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Markierungsmunition zur Piraten- und Terrorabwehr
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Zur gerichtsverwertbaren Ermittlung von Strafätern, insbesondere mutmaßlichen Tätern terroristischer Angriffe oder Piratenangriffe an Land oder auf See, kann es notwendig sein, beteiligte Fahrzeuge und/oder Boote und/oder andere Objekte, welche an einem Angriff beteiligt sind, derart zu markieren, dass man sie auch nach dem Angriff zu späterer Zeit noch unter Verwendung forensischer Methoden identifizieren kann.
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Eine mit dem menschlichen Auge sichtbare Markierung mit Hilfe von bekannten Markierungswaffen (z. B. Paintball) oder ähnlichen Markieren scheidet hierbei aus verschiedenen Gründen aus; zum einen ist die Markierung sichtbar und kann damit vom Angreifer erkannt und restlos entfernt werden, zum anderen sind zur Markierung eines Objektes häufig Distanzen zu überbrücken, die deutlich über die Reichweite eines direkten Sprühstahls oder eines Paintball-Markierers hinaus gehen.
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Abhilfe geschaffen werden kann durch die im vorliegenden Gebrauchsmuster beschriebene Markierungsmunition, welche in der Lage ist, Objekte mit Hilfe von für den Menschen nicht wahrnehmbaren Markierungen zu versehen, die mit Hilfe von geeigneten Hilfsmitteln erkennbar gemacht werden können. Die Munition enthält je nach Einsatzort ein unsichtbares flüssiges oder festes, nicht flüchtiges vorzugsweise aber nicht notwendigerweise zeitlich begrenztes Markierungsmittel, welches mit Hilfe von entweder technischen Hilfsmitteln oder speziell trainierten Lebewesen/Organismen aufspürbar und/oder sichtbar zu machen ist.
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Detaillierte Beschreibung:
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Die beschriebene Munition (1) [Skizze 1] besteht aus einer Hülse (2) welche mit einer Treibladung (5) gefüllt ist. Weiterhin Bestandteil der Munition ist ein Geschoss (3), welches ein Markierungsmittel (31) enthält.
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Das Geschoss (3) mit dem Markierungsmittel (31) wird mit Hilfe einer Abschußvorrichtung, insbesondere einer Rohrwaffe, zum zu markierenden Objekt transportiert und mit diesem verbunden. Die Verbindung kann durch Benetzen, Eindringen, Verkleben oder Verschmelzen erfolgen. Als Markierungsmittel (31) kommen sowohl chemische Mittel infrage, die technisch mit Hilfe von optischen Signaturen erkennbar sind (Reflexion oder Absorption bestimmter Spektralanteile) oder chemische und/oder biologische Mittel, die Eigenschaften aufweisen, die von Chemikalien oder besonders trainierten Lebewesen/Organismen gesehen, gerochen oder durch Umsetzungsprozesse erkennbar gemacht werden können. Infrage kommen auch Mittel die durch Kombination von technischen Mitteln mit den Fähigkeiten speziell angepasster Lebewesen/Organismen erkennbar gemacht werden können. Weitere mögliche Markierungsmittel (31) sind radioaktive Markierungen mit geringer Halbwertzeit, die für Menschen nur mit Hilfe technischer Einrichtungen oder Hilfsmittel erkennbar sind.
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Der Transport des Markierungsmittels (31) zum zu markierenden Objekt erfolgt durch das Geschoss einer Abschußvorrichtung, welches entweder mit einer Treibladung (5) angetrieben wird oder einen eigenen Antrieb besitzt. Vorzugsweise besteht das Geschoss (3) aus Sintermetall, Keramiken, Kunststoffen oder Verbundmaterialien welche für das Markierungsmittel (31) während der Flugphase undurchlässig sind und die sich beim Aufprall auf ein Objekt in kleinste Teile zerlegen und dabei das Markierungsmittel (31) freisetzen. Vorzugsweise können auch die Geschossteilchen selbst das Markierungsmittel (31) bilden. Zusätzlich kann das Geschoss (3) in einer weiteren Ausführungsvariante mit Vorrichtungen versehen sein, die eine kontrollierte Zerstörung des Geschosses (3) beim Aufschlag und eine Freisetzung des Markierungsmittels (31) begünstigen, wie beispielsweise Zerlegehilfen (32) [Skizze 2]. In einer bevorzugten Ausführungsvariante kann das Geschoss (3) als Treibspiegelgeschoss ausgebildet sein.
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In einer weiteren Ausführungsvariante kann das Geschoss (3) als großkalibriges tempierbares Geschoss (3) ausgeführt sein, welches mit einer Zerlegeladung (33) ausgestattet ist. Der Zündzeitpunkt der Zerlegeladung (33) wird dabei in der Abschußvorrichtung, basierend auf der gemessenen Zielentfernung, eingestellt und das Geschoss (3) über oder in der Nähe des Ziels kontrolliert zerlegt, sodass das Markierungsmittel (31) freigesetzt wird. Das Markierungsmittel (31) wird dabei entweder durch die Schwerkraft und/oder den Explosionsdruck der Zerlegeladung (33) auf das zu markierende Objekt appliziert.
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Die Art des Markierungsmittels (31) und die Art und Weise der Aufbringung des Markierungsmittels (31) richten sich nach dem Anwendungsfall der Munition (1), insbesondere den Umgebungsbedingungen. Dazu kann insbesondere in oder an der Abschußvorrichtung eine Vorrichtung verwendet werden, die das Markierungsmittel (31) auf dem Geschoss (3) anbringt.
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Funktionsbeschreibung:
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Im Folgenden werden exemplarisch zwei Ausführungsbeispiele der Markierungsmunition (1) für unterschiedliche Anwendungsgebiete beschrieben.
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1. Markierungsmunition zur Anwendung in trockener Umgebung [Skizze 3]
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In dieser Ausführungsvariante ist das Geschoss (3) als Treibspiegelgeschoss ausgeführt, welches in einer Patronenhülse (2) gelagert ist. Zum Beschleunigen des Geschosses (3) dient eine Treibladung (5), die mit Hilfe einer Anzündung (4) gezündet wird.
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Der Treibspiegel (310) besteht aus Sintermetall und ist mit Sollbruchstellen versehen, sodass er sich nach Verlassen der Abschußvorrichtung vom Kunststoffkern (320) des Geschosses (3) löst.
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Der Kunststoffkern (320) ist an seiner Vorderseite mit Einkerbungen (321) versehen, die als Sollbruchstelle wirken und eine kontrollierte Zerstörung des Geschosskerns (320) beim Aufschlag auf das Ziel bewirken.
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Der Geschosskern (320) seinerseits ist innen hohl ausgeführt und mit einer vorzugsweise flüssigen Markierungssubstanz (31) gefüllt.
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In diesem Ausführungsbeispiel wird der Tracer durch den Farbstoff Häm-b gebildet, welcher in Isopropylalkohol gelöst ist. Das Lösungsmittel hat die Eigenschaft, in trockener Umgebung schnell abzudampfen und somit die Anhaftung des Tracers zu gewährleisten. Ausgehend vom vollflächigem Aufschlag des Geschosses (3) auf dem zu markierenden Objekt wird der Tracer in üblicherweise kreisrunder oder elliptischer Form appliziert, was eine Unterscheidung des Tracers von anderen Spuren bei der Sichtbarmachung ermöglicht.
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Zur Sichtbarmachung des Tracers kommt die chemische Substanz „5-Amino-2,3-dihydrophthalazin-1,4-dion” zum Einsatz. „5-Amino-2,3-dihydrophthalazin-1,4-dion” reagiert mit Oxidationsmitteln, typischerweise „μ-1κO,2κO'-Dioxidodiwasserstoff” unter Aussendung bläulicher Chemolumineszenz, allerdings nur, wenn die Reaktion katalysiert wird, in diesem Fall durch das komplex gebundene Fe2+, welches Bestandteil des Tracers ist.
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Die Chemolumineszenz entsteht also an den Stellen am markierten Objekt, an denen Tracerspuren angelagert sind, somit kann neben der bloßen Anwesenheit des Tracers auch das typische runde oder elliptische Ablagerungsmuster dargestellt werden.
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Diese Variante der Markierungsmunition (1) eignet sich vornehmlich für die Anwendung in trockenen Gebieten. Die Anwesenheit von Wasser oder anderen Flüssigkeiten kann den lose angelagerten Tracer abwaschen und damit eine Erkennung der Markierung schwer oder unmöglich machen.
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2. Markierungsmunition zum maritimen Einsatz [Skizze 4]
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Für den Einsatz in feuchter Umgebung wie beispielsweise auf See müssen daher andere Applikationsformen der Tracersubstanz verwendet werden. In der zweiten beispielhaft offenbarten Ausführungsvariante ist das Geschoss (3) als selbstfliegendes, tempierbares Geschoss (3) ausgeführt. Dieses trägt eine Einrichtung (34) in sich, die es erlaubt den Zündzeitpunkt beim passieren der Rohrmündung einzustellen. Das Geschoss (3) besteht aus Sintermetall, ist innen hohl und enthält in seinem Inneren eine Kunststoffphiole (330), welche mit dem flüssigen Markierungsmittel (31) gefüllt ist.
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Der Zündzeitpunkt des Geschosses (3) wird beim Abschuss derart vorgegeben, dass das Geschoss (3) oberhalb des zu markierenden Objektes zerlegt wird und die Tracersubstanz durch eine Kombination aus Explosionsdruck und Schwerkraft auf dem zu markierenden Objekt abgelagert wird.
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Als Tracer kommt das Lanthanoid Europium im Isotop Eu151 in Form von Europiumnitrat Eu(NO3)3 zum Einsatz, welches in einem Lösungsmittel auf Cyanacrylat Basis gelöst ist. Die Europium-Partikel werden dabei mit Hilfe des Cyanacrylats mit der Oberfläche des zu markierenden Objektes verklebt.
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Zur Erkennung der Markierung kommt das Verfahren der Neutronenaktivierungsanalyse (NAA) zum Einsatz. Mit Hilfe einer Neutronenquelle wird die Tracersubstanz das Europium Eu151 Isotop durch Neutroneneinfang angeregt und das metastabile Isotop Eu152m mit einer Halbwertzeit von 9.3 Stunden entsteht. Dieses Isotop weist ein charakteristisches Emissionsspektrum mit Linien bei 121 keV, 842 keV und 963 keV auf. Diese Linien lassen sich beispielsweise mit Hilfe eines Germaniumdetektors mit einer Detektionsgrenze von 0.1 μg detektieren.
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Da Europium als Bestandteil seltener Erden äußerst selten vorkommt, ist die Markierung eindeutig identifizierbar.
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Anmerkung: Das Eu151 Isotop zerfällt unter Aussendung von Alpha-Strahlung, durch die Einbettung der Partikel in das Cyanacrylat ist die Gefährdung für den Menschen relativ gering.