DE19727275A1 - Verfahren zur Beseitigung von sulfidhaltigen toxischen Cellulose-Abfallschlämmen in stehenden Gewässern - Google Patents
Verfahren zur Beseitigung von sulfidhaltigen toxischen Cellulose-Abfallschlämmen in stehenden GewässernInfo
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Description
Insbesondere in der Vergangenheit war es üblich, mehr oder
weniger geklärte Abwässer in stehende Gewässer einzuleiten, um
sich so der Abwässer zu entledigen. Durch massive Einleitungen
ist die Selbstreinigungskraft der Gewässer häufig überfordert
worden, so daß die Gewässer insbesondere für höhere Lebewesen
nicht mehr bewohnbar waren. Bei der Einleitung von cellulose
haltigen Abwässern ist es dabei vorgekommen, daß die an sich
in Gewässern anaerob abbaubare Cellulose nicht mehr bzw. nicht
schnell genug abgebaut worden ist. Es haben sich daher teil
weise meterhohe Schlammschichten gebildet, die teilweise gar
nicht mehr oder nur mit geringen Höhen durch Wasser abgedeckt
sind.
Untersuchungen haben gezeigt, daß sulfidhaltige cellulosehal
tige Abfallschlämme durch einen hohen Schwefelwasserstoffge
halt stark toxisch geworden sind und einen nur noch geringen
anaeroben Celluloseabbau zeigen. Die bei dem geringen Restab
bau entstehenden Schwefelwasserstoffmengen lassen das Gewässer
zu einer unangenehmen Geruchsbelästigung und teilweise auch zu
einer gesundheitlichen Beeinträchtigung werden.
Das in der Praxis einzig mögliche Verfahren zur Beseitigung
der Beeinträchtigung und Sanierung des Gewässers besteht
darin, den Schlamm aus dem Gewässer abzusaugen. Nach einer
Konditionierung kann der Schlamm auf eine Deponie verbracht
oder nach einer Entwässerung verbrannt werden. Beide Verfahren
bergen nicht unerhebliche Risiken für die Umwelt. Darüber hin
aus verursacht das Absaugen und Aufbereiten ohne Transport-
und Deponiekosten Behandlungskosten von etwa 25,-- DM/m3. In
einem bekanntgewordenen Sanierungsfall enthält ein Gewässer
mit einer Oberfläche von ca. 30 ha über 2,7 Mill. m3 Schlamm.
Eine Sanierung dieses Gewässers mit einem herkömmlichen Ver
fahren ist praktisch nicht finanzierbar. Durch das deutsche
Patent 44 40 464 ist es bekannt, eine Oberfläche eines Gewäs
sers, das insbesondere auch mit Schlamm gefüllt ist, mit
Schwimmkörpern abzudecken, auf denen eine Biofiltermasse auf
geschichtet ist, die eine mikrobiologische Reinigung der vom
Gewässer aufsteigenden Abgase, insbesondere des Schwefelwas
serstoffs, vornimmt und so die Geruchs- und gesundheitliche
Beeinträchtigung durch diese Gase verhindert. Eine Beseitigung
der Ursachen dieser Beeinträchtigung, nämlich einer einige
Meter dicken Schlammschicht, ist damit naturgemäß nicht mög
lich.
Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, ein finanzierbares
Verfahren anzugeben, mit dem die sulfidhaltigen toxischen
Cellulose-Abfallschlämme beseitigt werden können.
Die Lösung dieses Problems gelingt erfindungsgemäß dadurch,
daß der Schlamm in situ so belüftet wird, daß durch eine
aerobe mikrobielle Aktivität eine Schlammverflüssigung und
-entgiftung eintritt.
Das erfindungsgemäße Verfahren beruht somit darauf, daß der
Schlamm in dem stehenden Gewässer belüftet wird, um eine
aerobe mikrobielle Aktivität hervorzurufen. Überraschender
weise tritt bei einer ausreichenden Belüftung des Schlammes
eine Verflüssigung der Feststoffe des Schlamms ein, die darauf
zurückzuführen ist, daß die die Feststoffe bildende Gelmatrix
der Celluloseschlämme durch die aerobe mikrobielle Aktivität
aufgelöst wird. Durch die Verflüssigung wird das Problem der
geringen Durchlässigkeit des Schlammkörpers für Wasser besei
tigt und ein Zustand herbeigeführt, der dem eines Moorsees
entspricht. Etwaige durch eine aerobe mikrobielle Aktivität
nicht zersetzbare Reststoffe werden in üblicher Weise anaerob
in einem Humifizierungsprozeß langsam zersetzt, wobei der Hu
mifizierungsprozeß nicht mehr gehemmt wird, weil der Schlamm
durch die aeorbe mikrobielle Aktivität, die zur Verflüssigung
führt, auch vollständig entgiftet wird.
Die erfindungsgemäße Behandlung des Schlammes wird durch Ein
bringung einer Nährsalzlösung wirkungsvoll unterstützt.
Will man den erfindungsgemäß entstehenden braunen "Moorsee" in
einen farblosen See überführen, kann dies durch eine Präzipi
tation mit Eisen- oder Aluminiumsalzen erreicht werden.
Die Belüftung des Schlammes erfolgt vorzugsweise schichten
weise zunächst im oberen Bereich und dann zunehmend tiefer.
Hierfür können vorzugsweise zahlreiche Belüftungslanzen ver
wendet werden, mit denen die Belüftung über eine durch die
Konstruktion der Lanzen vorgegebene Schichthöhe erfolgen kann.
Die Erfindung soll im folgenden anhand eines in der Zeichnung
dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert werden.
Fig. 1 zeigt schematisch einen durch eine selbstabdichtende
See-Basis 1 abgeschlossenen See 2, der über nahezu seine ge
sainte Höhe durch Schlamm 3 beispielsweise über eine Höhe von
9 m gefüllt ist. Oberhalb des Schlamms befindet sich eine Was
serschicht 4 von 1 in Höhe, wobei jedoch über einen gewissen
Bereich die Schlammschicht 3 bis an die Oberfläche 5 des Sees
erstreckt ist. Auf die Oberfläche 5 des Sees sind Schwimmkör
per 6 gelegt, die beispielsweise aus einem Polystyrol-Schwimm
körper mit einer Biofilterschicht, vorzugsweise aus Holzmulch
und Rindenmulch, in einer gasdurchlässigen Textilumhüllung
bestehen und dicht an dicht aneinander gelegt sind, um die
Oberfläche 5 vollständig abzudecken. Durch die Zwischenräume
zwischen den Schwimmkörpern 6 sind Belüftungslanzen 7 geführt,
durch die flächendeckend mit einem Kompressor 8 zugeführter
Sauerstoff in den oberen Bereich der Schlammschicht 3 einge
blasen wird.
Durch die aerobe Umgebung kommt es in der Schlammschicht zu
verstärkten Abbauvorgängen, durch die Schwefelwasserstoff
teilweise aerobtiv freigesetzt wird. Die damit verbundene Ge
ruchs- und Gesundheitsbeeinträchtigung wird durch die einen
schwimmenden Oberflächenbiofilter bildenden Schwimmkörper 6
wirksam unterbunden. Zusammen mit der Sauerstoffzufuhr, die
durch Einpumpen von Druckluft erfolgen kann, können gleichzei
tig Nährsalze für den Schlamm eingebracht werden. Ein ent
sprechendes Mineralsalzmedium kann beispielsweise bestehen aus
KNO3l | 2,00 g/l |
NH4Cl | 0,50 g/l |
KH2PO4 | 0,10 g/l |
K2HPO4 | 1,00 g/l |
MgSO4.7 H2O | 0,10 g/l |
CaCl2.2 H2O | 0,05 g/l |
Na2SiO4.7 H2O | 0,005 g/l |
Spurensalzlösung nach DREWS | 2,00 ml/l |
Spurensalzlösung nach DREWS [1983]:
EDTA | 0,500 g/l |
FeSO4.7 H2O | 0,300 g/l |
MnCl2.4 H2O | 0,003 g/l |
CoCl2.6 H2O | 0,005 g/l |
CuCl2.2 H2O | 0,001 g/l |
NiCl2.6 H2O | 0,002 g/l |
NaMnO4.4 H2O | 0,003 g/l |
ZnSO4 7 H2O | 0,005 ml/l |
H3BO3 | 0,002 ml/l |
Dieses Düngen des Schlamms unterstützt die mikrobielle Aktivi
tät, die durch die Belüftung initiiert wird.
Die in der Zeichnung dargestellten Pfeile 9 symbolisieren das
schrittweise Absenken der Sauerstofflanzen 7, um den gesamten
Schlammkörper zu aerobisieren und erfindungsgemäß zu verflüs
sigen.
Die nachstehenden experimentellen Angaben sind für einen Abwas
sersee der Filmfabrik Wolfen erstellt worden, der als "Silber
see" bekanntgeworden ist, da seine auf der Oberfläche schwim
menden Abwässer der Zellstoffproduktion zu starken Sonnen
lichtreflektionen führen und den See silbern erscheinen las
sen. Der See ist als Restloch des Braunkohletagebaus "Grube
Johannes" entstanden.
Die in den See eingeleiteten Zellstoff-Ablaugen resultieren
überwiegend aus einem Aufschlußverfahren für Zellstoffasern,
aus denen das die Zellstoffasern verbindende Lignin herausge
löst wird. Demgemäß enthält der Schlamm 3 in diesem Fall neben
einem hohen Celluloseanteil auch einen Anteil von ca. 30%
Lignin.
Die nachstehende Tabelle 1 führt physikalische und chemische
Parameter des Schlamms in verschiedenen Tiefen des "Silber
sees" auf. Vergleichswerte resultieren aus früheren Unter
suchungen eines verschlammten Stadtteichs in Goslar und einer
Mülldeponie.
Tabelle 2 gibt die Nährstoffgehalte der Sedimentproben in den
verschiedenen Tiefen an, wiederum im Vergleich zum Stadtteich
in Goslar.
Die Tabelle 1 läßt erkennen, daß in größeren Tiefen nahezu
40 g Cellulose pro Liter und nahezu 15 g Lignin pro Liter als
Feststoffe in dem Schlamm enthalten sind. In diesen Tiefen,
beginnend ab etwa 25 cm liegt auch ein hoher Schwefelwasser
stoffgehalt vor, der den Abfallschlamm hochtoxisch werden läßt
und die Einordnung des Silbersees als Extrembiotop rechtfer
tigt.
Tabelle 3 gibt die Ergebnisse der Mikroorganismenkonzentratio
nen im Wasserkörper und Schlammkörper des Silbersees wieder.
Trotz der hohen Toxizität des Schlammkörpers weist dieser eine
hohe mikrobielle Bevölkerung auf.
Aerob behandelte Schlammproben aus den verschiedenen Sediment
tiefen zeigen eine deutliche Reduzierung der Trockenmasse, wie
Fig. 2 verdeutlicht. Dabei zeigt sich, daß gemäß Fig. 3 ins
besondere ein starker Abbau von Cellulose stattfindet, während
der Ligningehalt gemäß Fig. 4 als wasserunlösliches Lignin
(Fig. 4a) praktisch nicht abgebaut wird, wasserlösliches Lig
nin (Fig. 4b) hingegen stark zunimmt.
Fig. 5 zeigt die Entwicklung der Toxizität durch die Belüf
tungsbehandlung, dargestellt als Q-Wert, der durch die Leucht
bakterientoxizität in üblicher Weise gebildet wird. Es zeigt
sich, daß bereits durch eine Behandlungsdauer von 4 Wochen die
erhebliche Toxizität auf geringe Werte abgesenkt worden ist
und eine Toxizität nach einer Behandlungsdauer von 6 Monaten
nicht mehr nachweisbar ist.
Fig. 6 zeigt durch Messung der Extinktion, daß ein Filtrat
des behandelten Schlammes gemäß Fig. 6a im wesentlichen die
gleiche Charakteristik zeigt wie Moorwasser gemäß Fig. 6b,
das aus einem Moorsee in Norddeutschland (in Penningbüttel bei
Bremen) entnommen worden ist.
Dieses Ergebnis ist darauf zurückzuführen, daß mit der Behand
lung die Viskosität des Sediinents in allen Tiefen auf minde
stens 3,3 × 10-3 Pas herabgesetzt worden ist, der Schlamm also
verflüssigt worden ist, wie dies die nachstehende Tabelle 4
ausweist.
Das Gewässer mit der auf diese Weise verflüssigten Schlamm
schicht kann einem normalen Humifizierungsprozeß überlassen
werden, da eine Umweltgefährdung durch dieses Gewässer nicht
mehr ausgeht. Ist man daran interessiert, die braunen Bestand
teile des Gewässers zu entfernen und ein klares Gewässer zu
erreichen, können die Braunstoffe mit Eisen- oder Aluminium
salzen gefahrlos ausgefällt werden.
Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß das erfindungsgemäße
Verfahren mit einem relativ sehr geringen Aufwand eine Sanie
rung von bisher aus finanziellen Gründen nicht sanierungsfähi
gen Gewässern erlaubt. Die Abdeckung des Gewässers ist dabei
nur dann erforderlich, wenn aufgrund der Lage des Gewässers
eine Geruchsbelästigung, die während der Sanierung allenfalls
über einige Wochen anfällt, vermieden werden muß. Regelmäßig
wird für diese Fälle jedoch die Abdeckung der Gewässerober
fläche auch ohne Sanierungsmaßnahmen erforderlich gewesen
sein, so daß die Kosten für die Abdeckung der Wasseroberfläche
nicht als Kosten der Sanierung ins Gewicht fallen. Die Sanie
rungskosten entstehen somit nur durch die gezielte Belüftung
und ggf. Düngung des Schlammes.
Claims (5)
1. Verfahren zur Beseitigung von sulfidhaltigen toxischen
Cellulose-Abfallschlämmen in stehenden Gewässern, dadurch
gekennzeichnet, daß der Schlamm (3) in situ so belüftet
wird, daß durch eine aerobe mikrobielle Aktivität eine
Schlammverflüssigung und -entgiftung eintritt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Gewässeroberfläche (5) mit einem schwimmenden Biofil
ter (6) zur Reinigung von Abgasen abgedeckt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß die Belüftung des Schlammes (3) schichtenweise zu
nächst im oberen Bereich und dann zunehmend tiefer er
folgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge
kennzeichnet, daß die Belüftung mit Hilfe von zahlreichen
Belüftungslanzen (7) vorgenommen wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch ge
kennzeichnet, daß in den Schlamm zusätzlich Nährsalze
eingebracht werden.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19727275A DE19727275C2 (de) | 1997-06-26 | 1997-06-26 | Verfahren zur Beseitigung von sulfidhaltigen toxischen Cellulose-Abfallschlämmen in stehenden Gewässern |
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Publications (2)
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DE19727275C2 DE19727275C2 (de) | 2001-11-29 |
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Family Applications (1)
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---|---|
DE (1) | DE19727275C2 (de) |
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- 1997-06-26 DE DE19727275A patent/DE19727275C2/de not_active Expired - Fee Related
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DE19727275C2 (de) | 2001-11-29 |
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