentration durchgeführt werden,
angefangen von 10%iger Lösung bis zur Sättigung. Doch empfiehlt sich ein zu hoher
Gehalt an anorganischer Substanz im fertigen Spinnvlies nicht, weil dadurch die
Dehnung und Weiterreißfestigkeit zu stark herabgesetzt werden. Aschegehaltevon 10
bis 70 %, vornehmlich 30 bis 50 %, haben sich für die meisten Zwecke als guitig
erwiesen.
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Eine Herabsetzung der Brennbarkeit wird bei Aschegehalten bis zu 50
% allgemein nicht beobachtet. Da das Vlies vornehmlich zur Verstärkung von Bahnen
aus Teer, Bitumen und ähnlichen leicht brennbaren Stoffen verwendet wird, so fällt
die Brennbarkeit des Vlieses nicht weiter ins Gewicht. Sollte jedoch das Vlies schwer
brennbar oder nicht entflammbar gewünscht sein, so können der Imprägnierlösung die
üblichen Mittel. zur Herabsetzung der Brennbarkeit, wie z. B. Halogenverbindungen,
Antimontrioxid oder Phosphate, einverleibt werden.
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Sind bei der Verarbeitung und bei dem späteren Einsatz des fertigen
Flächen- oder Raumgebildes keine Temperatureinwirkungen
zu erwarten,
z. B. bei Verwendung in Gipsplatten oder im Straßenbau, so können auch Vliese aus
Polypropylenfäden, gegebenenfalls gekräuselt, verwendet werden.
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Beispiel 1 Ein Spinnvlies mit einem Quadratmetergewicht von ca. 50
g, bestehend aus 2 Teilen Nylon-6-Fäden und 1 Teil Acrylatbinder, wurde mit 50%iger
Wasserglas lösung getränkt und anschließend im Trockenschrank bei 120 0C getrocknet.
Die Gewichtszunahme nach dem Trocknen betrug 80 %. Von dem Ausgangsmaterial und
den beiden mit Wasserglas verfestigten Proben wurden von 5 cm breiten Streifen im
Reißapparat Bruchlast und Bruchdehnung bestimmt. Mit dem Gehalt an Wasserglas nimmt
die Bruchdehnung ab, während die Bruchlast zunimmt.
X Wasserglas Bruchlast (kp) Bruchdehnung (%) |
0 7,3 82 |
80 8,8 61 |
Mechanische Eigenschaften während und nach der Hitzebehandlung:
Zusatz von Temperatur Belastung kp Dehnung % Bemerkung |
% Wasser- °C |
glas |
0 170 2 31 5 cm breiter |
Streifen |
80 170 2 27 lt |
0 nach Abküh- Bruchlast Bruch- Werte des bei |
lung auf p 11,5 dehnung 1700C mit 2 kp |
Zimmertemp. % 42 vorgedehnten |
5 cm breiten |
Streifens |
80 1? 11,9 39 n |
Beispiel 2 Ein Spinnvlies mit einem Quadratmetergewicht von ca. 50 g, bestehend
aus 3 Teilen Nylon-6-Fäden und 1 Teil Kebefäden aus einem Copolymerisat von Nylon-6
und Nylon-6.6, welches durch
Hitzeeinwirkung verfestigt wurde, wurde
mit 30 bzw. zeiger Wasserglas lösung getränkt und anschließend im Trockenschrank
bei 120°C getrocknet. Die Gewichtszunahme nach dem Trocknen betrug 30 bzw. 80 %.
Von dem Ausgangsmaterial und den beiden mit Wasserglas verfestigten Proben wurden
von 5 cm breiten Streifen im Reißapparat Bruchlast und Bruchdehnung bestimmt.
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Außerdem wurde bestimmt, bei welcher Temperatur ein solcher Streifen
bei einer Belastung mit 1 kp, 2 kp bzw. 4 kp reißt.
Zusatz von Bruchlast (kp) Bruchdehnung (%) Ein mit 1, 2 oder |
% Wasserglas 4 kp belasteter |
5 cm breiter |
Streifen reißt |
bei X/Y/ZOC |
0 7,9 87 187/187/180 |
30 8,3 41 206/198/195 |
80 9,3 50 205/202/188 |
Mechanische Eigenschaften während und nach der Hitzebehandlung
Zusatz Temperatur oC Belastung kp Dehnung % Bemerkung |
von |
Wasser- |
glas |
0 170 2 38 5 cm breite Strei- |
fen |
80 170 2 19 " |
o nach Abkühlung Bruchlast 44 Werte des bei 1700C |
auf Zimmer- kp 5,7 mit 2 ko vorgedehn- |
temperatur ten 5 cm breiten |
Streifens |
80 ,l 6,7 37 tt |
Beispiel 3 Ein nicht verfestigtes Spinnvlies aus Nylon-6-Fäden wurde mit 25 bzw.
40 bzw. 50%iger Wasserglaslösung getränkt und in einem Trockenofen bei 1200C getrocknet.
Die Gewichtszunahme betrug 70 bzw. 80 bzw. 110 . Das so erhaltene verfestigte Vlies
wurde wie in den vorherigen Beispielen auf Bruchlast, Bruchdehnung geprüft und die
Temperatur bestimmt, bei welcher ein mit 1, 2
oder 4 kp belasteter
Streifen reißt.
Zusatz von Bruchlast Bruchdehnung Ein mit 1, 2 oder 4 kp be- |
% Wasserglas (kp) (%) lasteter 5 cm breiter Strei- |
fen reißt bei X/Y/Z°C |
30 6,3 36 206/202/201 |
80 6,7 39 211/204/202 |
110 5,9 37 203/201/200 |
Mechanische Eigenschaften während und nach Hitzebehandlung:
Zusatz von Temperatur Belastung Dehnung Bemerkung |
% Wasser- (°C) (kp) (%) |
glas |
80 170 2 33 5 cm breite Streifen |
80 nach Abküh- Bruchlast Bruch- Werte des bei 170 0C |
len auf kp 8,5 dehnung mit2 kp vorgedehnten |
Zimmer- % 30 5 cm breiten Reifens |
temperatur |